sallomaeander schrieb:Wenn man es genau nimmt, ist über den Fall des Herrn P., abseits der ebenso grauenhaften, wie auch spektakulären Auffindesituation, relativ wenig bekannt
Daran sollte man immer wieder erinnern.
Die meisten Überlegungen, die hier im Forum zu dem Fall angestellt werden, hängen völlig in der Luft.
sallomaeander schrieb:Du schilderst da sehr gut, untermauert mit zutreffenden Beobachtungen aus dem Filmfall, eine Situation der Abhängigkeit und Unterwerfung, ja geradezu völliger Abhängigkeit des Opfers von dem blonden Mann.
Auch dafür gibt es keinerlei Hinweis. Ihr steigert euch in reine Phantasien hinein. Das ist nicht einmal Hobbypsychologie.
Man kann auf den Fall auch anders schauen:
- Das Opfer ist 30 Jahre alt, geht keinerlei geregelten Arbeit nach, hat keine feste Bleibe, wenn er nicht bei seiner Mutter leben kann und ist daher offensichtlich auch nicht willens, sich eine Wohnung zu nehmen. Er hat eine kriminelle Vergangenheit, trinkt regelmäßig zuviel und finanziert seinen fragwürdigen Lebenswandel zumindest zum Teil durch schnellen Sex mit Zufallsbekanntschaften. Ich war 1983 erwachsen und damals hätte man diesen Lebenswandel mit Ausdrücken bezeichnet, die in der Zwischenzeit (aus guten Gründen) nicht mehr verwendet werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass er bei seinem Lebenswandel in ernsthafte Schwierigkeiten geriet, war sicherlich überdurchschnittlich hoch.
- Alle Schilderungen über den Blonden beruhen auf kurzen und eigentlich nichtssagenden Sichtungen in öffentlichen Räumen - und sie sind über 40 Jahre alt. Wer hier Gesten aus einem Filmfall als Grundlage für Hobbypsychologie nutzen will, ist komplett lost. Über den Mann weiß man rein nichts, nicht einmal seinen Vornamen. Er hat sich wohl nicht zufällig im Hintergrund gehalten. Es ist nicht einmal gesichert, dass es sexuelle Kontakte zwischen ihm und dem Opfer gegeben hat. Ich bleibe dabei: Es kann auch einen ganz anderen Hintergrund für die "Bekanntschaft" und das Verbrechen geben und man kann nicht ausschließen, dass dieser Hintergrund etwas mit dem kriminellen Vorleben des Opfers zu tun hatte - auch wenn das hier nicht jedem zu passen scheint (was aber für den Fall völlig unerheblich ist.)
- Zur Tat: Sie war offenkundig sehr brutal, aber eigentlich handelte es sich nicht um eine Übertötung, weil das Opfer noch lebte, als es in die Sickergrube geworfen wurde. Es müssen keinerlei tiefen Gefühle vorgelegen haben und es muss auch nicht um Sex gegangen sein. Die Erklärung reicht vielleicht schon, dass es Männer gibt, die nicht viel brauchen, um komplett die Kontrolle zu verlieren und sich in Kampfmaschinen zu verwandeln. Testosteron im Übermaß schlägt als Erklärung jede Hobbypsychologie: Solche Fälle gibt es auch bei XY immer wieder, etwa wenn nachts junge Männer zusammentreffen und eine scheinbare Nichtigkeit für eine extreme Eskalation ausreicht. Wenn diese Männer noch unter dem Eindruck von Stimulanzien stehen, ist die Hemmschwelle noch einmal niedriger.
- Die Art der Tötung deutet darauf hin, dass sie nicht geplant war und keine Mordwerkzeuge wie Messer oder Schusswaffen zur Verfügung standen. Das Ungeplante gilt vielleicht auch für den Ablageort der Leiche. Eine Frage, die mich interessieren würde, ist: Warum ließ man den Deckel zu der Grube verschwinden? Waren darauf Spuren? (Dass die Grube bewusst offengelassen wurde, halte ich für ausgeschlossen, besonders, weil eine Schule in der Nähe war). Eigentlich war die Grube als improvisierter Ablageort gar nicht schlecht - solange sie verschlossen war. Dass der Täter den Ablageort vorher kannte, ist nicht sicher: Vielleicht war es der erste Ort, der dem Täter nach der Tat geeignet erschien.
- Das Fehlen des überwiegenden Teils der Kleidung könnte sich auch mit Spuren erklären, die auf den Täter deuten. Auf ein sexuelles Motiv muss sie jedenfalls nicht hinweisen.