Dracena24 schrieb:Sollte man ohne diese forensischen Beweise Anklage erheben, wird es ohnehin auf einen Indizienprozess hinauslaufen. Je mehr Zeit verstreicht, desto aussichtsloser wird ein solcher Prozess. Zeugen können sich nach so langer Zeit nicht mehr erinnern, usw.
Und wenn man nach all diesen Jahren immer noch keine echten Beweise wie DNA usw. hat, wo sollen die plötzlich herkommen?
DNA-Spuren sind regelmäßig auch "nur" Indizien. Sie beweisen, dass der DNA-Träger irgendwie seine DNA dorthin verbracht hat, sie beweisen aber keine Tat. Sogar Spermaspuren sind selten ein eindeutiger Beweis für eine Sexualstraftat: Sie belegen einen sexuellen Kontakt, aber nicht, dass dieser gegen oder ohne den Willen des Opfers stattgefunden hat.
Und Indizienprozess bedeutet auch nicht automatisch schlechte Beweislage. Der Unterschied zwischen Indizien und Beweisen beruht einzig auf der Nähe zur Tat. Beweise belegen unmittelbar eine Tatsache und Indizien sind Hinweise auf die zu beweisende Haupttatsache (Beweisanzeichen). Somit kann auch in einem Indizienprozess der zweifelsfreie Tatnachweis geführt werden, wenn alle anderen Optionen absolut unplausibel sind.
Was genau verstehst Du eigentlich unter forensischen Beweisen? Sind damit solche Beweise gemeint, die im Labor gefunden werden?
Dracena24 schrieb:Wie lange kann man die Ermittlungen ohne Anklage eigentlich fortsetzen?
Dafür gibt es keine gesetzlich festgelegte Frist. Wenn der Tatvorwurf verjährt ist, dann werden die Ermittlungen regelmäßig ganz eingestellt. Das ist sozusagen eine indirekte Frist. Da es im Fall Maddie aber um den Vorwurf des Mordes geht und dieser nicht verjährt, greift hier auch keine Frist. Daneben gilt in jedem Strafverfahren der Beschleunigungsgrundsatz: Das Verfahren darf nicht grundlos verzögert werden. Aber platt gesagt gilt: Ermittlungen dauern so lange, wie sie eben dauern. Und das Verbot der Doppelbestrafung in Art. 103 III GG kann dazu führen, dass mit der Anklage abgewartet wird, um keinen Freispruch zu riskieren.
Grundsätzlich ist ein Ermittlungsverfahren im Gegensatz zur Hauptverhandlung nicht öffentlich. Und den Grund dafür, nämlich den Schutz der Persönlichkeitsrechte, kann man im Fall Christian B. hervorragend sehen: Allein der Vorwurf, eine bestimmte Tat begangen zu haben, klebt an einem Menschen wie Pech. Das wird man so schnell nicht los, auch wenn sich am Ende die Unschuld herausstellen sollte.
Wolters ist da vor einigen Jahren vorgeprescht, indem er den Tatverdacht öffentlich gemacht hat. Das wieder einzufangen, bei einem Fall mit derart hohem öffentlichem Interesse, ist ein Ding der Unmöglichkeit. Und Wolters hat auch nicht unbedingt Schadensbegrenzung betrieben, eher das Gegenteil.