Noch nicht gefasste mutmaßliche RAF-Terroristen

louis1949 schrieb:louis1949
um 14:04
Unabhängig davon wo in Europa oder der Welt sie sich in der Regel aufhalten - was vermutet ihr wo sie sich in der Zeit der Überfälle und Vorbereitungen aufhalten? Sie finden ja meisten in NRW oder Niedersachsen statt. Also womöglich Niedersachsen?

Ich vermute sehr stark, dass die Vorbereitung und Durchführung der Überfälle in der Regel von Niedersachsen aus erfolgte.

Festmachen möchte ich das einmal an den beiden letzten Aktionen in Hildesheim und Cremlingen. In Cremlingen wurde der Überfall auf den Geldtransporter und das Dänische Bettenlager am 25.6. 2016 um 15.30 Uhr verübt.

Die Auskundschaftung und Vorbereitung muss Wochen vorher begonnen haben. So wurde Staub Ende Mai am späteren Tatort gesichtet; bereits ab dem 10. Juni wurde öffentlich nach dem späteren Tatfahrzeug Opel Corsa gefahndet.

Das heißt: Mindestens seit Ende Mai wurde der Überfall geplant und Vorkehrungen getroffen (Auskundschaftung der Örtlichkeiten und Abläufe; Beschaffung von Fahrzeugen, Kennzeichen etc.).

Für mich ist schwer vorstellbar, dass das Trio dafür stets von weit außerhalb anreiste. Sie werden sich auch wohl kaum für Wochen in einem Hotel einquartiert haben. Ich gehe vielmehr davon aus, dass die RAF-Leute aus einem Versteck mit kurzer Anreise operierten.

Dafür spricht auch der fehlgeschlagene Überfall am 7.5. 2016 in Hildesheim. Der hatte ja auch über einen gewissen Zeitraum geplant und vorbereitet werden müssen. Schwer vorstellbar, dass die Drei zuerst diesen Überfall von weit außerhalb inszenierten - und das Gleiche dann kurz darauf noch einmal mit viel Aufwand im nicht weit entfernten Cremlingen.

In der Konsequenz wäre das Trio für die beabsichtigten Überfälle in Hildesheim und Cremlingen etwa von April bis 25. Juni 2016 mit Erkundigungen und Beschaffungen beschäftigt gewesen - mit vielleicht Dutzenden von Fahrten zwischen Wohn- und Tatorten.

Das wäre eigentlich nur zu bewältigen gewesen, wenn man aus dem Nahbereich anreisen konnte und nicht von einem weit entfernten, vielleicht sogar im Ausland gelegenen Standort.

Ich sehe keinen Vorteil für die Drei, im Ausland zu leben.
Da kann ich mich nur dieser Einschätzung anschließen:

Tiergarten schrieb:Für mich ist schwer vorstellbar, dass das Trio dafür stets von weit außerhalb anreiste. Sie werden sich auch wohl kaum für Wochen in einem Hotel einquartiert haben. Ich gehe vielmehr davon aus, dass die RAF-Leute aus einem Versteck mit kurzer Anreise operierten.

Garweg, der offensichtlich mit seiner Familie in persönlichem Kontakt steht, wird kaum Reisen mit Grenzübertritten riskieren, um sich dann mit seinem in der Schweiz lebenden Bruder in einem Hamburger Hotel zu treffen.

Ich glaube auch nicht an die Auslandsnummer. Aus ganz verschiedenen Gründen.
Zum Einen macht es logistisch alles super schwierig. Außerdem sind Grenzkontrollen jetzt noch nicht sooo lange komplett weggefallen. Und ja auch gerade wieder eher im Kommen. Und einen wirklichen Vorteil davon erkenne ich auch nicht.


Aber am Ende ist das sowas, was an dem Fall echt faszinierend ist. Man weiß eigentlich absolut gar nichts.

Ich finde das, was @Tiergarten und @emz hier schreiben ebenfalls ziemlich plausibel. Ich habe meine Meinung dahingehend mittlerweile geändert und denke nun auch, dass sie sich in Deutschland aufhalten und für längere Zeit in der Nähe eines Zielorts leben, um diesen auszukundschaften.

Ich habe übrigens mal alle mir bekannten Überfälle des Trios zusammengetragen und in eine Google Maps Karte gepackt. Keine Ahnung, was man jetzt damit machen kann, aber mir hat eine einfache Zusammenfassung mit Örtlichkeit, Datum und Beute einfach gefehlt! :D
Gebt mir gerne Bescheid, falls mir ein Fehler unterlaufen sein sollte oder ein Tatort fehlt. Ich ergänze dann gerne.

Hier geht's zur Karte!

@maxvonfax

gibts schon. Und zwar hier:

https://www.abendblatt.de/bin/scr-207656465.jpg

Findet man, wenn man "RAF Überfälle" googlet und dann die Bildersuche benutzt ;-)
Aber danke, für deine Mühen. Tatsächlich habe ich diese Übersicht schon einige Male angeguckt. Ist wirklich sehr nützlich.

maxvonfax schrieb:Zusammenfassung mit Örtlichkeit, Datum und Beute

Die Beute hast du allerdings noch nicht eingetragen :D

Auf der Karte des Abendblattes fehlt Cremlingen.

Edna schrieb:gibts schon. Und zwar hier:

https://www.abendblatt.de/bin/scr-207656465.jpg

Findet man, wenn man "RAF Überfälle" googlet und dann die Bildersuche benutzt ;-)
Aber danke, für deine Mühen. Tatsächlich habe ich diese Übersicht schon einige Male angeguckt. Ist wirklich sehr nützlich.

Ah Danke, die kannte ich gar nicht, hätte mir die Arbeit etwas erleichtert! :D

Bei meiner könnt ihr aber jetzt Routen berechnen, schauen wie schnell man von Tatort A zu Autobahnkreuz xyz kommt und ganze neue Theorien aufstellen! ;)

emz schrieb:Die Beute hast du allerdings noch nicht eingetragen :D

Ich habe sie, wenn bekannt, in die Beschreibung des Wegpunkts eingetragen! :)

Ich finde ja insbesondere das Dreieck um Wolfsburg, Hildesheim, Göttingen rum räumlich und zeitlich sehr interessant.

10/15 Northeim
12/15 Wolfsburg
05/16 Hildesheim
6/16 Cremlingen

Das ist alles in einem relativ engen Zeitfenster und regional nah beieinander. Vorher gabs noch Osnabrück und Stuhr.

Elmshorn und Stade, die wiederum geographisch nah beineinander sind, sind zeitlich abgesetzt.

Das spricht für mich doch schon dafür, dass sie ggf. im Laufe der Zeit ihre Aufenthaltsorte verändert haben.
Oder, andere Idee, sie wohnen getrennt voneinander in den jeweiligen Gegenden und planen ihre Überfälle in den jeweiligen bekannten Umgebungen dessen, der in der Gegend wohnt.

Nur Celle passt irgendwie gar nicht ins Bild.

Was mir beim Kartenbauen noch aufgefallen ist: der Tatort Elmshorn passt in meinen Augen überhaupt nicht zu den anderen Tatorten. Um in den Süden zu gelangen muss man entweder die Fähre nehmen (z.B. bei Glückstadt) oder via Elbtunnel oder Elbbrücken durch das Nadelöhr Hamburg. Dort kommt man nicht so leicht weg, da es zur Rushhour häufig Staus gibt.

Der 23.08.2014 war ein Samstag, genauer gesagt, der letzte Samstag der Sommerferien in Berlin, Brandenburg, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein. Das heißt es muss an diesem Tag massiven Rückreiseverkehr in der Tatortregion gegeben haben und sicherlich auch einige Staus. Ich halte es für sehr gewagt, an einem solchen Tag ausgerechnet dort einen Überfall zu begehen.

In meinen Augen muss es daher bei diesem Überfall ein zügig erreichbares Versteck in der Nähe gegeben haben, um nicht Gefahr zu laufen, bei der Flucht im Stau stecken zu bleiben.

Edna schrieb:Ich finde ja insbesondere das Dreieck um Wolfsburg, Hildesheim, Göttingen rum räumlich und zeitlich sehr interessant.

10/15 Northeim
12/15 Wolfsburg
05/16 Hildesheim
6/16 Cremlingen

Das ist alles in einem relativ engen Zeitfenster und regional nah beieinander. Vorher gabs noch Osnabrück und Stuhr.

Ja, das finde ich auch sehr interessant. Diese Orte sind sehr nah beieinander. Der Tatort in Wolfsburg sticht jedoch etwas heraus, da dort die Autobahnanbindung, im Vergleich zu den übrigen Tatorten, nicht so unmittelbar zu erreichen ist.

maxvonfax schrieb:Autobahnanbindung, im Vergleich zu den übrigen Tatorten, nicht so unmittelbar zu erreichen ist.

Ich bin mir gar nicht so sicher, ob eine Flucht über die Autobahn so klug ist. Die ist immerhin extrem schnell abgeriegelt. Sobald klar ist, dass die sich auf der Autobahn befinden, müsste man nur an der nächsten Abfahrt dicht machen.

Ich glaube, generell haben die ganz schön viel Glück gehabt, dabei nie gefasst zu werden.

Ich könnte mir vorstellen, dass sie südlich bei Ochsendorf auf die A2 gefahren sind.

Hatten sie nicht nach dem Überfall in Cremlingen das Fluchtfahrzeug im Wald angezündet?

Interessant übrigens die Täterbeschreibung von Garweg und Staub. Ähnlich sah es ja auch in Stuhr damals aus.

https://www.abendblatt.de/region/pinneberg/article131557755/Raeuber-ueberfallen-Marktkauf-in-Elmshorn.html

Merkwürdig mit der südländischen Erscheinung irgendwie - vielleicht halten sie sich doch in der Regel in südlicheren Gefilden auf und sind daher zeitweise gut gebräunt.

@Thordis
Nein, sie haben den silbernen Mondeo Kombi damals einfach beim Tierpark Essehof abgestellt.

louis1949 schrieb:Merkwürdig mit der südländischen Erscheinung irgendwie - vielleicht halten sie sich doch in der Regel in südlicheren Gefilden auf und sind daher zeitweise gut gebräunt.

Naja, also selbst, wenn ich gut gebräunt bin, wirke ich immer noch nicht südländisch. Auch auf den anderen Bildern und Videos wirken sie nicht südländisch. Ich glaube eher, dass diese Sache zu dieser Abweichung gehört, die Zeugen wahrnehmen. Es gibt ja immer wieder Experimente dazu, wie ein Zeuge zB die Kleidung eines Menschen beschreibt. Da kommen teilweise abenteuerliche Dinge bei raus.

louis1949 schrieb:Nein, sie haben den silbernen Mondeo Kombi damals einfach beim Tierpark Essehof abgestellt.

Da muss man sich ja auch fragen, wie sie da weggekommen sind. Das ist mitten in der Pampa.

Edna schrieb:Da muss man sich ja auch fragen, wie sie da weggekommen sind. Das ist mitten in der Pampa.

Vielleicht am Tierpark vorher ein Fahrzeug abgestellt? In Google Maps ist schlecht zu sehen, ob es möglich ist, über einen Schleichweg und die PWC-Anlage Essehof-Nord auf die A2 zu fahren.

Da stand mit Sicherheit ein weiterer Fluchtwagen. Aus Hildesheim gibt es auch einen Bericht zur Flucht, da ist auch von einem Fahrzeugwechsel im Wald die Rede, wobei auch eine Person vom Jagdpächter beobachtet wurde, als sie durch den Wald rannte. Mal sehen, ob ich den Artikel noch finde.

maxvonfax schrieb:Ich habe übrigens mal alle mir bekannten Überfälle des Trios zusammengetragen und in eine Google Maps Karte gepackt. Keine Ahnung, was man jetzt damit machen kann, aber mir hat eine einfache Zusammenfassung mit Örtlichkeit, Datum und Beute einfach gefehlt! :D
Gebt mir gerne Bescheid, falls mir ein Fehler unterlaufen sein sollte oder ein Tatort fehlt. Ich ergänze dann gerne.

Hier geht's zur Karte!

Ich habe nun noch die bekannten Autokäufe in Bielefeld und Porta Westfalica ergänzt.

louis1949 schrieb:Da stand mit Sicherheit ein weiterer Fluchtwagen. Aus Hildesheim gibt es auch einen Bericht zur Flucht, da ist auch von einem Fahrzeugwechsel im Wald die Rede, wobei auch eine Person vom Jagdpächter beobachtet wurde, als sie durch den Wald rannte. Mal sehen, ob ich den Artikel noch finde.

Du meinst sicher diesen Artikel: https://www.kreiszeitung.de/lokales/niedersachsen/ueberfall-raf-spur-hildesheim-polizei-sucht-zeugen-fotos-6393138.html

@maxvonfax
Danke für die tolle Übersicht. Es fehlen aber noch ein paar Autokäufe.
Hier eine Auflistung der Autokäufe:
https://regionalheute.de/lka-raf-trio-wohl-fuer-viele-weitere-taten-verantwortlich/

Genau, den Artikel meinte ich. Wenn dort eine Person rumrennt, kann man davon ausgehen dass sie einzeln in unterschiedliche Himmelsrichtungen flüchten.

louis1949 schrieb:Danke für die tolle Übersicht. Es fehlen aber noch ein paar Autokäufe.

Ja, ich konnte leider noch keine gute Quelle zu den weiteren Käufen finden. Ich habe gelesen, dass es wohl noch mindestens einen in Osnabrück gegeben haben muss und versuche nun mal was zum Datum herauszufinden. Falls du Quellen hast, gerne her damit! :)

Edit: Ah, du hast ja schon eine Quelle gefunden! Vielen Dank!