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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

11.324 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Club, Getötet, Rosenheim ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Hanna W. tot aus der Prien geborgen

Hanna W. tot aus der Prien geborgen

26.03.2024 um 21:36
Ich halte den Ausschluss eines Unfalls in der Gesamtbetrachtung von Verletzungen und Logik für plausibel. Bei einem beidseitig nur gut 1 Meter entfernten Ufer ist ein Entkleiden und Telefonieren im mE weniger als 1 Meter (lt. Richterin 1,4) tiefem Wasser lebensfremd. Bei Kreislaufversagen oder Kälteschock erst recht. Simulationen und Gutachten wie im Fall Genditzki sind zwar theoretisch möglich, aber im Gegensatz zur Badewanne würden hier alle konkreten potenziellen Verletzungsorte fehlen bzw. eine Kollision mit der Leiche wäre ohne Spuren pure Spekulation. Daher kann man nur von üblichen Treibverletzungen ausgehen, wozu die Schulterdachfrakturen und Kopfverletzungen in der Gesamtheit nicht gehören. Als wahrscheinlichste Tatwaffe erscheint mir ein Messerknauf oder eben ein kleiner Stein, quasi als Betäubungsschlagwaffe wie beim Angeln. Und als Ursache für die Akromionfrakturen am ehesten ein Draufspringen mit den Füßen oder den Knien zwecks Gewaltfixierung.

Ein tatnahes Indiz fehlt zwar auch in diesem Fall, jedoch würde ich die Summe aller Zeugenaussagen über Geständnisse und Täterwissen sowie Nachtatverhalten als solches werten. Hierzu zählen auch die Vernehmungen mit entsprechend erlaubter kriminalistischer List, wie die Aufforderung zur Schilderung eines vorstellbaren Tatgeschehens. Inklusive den Gewaltpornos und dem Frauenfrust existiert ein verhaltensmäßig, motivisch, zeitlich und örtlich hochrelevanter Bezug zur Tat und zum Tatort. Der wahrscheinliche Tatort liegt an einer Stelle, wo Hannas Gehweg und der Bärbach kaum mehr als 3 Meter auseinander liegen, was einen schnellen Tat- und Verdeckungsablauf plausibilisiert.

Am Ende sind Tat und Täter mE zugeordnet und mit ausreichender Indizienkette nachgewiesen. (im Fall Genditzki war ich gegenteiliger Meinung) An eine erfolgreiche Revision glaube ich weniger. Eher daran, dass ST in 3-4 Jahren wieder auf Bewährung frei ist. Mit einem Geständnis vor Gericht wäre er wohl besser gefahren, denn in dem (geistigen) Alter geht es ja mehr um eine Erziehungsstrafe anstatt um Vergeltung.

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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

26.03.2024 um 22:53
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Aber zumindest als Witz oder Spaß hat er das alles nicht verstanden. Wohl eher als Ankündigung eines Geständnisses aus Verzweifelung.
Im Prozess ging deshalb bei der Aussage von Max auch darum, was der Angeklagte mit dem "Druck" bzw. Stress, den er lt. Max bei dem Geständnis erwähnte, gemeint haben könnte. Denn er war ja nur zweimal bei der Polizei gewesen, hatte V. noch gesagt, sie brauche keine Angst vor der Vernehmung zu haben, weil die total nett gewesen wären.
Wenn jemand in meinem Freundeskreis einen ao dummen Witz reissen sollte, und dieser dann plötzlich als Tatverdächtiger in U-Haft sitzt, würde ich im Nachhinein auch anders darüber denken, und den Witz in Frage stellen.
Aber auch er sagte doch, er hätte es zu Anfang als Spaß verstanden.
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Wie kommt denn der Angeklagte darauf, dass "jeder denkt, dass er der Täter sei"? Er wurde ja nur 2 x bei der Polizei vernommen. Es wird ihn auch kaum jemand aus seinem Umfeld (Familie, Freude) angesprochen und mit einem tatverdacht gegen ihn konfrontiert haben.
Vermutlich weil ihm von Verenas und Leas Mutrer geraten wurde einen Anwalt zu nehmen.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

26.03.2024 um 23:07
Zitat von KarajanaKarajana schrieb:Vermutlich weil ihm von Verenas und Leas Mutrer geraten wurde einen Anwalt zu nehmen.
Also Du meinst, erst macht er einen Spaß und dann weint er fast?
Zitat von KarajanaKarajana schrieb:Wenn jemand in meinem Freundeskreis einen ao dummen Witz reissen sollte, und dieser dann plötzlich als Tatverdächtiger in U-Haft sitzt, würde ich im Nachhinein auch anders darüber denken, und den Witz in Frage stellen.
Aber auch er sagte doch, er hätte es zu Anfang als Spaß verstanden.
Vor allem würde ich gegenüber der Polizei und dem Gericht behaupten, ich hätte das zunächst als "Spaß" verstanden, denn die würden mich ja ansonsten sicher fragen, warum ich es nicht für nötig gehalten habe, dieses Geständnis bei der Polizei zu melden. Und als jemand, der Mitwisser bei einem Mord ist und einen Mörder deckt will ja sicher niemand dastehen.
Dann lieber jemand mit schlechtem Humor, der sich bei zynisch-sarkastischen Späßen vor Lachen auf die Schenkel klopft....

Auch die Zeugen von der Pfeffi-Party können also durchaus ein Motiv haben zu lügen, oder zumindest die Wahrheit etwas zu beschönigen und zu verharmlosen.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

27.03.2024 um 00:11
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Also Du meinst, erst macht er einen Spaß und dann weint er fast?
Ich denke schon, dass man zu mehr als einem Gefühl innerhalb eines Tages in der Lage ist. Ich könnte mir auch vorstellen, dass er vielleicht bei Verena unter vier Augen seine Verzweiflung kundtat, als sie von ihrer Vernehmung inkl. Ausschmückungen erzählte. (Die Aussage über die Verzweiflung kam ja nur bei ihr vor in der Vernehmung, bevor sie von der Festnahme erfuhr) In größerer Runde wollte er evtl. nicht so verletzlich rüberkommen und hat dann den schlechten Witz gemacht. Der wie von @Karajana vorgeschlagen, dann nach Bekanntwerden der Festnahme anders bewertet wurde.
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Und als jemand, der Mitwisser bei einem Mord ist und einen Mörder deckt will ja sicher niemand dastehen.
Dann lieber jemand mit schlechtem Humor, der sich bei zynisch-sarkastischen Späßen vor Lachen auf die Schenkel klopft....
Ich kann mir irgendwie nicht vorstellen, dass man in einer Vernehmungssituation eine Reihung vornimmt, als was man mehr oder weniger dastehen will. Außerdem glaube ich auch nicht, dass die Reihung bei allen gleich aussehen würde, außer sie haben sich vorher abgesprochen. Aber ohne Absprache, vermute ich schon, dass wenn jeder angibt, es als Spaß verstanden zu haben, das wohl als Spaß verstanden wurde, man aber bei der Polizei nicht kundtun will, dass man Witze über Mord lustig findet, sondern das schon auch verwerflich usw. findet.


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27.03.2024 um 01:02
Zitat von allegroassaiallegroassai schrieb am 23.03.2024:Dass er sich einen Vorteil versprochen hat für sein eigenes Verfahren unter der gleichen Richterin ist möglich, aber es bleibt Spekulation.
Nein. Seine eigene Aussage. Glaub 97 zu 3 % Vorteil war irgendwo das Fazit.
Zitat von RabunselRabunsel schrieb am 23.03.2024:Wenn ich aber als gegeben annehme, dass M jemand ist, der sich einen Vorteil aus einer Aussage ausrechnet.
Ja ein Fakt.
Zitat von PalioPalio schrieb am 23.03.2024:ST wusste, dass Adrian M. aussagen würde. Er hatte die Chance, der Aussage zu widersprechen, wenn Adrian M. seiner Meinung nach lügen würde. Er hat diese Chance nicht genutzt:
Hier ist die Gesamtstrategie der Verteidigung zu beachten. ST wurde m.M. fatalerweise von Baumgärtl vertreten, der von Anfang an wohl Schweigen für das Beste gehalten hat.
Rick kam erst nach der Aussage von AM dazu. Daher finde ich kann man Rick gar keinen Vorwurf machen, dass ST nicht doch noch plötzlich zu sprechen begann. Diese Ursprungshaltung ist auf die Pflichtverteidigung zurückzuführen.
Zitat von AndanteAndante schrieb am 23.03.2024:Wenn dann aber die Sache an eine andere Jugendstrafkammer zurückverwiesen und dort verhandelt wird, ist die Indizienlage samt Gutachten aber ja keine andere. Nur ST könnte daran etwas ändern indem er den Mund aufmacht und sich u.a. zu dem erklärt, was Zeugen über seine „Geständnisse“ sagten.
Ja eine stattgegebene Revision mit einer neuen HV und einem sprechenden ST und einer anderen Verteidigung könnte dazu führen.
Zitat von RabunselRabunsel schrieb am 23.03.2024:Die vier Partygäste haben alle das "Geständnis" nicht ernst genommen und Verena hat einen Tag nach der Hausparty noch gesagt, er habe gesagt, dass er es nicht war und habe dabei geweint.
Bemerkenswert und festzuhalten, dass über "Weinen" hier gesprochen wird.
Zitat von KarajanaKarajana schrieb:Dass alle Beteiligten an dem Abend es für einen Witz hielten, ist kein Anhaltspunkt?
Doch. Zu beachten: Falls das jemand vor Ort wirklich ernst genommen hätte, wäre es doch ein Leichtes gewesen nach draußen zu gehen und die Polizei zu rufen. Diese Geständnisse kennt man dann doch aus den Krimis, wo zum Schluss jemand alles zugibt und jeder dann auch weiß, dass es stimmt. Hier aber eben nicht der Fall.
Zitat von cododerdrittecododerdritte schrieb:Also wenn ich z.B. diesen Prozessbericht lese, dann kommt es mir nicht so vor, als sei S.T. an dem Abend besonders lustiger Stimmung gewesen:
Nein, auch wenn du gegenteilige Schnipsel suchst. Die "Party" wird unter dem Eindruck der Vernehmung von V. gestanden haben.
Belegt durch die Sprachnachrichten von V an diesem Tag.
Mag sein, dass verbal vllt das Thema nicht direkt angesprochen wurde, aber der Elefant stand doch mitten im Porzellanladen.
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:An dem Abend, der sicherlich eher einer Krisensitzung als einer lockeren Party glich, dürfte der Mordfall Hanna im Mittelpunkt gestanden haben.
Folgerichtiges Fazit.

Ein Gedanken und ein Fakt dazu. Wenn ST sich an diesem 17.11.22 so wegschießt, wer erwartet dann am Folgetag der Verhaftung eine große Reaktion. Müde vom BesäufnIs, Kater ?


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27.03.2024 um 01:36
Zitat von RabunselRabunsel schrieb:Also erstmal vielen Dank für deine Expertise! Ich möchte aber noch anmerken, dass es bei meiner Frage nicht darum ging, eine Kompetenz in Frage zu stellen, sondern die Taktik der Verteidigung nachvollziehen zu können. Als laienhafter Zuschauer wirkt es einfach komisch, wenn Verteidiger immer nur auf die Zeugenaussagen, oder Ermittlungsprotokolle Bezug nehmen, obwohl sie doch den Angeklagten einfach fragen können. Mir war zwar bereits klar, dass es schwierig sein kann, wenn ein Angeklagter vor Gericht aussagt, aber wusste halt nicht wie mit den Angaben gegnüber den Verteidigern verfahren wird.
Kein Problem. Ich weiss, es ist eines der schwierigsten Dinge in der Strafverteidigung, gegen das unausrottbare image anzugehen, dass wer unschuldig ist doch reden wird und wer schweigt, etwas zu verschweigen hat und daher schuldig ist. Das hält sich wirklich unausrottbar und man weiss nicht, wie weit sogar Richter manchmal davon betroffen sein können. Da sitzt der Angeklagte nun ein paar Meter vor einem und sagt - gar nichts. Dabei hat man doch so viele Fragen. Da kann man schon mal ärgerlich werden und denken "jetzt reden's doch, sperr mal das Maul auf!" Nichts, der Angeklagte schweigt. Und dann kommen manche noch auf die Idee, nun ihren Ärger am bösen Verteidiger auszulassen, der den armen -weil sicher unschuldigen - Angeklagten davon abhält, die Wahrheit zu sagen, die ihn getreu dem biblischen Votum frei sein lassen wird.

Ich hab hier auch schon gelesen, dass der böse Verteidiger das aus Geldgier mache, um den Prozess zu verlängern und was noch einen Quatsch.

In der Regel ist es genau umgekehrt. Egal ob schuldig oder unschuldig, Angeklagte lieben es, sich um Kopf und Kragen zu reden. Daher möchte ich meinen Mandanten am Liebsten immer einen grossen Streifen Klebeband auf den Mund kleben, wenn der Verhandlungstag beginnt. Ich habe es tatsächlich schon einmal erlebt, dass der Mandant, obwohl wir uns darauf geeinigt hatten, dass er nichts sagen wird, gleich am Beginn der Beweisaufnahme einem Polizeibeamten, der als Zeuge aussagte, ins Wort gefallen ist und rief: "nein, ich kam ja von vorne heraus..." - der Polizist hatte gemutmasst, der Einbrecher sei aus der Hintertür gekommen, denn eindeutige Spuren gab es nicht. Tja, was macht man in so einem Fall ausser die Haare zu raufen?

Und dieser Angeklagte hier, bei allem, was wir bisher von ihm wissen, macht nun wirklich nicht den Eindruck, er könne es mit einem erfahrenen Ermittler in einer Vernehmung oder einem Staatsanwalt oder Richter in der Verhandlung aufnehmen. Beispiele haben wir ja genügend.

Ich will den bekannten Spruch von Boethius mal umformulieren, der über jeden Gerichtssaal gepinselt werden müsste: "Si tacuisses innocentius mansisses!" (Wenn du geschwiegen hättest wärest du unschuldig geblieben - das römische Original spricht von einem Philosophen, nicht einem Unschuldigen).


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

27.03.2024 um 10:51
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich weiss, es ist eines der schwierigsten Dinge in der Strafverteidigung, gegen das unausrottbare image anzugehen, dass wer unschuldig ist doch reden wird und wer schweigt, etwas zu verschweigen hat und daher schuldig ist. Das hält sich wirklich unausrottbar und man weiss nicht, wie weit sogar Richter manchmal davon betroffen sein können.
Gut, dass Du das mal ansprichst. Mir geht das schon eine Weile im Kopf herum.

Das mag unausrottbar sein.
Klar: niemand muss sich selbst belasten und das Schweigen darf nicht zum Nachteil ausgelegt werden.
So die Theorie.

Ich frage mich immer: wie würde ich mich in der Situation von ST verhalten?

Hätte ich die Tat begangen, würde ich wahrscheinlich schweigen, weil die Möglichkeit besteht, dass sie mir nicht nachgewiesen werden kann und ich straffrei davonkomme.

Hätte ich mit der Tat nichts zu tun, würde ich es dann ertragen, dass die Ermittler und später das Gericht allerlei Belastendes anführen und Ungeklärtes zu meinem Nachteil ausgelegen, so dass ich am Schluss als Täter dastehe, obwohl ich es nicht war?

ST kann sich rhetorisch nicht gut verkaufen, er hat sich in den Vernehmungen widersprüchlich geäußert und trotzdem müsste es doch möglich sein, sich zu den vielen offenen Fragen einzulassen. Wenn man es nicht tut, dann aus dem Kalkül heraus, dass die möglichen nachteiligen Folgen viel wahrscheinlicher und schwerwiegender sind als die möglichen positiven Folgen.

Was könnte ST nicht alles zum besseren Verständnis der folgenden Punkte beitragen, wenn er sprechen würde? Schweigen im Prozess hat sich nicht gelohnt, denn vieles wurde vom Gericht für ihn belastend gewertet. Manches vielleicht zu Unrecht und aus Unkenntnis.

Warum hat er sich beim Zeugenaufruf nicht von sich gemeldet?
Wie kam es zu den unterschiedlichen Angaben bzgl. der Joggingroute?
Wie kam er ausgerechnet auf diesen Freund, den er mitten in der Nacht auf seiner Route treffen wollte?
Wer hat denn nun dieses Computerspiel gespielt, nachdem er wieder daheim war? Er oder ein anderes Familienmitglied?
Wie kann er am 3. Oktober von der Mutter erfahren haben, dass eine tote Frau in der Prien gefunden wurde?
War er in der Zeit nach dem 3. Oktober wirklich "durch den Wind?" Warum hat er in dieser Zeit so viel Alkohol getrunken?
Was hat es mit der Hose auf sich, die er vorgelegt hat?
Was hat ihn zu dem Spaßgeständnis motiviert?
Was hat er wann mit Verena und mit den anderen aus seinem Freundeskreis über den Fall gesprochen?
Wie kommt er auf einen Stein als mögliches Tatwerkzeug?
Was hat er von dem Fall bis zu seiner Verhaftung in den Medien erfahren?
Hat er mit seiner Verhaftung gerechnet oder war er überrascht?
Was hat er M wirklich mitgeteilt und was nicht?

Er könnte zu den einzelnen Fragen angeben was ihm in der Vernehmungen durch den Kopf ging, ob er sich unter Druck gesetzt fühlte, dass er nach Ausreden gesucht hat, weil "keine Ahnung", "kann ich mich nicht mehr erinnern", "habe ich verwechselt" einen erst recht verdächtig macht. Hat er manchmal Quatsch geredet, weil er es nicht mehr ausgehalten hat ? usw.

Ich bilde mir nicht ein, dass ST mit Reden seine Unschuld hätte "beweisen" können, aber viell. hätte er das eine oder andere Indiz erschüttern können und am Ende wäre das Gericht möglicherweise zu der Überzeugung gelangt, dass die noch bestehenden Indizien für eine Verurteilung nicht ausreichen.

Heute ist es ja fast schon Standard, dass man von den Anwälten zum Schweigen verdonnert wird. Niemand muss sich selbst belasten ist der Tenor. Dass man sich aus freien Stücken die Möglichkeit nimmt, sich selbst zu entlasten, davon spricht niemand. Das sollen dann in vollem Umfang die Anwälte managen.

Man stelle sich mal den umgekehrten Fall vor: ich bin Unschuldiger, durch eine unglückliche Verkettung von Umständen in den Fokus der Ermittler geraten und am Ende Beschuldigter. Es kommt zum Prozess und mir wird eröffnet, dass ich kein Aussagerecht habe, weil ich nicht neutral wäre, meine Aussagen nur von der Strafvermeidung motiviert wären o.ä. Das würde doch jeder als himmelschreiendes Unrecht brandmarken, wenn man mir von vornherein die Möglichkeit nimmt, mich zu rechtfertigen, etwas richtigzustellen oder etwas aufzuklären.

Geschieht es aber freiwillig, dass man "zur Sache keine Angaben" macht, dann gilt das als allgemein üblich und vernünftig. Geredet hat man vorher, möglicherweise um Kopf und Kragen und schlimmer geht immer. Ich finde es unverständlich, dass über den Vorteil des Schweigens in einem Prozess ein fast einhelliger Konsens herrscht und der damit verbundenen Nachteil - mich nicht entlasten zu können - fast komplett negiert wird.

Dieses ungleiche Gewichten der Vor-und Nachteile der "Aussageverweigerung" hat klar mit dem Kontext zu tun, in dem es erfolgt.
Der heißt im ersten Fall:
"Ich war es, habe aber keine Lust zur Verantwortung gezogen zu werden. Ich will das Unheil, das mir blüht, auf jeden Fall abwenden. Also schweige ich."
Und im zweiten Fall:
"Ich war es nicht, habe keine Lust zur Verantwortung gezogen zu werden für etwas was ich nicht getan habe. Schweigen wäre das letzte, denn ich will das Unheil, das mir blüht, auf jeden Fall abwenden. Deshalb lasse ich nichts unversucht, um aus dieser Situation herauszukommen, also kooperiere ich und gib zu allem Auskunft, was ich gefragt werde.

Damit bin ich beim unausrottbaren Vorurteil: wenn einer schweigt, dann hat er was zu verbergen.
Ich muss zugeben, dass sich mir dieser Gedanke aufdrängt. Was hat man denn sonst für einen Anlass, die Aufklärung der eigenen Unschuld zu sabotieren? Darum geht es in einem Prozess ja auch und nicht nur darum, einen möglichen Täter um jeden Preis zu verurteilen.

Sicher, man könnte sich in Widersprüche verstricken, sich um Kopf und Kragen reden, ist nicht in der Lage, Argumente zu entkräften usw. Aber das war ja schon vorher der Fall, sonst wäre man nicht auf der Anklagebank gelandet. Ich sehe die Verhandlung eher als zweite Chance - diesmal mit Hilfe von Anwälten.
(Mir ist schon klar, dass einer nicht deshalb unschuldig ist, nur weil er redet. Er könnte eine Tat begangen haben und möchte einer Bestrafung entgehen.)
Ich verstehe nicht, dass Schweigen auch dann der Goldstandard sein soll, wenn man mit einer Tat nichts zu tun hat.

Meiner Meinung nach spricht es nicht für einen Angeklagten, wenn er schweigt. Man mag das Schwarz-Weiss-Denken nennen.


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27.03.2024 um 11:07
Zitat von allegroassaiallegroassai schrieb:Geschieht es aber freiwillig, dass man "zur Sache keine Angaben" macht, dann gilt das als allgemein üblich und vernünftig. Geredet hat man vorher, möglicherweise um Kopf und Kragen und schlimmer geht immer. Ich finde es unverständlich, dass über den Vorteil des Schweigens in einem Prozess ein fast einhelliger Konsens herrscht und der damit verbundenen Nachteil - mich nicht entlasten zu können - fast komplett negiert wird.
Sollte mir ein Mandant nachvollziehbare und vor allem nachweisbare Angaben zu bestimmten Sachverhalten machen, dann habe ich kein Problem damit, wenn er sich dazu auch einlassen will. Nur, der Grund, warum das Schweigen Konsens ist, liegt daran, dass die allermeisten Beschuldigten soetwas nicht haben. Und nur weil ein Beschuldigter schöne blaue Augen hat und treuherzig schauen kann, wird kaum ein Ermittler, Staatsanwalt oder Richter ihm glauben. Man darf nicht vergessen: wenn es zum Punkt kommt, schweigen oder nicht, ist er bereits mindestens Beschuldigter, und dahin kommen die Ermittler nicht ohne Grund. Seine Aussagen werden also in der Regel nicht unbedingt als absolute Wahrheit aufgefasst werden.

Dementsprechend muss die Sache Hand und Fuss haben. Sonst nutzt es nichts, und dann kommt eben dazu, dass man sich um Kopf und Kragen redet.

Nehmen wir nur die berühmte Sache mit dem Stein: Nehmen wir an, er sei unschuldig, dann stimmen wir vermutlich alle zu: es wäre weitaus besser gewesen, bei dieser Vernehmung zu diesem Punkt den Mund zu halten, oder zu sagen dass man dazu keine Vorstellungen hat. Er aber will gerne dem Wunsch des Vernehmers nachkommen und eine Antwort geben - und siehe da, diese wird als erheblich belastend gewertet. Egal ob er der Täter ist oder nicht.

Solche Beispiele kann man genug finden. Ein anderes: "Wo sind sie nun genau langgejoggt? ... Ah, da lang, aber wieso nicht am Eiskeller vorbei? - Ich wollte nicht gesehen werden, das war mir peinlich, so in Joggingmontur und mit Stirnlampe, von all den aufgebrezelten Mädels da...

Soso, denkt sich der Ermittler. Da dieser ihn mindestens für verdächtig hält, schliesst er: er wusste wohl, dass da Kameras sind. Und jedenfalls viele potentielle Zeugen. Er wollte nicht gesehen werden - weil er etwas Unlauteres vorhatte.

So einfach ist es, sich um Kopf und Kragen zu reden. Selbst wenn man ganz unschuldig ist.
Genau das ist der Grund, warum wir Anwälte immer raten, zu schweigen. Das Schweigerecht ist eine sehr gute und leider späte Erfindung des Rechtssystems. Davor hat man die Beschuldigten gefoltert, wenn sie nicht geredet haben. Gott sei Dank darf man schweigen und sollte das in den allermeisten Fällen tun.


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27.03.2024 um 13:49
@Rick_Blaine

Danke für deine Ausführungen inkl. anschaulicher Anekdote :)!

OT
Musste da irgendwie an einen ganz amüsanten Prozessbericht aus Wien denken. Wobei es hier nicht ums Schweigen ging, sondern ganz im Gegenteil: hier fand eher ein Wettkampf um die unglücklichste Aussage statt.
https://www.derstandard.at/story/3000000203656/mordprozess-um-86-jaehrigen-der-sohn-erschiessen-und-in-ruhe-fernsehen-wollte
Zitat von allegroassaiallegroassai schrieb:Ich frage mich immer: wie würde ich mich in der Situation von ST verhalten?
Zitat von allegroassaiallegroassai schrieb:Geschieht es aber freiwillig, dass man "zur Sache keine Angaben" macht, dann gilt das als allgemein üblich und vernünftig. Geredet hat man vorher, möglicherweise um Kopf und Kragen und schlimmer geht immer. Ich finde es unverständlich, dass über den Vorteil des Schweigens in einem Prozess ein fast einhelliger Konsens herrscht und der damit verbundenen Nachteil - mich nicht entlasten zu können - fast komplett negiert wird.
Obwohl ich mir auch sehr schwer vorstellen kann, dass ich es in STs Situation überhaupt schaffen würde meinen Mund zu halten und alle Vorwürfe über mich ergehen zu lassen, geschweige denn meine Körpersprache so gut unter Kontrolle zu halten, würde ich es dennoch unbedingt versuchen. Ich würde irgendwie niemals davon ausgehen, dass es irgendwie in meiner Macht stünde diese Anschuldigungen auszuräumen. Weder würde ich es mir zutrauen es rhetorisch mit einem Staatsanwalt aufnehmen zu können, noch würde ich davon ausgehen, meine Aussagen so unmissverständlich darbieten könnte, dass nicht dadurch schon wieder Widersprüche entstehen. Ich würde mir nicht mal zutrauen, alles was im Prozess gesagt wird, sofort richtig zu verstehen und schnell sowie korrekt darauf reagieren zu können. Geschweige denn würde ich meinem Gedächtnis ausreichend vertrauen, oder meinem Vermögen meine Gefühle zu kontrollieren und nicht iwann die Richterin anzublaffen etc. Insbesondere einen ganzen Prozess lang mit dem Wissen, dass jedes Mal wenn ich nichts dazu sagen könnte es noch zusätzlich zu meinem Nachteil ausgelegt werden dürfte. Ich hab jetzt keine fatalistische Grundhaltung und würde mich schon unbedingt verteidigen wollen, aber ich würde nicht annehmen, dass eine Aussage meinerseits die geeignete Verteidigungsstrategie sei.
Ich war schon paar mal als Zeugin in einem Zivilprozess, die Zeugenaussagen haben sicher nie länger als eine halbe Stunde gedauert und ich wusste im Vorfeld sehr genau wozu ich befragt wurde, trotzdem hat mir hinterher so derartig der Kopf geraucht.
Man muss sich jedes Wort genau überlegen, damit es nicht anders gedeutet werden kann. Klar kann man mal was berichtigen bei einem Missverständnis, wenn das aber zu oft vorkommt gewinnt man damit keinen Blumentopf. Der gegnerische Anwalt spitzt auf jedes Wort, dass er dir irgendwie umdeuten, auslegen, verdrehen (so fühlt es sich zumindest an) kann. Dabei soll man aber freundlich, glaubwürdig und kompetent rüberkommen. Man bekommt schon Übung darin, aber vor allem die ersten Male waren stressiger als jede Prüfung und jetzt war ich nur Zeugin, in vergleichsweise unwichtigen Fällen.

Tatsächlich würde ich wohl am ehesten eine Aussage machen, wenn ich schuldig wäre und mich geständig zeigen wollen würde und eine Chance sehen würde mit einer guten Begründung eine mildere Strafe zu bekommen. Ansonsten sähe ich für mich keinen Grund mich als Beschuldigte groß zu äußern.


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27.03.2024 um 17:22
Zitat von allegroassaiallegroassai schrieb:Heute ist es ja fast schon Standard, dass man von den Anwälten zum Schweigen verdonnert wird. Niemand muss sich selbst belasten ist der Tenor. Dass man sich aus freien Stücken die Möglichkeit nimmt, sich selbst zu entlasten, davon spricht niemand. Das sollen dann in vollem Umfang die Anwälte managen.
Das sagt man wohl vermehrt so, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass sich da so viel in den letzten 30 Jahren verändert hat. Da wäre wahrscheinlich auch in solchen Prozessen geschwiegen worden.

Reden macht in fast allen Fällen auch nur Sinn, wenn du entweder ein absolutes Ass im Ärmel hast und man deinen Einlassungen fast folgen muss, oder wenn du gestehen willst.

Man sieht es ja eben an den typischen Fällen wie den Rupps, Genditzkis, Gills oder Kachelmanns und wie sie alle heißen. Jetzt mal ganz abgesehen davon, dass sich ein Teil eben mit Reden in die Situation gebracht hat, es hätte nichts geändert. Einer davon ist mit Schweigen freigesprochen worden und die Anderen hätte man in den ersten Prozessen auch schuldig gesprochen, wenn sie sich in der HV eingelassen hätten.

Auch in dem Fall wäre ja jede Einlassung mit einem Satz weggewischt. Das ist ja das fiese an solchen Konstellationen, noch dazu falls es eben vllt nicht stimmen sollte, wie willst du dagegen reden? Man kann nicht mehr anführen, als dass die Geständnisse nicht gemacht wurden bzw. in einem Fall nicht ernst gemeint waren und man sich mit der Hose getäuscht hat etc.

In dem Fall finde ich ist ja ohnehin viel hervorgegangen, dass dem Angeklagten in die Karte spielen müsste, auch ohne sich selbst zu äußern. Er hat Mithäftlinge im Zeugenstand, die Aussagen bei ihnen hätte er immer bestritten und die sich kritisch zu AM äußern. Auch ohne sich selbst zu äußern, sind Dinge zur Sprache gekommen, die manches Verhalten in dem Herbst erklären können, wie der Großvater, das Haustier und die geplatzten Treffen. Aber wenn das die Kammer nicht beeindruckt, dann ist das halt so.


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27.03.2024 um 19:01
Da gibt es die unterschiedlichsten Dinge, nur mal so angemerkt.
Kann sich noch jemand an diesen Fall erinnern? Ehefrau von TV-Tierarzt soll Mutter wegen Spielschulden getötet haben

Der Ehemann der Frau, die ihre Mutter ermordet hatte, saß zunächst über Monate oder waren es nur Wochen in U-Haft und hatte auf Anraten seines Anwalts nicht ausgesagt. Warum, das hatte sich mir aber nicht erschlossen.


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27.03.2024 um 22:46
Zitat von emzemz schrieb:Der Ehemann der Frau, die ihre Mutter ermordet hatte, saß zunächst über Monate oder waren es nur Wochen in U-Haft und hatte auf Anraten seines Anwalts nicht ausgesagt. Warum, das hatte sich mir aber nicht erschlossen.
Ich erinnere mich noch und hatte seinerzeit ähnliche Gedanken und hatte vermutet, er hat entweder nichts gesagt, um seine Frau nicht zu belasten, oder weil er oder sein Anwalt die Sorge hatten, dass wenn er sich äußert, seine Frau dies nutzen würde um ihn mit reinzuziehen und ihn zu belasten und ihre Schuld zu schmälern. Denn es sah für ihn ja zunächst nicht günstig aus.


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28.03.2024 um 10:55
Ich habe man eine Frage in die Runde, insbesondere an die juristisch Versierten.

Die Verteidigung hat ja angekündigt, Revision zu beantragen. Zunächst muss ja einmal das Urteil schriftlich formuliert werden (in welcher Frist eigentlich?); danach ich dann -wohl ebenfalls in bestimmter Frist- der Revisionsantrag zu begründen.

Ist es eigentlich denkbar und statthaft, diesen Revisionsantrag publik zu machen - zumindest in der Tendenz und mit Nennung der maßgeblichen Beweggründe? So wie ich Frau Rick einschätze, dürfte sie doch wenig Hemmung haben, ihre Argumentation öffentlich zu vertreten (zum Beispiel in Form einer Pressemitteilung).

Eine Hürde dürfte sicherlich sein, aus der eigentlich unter Verschluss liegenden schriftlichen Urteilsbegründung zu zitieren, oder?


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28.03.2024 um 11:30
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:in welcher Frist eigentlich?
Zu den Fristen hatte Dürr im Interview folgendes gesagt:
Dürr: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Jetzt hat das Gericht 13 Wochen Zeit, das Urteil schriftlich niederzulegen.
....
Dann wird das Urteil zugestellt und dann hat die Verteidigung einen Monat Zeit, die Revision zu begründen. Diese Frist ist nicht verlängerbar.
....
Wann rechnen Sie mit einer Entscheidung des BGH?

Dürr: Ich rechne mit Anfang 2025. Ich glaube nicht mehr in dem Jahr.
Quelle: https://www.ippen.media/netzwerk/lokales/bayern/verteidigung-von-sebastian-legt-revision-ein-wie-es-jetzt-im-fall-hanna-weitergeht-92903495.html

Die Veröffentlichungsmöglichkeiten würden mich auch interessieren.


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28.03.2024 um 12:28
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:Ist es eigentlich denkbar und statthaft, diesen Revisionsantrag publik zu machen - zumindest in der Tendenz und mit Nennung der maßgeblichen Beweggründe? So wie ich Frau Rick einschätze, dürfte sie doch wenig Hemmung haben, ihre Argumentation öffentlich zu vertreten (zum Beispiel in Form einer Pressemitteilung).

Eine Hürde dürfte sicherlich sein, aus der eigentlich unter Verschluss liegenden schriftlichen Urteilsbegründung zu zitieren, oder?
Rick kann, wenn sie will, ihre Revisionbegründung bekannt machen und dürfte auch aus der Urteilsbegründung zitieren, müsste aber darauf achten, dass sie dann keine Persönlichkeitsrechte anderer verletzt. Sie müsste also die Namen aller beteiligten Personen anonymisieren. Und sie müsste darauf achten, dass sie ihre Verschwiegenheitspflicht in Bezug auf ihren Mandanten nicht verletzt, also öffentlich nur so viel preisgibt, wie es den Interessen ihres Mandanten nicht zuwiderläuft.

Dass hier das LG zur Veröffentlichung des Urteils zwar berechtigt, aber nicht verpflichtet ist, heißt nicht, dass Rick das Urteil nicht veröffentlichen dürfte, aber eben komplett anonymisiert.

Ein Beispiel ist Rechtsanwalt Strate, der auf seiner HP diverse Urteile und eigene Schriftsätze veröffentlicht hat. Im Thread Böhringer (Wiki) ist außer dem Strafurteil auch ein von den Anwälten des dortigen Verurteilten verfasster und publik gemachter Antrag auf Wiederaufnahme des Verfahrens enthalten, natürlich alles ohne Klarnamen.


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28.03.2024 um 12:41
Vielen Dank, @Andante und @Rabunsel, für die aufschlussreichen Informationen.

Wenn ich richtig gerechnet habe und Frau Assbichler und Frau Rick ihre Fristen voll ausschöpfen, dürfte spätestens Ende Juli die Revisionsbegründung vorliegen.

Ich fände es wirklich interessant, wenn die Verteidigung dann ihren Schriftsatz publik machen würde - auch unter Rückgriff auf das schriftliche Urteil des Landgerichts Traunstein.

Fragt sich nur, ob die Anwälte sich wirklich die Mühe machen, die nötige Anonymisierung vorzunehmen.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

28.03.2024 um 21:11
Darf ich noch mal unsere juristisch Bewanderten behelligen?

Angenommen, der BGH würde das Urteil aufheben und eine Neuverhandlung verfügen, könnte dieser Prozess dann überhaupt noch mal vor dem Landgericht Traunstein stattfinden?

Die 2. Jugendkammer kommt ja nicht mehr in Betracht. Und die 1. Jugendkammer war ja auch bereits insofern involviert, als sie über den Befangenheitsantrag gegen die 2. Kammer befinden musste und ihn abschlägig beschied.

Wäre dieser Umstand nicht quasi ein Einfallstor für die Verteidigung, auch diese Kammer wegen der Besorgnis der Befangenheit abzulehnen?

Eine zweite Frage bezieht sich darauf, dass das Traunsteiner Gericht jetzt nach Prüfung entschieden hat, bei Sebastian T. das Jugendstrafrecht anzuwenden.

Wie ist das bei einer Neuverhandlung? Wäre das Gericht -ob in Traunstein oder andernorts- auch daran gebunden oder könnte es beschließen, den Angeklagten als Erwachsenen zu behandeln? Die Kammer, die jetzt das Urteil fällte, hatte ja augenscheinlich einen Ermessensspielraum.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

28.03.2024 um 21:20
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:Angenommen, der BGH würde das Urteil aufheben und eine Neuverhandlung verfügen, könnte dieser Prozess dann überhaupt noch mal vor dem Landgericht Traunstein stattfinden?
Kommt auf den Geschäftsverteilungsplan an. Manchmal gibt es noch mehr normale Strafkammern, die bei Verhinderung als Jugendkammer auftreten.

Was mich aber interessieren würde und wo ich nicht wirklich weitergekommen bin in der Recherche, wer für Traunstein zuständig ist, falls Prozesse oder Wiederaufnahmeverfahren weitergeleitet werden. Ob das LG München I oder (ziemlich wahrscheinlich) LG München II oder gar (ziemlich unwahrscheinlich) LG Landshut bzw. LG Ingolstadt zuständig ist.
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:Wie ist das bei einer Neuverhandlung? Wäre das Gericht -ob in Traunstein oder andernorts- auch daran gebunden oder könnte es beschließen, den Angeklagten als Erwachsenen zu behandeln? Die Kammer, die jetzt das Urteil fällte, hatte ja augenscheinlich einen Ermessensspielraum.
Kommt drauf an in welchen Teilen es aufgehoben wird. Oftmals ist das neue Gericht ja sehr begrenzt in der neuen Entscheidungsfrage und bekommt zusätzlich noch etwa die Richtung vorgegeben. Wenn es komplett aufgehoben wird, geht alles auf Anfang. Aber in diesem Fall wird sich so eine Frage nicht stellen, das bleibt in jedem Fall bei Jugendrecht, bin ich überzeugt.


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

28.03.2024 um 21:44
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Manchmal gibt es noch mehr normale Strafkammern, die bei Verhinderung als Jugendkammer auftreten.
Danke für die Erläuterungen.

Aber könnte denn die 1. Jugendkammer den Fall übernehmen, obwohl sie ja bereits aktiv geworden ist in einem Verfahren, das vom BGH als rechtsfehlerhaft moniert würde?
Zitat von fassbinder1925fassbinder1925 schrieb:Kommt drauf an in welchen Teilen es aufgehoben wird.
Meinst Du wirklich „wird“ oder doch eher „würde“? Die erste Variante hiesse ja, dass Du von der Aufhebung des Urteils überzeugt bist...


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Hanna W. tot aus der Prien geborgen

28.03.2024 um 23:21
Zitat von TiergartenTiergarten schrieb:Angenommen, der BGH würde das Urteil aufheben und eine Neuverhandlung verfügen, könnte dieser Prozess dann überhaupt noch mal vor dem Landgericht Traunstein stattfinden?
Im Fall der Zurückverweisung entscheidet der BGH, ob er die Sache an eine andere Strafkammer desselben Gerichts zutückverweist oder an ein anderes bayerisches Landgericht (vgl. § 354 Abs. 2 StPO).

Oft wird vom BGH an eine andere Strafkammer desselben Gerichts zurückverwiesen, etwa hier:

https://www.streifler.de/urteil/bgh/beschluss-2-str-32514-2014-09-17

https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&Datum=2013-4&nr=63963&linked=urt&Blank=1&file=dokument.pdf

http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=2017-9&Seite=4&nr=79870&pos=122&anz=270&Blank=1.pdf

In einem anderen Fall wurde die Sache, bei der Ausgangsinstanz das Landgericht Halle/Saale war, vom BGH an ein anderes sachsen-anhaltinisches Landgericht zurückverwiesen, nämlich an das LG Magdeburg:

https://www.streifler.de/urteil/bgh/urteil-4-str-51107-2008-03-13.

Wie es der BGH beim Traunsteiner Fall halten würde, falls denn überhaupt die Revision so weit Erfolg hätte, dass zurückverwiesen würde, bleibt also abzuwarten….


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