Gendern zur Pflicht machen?

Groucho schrieb:Ich hatte dazu in den letzten Wochen etwas geschrieben, aber bevor ich das wieder finde, schreibe ich es nochmal.
Das ging ungefähr so:

Ich bin kein Aktivist, was Gendern betrifft, wie man mir hier schon nachgesagt hat.
Ich finde es nur grundsätzlich richtig und deshalb diskutiere ich hier pro Gendern.
In den Texten von mir, die veröffentlicht werden (gemeint ist damit ein Printmedium, keine Internetforen) da gendere ich konsequent.
Hier auf allmy bin ich schlampig und faul - das gilt aber bei mir nicht nur fürs Gendern.
Ich achte hier auch nicht so auf Rechtschreibung, Grammatik und Stil, wie in meinen beruflichen Texten.

Das zeigt doch deutlich, wie anstrengend das regelwidrige Gendern ist, sodass sogar Genderbefürworter es privat nicht mehr durchhalten können. Am Ende braucht es eine Genderapp, die uns diese Arbeit abnimmt, weil die Sprache immer komplizierter gemacht wird durch so viele Erwartungen an die Sprache, die sie gar nicht leisten kann, höchstens computergesteuert.

Geschlechtergerechte Sprache bei Medikamenten Werbung

Jede Medikamentenwerbung verweist darauf, sich zu Risiken und Nebenwirkungen an einen „Arzt oder Apotheker“ zu wenden. Nachdem sich mehrere Verbände an der rein männlichen Formulierung gestört haben, schließt sich nun der Bundesgesundheitsminister an.

Nach der Forderung mehrerer Verbände, den Hinweis „Fragen Sie Ihren Arzt oder Apotheker“ in der Arzneimittelwerbung geschlechterneutral zu formulieren, spricht sich auch Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) für eine Änderung aus. „Ich wäre sehr dafür, wenn Ärztinnen ausdrücklich genannt würden. Es entspricht der Realität der Versorgung“, sagte Lauterbach der „Bild“-Zeitung.

....

Zuvor hatte sich unter anderem Ärztepräsident Klaus Reinhardt für eine entsprechende Anpassung des Hinweises ausgesprochen. „Die gesetzlich vorgegebene Formulierung passt nicht mehr in die Zeit“, sagte Reinhardt dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Er betonte, dass rund die Hälfte der Ärzteschaft weiblich sei.

Quelle: https://www.welt.de/politik/deutschland/article242882381/Lauterbach-fuer-geschlechterneutrale-Arzneimittel-Hinweise.html

Ich spüre förmlich, wie die Welle der Empörung anrollt.
(nicht hier, in den sozialen Netzwerken und natürlich Bild und Co)

Offenbar ist die Gruppe der Befürworter:innen geschlechtergerechter Sprache nicht ganz so winzig klein, wie hier gerne behauptet wird.

fischersfritzi schrieb:Offenbar ist die Gruppe der Befürworter:innen geschlechtergerechter Sprache nicht ganz so winzig klein, wie hier gerne behauptet wird.

Liegt vielleicht auch daran, dass in Deutschland nun eine dritte Geschlechtsangabe rechtlich verankert wurde (divers). In der Schweiz wird das vom Bundesrat abgelehnt, d. h. divers wird in der Schweiz nicht anerkannt bei Angaben der Personalien. Dort muss man zwingend männlich oder weiblich sein vor dem Staat.

Laura_Maelle schrieb:Liegt vielleicht auch daran, dass in Deutschland nun eine dritte Geschlechtsangabe rechtlich verankert wurde (divers)

Das ist auch korrekt so. Jedenfalls ist es mal ein Anfang. Stand wissenschaftlicher Forschung ist Gender nicht binär. Deshalb ist es ja so wichtig, dass auch in Sprache zu übertragen

fischersfritzi schrieb:Offenbar ist die Gruppe der Befürworter:innen geschlechtergerechter Sprache nicht ganz so winzig klein, wie hier gerne behauptet wird.

Zumal in den beschriebenen Varianten mMn auch wieder nicht das div. Geschlecht eindeutig zu erkennen ist. Ich meine "Fragen sie ihren Arzt oder ihre Apothekerin" oder "Fragen sie ihre Ärztin oder ihren Apotheker" - wo ist hier explizit das div. Geschlecht herauslesbar? Etwa beim Arzt? Wenn genau daneben die exakt weibliche Form definiert ist? Das geht mMn gar nicht!

"Fragen richten sie an ihre (Haus)arztpraxis oder Apotheke" - schließt mEn jeden einzelnen Personenkreis im medizinischen Sektor ein.

Ich glaube auch, dass die geschlechtsspezifische Ansprache zu tief verwurzelt ist, auch in der Begriffsgebung.

fischersfritzi schrieb:Offenbar ist die Gruppe der Befürworter:innen geschlechtergerechter Sprache nicht ganz so winzig klein, wie hier gerne behauptet wird.

Ja, sicher ist sie das nicht.
Das ist in der Form auch nur eine Verschwörungstheorie, in der eine winzige Elite dafür sorgt, dass alle gendern.

Bei Medikamenten und Krankheiten wird es auch Zeit, dass man die Frauen endlich wahr nimmt. Bei Herzinfarkten z.B. merkt bei Frauen oft niemand, dass sich einer anbahnt, weil sie andere Symptome haben können als bei Männern.

Do-X schrieb:"Fragen richten sie an ihre (Haus)arztpraxis oder Apotheke" -

Stramme Genderkritiker werden jetzt einwenden, dass man mit Gebäuden nicht reden kann...

Do-X schrieb:"Fragen richten sie an ihre (Haus)arztpraxis oder Apotheke" -

Groucho schrieb:Stramme Genderkritiker werden jetzt einwenden, dass man mit Gebäuden nicht reden kann...

ich bin ein strammer Genderkritiker ( bewusst jetzt auch nicht Kritikerin geschrieben ;) ) aber ich wende dagegen gar nichts ein, sondern finde diese Formulierung einen sehr gelungenen Kompromiss. :)

Groucho schrieb:Bei Medikamenten und Krankheiten wird es auch Zeit, dass man die Frauen endlich wahr nimmt. Bei Herzinfarkten z.B. merkt bei Frauen oft niemand, dass sich einer anbahnt, weil sie andere Symptome haben können als bei Männern.

Und das hat jetzt was genau mit Gendern zu tun? Wenn man jetzt statt Arzt und Apotheker, Hausarztpraxis und Apotheken sagt, erkennt man dann eher das Frauen einen Herzinfarkt haben? 🤔

CosmicQueen schrieb:Wenn man jetzt statt Arzt und Apotheker, Hausarztpraxis und Apotheken sagt, erkennt man dann eher das Frauen einen Herzinfarkt haben?

dafür gibt es die Gendermedizin. Aber da ja "gender-studies" auch doof sind, wie man im pc thread reichlich nachlesen kann, ist das offenbar auch ein Problem, alles, wo "Gender" drauf steht wird ja gerne mal abgelehnt

Groucho schrieb:Stramme Genderkritiker werden jetzt einwenden, dass man mit Gebäuden nicht reden kann...

Wie kann das sein, wenn die den geläufigen Sprachgebrauch auch nicht hinterfragen?
Der Bäcker zB ist doch für die auch eindeutig ein Beruf, den Mann, Frau oder Div bekleidet. Die gehen zum Bäcker und fragen dort nach nem Brot.

Bsp. IHK ... Ich gehe zur IHK und frage da irgendwen ... Alles genderneutral.

Tussinelda schrieb:alles, wo "Gender" drauf steht wird ja gerne mal abgelehnt

Das denke ich nicht, dass das so pauschal gesehen wird. Gender Medizin ist noch mal eine andere Kategorie.

@CosmicQueen
naja, dann lies mal im pc thread, im anderen Gendern thread, ist alles unnötig und Beschäftigungstherapie für die in der "woke-bubble".

CosmicQueen schrieb:Und das hat jetzt was genau mit Gendern zu tun?

Das war eigentlich ziemlich offensichtlich: Werden Frauen in der Sprache übersehen, werden sie auch woanders übersehen.

Laura_Maelle schrieb:Das zeigt doch deutlich, wie anstrengend das regelwidrige Gendern ist, sodass sogar Genderbefürworter es privat nicht mehr durchhalten können.

Ja, genau so anstrengend wie Grammatik, Rechtschreibung und Zeichensetzung.
Willst du da die Regeln auch alle abschaffen, weil es anstrengend ist, oder hast du da nur dir opportunes cherry picking betrieben?

Groucho schrieb:Hier auf allmy bin ich schlampig und faul - das gilt aber bei mir nicht nur fürs Gendern.
Ich achte hier auch nicht so auf Rechtschreibung, Grammatik und Stil, wie in meinen beruflichen Texten.

Also, Rechtschreibregeln (usw) auch alle abschaffen?

Do-X schrieb:Wie kann das sein, wenn die den geläufigen Sprachgebrauch auch nicht hinterfragen?
Der Bäcker zB ist doch für die auch eindeutig ein Beruf, den Mann, Frau oder Div bekleidet. Die gehen zum Bäcker und fragen dort nach nem Brot.

Das bezog sich auf die (inhaltlich völlig falsche) Ablehnung von "Studierenden"

Groucho schrieb:Das war eigentlich ziemlich offensichtlich: Werden Frauen in der Sprache übersehen, werden sie auch woanders übersehen.

Den Eindruck habe ich jetzt nicht, denn das Frauen zB andere Symptome bezüglich Herzinfarkt haben, ist lange bekannt und wird dementsprechend auch schon lange kommuniziert.

CosmicQueen schrieb:Den Eindruck habe ich jetzt nicht, denn das Frauen zB andere Symptome bezüglich Herzinfarkt haben, ist lange bekannt und wird dementsprechend auch schon lange kommuniziert.

Hm.

Auch Ärzte sind vor einer Fehldiagnose nicht gefeit und können die wahre Ursache der Symptome verkennen, wenn sie sich untypisch äußern. Sie vermuten beispielsweise zunächst Probleme mit dem Rücken, mit dem Magen oder der Verdauung und tippen nicht auf das Herz. Auch das trägt dazu bei, dass Frauen spä- ter als Männer auf die Intensivstation kommen und entscheidende Zeit verstreicht, bis mit der Therapie begonnen werden kann. Und schließ- lich trägt auch das medizinische Personal in der Klinik zu Verzögerungen bei – ein weiteres bedenkenswertes Ergebnis der bereits erwähn- ten polnischen Beobachtungsstudie: Das me- dizinische Personal leitete die EKG-Ergebnisse jüngerer Frauen seltener zur Beurteilung an die Spezialisten im Herzinfarktzentrum weiter. Das zögerte die dringend nötige Behandlung nachweislich deutlich hinaus.
Zu einem weiteren bemerkenswerten Schluss hinsichtlich der medizinischen Versor- gung von Frauen mit Herzinfarktsymptomen kam eine kürzlich von Forschern der renom- mierten Harvard Business School veröffent- lichte Studie, für die sie Daten von mehr als einer halben Million Patienten ausgewertet haben, die zwischen 1991 und 2010 mit einem Herzinfarkt in Florida in eine Klinik eingelie- fert wurden. Danach ist es wahrscheinlicher, dass Frauen an einem Herzinfarkt sterben, wenn sie von jüngeren männlichen Ärzten behandelt werden – und nicht von Ärztin- nen oder von älteren männlichen Ärzten, die aufgrund ihrer Erfahrung wissen, dass Herz- infarkte nicht in erster Linie ein Problem der Männer sind.

Quelle: https://www.herzstiftung.de/system/files/2020-11/HH0420-Frauenherzen.pdf (Archiv-Version vom 09.02.2023)

Luminita schrieb:Hm.

Was soll der Artikel mir jetzt sagen? Von wann ist der? Das ist mir schon seit mindestens 15 Jahren bekannt. Hat absolut nichts mit der Bezeichnung Apotheker oder Arzt zu tun. >.>

CosmicQueen schrieb:Von wann ist der?

2020

CosmicQueen schrieb:Hat absolut nichts mit der Bezeichnung Apotheker oder Arzt zu tun. >.>

Nee, aber es zeigt evtl.:

Groucho schrieb:Werden Frauen in der Sprache übersehen, werden sie auch woanders übersehen.

Du hattest ja mWn das Thema Herzinfarkt aufgegriffen.

Luminita schrieb:Nee, aber es zeigt evtl.:

Wie gesagt, dass Frauen unterschiedliche Anzeichen bezügl. Herzinfarkt haben können, ist schon länger bekannt und wird dementsprechend schon jahrelang in verschiedenen Artikel etc. thematisiert. Es kann also nicht sein, das hier die Gendersprache besonders ausschlaggebend ist, wie von @Groucho behauptet. Deshalb meine Nachfrage...


Hier ein random Artikel aus 2015 der das auch thematisiert.
https://www.dr-gumpert.de/html/herzinfarkt_bei_frauen.html

CosmicQueen schrieb:Wie gesagt, dass Frauen unterschiedliche Anzeichen bezügl. Herzinfarkt haben können, ist schon länger bekannt und wird dementsprechend schon jahrelang in verschiedenen Artikel etc. thematisiert.

Nur weil es bekannt ist, kommt es nicht unbedingt in der Praxis an. Nicht jeder beliest sich aktiv dazu. Es ist auch bekannt, dass Frauen Pilotin werden können, trotzdem zweifeln kleinere Kinder öfter daran (wie hier bereits belegt).