Brexit und danach?

Tory-Rebellen drohen damit, dass Kabinett May zu stürzen und es mit einem Kabinett der drei Brexiteers, BoJo, Gove und Rees-Mogg, dem Ultrakonservativen mit seltsamen Ansichten und shit-stirrer, zu ersetzen, sollte die Regierung in irgendeiner Form planen, in der Zollunion der EU zu verbleiben, wie es derzeit den Anschein hat.

http://www.dailymail.co.uk/news/article-5349083/May-faces-coup-shes-replaced-Brexit-dream-team.html

Als Reaktion auf die Drohungen schließt Maybot einen Verbleib in der Zollunion nun doch wieder aus. Der Pfundkurs bricht ein, der britische Aktienindex FTSE 100 verliert 108 Punkte, was 27 Mrd Pfund entspricht.

https://www.express.co.uk/finance/city/914535/Pound-sterling-live-latest-FX-currencies-markets-brexit-theresa-may-EU
https://www.express.co.uk/finance/city/914784/ftse-100-index-latest-uk-stock-market-dow-jones-futures-points-us-nasdaq

Was die Briten da getrieben hat, verstehe ich immer noch nicht. UK ist aktuell das perfekt Beispiel um zu zeigen, wie sich durch Populismus ein
ganzes Land sehenendes Auges gegen die Wand fährt.

Da wollten die Brexitiers das angebliche gesparte Geld für die EU in den NHS stecken und nun fehlen durch den Brexit das Personal, was in der Konsequenz dazu führt, das der NHS kurz vor dem totalen Kollaps steht.
Das politische System ist meiner Meinung nach auch mittlerweise am Ende.

Man darf gespannt sein, was aus UK wird...

@bo

Das größte Problem wird sein, dass durch den Brexit bis zu 10% öffentlicher Einnahmen verloren gehen könnten, das würde natürlich auch den NHS treffen.

Nach Guardian-Informationen soll zudem die EU die Möglichkeit haben, nach eigenem Ermessen während der Übergangsphase wirtschaftliche Sanktionen gegenüber dem UK zu beschließen, ohne hierfür an den EuGH herantreten zu müssen.

Brussels will have the power to punish the UK at will during the Brexit transition period by closing off parts of the single market to British companies, according to a leaked legal document drawn up by the EU.

https://www.theguardian.com/politics/2018/feb/06/brexit-eu-power-punish-uk-transition-period-sanctions

Das UK wird nur auf ausdrücklichen Wunsch der EU für bestimmte Beschlüsse zur Entscheidungsfindung herangezogen, auch dann müssen die britischen Vertreter für die Beschlüsse selbst den Raum verlassen.

Dazu gehören auch Fischereirechte in britischen Gewässern.

Den Vertretern eines heroischen Brexits mit alter britischer Größte wird das nicht schmecken.

Nigel Fararsch vergleicht das EU-Angebot zur Übergangsregelung mit dem von Nazi-Deutschland eingesetzten Vichy-Regime im besetzten Frankreich.

https://twitter.com/Nigel_Farage/status/961176407329071105 (Archiv-Version vom 22.05.2019)

bo schrieb:Was die Briten da getrieben hat, verstehe ich immer noch nicht. UK ist aktuell das perfekt Beispiel um zu zeigen, wie sich durch Populismus ein
ganzes Land sehenendes Auges gegen die Wand fährt.

Ich frage mich immer, was ist, wenn die Briten doch recht gehabt haben, angesichts der Probleme, die noch auf uns zurollen? Es muss nicht jetzt sein, nicht in fünf Jahren, aber später. Die Briten haben eine bessere Infrastruktur als manch ein europäisches Land, während der Mitgliedschaft in der europäischen Union. Von den Briten denke ich, die schaffen es. Von manch einem EU-Land weiss ich, die wollen es ohne Transferleistungen nicht schaffen.

@Bauli

Die Infrastruktur wurde seit der Kolonialzeit eigentlich nicht mehr erneuert. Man merkt es an den Straßen.

Schon die Beatles sangen:

Four thousand holes in Blackburn, Lancashire
And though the holes were rather small
They had to count them all
Now they know how many holes it takes to fill the Albert Hall.

Neues Brexit impact assessment der britischen Regierung an die Presse geleaked:

A no-deal Brexit would blow an £80bn hole in the public finances, with the leave-voting heartlands of the north-east and West Midlands worst affected, according to new detail from the government’s own secret economic analysis.

The Guardian has learned that the secret papers, which assess the economic impact of leaving the bloc, predict that if there is no deal, the government will need to borrow £120bn more over the next 15 years.

The report suggests that the north-east would face a 16% hit to regional economic growth, and the West Midlands 13%. And it claims that a hard Brexit would mean an overall 21% rise in retail prices, with a 17% rise in food and drink costs.

https://www.theguardian.com/politics/2018/feb/07/brexit-north-east-west-midlands-hardest-secret-analysis

Ob man unter diesen Umständen das EU-Angebot ausschlagen kann?

Jacob Ress-Mogg, der als Katholik (sein sechster Sohn heißt Sixtus) keine Kondome benutzt, möchte zwar Theresa May wegen ihrer soften Linie stürzen, sieht sich wegen seiner vielen Kinder aber außerstande, die Macht zu übernehmen. Hier im Gespräch mit seinem 1-jährigen fünften Kind:

https://www.youtube.com/watch?v=i-38E2t7sLc (Video: Jacob Rees-Mogg's Son Says "Brexit")

Anaximander schrieb:Die Infrastruktur wurde seit der Kolonialzeit eigentlich nicht mehr erneuert. Man merkt es an den Straßen.

Ich kann nur vom Raum Bournemouth/Verwood von und nach London mit Autobahnn sprechen und da sieht es sehr sehr fortschrittlich aus, besser als in NRW. Ich glaube das ist die M25

@Bauli

Wurde die M25 denn nicht aus EU-Mitteln mitfanziert?

http://www.eib.org/infocentre/press/releases/all/2009/2009-088-eib-supports-m25-widening-project-with-gbp-400m-loan.htm

Das spricht jetzt nicht gerade dafür, dass es ohne die EU besser geht. Die normalen Straßen (in der Stadt) sind voller Löcher. Es ist fast egal wo das ist, allenfalls London ist etwas besser.

Anaximander schrieb:Wurde die M25 denn nicht aus EU-Mitteln mitfanziert?

Soweit ich wei nicht, denn Cameron hat mit der Straßensanierung angefangen und wegen der Bankenkrise zurückgestellt. Als dann wieder mehr Geld in den englischen Töpfen war, hat Osborne wieder Gelder freigegeben.

Anaximander schrieb:Es ist fast egal wo das ist, allenfalls London ist etwas besser.

Wenn Du das so siehst, ist es auch ok.

@Bauli

Die Bankenkrise war unter Gordon Brown.

Der Ausbau der M25 erfolgte dann wahrscheinlich durch Boris Johnson anläßlich der bevorstehenden Olympischen Spiele, allerdings ist das UK danach erstmal wieder in die Rezession gerutscht.

Einfach nur nein. Die Britische Infrastruktur ist nur besser als die von einigen der kleineren und ärmeren Ländern.
Zerfallende Straßen, zu kleine Frachthäfen, überladene Bahnhöfe und Flughäfen. Da sind selbst mit allen Pleitenprojekten Deutschland und Frankreich besser aufgestellt, sogar Länder wie Spanien und Italien. Der Brexit wird die Lage sicher nicht verbessern.

Und ja, die EU hat den M25 Ausbau durch die EIB-Gruppe mitfinanziert.

Nigel, "der Führer" (s.u.), macht für die unzureichende Infrastruktur und verstopften Straßen die EU verantwortlich: wenn man die Ausländer rausschmeiße, brauche er nicht mehr zu spät zu den ausländerfeindlichen Veranstaltungen von UKIP zu kommen.

The Ukip leader, Nigel Farage, has blamed his late arrival at an event on immigration. He was due to appear at a “meet the leader” drinks reception as Ukip prepared to host its first Welsh conference. But he was running more than two hours late and failed to show.

“It took me six hours and 15 minutes in the car to get here. It should have taken three and a half to four,” he later said. “That has nothing to do with professionalism. What is does have to do with is a country in which the population is going through the roof, chiefly because of open-door immigration, and the fact the M4 is not as navigable as it used to be.

https://www.theguardian.com/politics/2014/dec/07/nigel-farage-blames-immigration-m4-traffic-ukip-reception

Die EU verlangt, dass Nordirland nach Ablauf der Übergangsperiode im Gemeinsamen Markt und in der Zollunion verbleibt, sonst gibt es keinen Deal:

UK negotiators have been warned that the EU draft withdrawal agreement will stipulate that Northern Ireland will, in effect, remain in the customs union and single market after Brexit to avoid a hard border.

Insbesondere sei die Gefahr terroristischer Anschläge auf Grenzbeamte zu groß.

https://www.theguardian.com/uk-news/2018/feb/09/northern-ireland-will-stay-in-single-market-after-brexit-eu-says

Dies hat nun Auswirkungen auf das UK in seiner Gesamtheit, da die DUP jede Handelsbeschränkung mit Great Britain oder jeden Sonderstatus ablehnt. Außerdem würden Schottland, London usw. den gleichen Sonderstatus verlangen.

Nicola Sturgeon fordert sogleich das gleiche Privileg, wie Nordirland:

Original anzeigen (0,3 MB)

Somit ergibt sich wieder, dass Schottland genau das will, was Nordirland nicht will, aber bekommen soll.

Eine sich automatisch ergebende Politik des divide et impera.

Wohin wird es führen: Brexit ohne Deal, weil die Bedingungen unannehmbar sind? Oder doch das UK als Vasallenstaat der EU?

Vltor schrieb:Und ja, die EU hat den M25 Ausbau durch die EIB-Gruppe mitfinanziert.

Mit den Geldern, die England vorher nach Brüssel geschickt hat.

Hinkle Point wurde massiv von Brüssel unterstützt. Allerdings müssen die Gelder anteilig zurückbezahlt werden.

Wenn der Brexit ohne Deal kommt, muss sich das UK überlegen, wo man die 10% Verlust an öffentlichen Einnahmen einsparen will. Die Beiträge an die EU (ca. 1% der Steuereinnahmen) sind dabei bereits eingerechnet. Mit einer Steuersparpartei wie den Tories wird nicht viel für Straßenerweiterungen übrig bleiben.

Die Rechnung sollte mittlerweile klar sein.

Im Jahre 2017 fehlten bereits über 4000 Saisonarbeiter, die von der xenophobischen Stimmung abgeschreckt sind. Als Folge sind Früchte auf dem Feld verrottet.

Fruit and vegetable farms across the UK were left short of thousands of migrant workers in 2017, leaving some produce to rot in the fields and farmers suffering big losses.

More than 4,300 vacancies went unfilled, according to new survey data from the National Farmers Union (NFU), which covers about half the horticultural labour market. The survey, seen exclusively by the Guardian, shows more than 99% of the seasonal workers recruited came from eastern Europe, with just 0.6% from the UK.

Since the vote to leave the European Union in 2016, growers have warned repeatedly of damaging labour shortages, with recruiters reporting that Brexit has created the perception among foreign workers that the UK is xenophobic and racist.

Für 2018 gehen britische Bauern davon aus, dass sich die Krise weiter verschärfen wird.

https://www.theguardian.com/environment/2018/feb/09/lack-of-migrant-workers-left-food-rotting-in-uk-fields-last-year-data-reveals