Brexit und danach?

@Bauli

Was ist denn gerade in Europa los?

Nichts ist los, aber zu erwarten ist viel.

@Bauli

Was ist denn zu erwarten?

Neue Idee zur Lösung der Nordirland-Frage:

Die britische Regierung hat nun wohl eine neue Idee, wie sie das Problem lösen will. Laut Berichten der Zeitung "The Sun" und der Nachrichtenagentur Reuters erwägt Westminster nach dem Austritt aus der EU einen Doppelstatus für Nordirland. Demnach könnte das Land sowohl zu Großbritannien als auch zur EU gehören. Ziel sei es, dass Nordirland freien Handel mit beiden Seiten betreiben könne.

Reuters zufolge handelt es sich dabei um einen von mehreren in der Regierung diskutierten Plänen zur Nordirland-Frage, an denen Brexit-Minister David Davis arbeite. Laut den Berichten ist eine 16 Kilometer breite Pufferzone im Grenzgebiet zwischen Nordirland und dem in der EU verbleibenden Irland angedacht. In dieser könnten nach dem Brexit lokale Händler agieren, etwa Milchbauern. Händler machen 90 Prozent des Grenzverkehrs aus. Die Einrichtung von Grenzkontrollposten solle durch die Pufferzone überflüssig gemacht werden.

Es ist mir allerdings schleierhaft, wie das funktionieren soll in der Praxis. Wenn ich keine Grenzkontrollen habe- wo sollen dann die Zölle letztendlich erhoben werden? Auperdem hatte die DUP so eine Lösung ja genau abgelehnt:

Auch dürfte ein solcher Sonderstatus Begehrlichkeiten in Schottland oder auch Wales wecken.

Eine Sonderregelung für Nordirland könnte allerdings etwa auch in Schottland Begehrlichkeiten erwecken - und damit den Druck auf die britische Regierung weiter erhöhen. Die Schotten hatten 2016 mehrheitlich den Brexit abgelehnt und werben für möglichst enge Beziehungen zur EU.

http://www.spiegel.de/politik/ausland/brexit-grossbritannien-erwaegt-offenbar-doppelstatus-fuer-nordirland-a-1210649.html

UK hat sehr viele Ideen, die von vornherein niemals in irgendeiner form möglich gewesen wären.

sigbert schrieb:Laut den Berichten ist eine 16 Kilometer breite Pufferzone im Grenzgebiet zwischen Nordirland und dem in der EU verbleibenden Irland angedacht. In dieser könnten nach dem Brexit lokale Händler agieren, etwa Milchbauern.

Dann würde sich die Grenze lediglich um 16 Kilometer (10 Meilen) verschieben bzw. um 8 km auf jeder Seite, davor und dahinter wäre dann eine harte Grenze. Einen Doppelstatus gäbe es dann für die 16 Kilometer. Oder übersehe ich da was?

Die wenigsten britischen Zeitungen berichten bis jetzt darüber.

Ein No 10 Sprecher hat die Meldung (kam von der Sun) dementiert:

https://www.theguardian.com/uk-news/2018/jun/01/brexit-northern-ireland-could-be-given-joint-eu-and-uk-status

Dann war das vielleicht nur ein Versuchsballon oder Gedankenspiel, um die Reaktionen darauf zu testen

Bauli schrieb am 31.05.2018:Ich kann mich Deiner Weltuntergangsstimmung für Großbritannien immer noch nicht anschliessen

Die britische Regierung kommt zumindest zu anderen Ergebnissen (die EU war bereits vor einem Jahr darauf gekommen): bei einem harten Brexit werden drei Szenarien erwogen: mild, ernst oder Armageddon.

Ernst bedeutet: der Hafen von Dover kollabiert an Tag eins, nach wenigen Tagen gibt es in Cornwall und Schottland keine Lebensmittel mehr, nach 2 Wochen gibt es landesweit weder Medikamente noch Treibstoff, die britische RAF muss die Bevölkerung mit Hilfspaketen versorgen:

Britain would be hit with shortages of medicine, fuel and food within a fortnight if the UK tries to leave the European Union without a deal, according to a Doomsday Brexit scenario drawn up by senior civil servants for David Davis.

Whitehall has begun contingency planning for the port of Dover to collapse “on day one” if Britain crashes out of the EU, leading to critical shortages of supplies.

Wenn man erfahren will, was im Falle des Armageddon-Szenarios passiert, muss man die Times subskribieren:

https://www.thetimes.co.uk/edition/news/revealed-plans-for-doomsday-no-deal-brexit-02mld2jg2

http://www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/brexit-szenarien-grossbritannien-droht-knappheit-bei-medikamenten-und-nahrung-a-1210940.html

In der FAZ werden die von der Sunday Times beschriebenen Szenarien aufgegriffen und beschrieben.
Wenn das auch nur annähernd Realität wird, ist das mehr als gruselig.

http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/harter-brexit-grossbritannien-drohen-versorgungsengpaesse-15622403.html

Anaximander schrieb:Ernst bedeutet: der Hafen von Dover kollabiert an Tag eins, nach wenigen Tagen gibt es in Cornwall und Schottland keine Lebensmittel mehr,

Ah ja. Dann spekuliert die EU darauf, Lebensmittel teurer in Großbritannien abzusetzen, oder sehe ich das falsch?
Naja, Brüssel muss ja solche Horroszenarien veranstalten, bei dem Geld, was denen flöten geht und die Zeitungen müssen ja von irgendwas leben und sei es nur, das die Briten vorsorgen.

Der gebildete Brite weiss aber, das in Übersee noch viel mehr helfende Hände sind und wird vorsorgen, damit der Hafen von Dover nicht nach Tag 1 kollabiert, es nach wenigen Tagen immer noch in Schottland und Cornwall Nahrungsmittel gibt.

Bauli schrieb:Ah ja. Dann spekuliert die EU darauf, Lebensmittel teurer in Großbritannien abzusetzen, oder sehe ich das falsch?
Naja, Brüssel muss ja solche Horroszenarien veranstalten, bei dem Geld, was denen flöten geht und die Zeitungen müssen ja von irgendwas leben und sei es nur, das die Briten vorsorgen.

Du weißt schon, dass dieses Szenario NICHT aus Brüssel kam, sondern aus London?

@Fichtenmoped

Vom Oberhaus oder vom Unterhaus? (...)

@Bauli

Vom DD's Brexit Department (DExEU).

Anaximander schrieb:Vom DD's Brexit Department (DExEU).

und wer hat das Sagen und wieso hat das House of Lords letztes Jahr schon vor allen anderen das Szenario durchgespielt?

@Bauli

Das Oberhaus hat keinen direkten Einfluss auf das Brexit Department, man hat dort ein Gutachten über die unmittelbaren Folgen eines hard Brexit, ohne Einigung, erstellt und jemand hat es geleaked.

Dass die Nahrungsmittel ausgehen, ist logisch, weil niemand auf die Grenzkontrollen vorbereitet ist, es ist auch egal, woher die Güter kommen, es sind in jedem Fall Drittländer, für die WTO-Regeln angewendet werden müssen.

Der schriftliche Vorschlag des UK zur Nordirland-Frage ist jetzt da. Wie schon zuvor gemeldet, soll das UK in seiner Gesamtheit, also nicht nur Nordirland, Teil der europäischen Zollunion bleiben. Der Vorschlag enthält auch kein fixes Enddatum. Statt dessen ist von einer "Erwartung" die Rede, dass bis Ende 2021 eine andere Lösung gefunden sein wird.

Nach ersten Reaktionen ist die EU geneigt, anzunehmen - vorausgestzt, die Bedingungen für den Verbleib in Zollunion und Gemeinsamen Markt werden gewahrt (Freizügigkeit, Gerichtsbarkeit des EuGH, Zahlungen [ohne Britenrabatt] und keine eigenständige Handelspolitik)

Michel Barnier, the EU’s chief Brexit negotiator, said he welcomed publication of the UK proposal, but did not give a verdict on whether it would be accepted.

“We will examine it with three questions,” he wrote on Twitter. “Is it a workable solution to avoid a hard border? Does it respect the integrity of the SM/CU [single-market and customs union] Is it an all-weather backstop.”

The European parliament’s Brexit coordinator, Guy Verhofstadt, said: “Difficult to see how UK proposal on customs aspects of IE/NI backstop will deliver a workable solution to avoid a hard border, & respect integrity of the SM/CU. A backstop that is temporary is not a backstop, unless the definitive arrangement is the same as the backstop.”

https://www.theguardian.com/politics/2018/jun/07/pm-confident-david-davis-will-stay-in-job-no-10-says

Ist ja riesig.
Und was war dann der Sinn der ganzen Aktion?
Bezahlen darf man, zu Sagen hat man nichts mehr.
Und wer ins Land darf aus der EU, kann man auch nicht steuern.

Wie wollen sie DAS den Brexiteers verkaufen?

@sigbert

Bleibt wohl nichts anderes übrig als scheibchenweises Verkaufen, und erst im Oktober eine Einigung auf dieser Basis. Das ganze mit der (unerfüllbaren) "Erwartung" verknüpft, dass "max fac" doch noch kommt. Zur Not der nächsten Regierung überlassen.

Und drauf hoffen, dass das mit den Hardlinern zu handeln ist?
Mich wundert ja schwer, dass das z.B. mit BoJo zu machen war.