Das Bewusstsein entsteht nach wissenschaftlicher Ansicht im menschlichen Gehirn. Wo kein Gehirn ist, da ist folglich auch kein "Ich". Doch was steckt eigentlich hinter diesem Begriff und wo sitzt das "Ich" im Gehirn? Unbestritten, es ist wohl unmöglich die Natur oder das Wesen des Bewussteins objektiv zu erklären. Denn das Bewusstein, das sind wir selbst. Nichtsdestotrotz hat die Wissenschaft interessante Theorien zu diesem Begriff aufgestellt.

Selbstbewusstsein oder Selbsterkenntnis ist die Fähigkeit die Aufmerksamkeit auf sich selbst, anstatt auf die Welt um einen herum zu lenken, sich also selbst zu fühlen und zu wissen: "Das bin ich und deshalb handle ich so." Man nimmt an, dass die Fähigkeit des Bewusstseins grundlegend für die Entwicklung sozialer Intelligenz ist.

Soziale Intelligenz beinhaltet eine breites Spektrum von Eigenschaften. Im Grunde ist es aber die Fähigkeit, zu verstehen, was in der Welt um einen herum passiert und dazu in einer persönlich und sozial intelligenten Weise zu reagieren. Dazu gehören zum Beispiel zwischenmenschliche Beziehungen oder die Art, wie wir mit Fremden oder Bekannten umgehen und auf sie reagieren. Man glaubt, dass das Entstehen von dem uns bekannten Bewusstsein direkt im Zusammenhang mit der Entwicklung der sozialen Intelligenz und der Selbsterkenntnis steht.

affe delfin
Auch Menschenaffen und Delfine besitzen ein Bewusstsein ihrer Selbst.

Der Mensch ist nur eine von wenigen Spezies, die diese Eigenschaft besitzt. So zeigen auch große Menschenaffen Anzeichen von Selbstbewusstsein, ebenso wie die Großen Tümmler- Delfine ("Flipper") und einige Spezies anderer Affen. Die meisten Tierspezies besitzen diese Fähigkeit jedoch nicht und interagieren zum Beispiel mit einem Spiegel, den man ihnen vorsetzt, als sei dieser ein Artgenosse. Nur Tiere mit entwickeltem Selbstbewusstsein erkennen, dass das Bild in dem Spiegel sie selbst sind.

Selbst Menschen sind nicht von Geburt an mit dieser Fähigkeit ausgestattet. Wie viele Spezies, wird auch ein menschlicher Säugling auf sein Spiegelbild so reagieren, als sei es ein anderes Baby. Erst ab einem Alter von ca. 18 bis 24 Monaten zeigen Kinder die ersten Anzeichen von Selbstbewusstsein beziehungsweise Selbsterkenntnis.

Das Bewusstsein und die Sinne

Der größte Teil der Forschung auf dem Gebiet der Entwicklung des Selbstbewusstseins wurde mit Rücksicht auf die visuellen Sinne durchgeführt. Die Ergebnisse von Gesicht-Identifikationsexperimenten zeigen, dass Informationen über die eigene Person hauptsächlich von dem rechten präfrontalen Cortex verarbeitet werden. Dieser stellt gleichzeitig den Teil des Gehirnes da, der bei dem Verarbeiten von persönlichen Erinnerungen, der eigenen Beschreibung und der Kenntnis einzelner Körperteile aktiv ist.

In Studien fand man heraus, dass Informationen über einen selbst von allen fünf Sinnen verarbeitet werden. Es wurde bis heute jedoch wenig an der Frage geforscht, wie und was genau die Informationen der fünf Sinne dann zu der Erschaffung des Selbstbildes beitragen. Es wurde zuvor angenommen, dass mehrere einzelne Areale im Gehirn bei der Erzeugung des Selbstbildes beitragen. Neue Studien lassen jedoch vermuten, dass die fünf Sinne, anstatt unabhängig voneinander zu handeln, in kollektiver "Zusammenarbeit" das Bild eines Selbst erzeugen.

Eine Studie untersuchte daher unter anderem, wie Informationen von verschiedenen Sinnen über einen selbst die Erkennung des eigenen Gesichtes beeinflussen. Um dies zu untersuchen, veranstalteten die Forscher drei interessante Experimente. Im ersten wurde elf rechthändigen Studenten der Universität von New York eine Serie von 120 Bildern gezeigt; 20 Bilder ihrer Selbst; 20 umgekehrte Bilder ihrer Selbst; 20 Bilder mit bekannten Menschen des Teilnehmers; 20 umgekehrte Bilder mit Bekannten Menschen des Teilnehmers; 20 Bilder mit Fremden und 20 umgekehrte Bilder mit Fremden.

In Verbindung zu jedem Bild wurde dem Teilnehmer dann ein Geruch dargeboten. Entweder der eigene Geruch des Teilnehmers oder ein fremder synthetisch erzeugter Geruch, des Hormons Androstenone. Bei jeder Bilder/Geruchs- Kombination, die dem Teilnehmer präsentiert wurde, musste dieser dann einen von drei Knöpfen vor ihm so schnell, wie möglich drücken. Jeder der drei Knöpfe identifizierte das gesehende Bild entweder als den Teilnhemer selbst, einen Bekannten oder einen Fremden. Die Wissenschaftler maßen dann die Reaktionszeit des Teilnehmers für jede Identifikation.

In einem zweiten Experiment wurde neun Teilnehmern eine ähnliche Serie von Bildern gezeigt. Diesmal wurde ihnen mit jedem Bild jedoch kein Duft, sondern einer von drei Namen präsentiert. Entwerder der eigene Name, der Name eines Freundes oder der Name eines Fremden.

Das dritte Experiment war fast so wie das Zweite, nur dass die Versuchspersonen die Namen nicht selbst lasen, sondern ihnen diese von einer Aufnahme vorgespielt wurden. Auch bei diesem Experiment handelte es sich um Rechtshänder.

Das "Ich" geht seinen eigenen Weg

Bei allen Experimenten, nahm die Zeit bis zur Reaktion drastisch zu, wenn man den Teilnehmern Bilder und Gerüche oder den Namen von ihnen selbst zeitgleich präsentierte. Wenn man den Teilnehmern jedoch Bilder von ihren Freunden gepaart mit deren Namen vorspielte, verminderte dies ihre Reaktionszeit nicht. Informationen eines Selbst scheinen also einen "anderen Weg" im Gehirn zu gehen, als Informationen anderer Personen. Diese Ergebnisse unterstützen auch die These, dass die von verschiedenen Sinnen kommenden Informationen eines Selbst alle in ähnlicher Art und Weise vom Gehirn verarbeitet werden. Dies deutet darauf hin, dass es eine Art zentralen Mechanismus im Gehirn gibt, der für das Denken und das Auffassen über uns Selbst verantwortlich ist. Darüber hinaus gibt es Hinweise auf Nervenzellen im inneren des Gehirns, die dafür da sind, Informationen von mehreren Sinnen zu verarbeiten.

cortex
Hier markiert: Der präfrontale Cortex. Er spielt eine entscheidende Rolle bei der Erschaffung des Selbstbildes. Dort steuern und "bedenken" wir unsere Gefühle.

Es gibt noch weitere Forschungen, die die Idee eines integrierten Selbstinformations- Netzwerkes im Gehirn untermauern. So hat eine Anzahl von Studien zusätzlich untersucht, wie Informationen eines Selbst bei Personen mit schizophrenen Charakterzügen verarbeitet werden. Eine schizophrene Eigenschaft erzeugt eine abnormale Reflektion der Realität, jedoch keinen kompletten Bruch von ihr. Menschen mit schizophrenen Charakterzügen haben für gewöhnlich eine verzerrte Wahrnehmung ihrer Selbst und der Umwelt um sie herum. Ihnen fällt es außerdem schwer ihren Gefühlszustand zu verarbeiten und zu verstehen, oder die Gefühle und Gedanken anderer Menschen richtig einzuschätzen. Wie vorher schon erwähnt, glaubt man, dass die rechte Hälfte des Gehirnes (präfrontaler Cortex) kontrolliert, wie wir uns selbst sehen. Da die rechte Gehirnhälfte für die linke Körperhälfte und umgekehrt verantwortlich ist, werden die meisten Menschen bei Selbsterkennungstests folglich schneller reagieren, wenn sie ihre linke Hand benutzen.

Schizophrene Menschen besitzen diesen Vorteil jedoch nicht. Dies kann aus einem gestörten neuralem System zum verarbeiten des Konzepts eines Selbst resultieren.

Die Wahrscheinlichkeit eines eigenen Gesamtnetzwerkes im Gehirn, dass verantwortlich für das Verstehen unseres Selbst ist, ist also ziemlich hoch. Wenn die Selbstauffassung von unabhängig voneinander arbeitenden Systemen kontrolliert würde, dann würden gesammelte Informationen eines Sinnes die gesammelten Informationen eines andern Sinnes nicht beeinflussen. Dies ist ein bedeutender Hinweis für ein Netzwerk im Gehirn, dass alle Sinneseindrücke miteinander kombiniert, um ein Selbstbild zu erzeugen.

Es wird jedoch noch weitere Forschungen benötigen, um diese Ergebnisse zu bestätigen und um das selbstverwaltende Netzwerk des Gehirnes noch detailreicher zu verstehen. Wenn wir ein besseres Verständnis darüber haben, wie der Verstand und das Gehirn dazu in der Lage sind, über sich selbst nachzudenken, wird sich auch unser Verständnis über das Bewusstein selbst verbessern.