Onlinekontakte VS. reale Freundschaften

nairobi schrieb:Man ist im Grunde eine Art Mülleimer/Therapeut. Aber ohne Heilungseffekt

Und das raubt einem selber auch enorm an Kraft. Man investiert ja Zeit in die ganzen Gespräche, wenn ich mit ihr telefoniert habe, ging das nie unter einer Stunde. Heute, wo sie zum Glück kaum noch jammert, geht das in 20 Minuten.

EnyaVanBran schrieb:Warst du schon mal in der Situation? Wenn ja, für wie lange?

ja und nicht nur ein paar Monate.

EnyaVanBran schrieb:Man investiert ja Zeit

ja, Zeit. Und? Eine Stunde, was ist das schon? Ich telefoniere stundenlang mit meinen Freunden. Da gibt es keine Zeitlimits, egal worum es geht.

EnyaVanBran schrieb:Und das raubt einem selber auch enorm an Kraft. Man investiert ja Zeit in die ganzen Gespräche, wenn ich mit ihr telefoniert habe, ging das nie unter einer Stunde. Heute, wo sie zum Glück kaum noch jammert, geht das in 20 Minuten

Ich bin auch immer sehr geduldig gewesen. Meine Freundin hat mich sogar auch schon nachts angerufen.
Eigene Probleme habe ich eigentlich nicht angesprochen. Es ging immer nur um sie.
Eine große Erleichterung für mich, dass das jetzt nicht mehr so ist. Ich vermisse es jedenfalls nicht.

@EnyaVanBran
@nairobi
Da muss man sicher die eigenen Grenzen und den eigenen Umgang damit finden.
Wenn es auf lange Sicht unausgeglichen ist, odsr es einfach nicht passt, kann man ja was verändern.

nairobi schrieb:Und da ist dann eben kein Fortkommen und keine Entwicklung zu sehen.
Man ist im Grunde eine Art Mülleimer/Therapeut. Aber ohne Heilungseffekt.

Also, als Mülleimer habe ich mich nie gefühlt, wenn meine älteste Freundin mich über Jahrzehnte alle paar Wochen anrief, um mich von den aktuellen Trennungsabsichten von ihrem Lebensgefährten zu unterrichten.
Im Grunde ging es immer wieder um den gleichen gelebten Schmerz von Untreue, Anmaßung, Streit und gewünschten Konsequenzen, die aber letztlich nie gezogen wurden.

Wiederholt erklärte ich ihr dann in den Gesprächen, dass sie sich mit diesem Dauerzustand allmählich abfinden müsse, weil sie sich nunmal auch darin eingerichtet hätte.

Nach unseren Treffen oder Telefonaten kam von ihr dann meistens der Standardsatz „ich danke Dir von Herzen für Dein Ohr, das Du mir schenkst“ und irgendwann mal meinte sie, ich sei nun die letzte verbliebene unter ihren Bekannten, die sich ihre Sachen noch anhörte.

Ich finde, das gehört zum Leben.

Bundesferkel schrieb:Ich finde, das gehört zum Leben.

So sehe ich das auch! In einer Freundschaft sollte aber auch, wenn möglich ein Gleichgewicht von Geben und Nehmen sein.
Wenn der Eine konstant nur gibt und gibt, ist sein Kraftreservoir auch irgendwann mal ausgeschöpft.

Und wenn man mal selbst Probleme und Sorgen hat, momentan dann eben kein offenes Ohr anbieten kann, oder eben nur bedingt, dann sollte man dafür auch Verständnis aufbringen können. Eine solide Freundschaft sollte eben auch das aushalten können.

Das hat @Doors zwar im anderen thread verlinkt. Aber ich glaube, das trifft es ziemlich genau. So genau, dass man sogar einen Witz daraus gemacht hat. Manchen geht es gar nicht um Austausch. Es geht ihnen nur darum abzulabern. Dann sind sie schon zufrieden.

nairobi schrieb:Und da ist dann eben kein Fortkommen und keine Entwicklung zu sehen.
Man ist im Grunde eine Art Mülleimer/Therapeut. Aber ohne Heilungseffekt.

Das ist wohl auch nicht Sinn der Sache. s.o.

EnyaVanBran schrieb:Außerdem hätte sie sehr wohl einen Ausweg aus ihrer Lage gehabt, hat sie noch immer, aber das wollte und will sie nicht.

Das Problem aufrecht erhalten, bedeutet auch Aufmerksamkeit bekommen. Darum geht es wohl am Ende.

-Anna- schrieb:In einer Freundschaft sollte aber auch, wenn möglich ein Gleichgewicht von Geben und Nehmen sein.
Wenn der Eine konstant nur gibt und gibt, ist sein Kraftreservoir auch irgendwann mal ausgeschöpft.

Mein Kraftreservoir erschöpft sich nicht so schnell und wenngleich ich sicher auch schon sehr schwierige Zeiten in meinem Leben hatte, war immer noch Platz für Sorgen Anderer.
Das mag daran liegen, dass ich in die Kümmernisse meiner Gesprächspartner nicht „einsumpfe“, sondern eher lösungsorientiert unterwegs bin.
Da ich selbst nicht zum Jammern neige, ist das mit dem Gleichgewicht auch schwierig.
Mir genügt insofern das Wissen, dass sie ehrenamtlich sehr viel zugange ist und ihren Beitrag auf ihre Art leistet.

Jeder wie er kann.

Tussinelda schrieb:Ich telefoniere stundenlang mit meinen Freunden

Dann bist du in der glücklichen Lage, viel Zeit zu haben. Ich muss eben leider auch arbeiten, hab ein Haus, welches auch in Ordnung gehalten werden will und einen Mann, der einmal am Tag etwas zu essen haben will. Mag sein, dass ich in deinen Augen eine schlechte Freundin bin, weil ich eben irgendwann mal ein wenig auf die Bremse getreten bin, aber ich lebe eben nicht ausschließlich für meine Freunde. Ich liebe sie, aber ich liebe mich selber auch ein wenig.

nairobi schrieb:Meine Freundin hat mich sogar auch schon nachts angerufen.
Eigene Probleme habe ich eigentlich nicht angesprochen. Es ging immer nur um sie.

Okay, Nachts ist schon krass. Das geht gar nicht. Und ja, dass es nur um sie ging, kenne ich. Wenn ich selber mal meine eigenen Probleme ansprechen wollte, wurde das binnen weniger Sätze abgewürgt und wieder auf sie und ihre Probleme umgelenkt. Das ist auf Dauer einfach nur anstrengend.

Bundeskanzleri schrieb:Wenn es auf lange Sicht unausgeglichen ist, odsr es einfach nicht passt, kann man ja was verändern.

Hab ich dann ja, mit dem sogenannten Wink mit dem Zaunpfahl. Kam auch an. Ich hätte das auf Dauer echt nicht mehr geschafft.

Interested schrieb:Das Problem aufrecht erhalten, bedeutet auch Aufmerksamkeit bekommen. Darum geht es wohl am Ende.

Ja, das mag durchaus stimmen. Oder einfach aus Sturheit und Prinzip sagen, nein, ich gehe MEINEN Weg, auch wenn es eigentlich nur Probleme schafft.

nairobi schrieb:Meine Freundin hat mich sogar auch schon nachts angerufen.

Das wäre für mich völlig OK, wenn es entweder Familie ist oder meine beste Freundin. Oder auch nicht ganz allerbeste Freunde in Notsituationen.
Bei meiner Freundin lag vor wenigen Wochen der Vater im Sterben, da habe ich mir selbstverständlich das Telefon neben das Bett gelegt, falls was wäre.

Allerdings würden wir beide das auch wirklich nur in einer Ausnahmesituation in Anspruch nehmen. Wohlwissend, dass der am anderen Ende zunächst völlig schlaftrunken keine große Hilfe wäre.
In meinem Alter braucht es auch schon eine Menge um so eine Notsituation zu haben, mit den meisten Dingen, die so anfallen, kann man doch inzwischen soweit umgehen, dass es bis zum nächsten Tag reicht.

Bundesferkel schrieb:Mein Kraftreservoir erschöpft sich nicht so schnell

Das freut mich für Dich.

Bundesferkel schrieb:und wenngleich ich sicher auch schon sehr schwierige Zeiten in meinem Leben hatte, war immer noch Platz für Sorgen Anderer.

Das ist sicher bei einigen von uns auch so. Es hat niemand gesagt, dass man sich von Freunden abwendet.

Ich erkläre es mal an einem Bespiel von mir: Liegt sehr viele Jahre zurück, war aber damals eine Lehre für mich.
Grundsätzlich bin ich für meine Freunde immer da, und das wissen diese auch. Dazumal hatten wir einen Todesfall in der Familie, die damalige Freundin von mir wusste das, aber sie hatte sich mit keinem Wort nach meinem Wohlergehen erkundigt, stattdessen redete sie ohne Punkt und Komma von alltäglichen Sachen. Irgendwann bin ich dann am Telefon zusammen gebrochen und musste das Gespräch beenden. Tja, sie war dann sauer auf mich, so nach dem Motto: ich hätte einfach aufgelegt usw.

Sorry, aber wenn ich das Gefühl habe, ich werde in einer Freundschaft hinten und vorne nur ausgenutzt, dann war's das!
Ich bin ja auch kein Stück Dreck, und mir auch etwas wert.

Was mit bei dieser ganzen Diskussion hier so ein bisschen sauer aufstößt ist, dass manche so hingestellt werden, als seien sie schlechte Freunde usw. nur weil sie einen Riegel vorschieben bei Dingen, die für sie so nicht okay sind. Dieses Verurteilen finde ich nicht in Ordnung. Soll doch jeder seine Freundschaften so führen, wie er/sie kann.

Und damit bin ich dann auch raus hier!

EnyaVanBran schrieb:Dann bist du in der glücklichen Lage, viel Zeit zu haben. Ich muss eben leider auch arbeiten, hab ein Haus, welches auch in Ordnung gehalten werden will und einen Mann, der einmal am Tag etwas zu essen haben will. Mag sein, dass ich in deinen Augen eine schlechte Freundin bin, weil ich eben irgendwann mal ein wenig auf die Bremse getreten bin, aber ich lebe eben nicht ausschließlich für meine Freunde. Ich liebe sie, aber ich liebe mich selber auch ein wenig.

ich arbeite auch, habe 2 Hunde, koche jeden Tag, versorge meine Eltern, leiste ehrenamtliche Arbeit. Und ich liebe mich selbst. Trotzdem habe ich die Zeit, denn es gehört dazu, wenn man sich trifft handelt man das ja auch nicht in 20min ab. Ich mache das auch nicht täglich, aber immer wieder gerne, denn auch ich habe ja etwas davon, wenn ich mit meinen Freunden stundenlang rede, lache, weine, Scheissdreck babbel....der ganz normale Mist eben. Und da gehört eben auch dazu, sich Wiederholungen zu geben....habe ich auch bei meinen Eltern......und klar sage ich auch mal, dass ich die Geschichte schon kenne aber grundsätzlich kann man das auch, ohne den anderen abzuwürgen.

Ich finde es eh anmaßend davon auszugehen, dass man diese Zeit nur hätte, wenn man all das nicht hat, was Du hast. Man nimmt sich eben die Zeit.

Tussinelda schrieb:wenn man sich trifft handelt man das ja auch nicht in 20min ab.

Das ist auch was völlig anderes, das ist dann ein Termin, der eingeplant wird. Ein Anruf kommt ja in der Regel unplanmäßig daher.

Tussinelda schrieb:denn auch ich habe ja etwas davon, wenn ich mit meinen Freunden stundenlang rede, lache, weine

Das ist dann der springende Punkt, dann führt ihr ausgeglichene Gespräche und nicht solche:

EnyaVanBran schrieb:Wenn ich selber mal meine eigenen Probleme ansprechen wollte, wurde das binnen weniger Sätze abgewürgt und wieder auf sie und ihre Probleme umgelenkt

Tussinelda schrieb:Eltern......und klar sage ich auch mal, dass ich die Geschichte schon kenne aber grundsätzlich kann man das auch, ohne den anderen abzuwürgen.

Das hab ich ja auch nicht gemacht, ich hab lediglich gesagt: ja hast du schon erzählt. Und wenn sie es schon öfter erzählt hat, hab ich das erwähnt. Sie hat es dennoch verstanden und sich ein wenig zurück genommen.

Tussinelda schrieb:Man nimmt sich eben die Zeit.

Wenn die Möglichkeit dazu hat, klar.

EnyaVanBran schrieb:Wenn ich selber mal meine eigenen Probleme ansprechen wollte, wurde das binnen weniger Sätze abgewürgt und wieder auf sie und ihre Probleme umgelenkt

das liegt dann doch aber auch an Dir, wenn sie das macht und Du mit Deinen Sorgen und Nöten nicht durchkommst. Da helfen auch Gespräche, zum Beispiel.

EnyaVanBran schrieb:Das ist auch was völlig anderes, das ist dann ein Termin, der eingeplant wird. Ein Anruf kommt ja in der Regel unplanmäßig daher.

und da kann man sagen, Du, habe gerade keine Zeit, ich rufe Dich um XY an oder morgen oder am Wochenende. Das ist doch nicht so schwer.

Tussinelda schrieb:das liegt dann doch aber auch an Dir, wenn sie das macht und Du mit Deinen Sorgen und Nöten nicht durchkommst. Da helfen auch Gespräche, zum Beispiel.

Sicher, aber ich dränge mich in der Hinsicht niemandem auf. Das werde ich auch nie, weil ich das einfach nicht will.

Tussinelda schrieb:und da kann man sagen, Du, habe gerade keine Zeit, ich rufe Dich um XY an oder morgen oder am Wochenende. Das ist doch nicht so schwer.

Das musste und muss ich zwangsläufig ja eh immer wieder mal machen. Wenn ich zu einem Kunden muss oder grad Kunden in meinem Büro stehen, kann ich net mal abheben. Aber meine Freunde wissen das und das ist okay. Geht eben nicht andres.

EnyaVanBran schrieb:Sicher, aber ich dränge mich in der Hinsicht niemandem auf. Das werde ich auch nie, weil ich das einfach nicht will.

ja ok, nur kannst Du das dann ja niemandem vorwerfen. Außerdem ist das kein Aufdrängen unter Freunden. Da kann und soll man auch die eigenen Bedürfnisse nennen können.

@Tussinelda
Wenn ich meine Bedürfnisse nenne, es wird abgewürgt und ich komme dennoch immer wieder damit an, dränge ich mich schon auf, zumindest würde sich das für mich so anfühlen.
Und ich habe es meiner Freundin auch nicht vorgeworfen. Sie hat selber irgendwann erkannt, dass sie eigentlich nur nimmt und nix zurückgibt. Kann sein, dass ihr andere Freunde das mal direkt vorgeworfen haben, das weiß ich natürlich nicht. Fakt ist, dass sie ihr Verhalten Gott sei Dank geändert hat. Ja, sie hat noch immer über 1000 Dinge zu jammern, aber das ist okay, weil es nicht mehr so verbissen ist und nicht mehr nur um sie geht.

Interested schrieb:Aufmerksamkeit

Interested schrieb:Darum geht es wohl am Ende

Damit hast Du sicher Recht.

Bundesferkel schrieb:Mein Kraftreservoir erschöpft sich nicht so schnell und wenngleich ich sicher auch schon sehr schwierige Zeiten in meinem Leben hatte, war immer noch Platz für Sorgen Anderer.

Meines auch nicht. Aber als ich dann "mal" in einer schwierigen Phase war habe ich ihren Rückhalt nicht so gespürt.

EnyaVanBran schrieb:, viel Zeit zu haben. Ich muss eben leider auch arbeiten, hab ein Haus, welches auch in Ordnung gehalten werden will und einen Mann, der einmal am Tag etwas zu essen haben will.

Genau, ich hatte immer ein hohes Pensum an Dingen, die ich bewältigen musste. Meine Freundin nicht. Daher konnte sie so richtig in ihren Wehwehchen "herumsumpfen". Zu wenig Beschäftigung ist nicht besonders gut.

EnyaVanBran schrieb:Das ist auf Dauer einfach nur anstrengend.

EnyaVanBran schrieb:Nachts ist schon krass

Naja es war so, dass ihr Freund mitten in der Nacht betrunken nach Hause kam und in den Flur gekotzt hat. Das hat sie so aufgeregt und sie hat sich davor geekelt.
Vielleicht wäre es ihr Recht gewesen, ich wäre 40 km gefahren und hätte die Kotze aufgewischt. Sie musste nicht frühmorgens aufstehen und arbeiten. Ich schon...
Ich habe sie dann mit der Zeit beruhigen können.
Der Freund hat seine Kotze am anderen Tag selbst weggemacht.

klapperschlang schrieb: Und zwar wenn jemand versucht mich kennenzulernen und gleich auf Liebe aus ist und das öfters und immer wieder schreibt. Dabei hat man die Person noch nie persönlich kennengelernt oder gesehen. Ich verstehe nur nicht, wie man sich in jemand fremdes verlieben kann, nur weil er Bilder in einem sozialen allgemeinen Netzwerk gesehen hat.

Das ist bei vielen eine Geschäftsidee. Das gibt es ja dieses beezness - wo es Männern (und Frauen) gelingt, andere Leute emotional von sich abhängig zu machen. Ziel ist selten Liebe, sondenr finanzielle Unterstützung bzw. Ausbeutung.

EnyaVanBran schrieb: Der verdorbene Spaziergang ist natürlich echt blöd, auch da kann ich nachvollziehen, dass du deine Ruhe willst. Drum geht man ja spazieren, um abschalten zu können.

Ich gehe auch spazieren, um mich zu unterhalten - aber das war ein Monolog, der einen Zuhörer brauchte - ein Monolog belangloser Dinge ohne jede Relevanz. Das Schlimme ist: Das ist inzwischen immer so, weil es für sie normal ist.

Tussinelda schrieb:wohl am meisten den, der nicht voran kommt......man sollte manchmal auch bedenken, was man sich ab und an doppelt, dreifach, zigfach anhören muss beschäftigt diesen Menschen unaufhörlich. Und dann sagen gute oder beste Freunde, ach weißte, hab ich keinen Bock drauf, haste mir schon erzählt.....ist auch nicht doll

Da hätte ich dir vor einiger Zeit noch bedingungslos zugestimmt. Ich habe aber Leute in meinem Bekanntenkreis, die sich grundsätzlich nur melden, wenn sie jemanden zum Zuhören brauchen ... das ist z.T. auch Ausbeute. Gleiche Situation mit ein paar Jahren Abstand.

Situation 1: Wir sind am Urlaubsort angekommen, treffen Freunde (was schön, aber anstrenged ist), haben endlich einen schönen Abend am Strand - Sonne scheint (auch ungewöhnlich). Wir sitzen entspannt auf einer Picknickdecke, als mein Handy ununterbrochen vibriert. Wir haben viele ältere Verwandte - ich schaue und entdecke, das ist meine "Dramaqueenbekannte". Eigentlich will nicht dran gehen, habe aber Angst, dass das vor unseren Freunden doof aussieht - beschließe, ich mache es kurz. Geh dran und bekomme die volle Emotion ab: Ihr Freund hat sie verlassen, sie denkt über Suizid nach ... das ist kein Gespräch, das man nach einer Viertelstunde wieder abwürgt. Da ist ein Mensch, dem geht es schlecht. Ich setze mich also auf einen Felsen, höre geduldig zu, tröste, mache konstruktive Vorschläge. Bemitleide. Nach 120 Minuten erwähne ich, dass ich gehen muss ... Der Abend ist gelaufen, die Sonne untergegangen, es ist kalt. Ich habe einen schönen Abend verpasst. Eine Woche später erfahre ich: Das Paar hat sich wieder zusammengerauft.

Situation 2: Ich habe mir für Samstagabends (Mr Mary arbeitet) ein schönes Buch gekauft, neue Sockenwolle und will einfach einen gemütlichen Fernsehabend machen. Der Holzofen ist angefeuert, ich habe Tee ziehen. Da ruft "Unbekannt" an. Ich tippe auf meine "Dramaqueenbekannte". Ich ignoriere das Handy. Ich irgnoriere das Festnetz. Ich schaue nicht bei Whatsapp, sonst sieht man, dass ich online war. Ich habe keine Lust.

Ich mache Handy aus. Ganz aus. Stelle das Festnetz auf stumm. Schmeiße meinen Film rein. Ich habe einfach keine Lust mehr.

Bundesferkel schrieb:Nach unseren Treffen oder Telefonaten kam von ihr dann meistens der Standardsatz „ich danke Dir von Herzen für Dein Ohr, das Du mir schenkst“ und irgendwann mal meinte sie, ich sei nun die letzte verbliebene unter ihren Bekannten, die sich ihre Sachen noch anhörte.

Es gibt heute auch Leute, die ihre Bekannte nach "Nützlichkeit" sortieren. Ich hatte so eine Bekannte - als ihre Tochter noch in der Schule war (ich arbeite in einer Schule) war ich hoch im Kurs - keine Woche, wo ich nicht kontaktiert, eingeladen wurde, ich bekam zum Geburtstag megagroßzügige Geschenke und habe hin und wieder ausgeholfen. Mir kam das nie so echt vor, einfach, weil es sonst nicht gepasst hat. Kaum hatte das Mädel den Abschluss, habe ich gar nichts mehr gehört :-).

Es gibt Leute, die den Bekanntenkreis nach win:win unterteilen.

MissMary schrieb:Es gibt heute auch Leute, die ihre Bekannte nach "Nützlichkeit" sortieren. Ich hatte so eine Bekannte - als ihre Tochter noch in der Schule war (ich arbeite in einer Schule) war ich hoch im Kurs - keine Woche, wo ich nicht kontaktiert, eingeladen wurde, ich bekam zum Geburtstag megagroßzügige Geschenke und habe hin und wieder ausgeholfen. Mir kam das nie so echt vor, einfach, weil es sonst nicht gepasst hat. Kaum hatte das Mädel den Abschluss, habe ich gar nichts mehr gehört :-).

Hast Du Einladungen und großzügige Geschenke angenommen, ist es ja dann tatsächlich eine win:win-Situation.
Die Eltern erwiesen Dir damit quasi eine Art Dankesschuld.

Aber das kann man ja von Anfang an regeln,
indem man als Lehrerin oder Lehrer von Eltern keine Zuwendungen annimmt.