Vermisst ihr Dinge aus der "guten alten Zeit"?

MissMary schrieb:Wurde vielleicht schon diskutiert, aber: Habt ihr auch den Eindruck, dass Dinge früher einfach intensiver schmeckten? Ich denke an so ein paar Sachen: Meine Freundin lebte auf einem Bauernhof, dort gab es beim Brotbacken frisches Holzofenbrot mit selbstgemachter Butter. Irre.

Butter, Quark, Brezeln (die Lauge!), Joghurt schmeckt inzwischen alles annähernd neutral.
An altersbedingt gestörten Geschmacksnerven kann es bei mir kaum liegen, da für mich viele Lebensmittel noch so schmecken wie sie immer schmeckten.

Beim Kauf von Käsekuchen in Bäckereien und Konditoreien graut mir schon, wenn ich die hochglänzenden Anschnitte der angeblichen Quarkmasse sehe. Das schmeckt dann nur undefinierbar künstlich, jedenfalls nicht nach Quark.
In den letzten fünf Jahren hatte ich nur einmal bei einem Bäcker eine Quark/Käsetorte gegessen, die so schmeckte, wie ich sie von einst in Erinnerung hatte.
SpoilerBäckerei Anders, Braunlage

Bundesferkel schrieb:In den letzten fünf Jahren hatte ich nur einmal bei einem Bäcker eine Quark/Käsetorte gegessen, die so schmeckte, wie ich sie von einst in Erinnerung hatte.

Ich glaube, einige "Geschmackseinbußen" in den letzten fünf Jahren sind auch einfach Corona geschuldet. Fast jeder, den ich kenne, berichtet seitdem von "anderem Geschmack" bestimmter Lebensmittel. Dabei handelt es sich nicht bei allen um die gleichen Lebensmittel, sondern dies variiert zum Teil stark. Deswegen vermute ich, es sind nicht die Lebensmittel, sondern der Geschmackssinn der Menschen, der sich verändert hat.

@Shiloh
Die von mir aufgezählten Beispiele und damit verbundenen Erfahrungen beziehen sich auf die letzten 25 Jahre.

@Bundesferkel

Ah ok, ich las

Bundesferkel schrieb:In den letzten fünf Jahren

Wir hatten früher einen Schrebergarten und alles wurde zur richtigen Zeit und reif geerntet, musste natürlich umgehend verarbeitet werden, aber kein Vergleich im Gegensatz zu den Sachen im Supermarkt.
Selbst die Erdbeeren hier von den Ständen könnten reifer sein und sind teilweise unter Plastikfolie gereift.
Den selbstgemachten Erdbeerquark aus meiner Kindheit kriege ich damit nicht hin.

Beim ARD und/oder ZDF in den 80ern konnte man von mehreren vorgestellten Filmen, ich meine es waren drei, für seinen Favoriten anrufen und abstimmen. War immer total spannend abzuwarten, welcher Spielfilm dann um 20.15 von den Zuschauern gewählt wurde.

MissMary schrieb:Habt ihr auch den Eindruck, dass Dinge früher einfach intensiver schmeckten?

Nein, aber primär aus dem Grund, dass ich mich nicht daran erinnern kann, was früher wie geschmeckt hat und wann sich das eventuell geändert haben könnte. Zumal Geschmack stark von subjektiven Eindrücken bzw. der eigenen Stimmungslage beeinflusst wird und Erinnerungen auch stark verfälscht sein können.
Letzteres ist mir klar geworden, als ich schwer depressiv war - da haben die Dinge die mir sonst gut geschmeckt haben plötzlich nicht oder nur sehr neutral geschmeckt.

MissMary schrieb:Wurde vielleicht schon diskutiert, aber: Habt ihr auch den Eindruck, dass Dinge früher einfach intensiver schmeckten? Ich denke an so ein paar Sachen: Meine Freundin lebte auf einem Bauernhof, dort gab es beim Brotbacken frisches Holzofenbrot mit selbstgemachter Butter. Irre.

Genauso die Freibadpommes. Wir waren damals aber auch noch nicht so überfüttert und verwöhnt. Freibadpommes gab es erst kurz bevor wir gingen, wenn wir richtig Hunger hatten - da hätten wir nicht eine weggeworfen. Die schmeckten auch einfach echt geil ....

Eher nicht: Es gab damals Dinge, die öde oder überhaupt nicht schmeckten (nämlich genau die "Freibadpommes"), und es gibt heute Dinge, die ganz hervorragend schmecken, oft sogar in größerer Auswahl. Natürlich gab es auch damals tolle Sachen und heute schlechte.
Da kann ich insgesamt wenig Unterschiede feststellen.

Zum Brot; mein Vater als gelernter und später semiprofessioneller Hobby-Bäcker hat sicher sehr gutes, dabei oft auch eigenartiges Brot gebacken, das man natürlich nicht mit heutiger Supermarktware vergleichen kann. Sehr gute Bäckereien, die sehr gutes Brot mit teils eigenartigen Zutaten backen, gibt es aber auch heute noch. Die muss man halt kennen bzw. finden, und sie sollten dann nicht gleich wieder pleite oder in Rente gehen.

Interessant wurde das erst beim Weihnachtsgebäck, wo es bei uns eigenartigen Lebkuchen mit Fruchtfüllung gab, der einen irren Aufwand machte und anschließend lange, lange reifen musste, bis er überhaupt schmeckte. So ein bisschen gehe ich ja davon aus, dass das Zeug außer meinem Vater, seinen Brüdern und mir nie jemand zu schätzen wusste, aber ich fand es wirklich gut.
Nie wieder irgendwo entdeckt, nicht mal ähnlich, vermutlich aus Gründen. :D

MissMary schrieb:Freibadpommes

Als Kind liebte ich die. Vom Schwimmen bekamen wir auch immer mächtig Hunger. Und dann diese Pommes...daheim gab es keine.
Ich glaube, einmal hat meine Mutter welche in einer Pfanne gemacht. Die haben mir nicht geschmeckt.

MissMary schrieb:Habt ihr auch den Eindruck, dass Dinge früher einfach intensiver schmeckten?

Auf jeden Fall bekommt man heute andere Produkte.
Mein Vater (geb. 1939) sagte schon öfters, er vermisse die Obstsorten von früher, z.B. bei Äpfeln. Da hat sich wohl vieles verändert.
Auch bei Kartoffeln. Es gibt andere Sorten, das wird wohl seine Gründe haben. Ich denke, einiges ist vielleicht auch auf den Klimawandel zurückzuführen.
Auch Getreide. Die Halme sind heute oft weniger hoch als "früher".
Mein Mann vermisst die Brathähnchen von früher. Die wogen 950g oder so. Heute bekommt man eigentlich nur noch sehr schwere, fette Hähnchen, die oft um die 1,5kg wiegen. Ihm gefällt das nicht.

MissMary schrieb:Wurde vielleicht schon diskutiert, aber: Habt ihr auch den Eindruck, dass Dinge früher einfach intensiver schmeckten? Ich denke an so ein paar Sachen: Meine Freundin lebte auf einem Bauernhof, dort gab es beim Brotbacken frisches Holzofenbrot mit selbstgemachter Butter. Irre.

Durchaus ja, wobei es mir im Alltag nicht so heftig auffällt da ich sehr viel selbermache, inkl. alles (!) an Gebäck.

Was ich aber echt vermisse ist Gemüse, Kräuter und Obst aus dem Garten, Pilze und Kräuter sammeln - geht hier nicht. (Kenn's, romantisiere da nichts und weiß dass es Arbeit macht. Die Arbeit wäre es mir aber wert.) Darunter fällt auch

nairobi schrieb:Mein Vater (geb. 1939) sagte schon öfters, er vermisse die Obstsorten von früher, z.B. bei Äpfeln. Da hat sich wohl vieles verändert.

. Sowas wie einen Boskoop - hab' die als Kind auch gerne roh gegessen - bekomme ich hier nicht.

Dobie schrieb:Zum Brot; mein Vater als gelernter und später semiprofessioneller Hobby-Bäcker hat sicher sehr gutes, dabei oft auch eigenartiges Brot gebacken, das man natürlich nicht mit heutiger Supermarktware vergleichen kann. Sehr gute Bäckereien, die sehr gutes Brot mit teils eigenartigen Zutaten backen, gibt es aber auch heute noch. Die muss man halt kennen bzw. finden, und sie sollten dann nicht gleich wieder pleite oder in Rente gehen.

Wobei m.E. auch Selberbacken gar nicht so kompliziert ist. Ich mache das einfach im Backofen (kein Brotbackautomat, mag ich nicht) - Teig abends ansetzen, morgens ab in den Backofen (vertrage frisches warmes Brot und liebe es) und der Laib Bauernbrot braucht +/- zwei, drei Minuten so lange wie ich sowieso für alle Morgenerledigungen (Bad, Tiere, Pflanzen) brauche. Nach 3 - 4 Tagen wiederholen :) Muss ganz ehrlich sagen, für mich ist das kein zusätzlicher Aufwand - ansonsten müsste ich ja auch Brot kaufen gehen, dauert sogar länger und in der Qualität kriege ich es nicht - und freue mich immer auf die Tage, an denen wieder Brotbacken dran ist :)

MissMary schrieb:Habt ihr auch den Eindruck, dass Dinge früher einfach intensiver schmeckten?

Nicht im Plural.
Das einzige, was (für mich) früher wirklich besser und intensiver schmeckte sind Tomaten.

Gute, beständige Musik mit Seele.

The Last Unicorn Song

Externer Inhalt
Durch das Abspielen werden Daten an Youtube übermittelt und ggf. Cookies gesetzt.

Groucho schrieb:Das einzige, was (für mich) früher wirklich besser und intensiver schmeckte sind Tomaten.

Ja - wobei ich dabei nicht direkt vergleichen würde: Klar schmeckt eine Tomate, die noch wortwörtlich 10 Minuten vor Verzehr im Garten am Strauch hing (= frisch, vollreif, "Gartensorte") besser als eine mitunter vor Wochen gepflückte Tomate einer auf Druckstabilität gezüchteten Sorte wie man sie meist im Supermarkt findet. Nicht nur wegen "die hab' ich selber angebaut"-Effekt, sondern - Quelle könnte ich bei Bedarf wieder raussuchen, ich merke mir nur nicht alle Quellen zu allen möglichen Dingen auswendig - weil das Züchten auf Lagerbarkeit und Druckstabilität bei Tomaten wirklich den Tomatengeschmack unterdrückt.
Bei Tomaten die z.B. auf Bauernmärkten angeboten werden - nicht die, die auch vom Großhandel beziehen, sondern tatsächlich von (Bio-)Bauernhöfen in der Umgebung, alles handgepflückt wie man es auch im eigenen Garten machen würde - finde ich da diesen guten alten Tomatengeschmack wieder. Die haben zumeist auch andere Sorten, eben wie man sie typischerweise im Garten anbauen würde.

Raspelbeere schrieb:Ja - wobei ich dabei nicht direkt vergleichen würde:

Wir hatten Salat und Möhren, Kohl und Obst, aber nie Tomaten im eigenen Garten.
Insofern vergleiche ich gekaufte Tomaten von damals mit gekauften Tomaten heute.

Raspelbeere schrieb:finde ich da diesen guten alten Tomatengeschmack wieder

Also bei einigen Versuchen selbst welche anzubauen haben die selbst angebauten Tomaten auch nicht so gut geschmeckt wie früher.
Ich rede hier von den "normalen" Tomaten.

Cherry oder sonstige kleine Tomaten sind hingegen gut geworden.
Aber die schmecken ja auch aus dem Laden meist.

Groucho schrieb:Also bei einigen Versuchen selbst welche anzubauen haben die selbst angebauten Tomaten auch nicht so gut geschmeckt wie früher.

Könnte das ggf. auch am Standort liegen, oder kannst du sie wirklich unter den gleichen Bedingungen (gleiches Grundstück, gleiche Position der Beete) anbauen, oder - was ich vermute - ist das nicht möglich?

Raspelbeere schrieb:Könnte das ggf. auch am Standort liegen, oder kannst du sie wirklich unter den gleichen Bedingungen (gleiches Grundstück, gleiche Position der Beete) anbauen, oder - was ich vermute - ist das nicht möglich?

Möglicherweise gab es da ein Missverständnis, deshalb füge ich dem von dir zitierten Satz noch eine fehlende Information bei:

Groucho schrieb:Also bei einigen Versuchen selbst welche anzubauen haben die selbst angebauten Tomaten auch nicht so gut geschmeckt wie früher.

Die heute selbst angebauten Tomaten haben nicht so gut geschmeckt, wie die früher im Laden gekauften.

(Wobei bei sowas natürlich auch immer die Frage im Raum steht, ob der Geschmack in der Rückschau nicht einfach überhöht, also falsch erinnert wurde)

Groucho schrieb:Wobei bei sowas natürlich auch immer die Frage im Raum steht, ob der Geschmack in der Rückschau nicht einfach überhöht, also falsch erinnert wurde)

Wie ich schon mal schrieb: wie bei vielen Dingen von früher, die eventuell romantisch verklärt werden, dürfte das so sein.

Früher war halt nicht alles besser - jetzt allgemein gesprochen - deswegen muss man mit so Aussagen imho immer höllisch aufpassen, da eine objektive Einschätzung da kaum möglich ist…

koef3 schrieb:Wie ich schon mal schrieb: wie bei vielen Dingen von früher, die eventuell romantisch verklärt werden, dürfte das so sein.

Früher war halt nicht alles besser - jetzt allgemein gesprochen - deswegen muss man mit so Aussagen imho immer höllisch aufpassen, da eine objektive Einschätzung da kaum möglich ist…

Bei mir gibt es da eigentlich keine Verklärung; mein Leben damals war härter und für Romantik war wenig Platz. Also auch keine romantischen Verknüpfungen, quasi also nicht „hammermäßig verliebt/verknallt, dazu finanziell im güldenen Bereich = tomatigere Tomaten, quarkigerer Quark, butterige Butter auf laugigeren Brezeln“.

Vor einigen Monaten hat mal jemand eine mir plausibel erscheinende Erklärung dazu gebracht.
Muss ich mal suchen.

@koef3
Kann dir beipflichten. Deshalb beziehe ich mich, wenn, auch nur auf einzelne Aspekte (z.B.: ja, frische Beeren aus dem Garten fehlen mir, weil gekaufte gar nicht so frisch sein können), anstatt zu behaupten "früher war alles besser" - nein, war es nicht.
Es gib für mich viele Punkte, weshalb ich alles zusammengenommen doch lieber heute lebe als z.B. in den 1980ern.

Raspelbeere schrieb:eshalb ich alles zusammengenommen doch lieber heute lebe als z.B. in den 1980ern.

Ich würde sofort die 80er gegen Heute eintauschen. :D