Griechenland 2015 - Heldenepos oder Tragödie?

Absichern, Spareinlagen, alle die nicht zocken, sondern einfach nur ein Sparbüchlein haben, das macht man seit Jahrzehnten so (geringes Risiko, wenig Zins), wo ist das Problem?

Völlig korrekt. Alles kein Problem. Geld aufs Sparbuch, dann bleibt einem wenigstens das Büchlein, wenn die Banken die weiße Flagge schwenken. Dann hat man wenigstens beim Toilettengang was zum Lesen parat.

Und dann latschen wir zum Staat und fordern die Einlagesicherung ein. Doch oje, der ist ja Pleite, weil er seine Schulden nicht bediente. Hmmm, das ist jetzt bisserl doof, aber egal. Hauptsache Spass und das Büchlein haben wir nach wie vor.

Alles kein Problem. Alles easy.
Woher nur die ganze Aufregung kommt, wenns doch so simpel ist?


Für alle die sich ständig an der "Bankenrettung" hochziehen:
Damals standen Banken und Griechenland auf der Kippe.
Heute "nur" noch einer davon.
Was ist wohl bei gesamtökonomischer Betrachtung die bessere Variante (Stichwort Gesamtnutzen)? Eine kaum zu lösende Aufgabe, da braucht man mindestens zwei Abschlüsse in Mathe für.

@wuec
Nein man macht es so, dass die Banken genügen Eigenkapital haben müssen um die erste Prio bei einem Konkurs zu bedienen, was die kleinen Spareinlagen sind. Der Staat kann Konkurs gehen, die Bank muss als erstes die Einlagen ausbezahlen von dem was sie noch hat.

Man kann darüber Witze reissen, Fakt ist, dass die grossen Gewinner der Kriese wiedre einmal Vermögende sind. Die Schere klafft mitlerweile soweit auseinander, dass es irgendwann zu einer Volksrevolution kommen wird, dann wenn der Mittelstand soweit verarmt ist und die Last nicht mehr tragen kann.

mayday schrieb:Argentinien ist das beste Bsp. wir Hedge Fonds ein Land pleite gehen lassen können, Paul Singer's "Geier Fonds". Du beziehst dich immer auf Staatsanleihen, es gibt aber diverse andere Wertprodukte die schön verpackt Traumrenditen erwirtschafteten, auch in Griechenland und wenn da mal was platzt, sollen immer Steuerzahler dafür aufkommen

Nee lies mal nach. Du bist da wieder beim Sekundärhandel Die werden gerne auch als niedrig Risikoanlage in Fonds gepackt.

Was Argentinien dort bedienen muss sind eben noch Staatsschulden, die noch Gültig sind. Der Fond hat die nur mal gut und günstig Aufgekauft.

Aber nenn mal so ein paar Produkte wo der Steuerzahler eintreten muss.

mayday schrieb:Nein man macht es so, dass die Banken genügen Eigenkapital haben müssen um die erste Prio bei einem Konkurs zu bedienen, was die kleinen Spareinlagen sind. Der Staat kann Konkurs gehen, die Bank muss als erstes die Einlagen ausbezahlen von dem was sie noch hat.

Ach ja wenn es so einfach ist. Woher soll die Bank denn das Eigenkapital AUfnehmen oder Aufbauen? Na ? Ach durch Sicherung an der Notenbank, und schon sind wir wieder beim Problem wenn der Staat Pleite ist, denn irgendwer muss das Kapital fürs Eigenkapital ja stellen.

Je nachdem auch nicht so leicht.

mayday schrieb:Die Schere klafft mitlerweile soweit auseinander, dass es irgendwann zu einer Volksrevolution kommen wird, dann wenn der Mittelstand soweit verarmt ist und die Last nicht mehr tragen kann.

Na dann ist ja gut, dann sind die Einlagen auch Egal.

@Fedaykin
Ich kenne die Story

2001 war Argentinien in einer schweren Wirtschaftskrise. Das Finanzsystem zerbricht, die Regierung sieht sich außerstande, ihre Schulden - mehr als 100 Milliarden Dollar - zu bedienen. Es ist der bis dahin größte Zahlungsausfall eines souveränen Staates.

Die meisten Investoren treten damals panisch die Flucht an, sie versuchen ihre Anleihen zu verkaufen, egal, zu welchem Preis.

In den USA ist Paul Singer Chef des Hedge-Fonds "NML Capital" Singers "Vulture Fund", auf Deutsch: Geierfonds kauft große Mengen der nun spottbilligen argentinischen Staatspapiere auf, wie ein Aasgeier, der sich über seine tote Beute hermacht. Er spekuliert darauf, dass der Staat Argentinien eines Tages zahlen kann..oder zahlen muss!

Und tatsächlich, Argentinien erholt sich, auch weil die meisten Investoren nicht ganz so abgebrüht agieren wie Singer. 2005 und 2010 einigen sie sich mit der Regierung auf einen sogenannten Schuldenschnitt d.h. die "Papiere" haben weniger wert, die Investoren kriegen nur noch einen drittel der Investitionen zurück...weil Argentinien nicht alles zahlen kann und wer investiert trägt ein Risiko...

93% der Gläubiger stimmen den Deals zu. Sieben Prozent aber verweigern sich, darunter NML Capital. Die sieben Prozent sind seitdem eine tickende Zeitbombe, die nun, mit der Entscheidung des Supreme Courts, hochgegangen ist.

denn das US Supreme Court hat im Sinne von Singer entschieden "Argentienen müsse den Hedge Funds die volle höhe auszahlen". Rund 15 Milliarden Dollar schuldet der südamerikanische Staat einer Gruppe Altgläubiger, an deren Spitze Singers Hedge-Fonds NML Capital steht. Da nun nebst Singer aus alle andern ihre Ansprüche geltend machen werden, ist Argentinien pleite.

Der Schock trifft Argentinien in labilem Zustand. Einerseits macht das Land nach Jahren des Wachstums wieder eine ökonomische Schwächephase durch. Andererseits versucht es trotzdem nach Kräften, seinen Verpflichtungen nachzukommen.

@mayday
Das ist tatsächlich eine sinnvolle Forderung über die es nachzudenken gilt. Sie ist aber nicht zu realisieren.
Erstens weil die nie genügend EK haben können und zweitens (das ist der schlimmere Punkt) weil wir ein globales Finanzsystem haben. (Drittens: wie hoch dann die Zinsen sein müssten, damit die gerade mal ihr Fixkosten durch Kapitalbindung decken, mag ich gar nicht erst abschätzen)
Zurück zu Punkt 2:
Du kannst deinen Banken Vorschriften machen, aber nicht den chinesischen, amerikanischen...
Und schon hast du leider nur eines erreicht: die Mayday-Banken können einpacken und die ausländischen treten an deren Stelle und übernehmen das Geschäft.
Das will ich nicht und das willst auch du nicht, da bin ich mir sehr sicher.
Das will nämlich niemand und das ist auch gut so.

Und tatsächlich, Argentinien erholt sich, auch weil die meisten Investoren nicht ganz so abgebrüht agieren wie Singer. 2005 und 2010 einigen sie sich mit der Regierung auf einen sogenannten Schuldenschnitt d.h. die "Papiere" haben weniger wert, die Investoren kriegen nur noch einen drittel der Investitionen zurück...weil Argentinien nicht alles zahlen kann und wer investiert trägt ein Risiko, so sollts auch sein oder etwa nicht? :yes:

Na dass nennt man sich mit den GLäubigern Einigen. Denn vergessen wir nicht den Grundsatz. Verträge sind einzuhalten. Schuldendienst ist auch kein Wünsch dir was.

mayday schrieb:Rund 15 Milliarden Dollar schuldet der südamerikanische Staat einer Gruppe Altgläubiger, an deren Spitze Singers Hedge-Fonds NML Capital steht. Da nun nebst Singer aus alle andern ihre Ansprüche geltend machen werden, ist Argentinien pleite

Jo, und nochmal, meist lief auf den Sekundärhandel. Er hat die Papiere günstig erworben, und die Schulden sind weiterhin gültig.

Frag ich mich warum Argentinien im Zuge seines Schuldenschnitts die Anleihen dann nicht alle Aufgekauft hat.

Dann hätten sie eben nur noch mit den 7% Ärger gehabt.

Aber ansonsten sehe ich da kein Verbrechen. Recht haben heißt eben nicht unbedingt das es nett ist für alle Beteiligten.



man das ist die Anspruchsvollste Seite des ganzen Threads.

lob und Anerkennung

So einfach ist es nicht finde ich. Ja Argentinien hat sich selbst reingerudert. Die schlimme Finanzielle Lage ist eine Folge der ersten Finanzkrise, bei der sie natürlich verantwortlich waren. Seitdem hat das Land aber Schulden zurückbezahlt, die Bevölkerung musste diese Lasten tragen, deswegen geht es ihnen heute nicht gut..nun aber kommt der nächste Hammer. Argentinien hat nicht damit gerechnet bzw. es unterschätzt (das war dumm), dass einige HedgeFonds auf die volle Summe bestehen, keinen Deal eingehen und damit durch kommen.

Wie ich oben erwähnte haben 93% einen Deal gemacht. Rechtlich gesehen haben die 7% ja nun richterlich abgesegnet das Recht auf die volle Höhe. Entschieden vom US Prime Court.

Moralisch betrachtet aber ist es ein Unding, weil es auf Kosten der Bevölkerung geht. Das muss einem bewusst sein; eine erneute Krise in Argentinien kann Unruhen, Proteste, womöglich Aufstände, verletzte und tote bringen, währendem HedgeFonds mit dem Geld Party feiern. Es ist aus meiner Sicht etwas, was nicht passieren darf, vielleicht ein "Systemfehler" in unserer kapitalistischen Welt; wer kann reizt das System aus und richtet grossen Schaden an. Es hat wohl auch mit dem Freiraum zu tun, den sich die Finanzwelt nahm und man ihnen gibt, früher gab es strengere Regeln.

mayday schrieb:Wie ich oben erwähnte haben 93% einen Deal gemacht. Rechtlich gesehen haben die 7% ja nun richterlich abgesegnet das Recht auf die volle Höhe. Entschieden vom US Prime Court.

Die Volle Höhe von den Staatsanleihen in ihrem Besitz.

ich frag mich nur warum beim Schuldenschnitt mit den 93% (Der Besitzer oder der Staatsanleihen?) nicht die Scheine wieder Eigentum des Argentinischen Staats waren.

Also das selbe System angewand hat als wenn eine Firma wieder Aktien vom Markt zurückkauft um nicht die Mehrheit zu verlieren oder zurückzugewinnen.

Die Nachrichtenseite Protagon.gr veröffentlichte einen Artikel von Nikos Dimou, einem der bekanntesten Autoren in Griechenland: "Nach dem Referendum werden wir uns in einem anderen Land wiederfinden. Egal wie es ausgeht. Wenn Syriza gewinnt, wird es ein armes, randständiges Land sein, das zur Dritten - wenn nicht Vierten - Welt gehört. (…) Wenn Syriza verliert, können sie nicht an der Macht bleiben. Eine nationale Einheitsregierung, die das Land rettet, ist nicht vorstellbar - also Neuwahlen. Wer wird für sie bezahlen? Wer wird in der Zwischenzeit die Löhne und Renten auszahlen? Werden Banken weiterexistieren können? (…) Alexis Tsipras hat sich selbst in den Fuß geschossen. (…) Was für eine Erleuchtung dieses Referendum ist! Lose-Lose. Egal wer gewinnt, wir werden alle Verlierer sein."

Weiter Meldungen aus griechischen medien findet ihr in diesem Link.. http://www.spiegel.de/politik/ausland/griechenland-pressestimmen-zur-krise-a-1041034.html#ref=veeseoartikel

@babykecks

Der Text ist schon alt. Aber der IWF ließ heute verlauten, das Griechenland bis 2018 weitere 50 Milliarden Euro benötigt. Habe den Wahrheitsgehalt nicht überprüft.

http://www.liveblog.wirtschaft.t-online.de/Event/Griechenland-Krise_auf_dem_Hohepunkt (Archiv-Version vom 02.07.2015)

Das ganze ist für den Hedge Fonds aber nicht zu ende. Argentinien klagt gegen die Zuständigkeit eines New Yorker Gerichts. Was durchaus nachvollziebar ist, seit wann sind Nationale Gesetzte für internationales Recht bindend?

Im übrigen hatte Argentinien keinen Vertrag mit dem Fonds, sondern dieser hat diesen von einem anderen für einen Spottpreis gekauft.Hohe Rendite, hohes Risiko. Im übrigen würden die selbst bei den 30% nach satte Gewinne erzielen.

@Bauli

kommt schon hin. Wenn wir das Defizit allein Betrachten.

nickellodeon schrieb:Im übrigen hatte Argentinien keinen Vertrag mit dem Fonds, sondern dieser hat diesen von einem anderen für einen Spottpreis gekauft.Hohe Rendite, hohes Risiko. Im übrigen würden die selbst bei den 30% nach satte Gewinne erzielen

Argentinine braucht dafür keinen Vertrag. Der Vertrag basiert auf der Staatsanleihe was sowas wie ein Schuldschein ist. Also inhabergebunden.

@Fedaykin
@Bauli
50 Mrd nur um gerade so über die Runden zu kommen oder um anständig wirtschaften zu können?

PS: Hab den Artikel genauer durchgelesen, 50 Mrd. bei null Reformen ok wer schenkt Griechenland das ? China?

unter den neuen NSA wikileaks dokumenten gibts ja auch was zu Griechenland.

das ist noch interessant:

Discussing the Greek financial crisis with her personal assistant on 11 October, German Chancellor Angela Merkel professed to be at a loss as to which option--another haircut or a transfer union--would be best for addressing the situation.(The term "haircut" refers to the losses that private investors would incur on the current net value of their Greek bond holdings.) Merkel's fear was that Athens would be unable to overcome its problems even with an additional haircut, since it would not be able to handle the remaining debt. Furthermore, she doubted that sending financial experts to Greece would be of much help in bringing the financial system there under control. Within the German cabinet, Finance Minister Wolfgang Schnaeuble alone continued to strongly back another haircut, despite Merkel's efforts to rein him in, while France and European Commission President Jose Manuel Barroso were seen to be in favor of a gentler approach. European Central Bank President Jean-Claude Trichet was solidly opposed, with IMF Managing Director Christine Lagarde described as undecided on the issue. Finally, Merkel believed that action must be taken to enact a Financial Transaction Tax (FTT); doing so next year, she assessed, would be a major step toward achieving some balance in relief for banks. In that regard, the Germans thought that pressure could be brought to bear on the U.S. and British governments to help bring about an FTT.


https://wikileaks.org/nsa-germany/intercepts/

wer ist dieser doofe Schnaeuble?

Juncker teilte der Öffentlichkeit heute weiter mit, das Tsipras die Unterredung (Sparvorgaben) wegen 60 Millionen Euro platzen ließ. Also kann man wohl davon ausgehen, das er (Tsipras) gar keinen Wert auf eine Einigung legte.

Mal gucken, was noch an die Öffentlichkeit lanciert wird.

@Fedaykin

Fedaykin schrieb:ich frag mich nur warum beim Schuldenschnitt mit den 93% (Der Besitzer oder der Staatsanleihen?) nicht die Scheine wieder Eigentum des Argentinischen Staats waren.

97% aller Staatsanleihen gehören nach Schuldenschnitt wieder dem Staat. Es geht nur um die restlichen 7% in Händen verschiedener Investoren, von den 7% gehört auch nur ein Teil dem Hedge Fonds von Paul Singer. Singer alleine soll nun die volle Höhe von 1.5 Milliarden (Zinsen eingerechnet) ausbezahlt bekommen, er war derjenige welcher vor Gericht zog.

Was das Prime Court entschieden hat, gilt aber nun auch für alle anderen, die restlichen 7% Anleihen, in der Summe 15 Milliarden. Das mag uns als wenig erscheinen, aber Argentinien ist kein reiches Land. Die Devisenreserven von Argentinein sollen nur 28 Milliarden betragen. Das Land wird deshalb seit August 2014 von Ratingagenturen als technisch zahlungsunfähiger Pleitefall eingestuft. Argentinien weigert sich derzeit zu zahlen und die USA will Strafen verhängen..die Sache ist also noch immer im Gange.

Stell dir vor es hätte damals keinen Deal gegeben bei den 93%, es ginge um die 100% Anleihen, das Land wäre 100x Pleite, vielleicht für die nächsten 100 Jahre

Ein doch sehr kritischer Artikel bei Nachdenkseiten, 2. Juli 2015 um 17:25 Uhr von Wolfang Lieb
"Chaoten am Werk"


Wer sich ansehen möchte was Varoufakis blogt und Twittert, hier
http://yanisvaroufakis.eu
https://twitter.com/yanisvaroufakis (Archiv-Version vom 02.07.2015)

Da die Banken jetzt doch länger zubleiben sollen, könnte es wie in Zypern laufen: dort hat man einfach die Bankeinlagen für den Schuldendienst genommen - die Leute also frech enteignet (sogenannter Bail-in).
Am Ende wird es auch bei uns so laufen. Ich werde zusehen, dass ich rechtzeitig mein ganzes Geld von der Bank abhebe. Die frechen Herren Banquiers in Nadelstreifen kriegen von mir nix, nada, rien, τίποτα!