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Maria Baumer

9.924 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Vermisst, 2012 ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Maria Baumer

Maria Baumer

08.10.2020 um 09:16
Zitat von BruckmandlBruckmandl schrieb:Es erscheint sehr unwahrscheinlich, dass er sein Lügengebilde nicht auch gegenüber seinen Verteidigern aufrecht erhalten hat. Haizmanns Bemerkung bzgl. der Revision, man werde noch sehen, ob er den Fall weiter bearbeiten werde, lässt tief blicken.
Deshalb ist ein vollumfängliches, ehrliches Geständnis wahrscheinlich das letzte, was dem Mörder von Maria Baumer selbst in den Sinn kommt.
Möglicherweise glaubt er sich selber diese Lügengeschichte auch, weil er sie als 'Wahrheit', die er versucht hat zu verkaufen, verinnerlicht hat. Also Verdrängung der Realität zugunsten eines Wunschdenkens, dass ihm noch einen letzten Rest 'Würde' (in seinen Augen) bewahrt. Er hat einen Fehler gemacht, aber er ist kein Täter. Das muss er so aufrecht erhalten, seine Persönlichkeitsstruktur kann mit etwas anderem nicht umgehen. Deshalb glaube ich, dass er niemals darüber sprechen wird, was wirklich passiert ist. Lieber inszeniert er sich als Justizopfer, das zu Unrecht lebenslang bekam, obwohl alles doch 'nur'- wie nannte Euler es? - ein blöder Unfall war. So bleibt es jedem selber überlassen, ob er ihm nicht doch glauben will, er verliert nicht völlig sein Gesicht, gerade in seiner Familie. Und die können so weiter zu ihm stehen und müssen ihn nicht als eiskalten Mörder sehen, sondern als weiteres Opfer.
So könnte ich mir das durchaus auch vorstellen.

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Maria Baumer

08.10.2020 um 11:09
Zum Thema Verteidiger etc.
Wenn der Angeklagte seinem Verteidiger (egal welcher Fall, jetzt mal nur allgemein gesprochen) sagt, dass er Person X umgebracht hat, er aber vor Gericht weiterhin behauptet, dass er es nicht war, muss/darf der Verteidiger dem Gericht dann sagen, dass der Angeklagte es war?


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Maria Baumer

08.10.2020 um 11:36
Zitat von krimiloverkrimilover schrieb:Zum Thema Verteidiger etc.
Wenn der Angeklagte seinem Verteidiger (egal welcher Fall, jetzt mal nur allgemein gesprochen) sagt, dass er Person X umgebracht hat, er aber vor Gericht weiterhin behauptet, dass er es nicht war, muss/darf der Verteidiger dem Gericht dann sagen, dass der An
Das ist eine sehr gute Frage. Es wäre schön, wenn hier die Juristen eine Antwort geben würden. Es hat hier mal geheißen, der Angeklagte darf lügen, der Anwalt nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Verteidiger das dem Gericht sagen muss. Die Verteidigung hätte sich dann weitgehend erledigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Gericht die Möglichkeit hat, alles einfach beim Verteidiger abzufragen. Dann wären die Prozesse schnell erledigt. Es wird sicher eine Schweigepflicht geben - denke ich.
Zitat von lighthouselighthouse schrieb:Möglicherweise glaubt er sich selber diese Lügengeschichte auch, weil er sie als 'Wahrheit', die er versucht hat zu verkaufen, verinnerlicht hat. Also Verdrängung der Realität zugunsten eines Wunschdenkens, dass ihm noch einen letzten Rest 'Würde' (in seinen Augen) bewahrt. Er hat einen Fehler gemacht, aber er ist kein Täter. Das muss er so aufrecht erhalten, seine Persönlichkeitsstruktur kann mit etwas anderem nicht umgehen. Deshalb glaube ich, dass er niemals darüber sprechen wird, was wirklich passiert ist. Lieber inszeniert er sich als Justizopfer, das zu Unrecht lebenslang bekam, obwohl alles doch 'nur'- wie nannte Euler es? - ein blöder Unfall war. So bleibt es jedem selber überlassen, ob er ihm nicht doch glauben will, er verliert nicht völlig sein Gesicht, gerade in seiner Familie. Und die können so weiter zu ihm stehen und müssen ihn nicht als eiskalten Mörder sehen, sondern als weiteres Opfer.
So könnte ich mir das durchaus auch vorstellen.
Das kann ich mir gut vorstellen. Es fällt auch auf, dass er den Typ sehr oft und sehr krass wechselt - und damit meine ich nicht das Gewicht. Vielleicht lässt er mit dem alten Typ die komplette Vergangenheit zurück und beginnt mit dem neuen Typ bei 0.
Man versucht immer noch, irgendetwas an ihm nachvollziehen zu können.


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Maria Baumer

08.10.2020 um 11:40
Zitat von Elli24Elli24 schrieb:Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Gericht die Möglichkeit hat, alles einfach beim Verteidiger abzufragen. Dann wären die Prozesse schnell erledigt
Ja.. Das stimmt. Aber ich frag mich echt wie sich dann so ein Verteidiger fühlt, wenn sein Mandant ihm gesagt hat, dass er den Mord begangen hat, das Gericht ihn aber freispricht, weil er nicht weiter als Täter gesehen wird. Puhhh schwierig. Ich glaube ich würde dem Gericht ganz unprofessionell so versteckte Hinweise geben :D
Aber ich wäre als Verteidiger sowieso ungeeignet, die richtigen werden das sicher profisioneller handhaben.


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Maria Baumer

08.10.2020 um 12:33
Zitat von krimiloverkrimilover schrieb:Wenn der Angeklagte seinem Verteidiger (egal welcher Fall, jetzt mal nur allgemein gesprochen) sagt, dass er Person X umgebracht hat, er aber vor Gericht weiterhin behauptet, dass er es nicht war, muss/darf der Verteidiger dem Gericht dann sagen, dass der Angeklagte es war?
Zitat von Elli24Elli24 schrieb:Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Verteidiger das dem Gericht sagen muss.
Genau, muss er nicht und darf er auch garnicht. Aber er darf nicht lügen und sagen der Angeklagte war’s nicht.


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Maria Baumer

08.10.2020 um 15:19
Zitat von menarimenari schrieb:krimilover schrieb:
Wenn der Angeklagte seinem Verteidiger (egal welcher Fall, jetzt mal nur allgemein gesprochen) sagt, dass er Person X umgebracht hat, er aber vor Gericht weiterhin behauptet, dass er es nicht war, muss/darf der Verteidiger dem Gericht dann sagen, dass der Angeklagte es war?

Zitat von Elli24Elli24 schrieb:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Verteidiger das dem Gericht sagen muss.

Genau, muss er nicht und darf er auch garnicht. Aber er darf nicht lügen und sagen der Angeklagte war’s nicht.
Das hatten wir doch alles schon dazu hat Rick_Blaine, der Anwalt ist, folgendes geantwortet:
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb am 24.08.2020:JosephConrad schrieb:
Im aktuellen Fall habe ich mich gefragt, ob der Angeklagte seinem Anwalt wohl die Tat gestanden hat.
Ich kann mir schon bestimmte Fälle vorstellen, bei denen der Strafverteidiger in einen inneren Konflikt gerät: dann wenn der Angeklagte ihm die Tat gestanden vielleicht sogar den genauen Tatablauf geschildert hat, es sich gleichzeitig um eine besonders verabscheuungswürdige Tat handelt und es für die STA nur Indizien gibt.
Wenn der Verteidiger dann den Angeklagten aus Mangel an Beweisen freibekommt, so denke ich schon, dass der eine oder andere damit nicht klarkommt.
Vielleicht gibt es sogar Fälle wo ein Verteidiger sein Mandat vorher niederlegt oder den Tatablauf der STA durchsticht, weil er sonst damit nicht leben könnte.
Daher könnte ich mir vorstellen, dass bei manchen Taten der Verteidiger gar nicht wissen will, ob sein Mandant die Tat begangen hat oder nicht. Und das es von Vorteil ist wenn man moralische Bedenken ausblenden kann.
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb am 24.08.2020:Jain. Der Reihe nach:

Ich persönlich will wissen was der Mandant gemacht hat und wie, denn nur so kann ich effektiv den Fall einschätzen, ihn beraten und ggf. verteidigen. Man hört immer wieder, dass Verteidiger nicht wissen wollen, ob der Mandant die Tat begangen hat. Ich kann das nicht nachvollziehen, da ich nicht im Dunklen tappen will. Natürlich heisst das nicht, dass Mandanten immer ehrlich zu mir sind, wobei ich ihnen klar sage, dass, wenn sie mich belügen, sie sich nicht beschweren können, wenn ich sie nicht effektiv verteidigen kann. Aber es kommt vor.

Kommt es zu einem Freispruch obwohl ich weiss, der Mandant hat die Tat verübt, ist das tatsächlich ein moralisches Dilemma. Allerdings bedeutet das, dass die Staatsanwaltschaft und Polizei eben nicht gut genug gearbeitet haben und dass unser System funktioniert. Lieber ein Schuldiger frei, als ein Unschuldiger im Gefängnis. Die Hürden müssen so hoch sein, wie sie sind.

Ich hatte einmal einen Mandanten, da kam es so. Und nach der Verkündung des Freispruchs kam der leitende Kriminalbeamte, der in dem Fall ermittelt hatte und bei der Urteilsverkündung anwesend war, plötzlich auf meinen Mandanten zu und zischte vor Wut: dann kriegen wir dich das nächste Mal.

So unangemessen das war, entbehrt es nicht einer gewissen Wahrheit. Oft ist es nur eine Frage der Zeit und Straftäter werden wieder straffällig. Leider.

In bestimmten Fällen, bleibt mir auch noch das Niederlegen meines Mandats, bzw. es erst gar nicht anzunehmen. Das mache ich manchmal. Denn mir ist Moral schon wichtig. Aber man muss da vorsichtig sein, denn wenn der Mandant wirklich unschuldig ist, hat er gerade dann eine gute Verteidigung verdient, wenn die Anklage ihn eines besonders schlimmen Verbrechens beschuldigt.



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Maria Baumer

08.10.2020 um 16:36
Heribert schrieb (Beitrag gelöscht):Heißt, angenommen er prischt jetzt nach vorne und legt ein Geständnis ab in der Hoffnung dass das Urteil milder ausfällt, wäre das eine Option?
Also um der Schwere der Schuld zu entgehen?
Nach meinem laienhaften Verständnis geht es bei der Revision ausschließlich um Rechtsfehler und Logikfehler in Prozess und Urteilsbegründung. Angriffspunkte gibt es hier möglicherweise, wie auch von den Juristen ausgeführt, im Mordmerkmal der niederen Beweggründe und in der besonderen Schwere der Schuld.

Ein Geständnis dagegen wäre ein neuer "Fakt", dafür aber ist es nach meinem Verständnis zu spät, weil die Beweisaufnahme abgeschlossen ist und die Revisionsinstanz keine eigene Beweisaufnahme durchführt. Damit hätte er während des Prozesses kommen müssen und nicht hinterher, wenn ihm das Urteil nicht passt.

Mit neuen Fakten kann man höchstens eine Wiederaufnahme anstreben, aber da sind die Hürden hoch, wie man im Mordfall Darsow/Babenhausen sieht. Für eine Wiederaufnahme dürfte so ein Geständnis aber gänzlich ungeeignet sein, da unbelegt aus dem Mund des Verurteilten. Und falls er um die bekannten Fakten ein neues Märchen stricken sollte, so hilft das nichts, weil die bekannten Fakten bereits im Prozess beurteilt worden sind.

Es hängt in der Revision also alles an der Nachvollziehbarkeit der Urteilsbegründung.


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Maria Baumer

08.10.2020 um 18:59
@JosephConrad
Ein Freispruch war bei der Faktenlage nicht zu erwarten. Der Schuldausspruch ebenso. Aber was m.E. zu wenig zur Sprache kam ist ob eine Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie angebrachter gewesen wäre, auch das kann revisibel sein, unter psychiatrischer und strafrechtlicher Berücksichtigung des Nachtat-Verhaltens, was nach BGH StR zulässig ist und wozu wohl kein dezidentes Gutachten vorliegt?


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Maria Baumer

08.10.2020 um 19:19
Zitat von Volker_MeidVolker_Meid schrieb:Ein Freispruch war bei der Faktenlage nicht zu erwarten. Der Schuldausspruch ebenso. Aber was m.E. zu wenig zur Sprache kam ist ob eine Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie angebrachter gewesen wäre, auch das kann revisibel sein, unter psychiatrischer und strafrechtlicher Berücksichtigung des Nachtat-Verhaltens, was nach BGH StR zulässig ist und wozu wohl kein dezidentes Gutachten vorliegt?
Beide Gutachten boten keinen Anhaltspunkt für die Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 StGB.


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Maria Baumer

08.10.2020 um 19:27
Zitat von krimiloverkrimilover schrieb:Wenn der Angeklagte seinem Verteidiger (egal welcher Fall, jetzt mal nur allgemein gesprochen) sagt, dass er Person X umgebracht hat, er aber vor Gericht weiterhin behauptet, dass er es nicht war, muss/darf der Verteidiger dem Gericht dann sagen, dass der Angeklagte es war?
Nein. Damit würde er vom Verteidiger zum Ankläger werden. Er darf seinen Mandanten nicht "verraten".

Der Verteidiger soll nach breiter juristischer Meinung selbst nicht lügen dürfen (kein Lügerecht), aber a) ist das Theorie und b) lässt sich das nicht immer verhindern, weil man sonst (implizit) etwas offenbaren könnte. Viele Verteidiger behelfen sich dadurch, dass sie sagen, "Mein Mandant erklärt hier vor Gericht, dass er es nicht war", anstatt "Mein Mandant war es nicht". Verteidiger bedienen sich einer engagierten aber professionell distanzierten Wortwahl, mit der sich nichts zu eigen machen, was sie für den Mandanten äußern.

Ich persönlich bin der Auffassung, dass der Verteidiger (im Gegensatz zum Angeklagten) zwar kein Lügerecht hat, aber es keine negativen Folgen für ihn haben darf, wenn er lügt oder etwas verschweigt. Es ist auch nicht standeswidrig. Ausnahme: Er begeht eine Straftat außerhalb des Tatbestandes der Strafvereitelung.


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Maria Baumer

08.10.2020 um 20:04
@Deus_ex_Machin 19.19:
Das ist mir schon klar. Aber: wie war der explizite Gutachtens-Auftrag? Wohl nur zurechnungsfähig oder nicht mit tatbezogenen Akten. Bei psychoanalytischen Explorationen, die allerdings länger dauern, werden die Gesamt-Umstände erforscht, insbesondere auch frühe Kindheits- und Jugend- und Familien-Geschichte - das war wohl kaum der Fall. 227 stgb mit einer lebenslänglichen Unterbringung in der Psychiatrie in einem schweren Fall hätte auch gelangt. Nur notabene:
Bei einer umfassenden Exploration wäre wohl auch näher auf Domspatzen und BKH einzugehen gewesen, das war wohl kaum erwünscht, wie zuvor?


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Maria Baumer

08.10.2020 um 20:09
Naja, wenn der Verteidiger es mit seinem Gewissen vereinbaren kann ok, ich könnte es nicht...
Ich würde vermutlich das Mandat niederlegen, wie @Rick_Blaine das erwähnt hat, oder es erst gar nicht annehmen...
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb am 24.08.2020:In bestimmten Fällen, bleibt mir auch noch das Niederlegen meines Mandats, bzw. es erst gar nicht anzunehmen. Das mache ich manchmal. Denn mir ist Moral schon wichtig. Aber man muss da vorsichtig sein, denn wenn der Mandant wirklich unschuldig ist, hat er gerade dann eine gute Verteidigung verdient, wenn die Anklage ihn eines besonders schlimmen Verbrechens beschuldigt.



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Maria Baumer

08.10.2020 um 21:16
Zitat von Volker_MeidVolker_Meid schrieb:Das ist mir schon klar. Aber: wie war der explizite Gutachtens-Auftrag? Wohl nur zurechnungsfähig oder nicht mit tatbezogenen Akten. Bei psychoanalytischen Explorationen, die allerdings länger dauern, werden die Gesamt-Umstände erforscht, insbesondere auch frühe Kindheits- und Jugend- und Familien-Geschichte - das war wohl kaum der Fall. 227 stgb mit einer lebenslänglichen Unterbringung in der Psychiatrie in einem schweren Fall hätte auch gelangt. Nur notabene:
Bei einer umfassenden Exploration wäre wohl auch näher auf Domspatzen und BKH einzugehen gewesen, das war wohl kaum erwünscht, wie zuvor?
Natürlich geht es bei einer Mordanklage um die Schuldfähigkeit. Ist er dafür verantwortlich zu machen oder nicht. Es wurde keine verminderte Schuldfähigkeit festgestellt und damit ist er voll schuldfähig. Er hat einen akribisch geplanten Mord begangen (keine Körperverletzung mit Todesfolge) und damit gehört er - egal wie die Kindheitsgeschichte ist - in die JVA und nicht in die Psychiatrie. Es ging nicht um eine psychoanalytische Exploration, sondern um eine forensisch-psychiatrische mit dem Ziel der Abklärung der Schuldfähigkeit.


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Maria Baumer

08.10.2020 um 22:36
Eine psychoanalytische Exploration hat doch in einem Strafverfahren nichts zu suchen. Demnächst taucht noch ein Wünschelrutengänger auf.Und ein Rundumschlag über die gesellschaftliche Verantwortung der Domspatzen hat mit der Sache doch nichts zu tun. Das ist doch keine Therapiesitzung oder eine Bühne für Rundumschläge. Eine ausgezeichnete Gutachterin hat ein forensisch-psychiatrisches Gutachter erstellt und ein Psychologe ein testpsychologisches. Das reicht doch, um sich als Richter eine fundierte Meinung bilden zu können. Die Psychiatrie ist eine Maßregel für kranke Straftäter. Nicht für Mörder mit Charakterakzentuierungen


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Maria Baumer

08.10.2020 um 22:57
Ich glaube, du hast ein verzerrtes Bild von Strafverfahren. Es geht um das Finden einer Strafe für den jeweiligen Täter, nicht um Prävention. Es steht keine Institution vorm Gericht, sondern ein Individuum. Schon die sog. 'Generalprävention' als Strafzumessungsgrund ist brandgefährlich.


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Maria Baumer

08.10.2020 um 23:16
@Hugenotte
Eine psychoanalytische und umfassende Exploration hat in einem Strafverfahren, das ja nicht erst von jetzt auf heute läuft, sehr wohl was zu tun. Das Gericht hätte da viel eher darauf kommen müssen, nicht nur zur Frage der Zurechnungsfähigkeit. Aber da langen dürre Paragraphen und Kommentare nicht. Habens halt nicht so mit bekommen. Der BGH wird's prüfen - auch wenn es m.E. nur um die Art der lebenslänglichen Unterbringung gehen wird.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 00:44
@Hugenotte
Es ist der alte Streit zwischen General- und Spezial-Prävention: die Gesellschaft soll durch strenge Strafen vor der weiteren Begehung von ähnlichen Straftaten geschützt werden - genutzt hat es bisher nur wenig, ausser vielleicht etwas in Massen-Delikten. Die Spezialprävention zielt auf die Resozialisierung des Täters ab, soweit möglich. Das letztere erscheint mir in dieser causa etwas mehr erwägungsbedürftig, daher Psychiatrie.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 04:07
Zitat von Elli24Elli24 schrieb:Das ist eine sehr gute Frage. Es wäre schön, wenn hier die Juristen eine Antwort geben würden. Es hat hier mal geheißen, der Angeklagte darf lügen, der Anwalt nicht. Ich kann mir nicht vorstellen, dass der Verteidiger das dem Gericht sagen muss. Die Verteidigung hätte sich dann weitgehend erledigt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das Gericht die Möglichkeit hat, alles einfach beim Verteidiger abzufragen. Dann wären die Prozesse schnell erledigt. Es wird sicher eine Schweigepflicht geben - denke ich.
Zitat von krimiloverkrimilover schrieb:Ja.. Das stimmt. Aber ich frag mich echt wie sich dann so ein Verteidiger fühlt, wenn sein Mandant ihm gesagt hat, dass er den Mord begangen hat, das Gericht ihn aber freispricht, weil er nicht weiter als Täter gesehen wird. Puhhh schwierig. Ich glaube ich würde dem Gericht ganz unprofessionell so versteckte Hinweise geben :D
Aber ich wäre als Verteidiger sowieso ungeeignet, die richtigen werden das sicher profisioneller handhaben.
Meine frühere Antwort wurde ja hier schon zitiert.

Kurz gefasst kann man es so ausdrücken: wenn ich weiss, dass der Mandant schuldig ist, er aber fest vor Gericht behaupten will, er sei unschuldig, dann kann ich ihm das nicht verbieten. Ich würde ihm davon abraten, z.B. abraten sich überhaupt einzulassen, denn meistens haben Lügen kurze Beine, aber wenn er aussagen will, er sei ein Unschuldsengel - das Recht hat er. Unser Fall hier ist ja ein Beweis dafür.

Ich als Verteidiger darf aber das Gericht nicht anlügen, denn als Verteidiger ist man nicht nur Advokat des Angeklagten (von lat. advocare, für einen sprechen), sondern auch, wie es die deutsche Rechtssprache nennt: "Organ der Rechtspflege." Der Anwalt hat also zwei Funktionen: dem Angeklagten eine Stimme geben, und darauf achten, dass das "Recht gepflegt wird," also alles mit Rechten Dingen zugeht. Und das zweite beschränkt in diesem Fall das erste. Wenn ein Anwalt das Gericht belügt, beschädigt er die Rechtspflege.

Was also nun tun in einem solchen Dilemma? Der Anwalt darf nicht die Seite wechseln. Er darf nicht sagen: "Hohes Gericht, mein Mandant sagt zwar er sei unschuldig, aber ich weiss es besser, denn..." Das geht gar nicht.

Ich darf aber auch nicht die Lügen des Mandanten wiederholen oder bestärken. Das Ergebnis ist hier also: der Anwalt muss zu dem Thema schweigen.

Ich darf auch nicht mittelbar die Lügen des Mandanten fördern. Wenn der Mandant mir also sagt: "klar war ich es, aber keine Angst, stellen Sie einfach den Antrag meinen Bruder zu vernehmen, der wird mir ein bombenfestes Alibi geben, der weiss Bescheid" dann darf ich genau das auch nicht tun: den Bruder als Zeugen benennen, denn ich weiss, dass auch der lügen wird.

So kommt man dann an den Punkt wo man sich selbst fragen muss: kann ich den Mandanten hier noch effektiv verteidigen? Und wenn ich das nicht mit ja beantworten kann, dann muss ich mein Mandat niederlegen.

Das ist auch ein Grund warum ich persönlich wissen will, ob und was der Mandant getan hat. Lange bevor eine Verhandlung beginnt. Denn so kann ich ihm vorher schon sagen, dass es mit dieser Verteidigungsstrategie nichts wird, dass ich das Mandat nicht annehmen werde, wenn er dabei bleibt, aktiv lügen zu wollen.

Etwas anderes ist es, wenn er mir gesteht, die Tat begangen zu haben, aber eben dazu komplett schweigen will. Dann kann ich ihn verteidigen, denn dann ist meine Aufgabe darauf zu achten, dass die Staatsanwaltschaft und ihre Polizei wirklich die Schuld beweisen kann. Und darauf kann ich bestehen. Und muss ich bestehen.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 08:42
Das ist das Dilemma des Verteidigers: wenn ihm der Angeklagte die Tat gesteht, er vor Gericht schweigt und freigesprochen wird. Dann ist natürlich immer die Staatsanwaltschaft und die Polizei schuld, denn sie kann ja nur schlecht ermittelt haben, sonst wäre der Angeklagte verurteilt worden. Daran muss sich der Verteidiger festhalten. Es bleibt ihm aber möglicherweise ein fahler Geschmack, wenn es ein besonders abartiges oder ihn belastenden Verbrechen war.


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Maria Baumer

09.10.2020 um 09:16
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Ich darf aber auch nicht die Lügen des Mandanten wiederholen oder bestärken. Das Ergebnis ist hier also: der Anwalt muss zu dem Thema schweigen.
Könnte man also sagen, dass es ein Indiz dafür ist, dass der Angeklagte schuldig ist, wenn der Verteidiger vor Gericht ganz besonders schweigsam ist?

Übrigens: Bist du aus der Justiz etc.? Du kennst dich ja voll gut aus


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