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Maria Baumer

9.924 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Vermisst, 2012 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Maria Baumer

Maria Baumer

09.10.2020 um 09:37
Zitat von krimiloverkrimilover schrieb:Übrigens: Bist du aus der Justiz etc.? Du kennst dich ja voll gut aus
Ich bin Rechtsanwalt, Strafverteidiger.
Zitat von krimiloverkrimilover schrieb:Könnte man also sagen, dass es ein Indiz dafür ist, dass der Angeklagte schuldig ist, wenn der Verteidiger vor Gericht ganz besonders schweigsam ist?
Ganz so einfach geht das nicht, denn es kann tausend Gründe haben, warum ein Angeklagter oder sein Verteidiger schweigt. Man darf das nicht negativ auslegen, wie es oft von Laien gemacht wird. "Wenn er unschuldig ist, soll er doch reden." Das ist ganz falsch.

Wenn mein Schweigen so ausgelegt werden würde ist das eben der Punkt, an dem ich ein Mandat niederlegen muss. Denn dann kann ich nicht mehr effektiv verteidigen. Ein anderer Verteidiger, der unbelastet von dem Vorwissen ist, kann das dann vielleicht effektiver.

Es ist eine schwierige Lage. Natürlich kann es ab und zu einfach sein, dass man gegen die Argumente und Indizien der Anklage nichts gescheites sagen kann. Dann wird der Angeklagte wohl auch schuldig sein, und dann wird das Gericht auch die entsprechenden Schlüsse ziehen. Aber es gilt immer: die Staatsanwaltschaft muss die Schuld beweisen.

Der vorliegende Fall hier ist ein gutes Beispiel. Wie man es dreht und wendet, die Verteidigung hatte nichts Überzeugendes vorzubringen. Weil der Angeklagte eben schuldig ist. Nur darf man zu diesem Urteil eben erst kommen, wenn die Anklage die Schuld überzeugend bewiesen hat. Nicht, weil der Angeklagte und seine Verteidiger nur schweigen.

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Maria Baumer

09.10.2020 um 09:45
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ganz so einfach geht das nicht, denn es kann tausend Gründe haben, warum ein Angeklagter oder sein Verteidiger schweigt. Man darf das nicht negativ auslegen, wie es oft von Laien gemacht wird. "Wenn er unschuldig ist, soll er doch reden." Das ist ganz falsch.
Alles klar, danke. Gut zu wissen.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Der vorliegende Fall hier ist ein gutes Beispiel. Wie man es dreht und wendet, die Verteidigung hatte nichts Überzeugendes vorzubringen.
Ja, das hab ich auch schon gemerkt.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 09:56
Zitat von monstramonstra schrieb:Ich persönlich bin der Auffassung, dass der Verteidiger (im Gegensatz zum Angeklagten) zwar kein Lügerecht hat, aber es keine negativen Folgen für ihn haben darf, wenn er lügt oder etwas verschweigt.
Etwas verschweigen ist ok. Aber lügen nicht. Es muss Folgen haben, wenn jemand sich nicht an ein Verbot hält. Ansonsten braucht man das Verbot erst gar nicht zu erlassen. Wer weiß, dass er zwar nicht mit hundert Sachen durch die Stadt brausen darf, aber keine Sanktionen zu befürchten hat, wenn er sich nicht an das Verbot hält, wird über dieses nur lachen.

Daher muss es auch Folgen für einen Verteidiger haben, wenn er sich nicht an bestehendes Recht hält. Immerhin ist ein Anwalt Organ der Rechtspflege, und man darf von ihm erwarten, dass er sich wie ein solches verhält. Das gilt auch für einen als Verteidiger tätigen Anwalt.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 10:00
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Das ist das Dilemma des Verteidigers: wenn ihm der Angeklagte die Tat gesteht, er vor Gericht schweigt und freigesprochen wird.
Das ist kein Dilemma. Zumindest nicht wirklich. Denn der Verteidiger ist unabhängiges Organ der Rechtspflege und hat darauf hinzuwirken, dass eine Verurteilung eben nur erfolgt, wenn die Beweisaufnahme einen Schuldbeweis ergibt. Tut sie das nicht, ist freizusprechen, völlig egal, ob der Angeklagte es nun war oder nicht.

Eine mir gut bekannte Strafverteidigerin hat mir davon berichtet, dass sie einmal in einem Mordprozess "gewonnen" hat, obwohl sie sich ziemlich sicher war, dass der Angeklagte schuldig war. Als ich fragte, ob das nicht schwer sei, meinte sie:

"Nicht ich spreche frei oder verurteile, sondern das Gericht. Ich habe nur deutlich gemacht, dass ihm die Tat nicht nachzuweisen war. Nicht meine Überzeugung war entscheidend, die habe ich völlig ausgeblendet, so lange ich arbeitete. Meine Überzeugung gründete sich auf dem, was in der Verhandlung passiert ist. Und das war objektiv nicht ausreichend. Das Gericht war derselben Ansicht."


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Maria Baumer

09.10.2020 um 10:13
Zitat von monstramonstra schrieb:Das ist kein Dilemma. Zumindest nicht wirklich. Denn der Verteidiger ist unabhängiges Organ der Rechtspflege und hat darauf hinzuwirken, dass eine Verurteilung eben nur erfolgt, wenn die Beweisaufnahme einen Schuldbeweis ergibt. Tut sie das nicht, ist freizusprechen, völlig egal, ob der Angeklagte es nun war oder nicht.
für Strafverteidiger ist das wohl kein Problem, sonst hätten sie den Beruf nicht. Für mich wäre das schon ein Problem, z.B. krass:

Der Angeklagte der mir gestanden hat, das Kind brutal gefoltert und getötet zu haben schweigt bei der Verhandlung.
Ich tue alles damit er frei kommt. Er wird freigesprochen. Nicht mein Wissen war entscheidend, das habe ich völlig ausgeblendet, so lange ich arbeite. Meine Überzeugung gründete sich auf dem, was in der Verhandlung passiert ist. Und das war objektiv nicht ausreichend. Das Gericht war derselben Ansicht.

Wenn ich meinen ehemaligen Mandanten auf der Straße sehe, grüße ich ihn.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 10:21
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:für Strafverteidiger ist das wohl kein Problem, sonst hätten sie den Beruf nicht. Für mich wäre das schon ein Problem
Wer behauptet, das sei gar kein Problem.... dem glaube ich nicht so Recht. Ich übe diesen Beruf nun schon lange aus und ich würde es durchaus als moralisches Problem empfinden, einen brutalen Kindermörder, von dessen Schuld ich überzeugt bin, zu verteidigen und einen Freispruch zu erzielen.

Ich sage nicht, dass es unmöglich ist, weil tatsächlich eben die Aufgabe des Verteidigers darin besteht, sicherzustellen, dass der Staat die Schuld zweifelsfrei beweist, und wenn er das nicht kann, dann muss freigesprochen werden. Sonst wären noch mehr Unschuldige im Gefängnis oder schlimmer. Aber auch ein Verteidiger ist zumeist ein Mensch mit einem moralischen Kompass. Ich gebe auch ganz offen zu, bestimmte Mandate übernehme ich nicht, weil ich es nicht mit meiner eigenen Moral vertreten kann. Das bedeutet, ich mag nicht perfekt sein, aber es ist so.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 10:25
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Aber auch ein Verteidiger ist zumeist ein Mensch mit einem moralischen Kompass.
Darauf bezog sich meine Feststellung eines Dilemmas. In diesem Kontext ist die Frage also berechtigt: "lege ich nach dessen Geständnis mein Mandat nieder oder nicht?" oder wenn nicht "grüße ich ihn auf der Straße nach einem Freispruch?"


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Maria Baumer

09.10.2020 um 10:36
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Darauf bezog sich meine Feststellung eines Dilemmas. In diesem Kontext ist die Frage also berechtigt: "lege ich nach dessen Geständnis mein Mandat nieder oder nicht?" oder wenn nicht "Grüße ich ihn auf der Straß nach einem Freispruch?"
Genau. Das Dilemma existiert manchmal durchaus.

Allerdings ist es in der Praxis gar nicht oft so. Denn die meisten Mandanten, die schuldig sind, wissen auch, welche Grenzen es gibt. Die haben ein Recht auf effektive Verteidigung, ein Recht darauf, dass der Staat im Rahmen der Gesetze vorgeht und eben das Gericht überzeugen muss, aber die machen sich auch nichts vor, dass der Verteidiger nun einen Freispruch "erzaubern" kann.

Ich sage ihnen vorher klipp und klar, was ich kann und nicht kann.

In unserem Fall hier hätte ich z.B. nach Akteneinsicht und Kenntnis aller Details dem Mandanten klar gesagt: wenn du glaubst, ich kann einen Freispruch erreichen, sorry, ich kann nicht zaubern. Ich werde darauf achten, dass alle Regeln eingehalten werden und dass alles Positive, was über dich gesagt werden kann vorgebracht wird, aber ich denke, du musst dich auf eine Gefängnisstrafe einstellen. Und wenn er dann sagt, ok, dann kann ich das Mandat übernehmen. Ich werde ihn so effektiv wie möglich verteidigen. Aber ihm keine falschen Versprechungen machen. Und dann kann ich auch mit dem Ergebnis leben.

Wenn sich nun herausstellt, dass der Staat den Fall verbaselt hat, z.B. durch eine unrechtmässige Durchsuchung oder so was, dann hat der Mandant Glück. Ich kann damit leben, weil der Staat eben die Regeln gebrochen hat. Aber "glücklich" werde ich über den Ausgang nicht unbedingt sein. Der schuldige Mandant und ich werden nicht anschliessend die besten Freunde sein und miteinander grillen.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 10:53
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:enau. Das Dilemma existiert manchmal durchaus.

Allerdings ist es in der Praxis gar nicht oft so.
Das glaube ich auch. Der Staat muss den Fall nicht verbaseln, angenommen er hat alles menschenmögliche getan, aber es hat nicht ausgereicht. Es ging mir nur darum herauszustellen, dass vielleicht auch ein Strafverteidiger moralische Bedenken haben kann auf Freispruch zu plädieren, wenn ihm der Angeklagte eine extreme Tat klar gestanden hat.


Also ob er in diesem Fall sagt: "entweder Du gestehst die Tat vor Gericht und ich verteidige Dich weiter oder wir trennen uns".


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:02
Deshalb bin ich kein Strafverteidiger. Typen wie Euler sind jetzt auch keine guten Vorbilder. Und meine Bekannte, die auch Mörder verteidigt hat, hat nach 20 Jahren den Job gewechselt.

Wobei das nicht diese "Dilemma"-Fälle waren, sondern die Fälle, in denen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte sich einfach nicht um das Recht gekümmert haben. Wo ihr signalisiert wurde: "Sie mögen ja Recht haben, aber Sie bekommen es nicht." Wo bestimmte Tätergruppen einfach nicht korrekt behandelt wurden, weil sie Nichtdeutsche waren oder aus schwierigen sozialen Verhältnissen kamen. Wo Maßnahmen StPO-widrig durchgezogen wurden und das Gericht das ignorierte. Usw.

Und der Verteidiger-Job ist nicht zwingend mit gutem finanziellem Auskommen gepaart, wenn man nicht gerade einen Rupert Stadler oder Jakob Metzelder verteidigt, sondern Mandanten, bei denen man seinem Geld dann monatelang hinterherlaufen muss. Der Staat macht es seinen Juristen nicht gerade einfach, zu guten Strafverteidigern zu werden. Neben den Idealisten sind es häufig eher Gestalten, denen nichts anderes übrig bleibt.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:14
Zitat von monstramonstra schrieb:Wobei das nicht diese "Dilemma"-Fälle waren, sondern die Fälle, in denen Polizei, Staatsanwaltschaft und Gerichte sich einfach nicht um das Recht gekümmert haben. Wo ihr signalisiert wurde: "Sie mögen ja Recht haben, aber Sie bekommen es nicht." Wo bestimmte Tätergruppen einfach nicht korrekt behandelt wurden, weil sie Nichtdeutsche waren oder aus schwierigen sozialen Verhältnissen kamen. Wo Maßnahmen StPO-widrig durchgezogen wurden und das Gericht das ignorierte. Usw.

Und der Verteidiger-Job ist nicht zwingend mit gutem finanziellem Auskommen gepaart, wenn man nicht gerade einen Rupert Stadler oder Jakob Metzelder verteidigt, sondern Mandanten, bei denen man seinem Geld dann monatelang hinterherlaufen muss. Der Staat macht es seinen Juristen nicht gerade einfach, zu guten Strafverteidigern zu werden. Neben den Idealisten sind es häufig eher Gestalten, denen nichts anderes übrig bleibt.
Sehr wahr, sehr wahr. Eine Freundin von mir ist Familienrechtsanwältin, die ist immer entgeistert, dass ich das noch mache, denn sie verdient etwa vier mal so viel wie ich. Aber da bin ich dann doch vielleicht Idealist :) Und es sind gerade die Fälle, in welchen eben nicht fair gekämpft wird, die mich dann antreiben. Denn die gibt es allerdings sehr häufig.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:16
Zitat von AndanteAndante schrieb:Es muss Folgen haben, wenn jemand sich nicht an ein Verbot hält. Ansonsten braucht man das Verbot erst gar nicht zu erlassen. Wer weiß, dass er zwar nicht mit hundert Sachen durch die Stadt brausen darf, aber keine Sanktionen zu befürchten hat, wenn er sich nicht an das Verbot hält, wird über dieses nur lachen.
Im Zivilrecht z.B. gibt es viele Dinge, die nicht erlaubt sind, aber auch nicht verboten oder gar sanktioniert. Es gibt Pflichten und Obliegenheiten, deren Nichteinhaltung nur im Ausnahmefall zu Ansprüchen Dritter führt.

Die h.M. lehnt ein Lügerecht ab, da es dem Verteidiger zu uferlos strafprozessrechtswidrigem Verhalten verleiten würde. Ein Lügeverbot i.S. einer unwahren Tatsachenbehauptung ist auch sinnvoll. Eine Offenbarungspflicht dagegen nicht. Manchmal muss die Unwahrheit gesagt werden, um nicht etwas zu offenbaren. Würde man Verstöße gegen das Lügeverbot als Strafbarkeit als Strafvereitelung annehmen, müsste der Verteidiger mit diesem beständigen Damoklesschwert verteidigen. Und die Staatsanwaltschaft könnte ihm Rahmen eines Ermittlungsverfahrens dagegen vorgehen. Verteidigung würde ineffizient und unverhältnismäßig beschränkbar.

Deshalb darf ein Verstoß gegen das Lügeverbot nicht geahndet werden, um die Institution des Verteidigers nicht zu entwerten. Nur wenn der Verteidiger z.B. vorsätzlich Dritte zu Unrecht verdächtigt oder geplante Straftaten nicht anzeigt, könnte man über eine Strafbarkeit außerhalb der Strafvereitelung nachdenken.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:16
Zitat von monstramonstra schrieb:Der Staat macht es seinen Juristen nicht gerade einfach, zu guten Strafverteidigern zu werden.
Manche Anwälte leben recht auskömmlich von ständigen Pflichtverteidigungen, genau so wie in anderen Sachen von den Prozesskostenhilfe-Gebühren. Der Staat zahlt immer, wenn der Anwalt die Rechnung an ihn stellt, klar, beim Mandanten muss der Anwalt oft lange dem Geld hinterherlaufen. Oder er nimmt Vorschuss, aber dann geht der Mandant zum nächsten Anwalt.

Der Konkurrenzdruck in der deutschen Anwaltschaft ist riesig. Die Zahl der zugelassenen Anwälte hat sich seit 1990 verdreifacht, die der Mandanten aber nicht. Die Mehrzahl der Anwälte, vor allem der angestellten Anwälte, hat ein recht überschaubares Einkommen. Da bleibt der Idealismus irgendwann auch mal auf der Strecke.....

Nun sind bei Strafverteidigern Tötungsdelikte recht selten. Das meiste ist relativer Kleinkram wie Verkehrsdelikte, auch viele Bußgeldsachen, mal Körperverletzung etc. Jede Woche ein Mordfall ist eine falsche Vorstellung.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:22
Zitat von monstramonstra schrieb:Manchmal muss die Unwahrheit gesagt werden, um nicht etwas zu offenbaren.
Nein, hier ist die Grenze überschritten. Wer als Verteidiger etwas nicht offenbaren will, schweigt einfach. Aber er tischt dem Gericht nicht bewusst Lügen auf. Verteidigung hin oder her: Nicht JEDES Mittel ist dabei erlaubt. Der Staatsanwalt darf schließlich auch nicht lügen, und das Gericht auch nicht.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:42
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wer als Verteidiger etwas nicht offenbaren will, schweigt einfach.
Das heißt: Er schweigt auf eine Frage - und offenbart damit, was ihm der Mandant gesagt hat??? Nein, das geht nicht.

Und nachdem der Verteidiger zwar unabhängiges Organ der Rechtspflege ist, aber keine StPO-Befugnisse hat, keine Anklage erhebt und auch nicht verurteilt, halte ich den Vergleich mit StA und Gericht für sachwidrig.

Ich habe ich nicht behauptet, JEDES Mittel ist erlaubt. Sobald Straftaten außerhalb von § 258 StGB begangen werden, ist schluss.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:42
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Eine Freundin von mir ist Familienrechtsanwältin, die ist immer entgeistert, dass ich das noch mache, denn sie verdient etwa vier mal so viel wie ich. Aber da bin ich dann doch vielleicht Idealist :)
Hm, aber Familiensachen sind auch kein Zuckerschlecken. Diese erbitterten Streitigkeiten um den Versorgungsausgleich, um jedes Stück Hausrat, die schlimmen Gutachten beim Streit ums Sorgerecht, wo man liest, dass normal entwickelte Kinder plötzlich zu Schulschwänzern und wieder zu Bettnässern werden, weil Papa und Mama sich ständig streiten: Da muss man als Anwalt einiges an Nerven mitbringen, um sein Geld zu verdienen....
Zitat von monstramonstra schrieb:Die h.M. lehnt ein Lügerecht ab, da es dem Verteidiger zu uferlos strafprozessrechtswidrigem Verhalten verleiten würde. Ein Lügeverbot i.S. einer unwahren Tatsachenbehauptung ist auch sinnvoll. Eine Offenbarungspflicht dagegen nicht.
Nichts anderes habe ich geschrieben. Schweigen ist ok, aktives Lügen nicht.
Zitat von monstramonstra schrieb:Deshalb darf ein Verstoß gegen das Lügeverbot nicht geahndet werden, um die Institution des Verteidigers nicht zu entwerten.
Es ist also besser, das Lügeverbot zu entwerten?


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:47
Zitat von monstramonstra schrieb:Sobald Straftaten außerhalb von § 258 StGB begangen werden, ist schluss.
Was heißt bitte „außerhalb“? § 258 StGB gilt auch „innerhalb“ des Verhältnisses Mandant-Verteidiger. Einem Verteidiger ist es in innerhalb eines Strafprozesses nicht erlaubt, zugunsten des von ihm verteidigten Mandanten eine Handlung zu vollziehen, die gegen § 258 StGB verstößt.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 11:53
Zitat von monstramonstra schrieb:Das heißt: Er schweigt auf eine Frage - und offenbart damit, was ihm der Mandant gesagt hat??? Nein, das geht nicht.
Dem Verteidiger werden keine Fragen gestellt.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 12:07
Mehrere kleinere Pflichtverteidigungen sind deutlich einträglicher als ein Großverfahren. Vor allem hält sich da auch der Druck in Grenzen. Es ist immer eine Mischkalkulation. Als Strafverteidiger braucht man auch deutlich weniger Kosten für Personal


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Maria Baumer

09.10.2020 um 12:08
Zitat von AndanteAndante schrieb:Es ist also besser, das Lügeverbot zu entwerten?
Ja, weil es angesichts von ne bis in idem von vorneherein relativ und als Schlagwort unbrauchbar ist. Der Verteidiger ist zwar unabhängiges Organ der Rechtspflege, aber als Verteidiger. Er dient nicht dazu, den Strafanspruch des Staates zu vollstrecken. Die h.M. versucht deshalb eine Eingrenzung durch Fallgruppen, wo z.B. die Manipulation von Akten oder die Bemühung, Zeugen zu einer Falschaussage zu bewegen, als unzulässig betrachtet wird.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Einem Verteidiger ist es in innerhalb eines Strafprozesses nicht erlaubt, zugunsten des von ihm verteidigten Mandanten eine Handlung zu vollziehen, die gegen § 258 StGB verstößt.
Strafverteidigung ist ihrer Natur nach auf den Schutz des Beschuldigten vor Inhaftierung, Anklage und Verurteilung ausgerichtet. Nach h.M. ist der Tatbestand des § 258 StGB erst eröffnet, wenn Verteidigerhandeln "unzulässig" ist. Das bemisst sich nach Standesrecht. Wann es konkret unzulässig ist, darüber reden wir hier - und sind unterschiedlicher Ansicht. Nach Deiner Ansicht wäre die "Konfliktverteidigung" bereits Strafvereitelung. Etwas absurd.
Zitat von gräfinzahlgräfinzahl schrieb:Dem Verteidiger werden keine Fragen gestellt.
Nicht als Zeuge. Aber im Rahmen der Prozessführung wird er durchaus gefragt, was seinen Mandanten betrifft.


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