Brexit und danach?

Theresa Mayhem ist es gelungen durch ihre Rede zum "britischen Traum" (Spötter nennen es einen Alptraum) die Partei hinter sich zu vereinen. Hat es tiefenpsychologische Gründe, dass ihre Ausführungen zur rosigen Lage der britischen Wirtschaft in den letzten Zügen lag? Hat sie sich etwas dabei gedacht, als sie das ihr überreichte P45 (Entlassungsschreiben) vom Boden aufhob? Hat ihr jemand einen Streich gespielt, als sie oder er den Klebstoff für den Parteislogan auswählte?

https://www.youtube.com/watch?v=x0SpyuBiozs

Trotz des Auftritts rät der BDI deutschen Unternehmen im UK sich auf einen "sehr harten Brexit" einzustellen. Alles andere wäre naiv. Die britische Regierung rede viel, habe aber kein klares Konzept.

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/bdi-warnt-deutsche-firmen-vor-sehr-hartem-brexit-a-1171326.html

Am 11. Dezember gibt es eine parlamentarische Diskussion zur Petition über ein zweites Referendum:

https://petition.parliament.uk/petitions/200004

Auch die 5. Verhandlungsrunde verläuft ergebnislos, war auch kaum anders zu erwarten. Auf dem Gipfeltreffen im Oktober wird es zu keiner Einigung mehr kommen. Besonders bei der Austrittssumme kommt man nicht weiter. Das UK erwägt sogar, dem nordamerikanischen NAFTA beizutreten. Damit würde der EU-Markt wegfallen.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/brexit-verhandlungen-verfehlen-erstes-etappenziel-a-1172600.html

Und was kommt jetzt? Wird das UK doch noch "einknicken" oder kommt es zum ungeordneten Austritt? Gibt es dann einen langen Rechtsstreit um die finanziellen Verpflichtungen?

Eine neue, repräsentative Meinungsumfrage von YouGov/The Times zeigt den bislang größten Meinungsumschwung beim Brexit. 47% halten den Brexit für eine schlechte Entscheidung, 42% für eine gute. Von den Leavers haben mittlerweile 7% ihre Meinung geändert bzw. 14%, wenn man die Unentschlossenen dazuzählt. Bei Frauen ist der Widerstand gegen den Brexit besonders hoch.

Sieht eher aus wie ein Termin beim Zahnarzt, als bei einer Verhandlungsrunde in Brüssel (statement necklace und Blazer Stil weiße Unschuld).



Schumodisch gibt sie sich mit kitten heels im Leopardenmuster (kniefrei) aber weiterhin kämpferisch

Geschichte wiederholt sich. War es im Vorfeld des Wahlkampfes noch zu einem Leak an die FAZ gekommen, bekannt als "das desaströse Brexit-Dinner", so waren beim Dinner letzte Woche zwischen May und Juncker die Vorzeichen etwas anders. Wieder sind aber Details an die FAZ geleaked, wieder wird Markus Selmayr beschuldigt, die Presse informiert zu haben, der das aber abstreitet. Die FAZ schildert May als geknickte Frau:

May trumpfte nicht auf, sie flehte um Hilfe. Sie redete darüber, welches Risiko sie eingegangen war, als sie kürzlich den harten Brexit-Kurs aufgegeben und um eine Übergangsphase von zwei Jahren gebeten hatte, in der alles beim Alten bleiben soll. Sie erinnerte daran, dass sie sich auch beim heiklen Thema Finanzen bewegt hatte. Und sie ließ durchblicken, dass ihr daheim Freund und Feind im Nacken sitzen und nur darauf lauern, sie zu stürzen. Sie habe keinen Spielraum mehr, sagte May, die Europäer müssten ihn für sie schaffen.

Ängstlich erschien Theresa May dem Kommissionspräsidenten, verzagt und mutlos. Eine Frau, die kaum noch jemandem traut, aber auch nicht zu einem Befreiungsschlag bereit ist. Mays Mimik und ihr Auftreten sprachen Bände. So beschrieb Juncker es später seinen Kollegen. Jeder kann das sehen: Die Premierministerin ist gezeichnet vom Kampf mit ihrer eigenen Partei. Unter den Augen trägt sie tiefe Ringe. Sie sieht aus wie jemand, der nächtelang keinen Schlaf findet.

http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/brexit-verhandlungen-ohne-qualen-geht-es-nicht-15257859.html

Interessanter Bericht über Leaks im Guardian, wonach auf dem letzten EU-Gipfel eigentlich eine Schlussformel gefunden werden sollte, wonach die britischen Vorschläge zur Übergangsphase und späterem Vertrag berücksichtigt werden sollen. Der Plan wurde in die Ablage gelegt, weil May mit ihrer divide et impera-Taktik unangenehm aufgestoßen ist, sie hat mit mehreren Regierungschefs separat verhandelt, darunter Merkel und Macron und dem irischen Premierminister Varadkar. Das Verhalten soll weder belohnt noch publizistisch ausgeschlachtet werden:

https://www.theguardian.com/politics/2017/oct/29/uks-pre-summit-push-to-divide-and-rule-eu-27-impeded-brexit-talks

Ein Brexit-Minister bekommt eine Untersuchung, weil er seine Sekretärin beauftragt hat, ihm zwei Vibratoren (warum zwei?) aus einem Sexshop in Soho zu besorgen. Außerdem gab es eine unflätige Bemerkung:

http://www.telegraph.co.uk/news/2017/10/29/brexit-minister-sent-assistant-buy-sex-toys-will-investigated/

Nach der neuesten Meinungsumfrage gab es einen dramatischen Rückgang bei Remain Voters, die nach dem Referendum der Meinung waren, zwar sei die Entscheidung falsch, aber das Resultat müsse respektiert werden. Im Juni waren es noch 51%, jetzt sind es nur noch 28% ("eventually there could be a majority that want to stop Brexit.")

Insgesamt meinen 40% Brexit soll so weitergehen wie bisher, 12% wollen eine softere Version, 32% wollen die Entscheidung rückgängig machen, 16% sind unentschlossen (das ist unabhängig davon, ob Brexit als gute oder schlechte Entscheidung gilt, die Mehrheit glaubt mittlerweile, die Entscheidung war falsch).

https://yougov.co.uk/news/2017/10/27/there-has-been-shift-against-brexit-public-still-t/

Im heutigen Torygraph verteidigt Nigel Fararsch in der Leitkolumne die Aufforderung eines Tory-MPs an alle Universitäten des Landes, die Namen von Dozenten zu veröffentlichen, die über den Brexit unterrichten, einschließlich detaillierter Angaben zum Inhalt der akademischen Lehre: der Einfluss der EU auf britische Universitäten müsse ausgerottet werden.

http://www.telegraph.co.uk/news/2017/10/31/eu-has-infiltrated-universities-must-fight-back-against-propaganda/

Die Tory-Regierung hat eine weitere Niederlage erlitten und muss jetzt unter dem freedom of information act die 58 streng geheimen Regierungsstudien zu den Auswirkungen des Brexit auf verschiedene Sektoren der Wirtschaft veröffentlichen. Die Regierung prüft noch, wann und in welcher Form die Studien veröffentlicht werden können. Ihre Begründung für die Zurückhaltung ist der erwartete negative Einfluss auf die Verhandlungen, Kritiker sagen, die Bevölkerung könnte durch die Studien verunsichert werden.

https://www.theguardian.com/politics/2017/nov/02/brexit-impact-documents-david-davis-start-talks-handover

Boris Johnson, der gerade auf diesem Bild als Konvaleszent eines Kokain-Binges erscheint...



...wird vom FBI wegen weiterer Hinweise auf Kollaboration mit Russland untersucht.

https://www.theguardian.com/politics/2017/nov/04/boris-johnson-brexit-russia-trump

Boris Johnson ist so ein Depp ...

Eine mit einem Briten verheiratete Iranerin sitzt nach einem Verwandten-Besuch im Iran im Gefängnis. Ihr wird Spionage und Propaganda gegen die Regierung vorgeworfen ...
Und dieser Außen-Chaot bestätigt das auch noch indirekt, obwohl die Fakten eher dagegen sprechen ... Er sagte, dass sie Journalistin gewesen wäre, dabei hat sie nur in der Verwaltung einer Stiftung eines Medienunternehmens gearbeitet ...
Jetzt droht ein neues Gerichtsverfahren und Haftverlängerung ...
http://derstandard.at/2000067359024/Kritik-an-Johnson-wegen-Aeusserung-ueber-inhaftierte-Britin-im-Iran

BoJo hat auch Schwierigkeiten damit, die Vaterschaften von Kindern aus Ex-Affairen anzuerkennen

http://www.dailymail.co.uk/femail/article-1327301/Helen-Macintyre-The-woman-gave-birth-Boris-Johnsons-baby.html

Mittlerweile gibt es innerhalb einer Woche zwei weitere Rücktritte im Kabinett: Verteidigungsminister Michael Fallon (sexuelle Belästigung) und die Ministerin für internationale Entwicklung, Priti Patel (unabgesprochene Gespräche mit Israel)

http://www.spiegel.de/politik/ausland/grossbritannien-ministerin-priti-patel-tritt-zurueck-a-1177113.html

Die Mail on Sunday hat eine eigene Redaktion und steht dem Gesamtbild der Schwesterzeitung Daily Mail diametral gegenüber:



http://www.dailymail.co.uk/debate/article-5073913/DAN-HODGES-blame-spiral-Brexit-abyss.html

Auf diesem Bild (Master of Puppets) legen die Augen wiederum einen eher erhöhten Serotonin/Dopamin-Spiegel nahe. Die Mundstellung passt dazu.

Verdeutlicht werden soll, dass May derzeit so geschwächt ist, dass ihre Position davon abhängt, gegenüber dem Parlament, das unbedingt die Brexit-Geschicke des Landes mitbestimmen will, die Will of the People-Karte zu spielen (obwohl die Meinung sich mittlerweile zu Ungunsten des Brexit verschoben hat).

Und dieser Außen-Chaot bestätigt das auch noch indirekt, obwohl die Fakten eher dagegen sprechen ... Er sagte, dass sie Journalistin gewesen wäre, dabei hat sie nur in der Verwaltung einer Stiftung eines Medienunternehmens gearbeitet ...

Das Beispiel ist auch eines in einer Liste von Jeremy Corbyn, mit dem er in einem offenen Brief Theresa Mahem dazu drängen will, endlich BoJo zu entlassen.

Weitere Beispiele aus seiner Amtszeit als Außenminster:

- rassistische Bemerkungen: BoJo meint, Barack Obama sei als "Halb-Kenyaner" anti-Britisch, verwendet rassistische Schimpfwörter
- macht Witze über Bürgerkriegsopfer in Libyen
- möchte über indische Whiskey-Zölle in einem Sikh-Tempel diskutieren, rezitiert britisches Kolonialgedicht in einem buddhistischen Tempel

https://www.theguardian.com/commentisfree/2017/nov/11/jeremy-corbyn-boris-johnson-iran

Dennoch setzt sich die BoJo/Gove-Linie durch. Davis hat es im Sky-Interview abgelehnt, der von Barnier gesetzten 2-Wochen-Frist nachzukommen, um sich auf eine Austrittssumme zu einigen, was zur Verhinderung eines Brexits ohne Einigung und Rahmewerk für zukünftigen Handel notwendig ist. Davis sieht die Frist bis direkt vor dem EU-Gipfel im Dezember verlängert und möchte auch dann auf keinen Fall eine konkrete Zahl oder Formel nennen. Man brauche mehr Zeit, um die Frage zu beantworten.

http://www.independent.co.uk/news/uk/politics/brexit-latest-david-davis-two-week-deadline-divorce-bill-michel-barnier-eu-a8050721.html

Auf der anderen Seite ruft Barnier betroffene Firmen dazu auf, sich auf ein Scheitern der Verhandlungen einzustellen, auch die EU tue das.

Préparons-nous à une absence d’accord

("Wir sollten uns auf ein Scheitern einstellen")

Chacun doit s’y préparer, États comme entreprises - nous-mêmes, nous y préparons techniquement. Le 29 mars 2019, le Royaume-Uni deviendra un État tiers

("Jeder einzelne sollte sich vorbereiten. Staaten wie Firmen - auch wir selbst, wir bereiten uns technisch vor. Am 29 März 2019, wird das Vereinigte Königreich ein Drittstaat sein.")

http://www.lejdd.fr/international/ue/michel-barnier-sur-le-brexit-chacun-doit-se-preparer-a-une-absence-daccord-3489740 (Archiv-Version vom 12.11.2017)

Wir erinneren uns, dass vor etwa einem Jahr die Namen von Richtern, die dem Einspruch auf Parlamentsmitentscheidung Recht gaben, in Zeitungen als "enemies of the people" gebrandmarkt wurden.

Jetzt passiert das gleiche mit Tory-Abgeordneten, die zwar nicht gegen den Brexit sind, aber sich nicht auf ein ganz konkretes Austrittsdatum festnageln lassen wollen. Der Daily Telegraph veröffentlicht deren Fotos und nennt sie "Meuterer".



Die Betreffenden erhalten daher auf sozialen Netzwerken Drohungen und sollen so in den Gehorsam gezwungen werden.

Eine niederländische Bank hat jetzt eine neue Prognose für die wirtschaftlichen Aussichten des Brexits vorgestellt: Bei einem Brexit ohne Deal könnten die Niederlande bis 2030 4.25% ihres BIP verlieren, das UK würde im gleichen Zeitraum bis zu 18% verlieren. Für einen niederländischen Arbeiternehmer würde dies einer Jahresgehaltseinbuße von 4.000 Euro entsprechen, bei dem britischen Arbeitnehmer umgerechnet 13.500 Euro.

https://uk.reuters.com/article/uk-britain-eu-rabobank/hard-brexit-seen-dire-for-dutch-but-far-worse-for-brits-rabobank-idUKKBN1CH0WE

Facebook hat jetzt eingestanden, dass es im Vorlauf zum Referendum von Fake News aus Russland heimgesucht wurde. Von Twitter war das schon länger bekannt.

http://www.dailymail.co.uk/news/article-5096849/Facebook-admits-targeted-Russian-trolls.html

Außerdem berichten verschiedene Zeitungen (nicht nur die Daily Mail), dass ein Durchbruch bei den finanziellen Verhandlungen bevorstehen könnte, die Hoffnung ist weiterhin, dass die Verhandlungen schon im Dezember in die nächste Runde gehen könten.

http://www.dailymail.co.uk/news/article-5097277/Hammond-hints-BREAKTHROUGH-Brexit-talks.html

Gegenwind kommt aber aus bekannter Richtung, den Koksnasen





Sie intrigieren gegen David Davis, indem sie hinter dessen Rücken einen geheimen Brief an May schreiben. Darin fordern sie auf, die Gespräche scheitern zu lassen und das UK nach dem Vorbild von Singapur in einen deregulierten Hafen für Steuerflüchtlinge zu verwandeln, in dem Arbeitnehmerrechte weitgehend abgeschafft sind. Unterstützung bekommen sie von dem Telegraph-Journalisten Charles Moore, der Davis Trinkprobleme vorwirft.

http://www.dailymail.co.uk/news/article-5096569/David-Davis-brink-resigning.html

PS: Der Vorwurf der Trinkprobleme gegen Davis ergibt sich für den Telegraph wohl daraus, dass dieser zu oft an EU-Arbeitsessen teilnimmt.

It is time to get annoyed with Mr Davis. For ages now, he has been flying from meeting to meeting, speaking at dinner after dinner, staying late at party after party, encouraging his bonhomous reassurance to be favourably contrasted with Mrs May’s anxious gloom.