Brexit und danach?

Wie sieht der weitere Fahrplan aus?

Am 28.-29. Juni findet der nächste EU-Gipfel statt. Bis dahin sollte die Nordirland-Frage eigentlich geklärt sein.

Das UK wollte daher das white paper mit Vorschlägen für die künftigen Beziehungen zur EU vor diesem Termin veröffentlicht haben. Jetzt ist es aber erst für den Juli angekündigt. Der Grund hierfür seien interne Streitigkeiten im Kabinett. Dieses soll jedenfalls "ambitioniert" sein. Man darf prognostizieren, dass die unterschiedlichen Lager (Hammond/Johnson) wieder ihre Ideen einbringen werden. Damit es überhaupt zu einer Verabschiedung kommt, wird Theresa May eine Symbiose erarbeiten, die sehr viel Kuchen und sehr viel essen enthält. Danach der übliche vernichtende Dreizeiler von Barnier auf Twitter und eine sarkastische Pressekonferenz.

Am 18.-19. Oktober findet dann der nächste EU-Gipfel statt. Hier soll der Brexit-Deal, sofern es einen gibt, finalisiert werden.

Weitere EU-Gipfel finden noch am 13.-14. Dezember sowie am 21.-22. März 2019 statt.

http://www.consilium.europa.eu/en/meetings/calendar/?filters=2031

Wie wird es enden? Am 14. Dezember legt die EU der britischen Delegation einen unterschriftsreifen Vertrag vor, den diese kaum versteht? Wird sie unterschreiben oder es lassen?

Da sich die britische Regierung ja nicht mal intern einigen kann auf einen vernünftigen, auch für die EU akzeptablen Vorschlag, ist Dein Szenario durchaus denkbar .

Derweil gibt es neue Leaks von Dokumenten, welche eine enge, auch finanzielle Kollaboration zwischen Aaron Banks, Finanzier von Nigel Fararschs Leave.Eu, und der Russischen Regierung nahelegen. Dabei soll um eine günstige Gelegenheit für den Ankauf russischer Goldminen gegangen sein:

The communications suggest:

• Multiple meetings between the leaders of Leave.EU and high-ranking Russian officials, from November 2015 to 2017.

• Two meetings in the week Leave.EU launched its official campaign.

• An introduction to a Russian businessman, by the Russian ambassador, the day after Leave.EU launched its campaign, who reportedly offered Banks a multibillion dollar opportunity to buy Russian goldmines.

• A trip to Moscow in February 2016 to meet key partners and financiers behind a gold project, including a Russian bank.

• Continued extensive contact in the run-up to the US election when Banks, his business partner and Leave.EU spokesman Andy Wigmore, and Nigel Farage campaigned in the US to support Donald Trump’s candidacy.

Bislang hatte Aaron Banks (Mitte) lediglich ausgesagt, dass seine einzige Connection zu Putin in einem "versoffenen Mittagessen" in der russischen Botschaft bestand.

Original anzeigen (0,3 MB)

https://www.theguardian.com/politics/2018/jun/09/arron-banks-russia-brexit-meeting

Irland/die EU kann die Nordirland-Frage doch eigentlich ganz gelassen angehen. Einer neuen Umfrage vom Juni zufolge gibt es erstmals eine reelle Chance, dass Nordirland in einem Referendum für die Wiedervereinigung stimmen könnte, zahlreiche Wahlberechtigte haben sich durch den Brexit umentschieden, selbst unter den Protestanten gibt es mittlerweile einige, die dafür wären:

Over a quarter of people in the six counties say they have changed their mind since the Brexit vote and now support a united Ireland – bringing polling for a referendum to 45 per cent staying in the UK and 42 per cent leaving it, with 13 per cent undecided.

https://www.independent.co.uk/news/uk/politics/brexit-united-ireland-referendum-northern-border-uk-yougov-poll-a8389086.html

Ein harter Brexit mit harter Grenze, bei dem noch nicht mal die Versorgung durch Strom durch Notfallgeneratoren gesichert ist, wird sicherlich noch einmal zu einem weiteren Umdenken führen. Schließlich haben sich die Voraussetzungen fundamental geändert, so dass es völlig undemokratisch wäre, ein Referendum zu verweigern. Dies müssen auch Brexiters verstehen.

Irland könnte somit in den nächsten Jahren sein Staatsgebiet deutlich erweitern, denn die Mehrheit der Iren ist für die Wiedervereinigung. Anschließend können dann Irland und die EU mit dem Rest-UK problemlos neue Verträge abschließen, insbesondere ein Freihandelsabkommen für industrielle Güter, um den Absatzmarkt zu erhalten.

Dann hätte Theresa May auf ganzer Linie versagt, denn sie hatte den Auftrag zur Wahrung der Einheit direkt von der Queen. Insbesondere auch Schottland wird auf einem neuen Referendum bestehen.

Aaron Banks muss sich jetzt einer parlamentarischen Untersuchungskomission stellen, bei der es um die Frage geht, ob er Geld, das er von Russland/Putin bekommen hat, in Leave.EU/Cambridge Analytica investiert hat.

The millionaire Brexit backer who co-founded Leave.EU will be questioned in Parliament over his contacts with Russian officials, following the news that he repeatedly met the Russian ambassador.

MPs want to know whether Arron Banks profited from the meetings and whether he used the money to fund his campaigns.

Mr Banks was one of Ukip's biggest donors before the 2015 election, and has reportedly given £8.1 million to Leave.EU, the unofficial Brexit campaign group.

https://www.telegraph.co.uk/politics/2018/06/10/leaveeu-co-founder-grilled-mps-contacts-russian-officials/

Hab ich gar nicht so mitbekommen.
Ne ernste Sache?p

Die Nachricht zirkuliert erst seit ein paar Stunden in den britischen Nachrichten, daher ist es schwer einzuschätzen. Im Kern geht es um Vorwürfe von Landesverrat, wobei Trump natürlich auch involviert ist. Einige Parlamentarier fordern auch eine polizeiliche Untersuchung durch Scotland Yard, auch Theresa May scheint das zu unterstützen, wie sie auf dem G7-Gipfel sagte.

https://www.theguardian.com/politics/2018/jun/10/arron-banks-mps-call-for-police-investigate-russia-links

Das Referendum würde dadurch nicht ungültig, man fragt sich aber schon, ob der Brexit im besten Interesse des Landes ist. Sogar die EU-kritischen Zeitungen berichten darüber.

Die Kreml-Connection des Brexit-Sponsors
Arron Banks hat die Brexit-Kampagne mit Millionen finanziert. Neue Enthüllungen zeigen, wie er von Russlands Botschafter mit Wodka und russischen Goldminen geködert wurde.

...

Banks soll den Botschafter auch zur Brexit-Feier nach dem Referendum eingeladen haben. Besonders pikant: Den Kontakt soll ein mutmaßlicher russischer Geheimdienstmitarbeiter hergestellt haben, der nach dem Mordanschlag auf Sergej Skripal und dessen Tochter in Salisbury kürzlich ausgewiesen worden war.

http://www.handelsblatt.com/politik/international/grossbritannien-die-kreml-connection-des-brexit-sponsors/22668852.html?ticket=ST-1431847-vV2KKdrBHQCIrAKMMk2E-ap2

Was für ein Sumpf..
Da bin ich auf die Reaktionen gespannt.
Wie kann man unter diesen Umständen noch von einer fairen Abstimmung ausgehen, sollte sich sowas bewahrheiten?

@sigbert

Es ist nicht verboten, in einem fremden Land politische Kräfte zu unterstützen, soweit ich weiß.
Die Abstimmung ist so oder so fix. Kann aber ja durchaus, wenn der willen da ist, noch gekippt werden.

Die Mehrheit war hauchdünn, hinzu kamen sintflutartige Regenfälle in London, die eine Reihe von Remain-Wählern die Abstimmung verwehrt haben.

Wenn nur ca. 100.000 Wahlberechtigte durch fake news beeinflusst wurden, hat dies den Ausschlag gegeben.

Strafrechtlich relevant könnten die Herkunft der Spendengelder sein oder deren falsche Deklaration. Bereits zuvor waren illegale Spendenpraktiken mit Bezug auf Cambridge Analytica aufgedeckt worden. Da Cambridge Analytica von Kanada aus agierte, ist die Firma selbst nicht von britischem Recht betroffen.

Selbst wenn Köpfe rollen, wäre das allerdings zunächst mal kein Grund, das Ergebnis als solches anzuzweifeln.

Es wäre allerdings immerhin eine Möglichkeit, den Brexit zu stoppen ohne das Gesicht zu verlieren.

Leave.Eu hat sowohl Zuckerbrot...

LEAVE EU The Benefits

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als auch Peitsche benutzt.

https://www.youtube.com/watch?v=A8su2vCq950 (Video: Paving The Road From Ankara)

Ein Viertel (25% bzw. 4,3 Mio) der Brexit-Wähler sind der Ansicht, sie wurden von der Kampagne hinters Licht geführt.

https://www.businessinsider.de/one-in-four-brexit-voters-believe-they-were-misled-by-the-leave-campaign-2017-8?r=UK&IR=T (Archiv-Version vom 22.08.2017)

Anaximander schrieb:Neue Enthüllungen zeigen, wie er von Russlands Botschafter mit Wodka und russischen Goldminen geködert wurde.

Zusammenfassend kann man sagen: der Brexit war eine Schnapsidee.

Wohl wahr. Und der Kater wird fürchterlich :D

Jaguar Land Rover (eine urbritische Firma, die aber mittlerweile indische Eigentümer hat) verlegt wegen des Brexit die Produktion des Discovery SUV Modells von Birmingham in die Slowakei. Stellenverluste werden auf ein- bis zweitausend geschätzt.

https://www.bbc.com/news/business-44438846

Anaximander schrieb:verlegt wegen des Brexit

Ich mag mich irren, aber sagt der folgende Satz aus deinem Link nicht das Gegenteil?

Company insiders say Brexit was not a factor - and added that most of the new Range Rovers built in Solihull will be exported to non-EU countries anyway.

Hervorhebung durch mich.

@Hawkster

Die BBC hat in der Vergangenheit Ärger bekommen, wenn sie die Folgen des Brexit "einseitig" darstelle.

Aus diesem Grund ist sie praktisch verpflichtet, Stimmen zu benennen, die sagen, der Brexit sei nicht schuld, wenn sie irgendwo schreibt, der Brexit ist schuld.

So auch hier:

Steve McCabe, business expert at Birmingham City University, said ... "Every day we seem to hear more about job losses and closures and as Brexit moves closer and closer in the horizon, it'll be even more difficult to predict where we will be in a year's time," he added.

JLR's latest annual results revealed that in the year to 31 March its pre-tax profits fell to £1.5bn, down from £1.6bn the previous year, because of slower sales growth and rising business investment.

And while overall annual sales grew 1.7%, helped by strong demand in China, UK sales fell by 12.8%, and European sales also declined.

The company blamed the sharp fall in UK sales on "consumer uncertainty surrounding diesel models, Brexit and vehicle taxation".

Das ist ziemlich eindeutig: JRL hat bereits zuvor Teile der Stellenstreichungen angekündigt, und dies mit dem Brexit begründet (offiziell müssen noch weitere Faktoren benannt werden, die Vorbehalte gegen Diesel sind aber nicht spezifisch britisch, die slowakische Produktion ist aber für Europa gedacht).

Es gibt immer mehrere Gründe; da es "unpatriotisch" ist, dem Brexit die Hauptschuld zu geben, wird das nicht getan, man darf aber davon ausgehen.

@Anaximander

Nun, ich lese das hat ehr so, das man wegen verschiedener Einflüsse Umsatzeinbussen erfahren hat:

JLR's latest annual results revealed that in the year to 31 March its pre-tax profits fell to £1.5bn, down from £1.6bn the previous year, because of slower sales growth and rising business investment.

And while overall annual sales grew 1.7%, helped by strong demand in China, UK sales fell by 12.8%, and European sales also declined.

The company blamed the sharp fall in UK sales on "consumer uncertainty surrounding diesel models, Brexit and vehicle taxation".

Aber das mag nun alles Auslegungssache sein. Im Ergebnis wird das nichts ändern.

Wenn man es logisch durchdenkt:

"uncertainty surrounding diesel models" - das ist nun wirklich nicht UK-spezifisch, sondern gesamteuropäisch

"vehicle taxation" - beim Kauf von Neuwagen ein unbedeutender Faktor, überhaupt betrifft sie nicht nur Neuwagen, sondern alle Autos. Außerdem kann man sich fragen, wo die Erhöhung herkommt. Liegt es daran, dass man mit einem beträchtlichen Einbruch der öffentlichen Einnahmen rechent (warum wohl?) und man dann lieber indirekte Steuern anhebt?

Was bleibt?