Da melde ich mich doch mal als Einheimische.
Ja, die Wiesn gehört irgendwie zur Tradition Münchens, weil ehemals Feier zum Jahrestag einer Hochzeit, es hat sich jedoch viel verändert.
Harmlosestes Beispiel sind Trachten, die sich zum Oktoberfest zu einem richtigen Hype entwickelt haben, früher aber gar nicht, aus Besuchersicht, dazugehörten. Niemand ist früher in Tracht auf die Wiesn; nur das Personal, das dort arbeitete. Das, was man heute sieht, ist auch keine Tracht…meine Nachbarin lief gestern im pinken Minidirndl, mit neongrüner Spitzenschürze und Blumenkranz (aus Plastikbkumen) auf. WTF?
Und ja, es ist a wirklich schon witzig, wenn angetrunkene Alpha-Männchen versuchen, sich auf dem “Förderband” des Toboggans, das sie zur Rutsche nach oben befördern soll, zu halten, jedoch, dank betrunkenem Gleichgewichtssinn straucheln, tänzeln oder herumrollen.
Wikipedia: Toboggan (Fahrgeschäft)Auch wenn ich den Toboggan und die Krinoline (eine Art Karussell mit live-Blaskapelle…früher durch Manneskraft angetrieben, heute doch schon elektrisch) sehr liebe, ich war 2011 das letzte Mal auf der Wiesn.
Es erschreckt mich immer wieder, wie sich Leute öffentlich so dermaßen die Kante geben können und sich auch noch so richtig geil dabei vorkommen.
Frauen stehen Männern da in gar nichts nach. Peinlich ist ihnen gar nichts mehr.
Schlimmer finde ich es, wenn sie dann noch ihre Kinder dabei haben.
Vor Jahren kam ich mal zur Wiesnzeit aus Südtirol zurück, stieg aus dem Zug und das erste, was ich sah, waren zwei stockbesoffene Eltern. Während die Mutter sich gerade noch auf den Beinen halten konnte, kugelte der Vater über den Kinderwagen. Widerwärtig. Was die Kinder da wohl für ein Bild von ihren Eltern bekommen? Respekt? Wohl kaum.
Auch finde ich es etwas merkwürdig, dass sexuelle Übergriffe, Schlägereien usw. als ganz normal gesehen werden. Nach dem Motto „Es gehört halt dazu.“, als würde man mit dem Wiesnbesuch signalisieren: „Jau, hau‘ mir den Maßkrug auf den Schädel!“ oder „Du kannst mich auf der Speibwiesn (Wiese an der Bavaria) gern vergewaltigen.“
Alles Tradition?
Die Wiesn habe ich über Jahre hinweg auch als Krankenschwester erlebt. In unserem Krankenhaus wurde dafür eine Bettenzentrale (Raum, in dem benutzte Patientenbetten gereinigt und neu bezogen werden) geräumt und mit Matratzen ausgelegt. Die Dienste wurden der Überwachungsstation aufgedrückt, die neben ihren eigenen Patienten, also noch auf die Alkoholleichen aufpassen musste. Jedes Jahr wurde der Don Promillo gewählt…die 6,48 Promille hat bis heute keiner überboten und derjenige war noch recht gut drauf. Geübter Trinker.
Fakt war und ist: während der Wiesnzeit waren in Krankenhäusern alle dort Arbeitenden immer besonders aufmerksam, denn es kam dort immer wieder zu der Zeit vermehrt zu Übergriffen, oft durch Leute, die eben den Wiesntrubel ausnutzten, neben den “Wiesnpatienten” Krankenpfleger und wurden angegriffen, vermehrt Diebstähle etc.
Wir hatten eine (!) Security und das nur nachts. Bestehend aus einer Person. Vier Jahre kam jedes Jahr der gleiche Typ und jedes Jahr fühlten wir uns gleich ungeschützt, bzw. durch den fast noch mehr bedroht. Von der All-Fahne abgesehen, wurde der Typ bei (jungem) weiblichem Nachtdiensrpersonal zudringlich.
Meldungen verhallten im Off.
Als Kind war ich gern auf der Wiesn. Es war ruhig, man achtete mehr auf einander, vielleicht lag es auch daran, dass das Attentat noch in den Köpfen war, was ja heute vollkommen vergessen ist. Klar, Besoffene gab’s damals auch, aber lange nicht so aggressiv und ohne Hemmungen, wie heute.
Gerade den alten Löwen vom Löwenbräu, der immerzu sonor durch die Gegend brüllte, den habe ich geliebt…
Heute finde ich es nur noch widerwärtig. Obwohl wir nicht in unmittelbarer Nähe zur Theresienwiese wohnen, sehen wir dort jeden Tag Betrunkene, Wildbrunzer und Alkoholleichen usw. Leuten, denen hakt absolut nichts mehr peinlich ist in ihrem vernebelten Hirn (sofern vorhanden).
Allerdings kann ich generell mit Betrunkenen nicht. Alkoholismus war für mich immer mit die widerwärtigste Sucht, obwohl ich Sucht an sich absolut nachvollziehen kann.
Ja, das Oktoberfest ab sich ist Tradition. Wir feiern den Jahrestag einer Vermählung.
Suff, Gewalt usw. sind jedoch NICHT Tradition, auch wenn manche das so empfinden. Aber die Diskussion hatten wir ja schon bei Klaasohm. Da fanden es ja einige auch ganz schick, dass dort Frauen verprügelt wurden.