watnu schrieb:Das leuchtet mir nicht ein, dass P. F., als er älter war, naiver gewesen sein soll als in jungem Alter. Auch nicht nach der (aus seiner Sicht) schlechten Erfahrung mit der Versicherungsvertreterin, die ihm Knast einbrockte.
Für mich ist es ein plausible Erklärung, dass er eher am Fall Jutta H. "gelernt" hat, dass es nicht unbedingt "sinnvoll" ist, das Opfer zu ermorden. Eben weil Morde mit erheblich großem und öffentlichkeitwirksamen Fahndungsmaßnahmen der Polizei einhergehen und weil dafür auch eine erheblich höhere Strafe droht als für eine Vergewaltigung.
Er hat zu dem VE01 gesagt, dass ein anderer Täter in einem Cold Case aus Köln den Fehler gemacht hat, am Ort der Tat wohnen zu bleiben und nicht ganz weit weg zu ziehen, woraus das Gericht schlussfolgert, dass er diese getan hat, nachdem der Fall zum ersten Mal bei XY gezeigt wurde. Außerdem war er unmittelbar nach der Tat wochenlang arbeitsunfähig.
Ich denke, dass dass man daraus sehen kann, dass er die Ermittlungen der Polizei und die Angst als Täter identifiziert zu werden als sehr bedrohlich erlebt hat und könnte mir vorstellen, dass er daraus dann "gelernt" hat, dass es "güstiger" ist, sein Opfer nach einer Vergewaltigung nicht umzubringen.
Hinzu kommt aber auch, dass es offenbar für ihn eine Art "Tatmuster" ist, nach der Tat mit dem Opfer zu verhandeln, ob er es am Leben lässt oder tötet und versucht, ihm das Versprechen abzupressen, nicht zur Polizei zu gehen. Mag sein, dass da durchaus sadistische Aspekte eine Rolle bei spielen, weil er so noch mal demonstrieren kann, wie extrem viel Macht er in dem Moment über die Frauen hat, sozusagen als Entscheider über Leben oder Tod.
Ich kann mir aber durchaus vorstellen, dass die Diskussion aus seiner Sicht sogar "ergebnisoffen" war, er also je nach Verlauf entschieden hat, das Opfer am Leben zu lassen. Und das kann von der individuellen Reaktion des Opfer abhängig gewesen sein, bzw. seiner persönlichen Interpretation der Reaktion, ob das Opfer im also a) überhaupt zugesichert hat, nicht zur Polizei zu gehen und b) ob er diese Aussage als glaubwürdig eingestuft hat. Bei der Versicherungsmaklerin war er sich seiner Sache ja sogar so sicher, dass er sie noch zum Auto gebracht hat und ihr noch die Scheiben frei gekratzt hat.
Seine Einschätzung könnte auch damit zusammenhängen, dass Jutta noch extrem jung war und sie nach der Vergewaltigung vielleicht sichtbar verletzt war, die Kleider teilw. zerschnitten und sicher auch deutlich sichtbar verschmutzt. Es war ihm wohl klar, dass wenn eine 15 jährige in dem Zustand nach Hause kommt, es nicht allein in ihrer Entscheidung liegen wird, ob die Tat angezeigt wird.
Im Urteil findet sich folgender Satz zu einer anderen seiner Taten:
Der Angeklagte war davon überzeugt, ... so manipulieren zu können, dass sie wegen der Vergewaltigung nicht zur Polizei gehen würde.
Quelle:
https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE250000509Dabei muss man meiner Meinung nach auch bedenken, dass er diese Fähigkeiten zur Manipulation anderer Menschen über die Jahre hin sicher ausgebaut, trainiert und verfeinert hat und damit ja offenbar auch oft genug erfolgreich war. Er diesebezüglich also ein ziemlich großes Selbstbewusstsein aufgebaut haben dürfte und der Meinung war, er können die Reaktionen von anderen Menschen gut einschätzen und lenken.
Vielleicht war er diesebezüglich 1986 einfach noch unsicherer und sich seiner Sache nicht so sicher, wie er es später bei den anderen Opfern war.
Als Erklärung, warum er Jutta getötet hat, die späteren Opfer aber nicht, reicht mir aus, dass er bei ihr nicht den Eindruck hatte, mit seiner Forderung, sie solle nicht zur Polizei gehen, erfolgreich war - falls er es denn bei ihr überhaupt versucht hat, das Urteil geht ja davon aus:
Entsprechend seiner manipulativen Persönlichkeit versuchte er noch, auf sein Opfer einzureden und es davon zu überzeugen, wegen der Tat nicht zur Polizei zu gehen. Einen solchen Versuch gab er schnell wieder auf. Bei der Reaktion von ... und den Schmerzen und der Pein, die er ihr bereitet hatte, wich dieser Versuch schnell der Einsicht, dass sein Opfer niemals dazu bereit sein konnte und würde, vielmehr die Tat anzeigen musste, sobald sie sich seinem Zugriff entzogen fühlen konnte und die Möglichkeit hierzu haben würde.
Quelle:
https://www.rv.hessenrecht.hessen.de/bshe/document/LARE250000509Das kann an der Einschätzung seiner eigenen Fähigkeiten, andere menschen zu manipulirern und zu dominieren gelegen haben oder an ihrer Reaktion. Wenn sie sich nicht hat einschüchtern lassen, selbst wenn das nur sein Eindruck war, dann war das ihr Todesurteil und das steht auch nicht im Gegensatz zu den späteren Taten für mich.
Zu sagen, er hat doch später die Frauen leben lassen, dann hätte er das auch bei Jutta getan, denn da war er ja noch jünger, ist mir einfach zu platt.