Political correctness, ein gescheitertes Experiment

abberline schrieb:Auf den Prüfstand gehört das Lied sicher nicht, weil längst klar ist, dass es Satire ist.

Ja, aber wie wir ja jetzt gelernt haben, möchten einige auch Satire zensieren und darum ging es. Mir persönlich ist das egal, ich mag Zappa ja.

Groucho schrieb:2) Mal angenommen im ÖR wäre zum Zappa Geburts- oder Todestag ein Beitrag mit einem Konzert geplant und dieses Konzert würde besagten Song beinhalten, dann würde ich im Gegensatz zu den Eckhardt Verteidigern jederzeit sagen, gut wenn sich durch den Song jemand diskriminiert fühlt, dann schneidet den doch einfach raus.

Aha, du selbst findest da nichts sexistisches oder antisemitisches, aber zensieren wäre in dem Fall in Ordnung. Gut, aber trotzdem würdest du es immer noch nicht als sexistisch und antisemitisch ansehen, so wie einige hier das auch bei LE nicht sehen. ;)

Tussinelda schrieb:wenn sie denn öffentlich gespielt würden. Das werden sie ja nicht. Zumindest nicht "jewish princess".

Ach so, nur wenn es im Radio oder im TV gespielt werden würde, dann ist es vergleichbar. Bei YouTube ist der Zappa Song aber öffentlich abrufbar, da ist es egal. Der Song Bobby Brown wird aber oft im Radio gespielt, für einige auch nicht nachvollziehbar, warum der überhaupt noch gespielt wird. https://blogs.faz.net/pop-anthologie/2018/04/14/frank-zappa-bobby-brown-1265/

borabora schrieb:Ich muss gestehen, das ich mir nie Gedanken darüber gemacht habe, ob dem so ist, ob fragwürdig und nach allen Seiten hin abklopfend, in welcher Richtung das bedenklich sein könnte u. eine Riesenwelle daraus machen.
Vielleicht von Menschen, die zuviel Zeit haben, sich damit zu beschäftigen.
Man schaut sich ein Denkmal an, denkt darüber nach, wofür es steht u. gut ist (normalerweise).

Aktionismus, alles was auf weiße Herrschaftsmenschen mit fragwürdigen Hintergrund schließen könnte, muss ins Bewusstsein gerückt und entfernt werden.

Tussinelda schrieb:wie soll er denn am nächsten an Zappa dran sein? Weil er ihn als Ava hat? :Zappa war konsequent das, was man heute politisch inkorrekt bezeichnen würde. Aber mal nebenbei, der song wurde was, 1 mal öffentlich gespielt?

Mir ging es nie darum, Zappa noch jemand anderes, mit dem Ring an der Nase vorzuführen, das hat er längst selbst so getan und das offensichtlich nicht mal ungern.
Klar ist ein Ava nur ein Ava, ein Shirt nur ein Shirt. Aber wenn du zB mit einem Zappa-Shirt in PC-Kreisen demonstrieren gehst, dann solltest du nicht wundern, wenn du diesebezüglich darauf angesprochen wirst. Es kann ja auch ein Türöffner für eine Diskussion sein!

Zappa ist damals heftig angeeckt gerade in bestimmten Kreisen, da seine Statements von Betroffenen u.a. als antifeministisch/homophob/antisemitisch verstanden wurden.

@Groucho Du bist mit Abstand der Einzige hier, der Lisa Eckart fast schon als Rechte beschrieben hat, die sinnbildlich nach deinen Worten für eine Rechtsentwicklung/Zunahme von Rassismus/Antisemitismus in Deutschland steht. Dies nur zum Verständnis für meine Intervention.

Nach einigen weiterführenden Posts von @shionoro zum Diskussionsverlauf, denen ich inhaltlich weitgehend zustimmen kann, habe ich vorgeschlagen, die Diskussion generell eher so zu führen, dass man mal über Kunst, ihre Wahrnehmung und ihre Widersprüche allgemein diskutieren könnte. Ein Vorschlag, mehr nicht. Der Vorteil dabei wäre gewesen, dass wir alle mit Widersprüchen überladen sind und somit relativ gleiche Ausgangsbedingungen haben. (Wahrscheinlich jede und jeder hat hier schon gerne Musik/Kunst... gelauscht, die letztlich kontrovers ist. Eine Diskussion, in welcher sich nicht jedesmal Pro/Contra zofft und man im Verlauf letztlich immer nur Schuldige sucht, das ist auf Dauer ermüdend.

Für mich wäre ein Erkenntnisgewinn einzusehen, dass wir alle in einer Gesellschaft aufwachsen, die Widersprüche aus sich selbst heraus reproduziert. Es ist ein Teil von uns allen, ebenso die Reflektion darüber, die Einsicht oder die Rechtfertigung. Es gibt dennoch Grenzen, das ist gut so, diese entsprechend auszuloten, ebenso.

Mir ist daran gelegen, die Diskussion wieder weg von dir und hin zur Sache fortzuführen!

MokaEfti schrieb:Bei Zappa (allg. Punk...) könnte man eine konservative, gesellschaftliche (Sexual-)Moral als Legitimation für die oft doch sehr wortgewaltigen und offensiv vorgetragenen Statements empfinden.

Wer Zappa für Punk hält, sollte sich bezüglich einer Textanalyse des "schwer umstrittenen" (wie kommst du darauf?) Musikers doch eher zurückhalten.

sidnew schrieb:Wer Zappa für Punk hält, sollte sich bezüglich einer Textanalyse des "schwer umstrittenen" (wie kommst du darauf?) Musikers doch eher zurückhalten.

Puuh... War das alles, was du dazu zu sagen hast? Die legitime Lust an der Provokation war die Parallele.

Laibach sagten einst, man kann einem System am besten den Spiegel vorhalten, in dem man es überspitzt ernster nimmt, als es sich selbst sieht.

So ähnlich seh ich das bei Zappa und Eckhart auch. Beide liefern, setzen auf Klischees möglichst noch eins drauf und schauen, wer in die Falle tappt.
Schlingensief konnte das auch gut. "Ausländer raus" Projekt etc

CosmicQueen schrieb:Ach so, nur wenn es im Radio oder im TV gespielt werden würde, dann ist es vergleichbar. Bei YouTube ist der Zappa Song aber öffentlich abrufbar, da ist es egal.

das ist nicht egal, aber etwas anderes, als öffentlich.

CosmicQueen schrieb:Der Song Bobby Brown wird aber oft im Radio gespielt, für einige auch nicht nachvollziehbar, warum der überhaupt noch gespielt wird.

äh ja, erstens nicht oft, die Zeiten sind vorbei und zweitens ging es doch gar nicht um den Song hier, oder? Und drittens was genau ist jetzt an Bobby Brown diskriminierend?

abberline schrieb:So ähnlich seh ich das bei Zappa und Eckhart auch.

ich finde, man kann die beiden überhaupt nicht vergleichen.

@MokaEfti
Zappa ist seit beinahe dreissig Jahren tot, hat seine Provokationen in einem komplett anderen zeitlichen und kulturellen Kontext abgelassen und ist als Beispiel in dieser Diskussion völlig an den (langen) Haaren herbei gezogen.
Der Mann wäre ein ganz eigenes Thread-Thema.
Da du seine Musik als "Punk" bezeichnet hast, gehe ich davon aus, daß du dich kaum je mit ihm befasst hast.

sidnew schrieb:Da du seine Musik als "Punk" bezeichnet hast, gehe ich davon aus, daß du dich kaum je mit ihm befasst hast.

MokaEfti schrieb:Bei Zappa (allg. Punk...)

Da hast du mich missverstanden, da ich mich unklar ausgedrückt habe.

sidnew schrieb:Zappa ist seit beinahe dreissig Jahren tot, hat seine Provokationen in einem komplett anderen zeitlichen und kulturellen Kontext abgelassen und ist als Beispiel in dieser Diskussion völlig an den (langen) Haaren herbei gezogen.
Der Mann wäre ein ganz eigenes Thread-Thema.

Das ist die große und berechtigte Frage! Er hat damals zu seiner Zeit ebenso in bestimmten Kreisen enorme Kritik geerntet. Warum kann man das nicht gegenüberstellen? Natürlich waren es andere, wenn auch nicht großartig andere, kulturelle Kontexte.

@Tussinelda
Zappa und Eckhart kann man nicht vergleichen, aber im gerade diskutierten Kontext arbeiten beide mit dem gleichen Stilmittel der Satire, die gewöhnlich sozialisierten Menschen bewusst die Haare zu Berge stehen lassen soll, indem sie frontal angreift

sidnew schrieb:Zappa ist seit beinahe dreissig Jahren tot, hat seine Provokationen in einem komplett anderen zeitlichen und kulturellen Kontext abgelassen und ist als Beispiel in dieser Diskussion völlig an den (langen) Haaren herbei gezogen.

Es ging ja nur um die objektive Betrachtung, wie hier schon geschrieben wurde u. die lässt manchmal zu wünschen übrig.

Mir erschließt sich auch nicht, warum die Feststellung so wichtig ist u. ob es bedenklich ist, sich als Zappa Fan zu outen, nach bestimmten Maßstäben wohl schon^^

borabora schrieb:Mir erschließt sich auch nicht, warum die Feststellung so wichtig ist u. ob es bedenklich ist, sich als Zappa Fan zu outen^^

Warum sollte das "bedenklich" sein? Zappa ist Kult und bleibt es auch.

Bei einer Ausstellung zum Thema Antisemitismus in Berlin vor Jahren wurde zum Beispiel subtil Musik gespielt, die man nicht sofort als tendentiell problembeladen einsortiert. Das ist auch längst vergangene Musik vor vielen Jahren, aus einer fernen Zeit! Trotzdem formt sie unser Denken...

Das Bild in einer neuen Berliner Ausstellung zeigt vornehme Herren mit heller Hautfarbe auf ihren Pferden. Im Vordergrund stolpert ein schwarzer Diener vorbei und balanciert ein großes Tablett mit Tassen. Das war die Werbung für Uhlmann Kaffee vor hundert Jahren. Im Hintergrund der Ausstellung laufen die Songs "Griechischer Wein" von Udo Jürgens und "Jewish Princess" von Frank Zappa. "Wir holen die Besucher bei ihren Seh- und Hörgewohnheiten ab", sagt Thorsten Beck, Kurator der Sonderausstellung "typisch! - Klischees von Juden und anderen" im Jüdischen Museum, die ab Donnerstag in Berlin zu sehen ist.

Die brave Hausfrau und der wilde Schwarze

sidnew schrieb:Warum sollte das "bedenklich" sein? Zappa ist Kult und bleibt es auch.

Der Meinung bin ich ebenfalls.
Aber es wird eben nach strengsten Maßstäben (von einigen) gemessen.
Und genau darum geht es ja.

Astrid Lindgren möchte ich keine böse Absicht unterstellen, wegen einiger "bedenklicher" Passagen, dennoch wurde hier von Dreck gesprochen, wenn ich mich recht erinnere.

Was bedenklich ist, was zensiert gehört, darüber scheiden sich die Geister.

Mir scheint, das manche Menschen mit den Freiheiten, die sie haben, nichts anfangen können.

Alles zensiert, geändert, gegendert, fast so wie in einer Diktatur.

Na denn, bitte sehr. Ich verehre Frank Zappa sowohl als Musiker als auch als sehr intelligenten Beobachter seiner Zeit und seiner Mitmenschen, habe daraus auch nie einen Hehl gemacht.
Wenn irgendjemand mich dafür hätte steinigen wollen, braucht er oder sie mächtig lange zum Munition sammeln...

borabora schrieb:Aber es wird eben nach strengsten Maßstäben (von einigen) gemessen.

sidnew schrieb:Wenn irgendjemand mich dafür hätte steinigen wollen, braucht er oder sie mächtig lange zum Munition sammeln...

Eben. Die Steinigungen müssen aufhören. Umstrittene Inhalte dürfen eben nicht reflexbedingt zum Ausschluss führen.

MokaEfti schrieb:Umstrittene Inhalte dürfen eben nicht reflexbedingt zum Ausschluss führen.

geht es schon wieder um cancel culture? LE wurde nicht gecanceled, nur um das noch einmal festzuhalten.

MokaEfti schrieb:Eben. Die Steinigungen müssen aufhören. Umstrittene Inhalte dürfen eben nicht reflexbedingt zum Ausschluss führen.

Es GAB für mich nie "Steinigungen" wegen Zappa, das ist der Punkt.
Wäre mir auch neu, daß ihn irgendwer aus dem Pantheon der Musik-Genies "gecancelt" hätte.

Tussinelda schrieb:geht es schon wieder um cancel culture? LE wurde nicht gecanceled, nur um das noch einmal festzuhalten.

Wenn eine Künstlerin in die Nähe der AFD geschrieben wird, dann kommt das schon einer übertragenen Steinigung gleich. Für mich zumindest.

Darüberhinaus musste sie sich wiederholt rechtfertigen... Dieser Prozess ist alles andere als angenehm zu erleben. Cancel Culture umfasst nicht nur die völlige Isolation als Endziel. Der Prozess beginnt früher!

MokaEfti schrieb:Darüberhinaus musste sie sich wiederholt rechtfertigen...

:ask: musste? Und wie hat sie sich denn gerechtfertigt?
Ich stelle fest, ihr Buch hat sich super verkauft, denn mehr Menschen als jemals zuvor sind auf sie aufmerksam geworden, sie tritt immer noch im Fernsehen auf, regelmäßig, im Grunde mehr als damals.....also ich sehe da kein canceln und auch sonst keinen Schaden,, außer Publicity

Tussinelda schrieb:Ich stelle fest, ihr Buch hat sich super verkauft, denn mehr Menschen als jemals zuvor sind auf sie aufmerksam geworden, sie tritt immer noch im Fernsehen auf, regelmäßig, im Grunde mehr als damals.....also ich sehe da kein canceln und auch sonst keinen Schaden,, außer Publicity

Das zu bewerten, obliegt uns nicht. Wenn du nur Dollars zählen lässt, dann hast du wohl recht. Dann war alles supi!