taraneh schrieb:Das ist ja für mich auch rätselhaft - die Gemeinschaft war schon so gefestigt und umfangreich, dass eine normale Familie sich ein Mehrparteienhaus zu erwerben angedachte, es wurde nie hinterfragt woher das möglich sein solle - wir denken hier eher europäisch - gegen die Person direkt - dies ist aber nicht überall so - da gibt es Völker die der Meinung sind, wenn ich gegen die Person vorgehe und tue was ihr zusteht, dann schaue ich durch die Finger, daher schaut man wo man der Person unmissverständlich zeigt welche Macht man hat ohne dass sie sich wehren kann - denn dann käme ja auch dass ans Licht warum er eben gezügelt wurde !
rattich schrieb:Noch einmal zum möglichen Hauskauf von Zeyneps Familie:
Mir erscheint es nicht unrealistisch, dass Zeyneps Vater überlegte, das Mietshaus zu kaufen. Ich kenne auch selbst eine türkische Familie, die vor Jahren in einer Kleinstadt ein Mehrfamilienhaus gekauft hat.
Ich verstehe auch nicht, warum sich hier einige so über das Vorhaben des Hauskaufs wundern. Das war in den 1980er für viele türkische Einwanderer-Familien ein absolut nahe liegendes Vorhaben.
Das Anwerbeabkommen zwischen der Bundesrepublik und der Türkei wurde bereits 1961 auf Initiative der Türkei geschlossen. Der Aufenthalt war auf 10 Jahre befristet, einen Familiennachzug gab es in der Vereinbarung nicht. Die Befristung wurde aber schon 1964 aufgehoben.
Im November 1973 habe es den Anwerbestopp, d.h. es konnten keine weiteren türkische Arbeitskräfte mehr nach Deutschland einreisen. Das führte dazu, dass viele Türken, die die Arbeit in Deutschland eigentlich befristet geplant hatten, sich entschieden, dauerhaft in Deutschland zu leben, denn es bedeutete, dass sie, wenn sie einmal zurück in die Türkei umzogen, keine Möglichkeit mehr hatten, wieder nach Deutschland zurückzukehren. In der Türkei waren die die politischen und wirtschaftlichen Verhältnisse Ende der 1970er- und Anfang der 1980er-Jahre problematisch, es gab dort Bürgerkrieg, Militärputsch und Hyperinflation und vor allem auf dem Land eine sehr hohe Arbeitslosigkeit, so dass viele sich eher schlechte Chancen für ein sicheres und wirtschaftlich gutes Leben in der Heimat ausrechneten.
Das führte dazu, dass viele der in Deutschland lebenden Türken ihre Familien nachholten, so dass die Anzahl der Türken trotz des Anwerbestopps weiter anstieg.
Vor diesem Hintergrund finde ich es sehr naheliegend, dass Zeyneps Vater über einen Hauskauf nachdachte. Er dürfte 1986 Mitte 30 gewesen sein, ist vielleicht schon in Deutschland geboren worden oder kam als junger Sohn eines Gastarbeiters nach dem Aufnahmestopp im Rahmen des Familiennachzugs nach Deutschland. Mind. seine Mutter und sein Bruder lebenten ebenfalls in Deutschland. Er hat Schichtarbeit geleistet, dürfte auch schon einige Jahre gearbeitet haben und die Familie hat in den Häuser, die in eher schlechtem Bauzustand waren, sicher eher günstig gelebt. Insofern war doch ein Kauf des Hauses, in dem auch noch sein Mutter und die Familie des Bruders, der ja ebenfalls nach Neuenrade ziehen wollte, hätten wohnen können, eine absolut sinnvolle Überlegung.