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Verurteilung wegen Mordes für Raser

610 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Mord, Raser, Raser Mord ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Verurteilung wegen Mordes für Raser

13.10.2020 um 11:24
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Ferner werden bei diesen illegalen Rennen sicher "Ranglisten" geführt.
Es wird sicherlich so was geben. Also illegale Rennen, die mehr oder weniger organisiert sind.
Aber das dürften eher Randerscheinungen sein. Damit ist ein gewisser Aufwand verbunden und letztlich auch ein recht erhebliches Risiko.
So etwas ist auf Dauer quasi nicht geheim zu halten. Im besten Fall höchstens dann, wenn sich ein völlig abgeschlossener Zirkel zu so etwas verabredet.
Sobald das aber zu einer Art Treff von Gleichgesinnten wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis das nach außen dringt. Vor allem, da es nun mit § 315d StGB eine handfeste Handhabe auch gegen die Ausrichter oder Organisatoren solcher Rennen gibt.

Die meisten dieser Rennen erfolgen wahrscheinlich spontan, wobei man sicherlich auch davon ausgehen kann, dass die meisten der potentiellen Teilnehmer "allzeit bereit" sind. Letztlich ist das auch die Situation der Ermittlungen in solchen Fällen. Wenn jemand hier "ertappt" wird, ist es eher nicht naheliegend, dass organisierte Strukturen geheim bleiben. So was klappt selbst in sehr straff organisierten mafiösen Strukturen nur bedingt.

Was man allerdings der Diskussion um die Frage "Mord" oder "kein Mord" zugute halten muss, ist der Umstand, dass solche Handlungen in der Wahrnehmung der Allgemeinheit sich ändern. Es sind keine Kleinigkeiten oder Kavaliersdelikte mehr, denen ggf. auch in der öffentlichen Wahrnehmung etwas abenteuerliches anhängt. Sondern es sind schwere und verachtenswerte Straftaten mit echten Opfern.

So etwas führt in aller Regel zu einer Abnahme solcher Taten und zu einer besseren Aufklärung.

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Verurteilung wegen Mordes für Raser

13.10.2020 um 14:43
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Es wird sicherlich so was geben. Also illegale Rennen, die mehr oder weniger organisiert sind.
@kleinundgrün

Ach, jetzt. verstehe ich...

Ihr habt mich komplett falsch verstanden.
Nein, ich denke nicht, dass da heimliche "Rennen" organisiert werden. Das wäre denen schon wieder viel zu geordnet.
Mit "Rangliste" meine ich etwas rein Informelles. Ich glaube, wer da regelmäßig mitmacht, kennt die Anderen und deren Autos.
Natürlich wissen die untereinander, welche Leistung wessen Karre bringt und wenn Einer ein paar Mal gewonnen hat, ist das der, den man gerne herausfordert.
In dem Sinne "Rangfolge". Ich denke NICHT an eine "Schatten Formel 1".


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

13.10.2020 um 15:28
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Ich glaube, wer da regelmäßig mitmacht, kennt die Anderen und deren Autos.
Das ist anzunehmen. Zumindest in einem gewissen örtlichen und persönlichen Umfeld (also auf regionaler Ebene und "gewissen Kreisen").

Wobei ich schon eher davon ausgehe, dass die Mehrzahl spontane Rennen unter eher Fremden sind. Der typische Ablauf (in meiner Wahrnehmung auf Basis der öffentlichen Diskussion) ist eher der, dass meist jüngere Männer mit Egoproblemen in eher extrovertiert gestalteten Autos weitgehend zufällig aufeinander treffen und dann zur Aufwertung ihres Egos die Kontrolle über ihre rationalen Denkprozesse verlieren.
Oft definieren sich die Teilnehmer an solchen Rennen durch ihre Autos. Zumindest stellen diese einen erheblichen Teil ihrer Persönlichkeit bzw. Selbstwahrnehmung dar.

Das ist letztlich auch der Grund, warum ich hier einen Tötungsvorsatz wirklich kritisch sehe.
Solches Handeln gehört bestraft - auch hart bestraft. Und ich bin auch dabei, dass eine bloße fahrlässige Tötung - wenn es zum Schlimmsten kommt - eine sehr unbefriedigende Rechtsfolge ist (oder war, das ist ja jetzt anders).

Aber ein zentraler Grundsatz unseres Rechtssystems ist: "keine Strafe ohne Gesetz". Das ist ein wichtiger Grundsatz für einen Rechtsstaat. Er kann aber zur Folge haben, dass es Verhalten geben kann, das nicht ausreichend bestraft werden kann. Aber das muss eine Rechtsordnung hinnehmen. Gleiches gilt bei anderen zentralen Grundsätzen: "Keine Strafe ohne Schuld" und nicht zuletzt "Im Zweifel für den Angeklagten".
Auch hier ergeben sich zwingend Situationen, die einem "gesundes Rechtsempfinden" ganz erheblich zuwider laufen können.
Aber da ist es wie so oft im Leben, es gibt kein gut und schlecht - sondern größere und kleine Übel.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

13.10.2020 um 16:42
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Ferner werden bei diesen illegalen Rennen sicher "Ranglisten" geführt.
Das ist beim Gumball Rennen sicherlich der Fall. Das wird allerdings quer durch Europa ausgetragen. Den letzten Toten gab es da meines Wissens in Polen.
Kann mir aber bei diesen Stadtinternen Vorfällen eher nicht vorstellen, dass es da sowas gibt. Vermutlich ist das eher Zufall oder imponiergehabe.


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13.10.2020 um 16:50
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:warum ich hier einen Tötungsvorsatz
@kleinundgrün

Von einem "Tötungsvorsatz" ist doch aber nicht die Rede.

Der Vorwurf ist "billigend in kauf nehmen", dass Einer draufgeht. Dass ein Unbeteiligter umkommen könnte, nur weil die Laser ein Rennen gewinnen wollen.

Dafür muss zunächst überzeugend dargelegt werden, dass es sich um ein Autorennen gehandelt hat. Die verabreden sich ja nicht schriftlich.

Und das Gericht muss sich mit der Verteidigungsstrategie auseinandersetzen, dass der Angeklagte überzeugt war, sein Fahrzeug im Griff zu haben. Mit einem Unfall hätte er überhaupt nicht gerechnet. Argument: Er hätte doch ie sein geliebtes Auto beschädigen wollen.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

13.10.2020 um 16:55
Zitat von XAEXAE schrieb:Für mich ein politisches Thema. Autos = Kapitalismus = böse wie es böser nicht geht.
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Zu überlegen wäre, ob man nach diesen Rennen nicht auch Abstriche von den Unterhosen der Raser nehmen sollte.
Man kann sich ja über die Heimtücke, Vorsatz, bedingter Vorsatz etc streiten (wobei ihr euch da auch nur noch im Kreis dreht) aber jetzt wird es lächerlich.


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13.10.2020 um 17:19
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Das ist letztlich auch der Grund, warum ich hier einen Tötungsvorsatz wirklich kritisch sehe.
Das sehe ich besonders kritisch bei dem jüngsten Vorfall auf der A66, ich kenne den Streckenabschnitt nicht, aber sollte da kein Tempolimit vorherrschen hat man da einen sehr drastischen Sprung in der Strafandrohung. Wenn ich dann mit meinem Porsche dort 200 fahre und durch ein Unglück verstirbt jemand, sprechen wir schlimmstenfalls von Fahrlässiger Tötung.

Wenn jetzt jemand versucht dann gleichzeitig noch mich zu überholen und der Unfall geschieht, sprechen wir plötzlich von Mord.

Das ist natürlich sehr plakativ und überspitzt dargestellt.

Aber vor allem auf einer dreispurigen Deutschen Autobahn ohne Tempolimit finde ich die Annahme eines wenn auch bedingten Tötungsvorsatzes eher weltfremd.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

13.10.2020 um 22:06
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Aber vor allem auf einer dreispurigen Deutschen Autobahn ohne Tempolimit finde ich die Annahme eines wenn auch bedingten Tötungsvorsatzes eher weltfremd.
Das kann gut sein.
Aber den Fahrern droht auf jeden Fall ein Strafe bis 10 Jahre wegen verbotenem Autorennen mit Todesfolge.
Die angeordnete U-Haft wäre auch dafür schon berechtigt.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

13.10.2020 um 22:28
Wir sollten nicht vergessen, dass das BGH-Urteil über die Ku'damm-Raser der Rechtsprechung enge Grenzen gesetzt hat. Darin wurde ja explizit festgehalten, dass schon besondere Umstände gegeben sein müssen, um eine Verurteilung wegen Mordes zu begründen, weshalb das Mordurteil über den anderen Angeklagten aufgehoben wurden.

In diesem Fall wird man abwarten müssen, mit welchen Argumenten die StA hier eine Mordanklage untermauern wird.
Aber den Fahrern droht auf jeden Fall ein Strafe bis 10 Jahre wegen verbotenem Autorennen mit Todesfolge.
Die angeordnete U-Haft wäre auch dafür schon berechtigt.
Volle Zustimmung.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 07:35
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Aber vor allem auf einer dreispurigen Deutschen Autobahn ohne Tempolimit finde ich die Annahme eines wenn auch bedingten Tötungsvorsatzes eher weltfremd.
Darum, Tempo 100, und schon gibt's keine Ausreden mehr, und man tut noch was fürs Klima und den allgemeinen Verkehrsfluss.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 08:32
Zitat von McMurdoMcMurdo schrieb:Darum, Tempo 100, und schon gibt's keine Ausreden mehr, und man tut noch was fürs Klima und den allgemeinen Verkehrsfluss.
Das hat weder Bezug zum Thema, noch eine nennenswerte inhaltliche Richtigkeit.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 09:11
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Aber vor allem auf einer dreispurigen Deutschen Autobahn ohne Tempolimit finde ich die Annahme eines wenn auch bedingten Tötungsvorsatzes eher weltfremd.
§ 1 Straßenverkehrsordnung, in zwei Sätzen ist alles geregelt.
Also in meinen einfachen Worten für dich erklärt, auch auf
dreispurigen Deutschen Autobahn ohne Tempolimit
muss man, wenn es die Situation erfordert, langsam fahren. Sieht man dann die Bilder an, kann man den Vorsatz aus niedrigen Beweggründen auch als Laie erkennen.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 09:39
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Von einem "Tötungsvorsatz" ist doch aber nicht die Rede.

Der Vorwurf ist "billigend in kauf nehmen"
Das wäre/ist juristisch Vorsatz,

https://www.juraforum.de/lexikon/bedingter-vorsatz

Allerdings mut Abgrenzungsschwierigkeit zur (bewussten) Fahrlässigkeit.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 10:17
Zitat von MajorQuimbyMajorQuimby schrieb:Sieht man dann die Bilder an, kann man den Vorsatz aus niedrigen Beweggründen auch als Laie erkennen.
Vor allem
Zitat von MajorQuimbyMajorQuimby schrieb:als Laie
kann man in der Regel nur schwer erkennen, wie etwas juristisch zu bewerten ist.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 10:42
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Von einem "Tötungsvorsatz" ist doch aber nicht die Rede.
Selbstverständlich ist davon die Rede. Ohne Tötungsvorsatz kein Mord oder Totschlag.
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Der Vorwurf ist "billigend in kauf nehmen", dass Einer draufgeht. Dass ein Unbeteiligter umkommen könnte, nur weil die Laser ein Rennen gewinnen wollen.
Das ist ein Vorsatz. Der Sogenannte Eventualvorsatz (dolus eventualis).

Genau hier liegt das juristische Problem. Es geht um die Abgrenzung von Fahrlässigkeit zu Vorsatz.
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Dafür muss zunächst überzeugend dargelegt werden, dass es sich um ein Autorennen gehandelt hat.
Muss es nicht. Das wäre nur im Rahmen des neuen § 315d notwendig. Im Rahmen der Frage, ob es fahrlässige Tötung, Totschlag oder Mord ist, spielt der Vorsatz und ggf. das Vorliegen von Mordmerkmalen eine Rolle. Also im Grunde muss man u.a. nach dem Motiv fragen.
Und klar lügen da viele Täter - aber die Ermittler sind ja nicht blöd.
Zitat von frauZimtfrauZimt schrieb:Und das Gericht muss sich mit der Verteidigungsstrategie auseinandersetzen, dass der Angeklagte überzeugt war, sein Fahrzeug im Griff zu haben.
Ja, muss es. Aber es muss dem Angeklagten nicht alles glauben.
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Wenn ich dann mit meinem Porsche dort 200 fahre und durch ein Unglück verstirbt jemand, sprechen wir schlimmstenfalls von Fahrlässiger Tötung.
Genau dafür ist dieser Straftatbestand auch da. Wenn Du den Tod eines Menschen fahrlässig verursachst.
Nimmst Du dagegen dessen Tod zumindest billigend in Kauf, sind wir bei den Vorsatzdelikten.
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Wenn jetzt jemand versucht dann gleichzeitig noch mich zu überholen und der Unfall geschieht, sprechen wir plötzlich von Mord.
Nein, das hat mit dem Überholen nichts zu tun. Es kommt auf die Motivlage an.
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:Aber vor allem auf einer dreispurigen Deutschen Autobahn ohne Tempolimit finde ich die Annahme eines wenn auch bedingten Tötungsvorsatzes eher weltfremd.
Pauschal kann man so was gar nicht beantworten. Da kommt es immer auf die genauen Umstände des Einzelfalls an.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 10:50
Zitat von ZarastroZarastro schrieb:In diesem Fall wird man abwarten müssen, mit welchen Argumenten die StA hier eine Mordanklage untermauern wird.
Die Argumente dürften die selben sein, wie in den anderen ähnlich gelagerten Fällen. Die Frage ist nur, ob das Gericht diesen folgt.
Zitat von McMurdoMcMurdo schrieb:Darum, Tempo 100, und schon gibt's keine Ausreden mehr, und man tut noch was fürs Klima und den allgemeinen Verkehrsfluss.
Ich bin auch für ein generelles Tempolimit - aber für den Fall hier würde es nichts verändern.
Zitat von MajorQuimbyMajorQuimby schrieb:Sieht man dann die Bilder an, kann man den Vorsatz aus niedrigen Beweggründen auch als Laie erkennen.
Aus den äußeren Umständen kann man nicht einfach so den Vorsatz ableiten. Der Vorsatz ist ja gerade nicht das "äußere Merkmal" (objektiver Tatbestand) sondern ein "inneres Merkmal" (subjektiver Tatbestand).

Vorsätzlich zu schnell fahren und dabei fahrlässig den Tod eines Menschen zu verursachen, ist eben gerade typischerweise eine fahrlässige Tötung. Nur in besonderen Fällen dieser Art kann man sich eben darüber streiten, ob das Verursachen des Todes noch fahrlässig oder schon vorsätzlich war.
Zitat von BruderchorgeBruderchorge schrieb:kann man in der Regel nur schwer erkennen, wie etwas juristisch zu bewerten ist.
In der Regel geht das schief. Weil das "gesunde Rechtsempfinden" in solchen Fällen nicht erlaubt, zu differenzieren. Da ist dann nur die schlimme Folge der Handlung ausschlaggebend und nicht, wie es dazu kam.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 11:14
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:In der Regel geht das schief. Weil das "gesunde Rechtsempfinden" in solchen Fällen nicht erlaubt, zu differenzieren. Da ist dann nur die schlimme Folge der Handlung ausschlaggebend und nicht, wie es dazu kam.
Ich wollte es nur diplomatischer ausdrücken.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Pauschal kann man so was gar nicht beantworten. Da kommt es immer auf die genauen Umstände des Einzelfalls an.
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Nein, das hat mit dem Überholen nichts zu tun. Es kommt auf die Motivlage an.
Wie gesagt, sollte eine Übertreibung sein, schon klar, dass man da nicht pauschalisieren kann ist mir bewusst.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 13:15
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Vorsätzlich zu schnell fahren und dabei fahrlässig den Tod eines Menschen zu verursachen, ist eben gerade typischerweise eine fahrlässige Tötung. Nur in besonderen Fällen dieser Art kann man sich eben darüber streiten, ob das Verursachen des Todes noch fahrlässig oder schon vorsätzlich war.
Und die sind eigentlich immer problematisch, sobald die Strafandrohung keine Differenzierung mehr zulässt, ob eine Tötung mit voller Absicht geschah oder der Täter etwas "billigend in Kauf genommen" hat. Und das ist bei Mord der Fall.

Diese Definition des bedingten Vorsatzes ist ja eigentlich ein Oxymoron, denn wer "billigt" schon, was er "in Kauf nehmen muss"? Das soll nicht darüber hinwegtäuschen, dass es sich bei bedingtem Vorsatz um extrem verwerfliche Taten mit großer Menschenverachtung handeln kann, wo dem zu opfernden Menschenleben keine große Bedeutung beigemessen wird.

Aber wenn der Grat zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit immer schmaler wird, rassiermesserscharf sogar, so wie bei den tödlichen Raserfällen, dann fragt man sich schon: Kann eine kleine - meist im Kopf des Täters ablaufende Wissens- und Willensregung, die aufgrund objektiver Umstände von einem Gericht rekonstruiert oder einfach unterstellt wird - realiter 10 Jahre Haft mehr oder weniger rechtfertigen? Dabei ist immer zu berücksichtigen, dass die Gefährdungsdelikte ("mit Todesfolge") mittlerweile hohe Haftstrafen erlauben und es nicht so ist, dass die Täter mit einer Geldstrafe davon kämen.

Der Vorschlag aus der Ecke der Rechtswissenschaft: Abschaffung des bedingten Vorsatzes. Oder zumindest eine fakultatives Abweichen von der lebenslangen Freiheitsstrafe. Fände ich vernünftig.

https://community.beck.de/2018/05/30/die-loesung-bedingten-vorsatz-einfach-abschaffen


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 14:37
Zitat von monstramonstra schrieb:Und die sind eigentlich immer problematisch, sobald die Strafandrohung keine Differenzierung mehr zulässt, ob eine Tötung mit voller Absicht geschah oder der Täter etwas "billigend in Kauf genommen" hat. Und das ist bei Mord der Fall.
Genau. Da ist es besonders problematisch.
Zitat von monstramonstra schrieb:Diese Definition des bedingten Vorsatzes ist ja eigentlich ein Oxymoron, denn wer "billigt" schon, was er "in Kauf nehmen muss"?
Da bin ich nicht ganz bei Dir. Ich kann etwas in Kauf nehmen (also akzeptieren) und es innerlich ablehnen. Aber ich kann es auch als "akzeptabel" billigen.

Im Grunde ist das noch mal eine Einschränkung der Ausweitung des dolus eventualis, damit er wenigstens ein bisschen sprachlich von einer bewussten Fahrlässigkeit abzugrenzen ist.

Ich habe schon immer den dolus eventualis als Vorsatzform abgelehnt. Er ist letztlich ein Hilfskonstrukt, um unbefriedigende Ergebnisse bei bestimmten Fallkonstellationen zu vermeiden.
In meinen Augen wäre hier der Gesetzgeber gefragt gewesen, um für solche Fälle Tatbestände oder Qualifikationen zu schaffen. Statt im Wege einer richterlichen Fortbildung so ein Konstrukt zu entwickeln.
Zitat von monstramonstra schrieb:Aber wenn der Grat zwischen Vorsatz und Fahrlässigkeit immer schmaler wird, rassiermesserscharf sogar, so wie bei den tödlichen Raserfällen, dann fragt man sich schon: Kann eine kleine - meist im Kopf des Täters ablaufende Wissens- und Willensregung, die aufgrund objektiver Umstände von einem Gericht rekonstruiert oder einfach unterstellt wird - realiter 10 Jahre Haft mehr oder weniger rechtfertigen? Dabei ist immer zu berücksichtigen, dass die Gefährdungsdelikte ("mit Todesfolge") mittlerweile hohe Haftstrafen erlauben und es nicht so ist, dass die Täter mit einer Geldstrafe davon kämen.
Da bin ich voll bei Dir.
Es handelt sich hier um eine Art Scheingerechtigkeit, weil die Ergebnisse meist passen (der Täter bekommt, was er verdient). Aber das widerspricht ziemlich gravierend rechtsstaatlichen Grundsätzen. In einem Rechtssystem, das weniger human ist, als unseres, wäre das sogar fatal. Im Grunde steht damit einer Willkürjustiz Tür und Tor offen. Weil es schlicht die Gewaltenteilung untergräbt.
Zitat von monstramonstra schrieb:Der Vorschlag aus der Ecke der Rechtswissenschaft: Abschaffung des bedingten Vorsatzes. Oder zumindest eine fakultatives Abweichen von der lebenslangen Freiheitsstrafe. Fände ich vernünftig.
Beides sehr vernünftig.

Vorsatz ist "wissen und wollen". Dabei sollte es bleiben.
Und die Systematik von 211 StGB ist sowieso unsinnig. Mord als eigener Tatbestand mit einem eigenständigem Unrechtsgehalt und losgelöst von anderen vorsätzlichen Tötungsdelikten.
Systematisch richtig wäre schlicht und ergreifend eine Lösung über Qualifikationen. So wie sonst auch.

Totschlag als Grundtatbestand (vorsätzliche Tötung eines anderen Menschen) und der Rest sind Qualifikationen. Man müsste noch nicht mal was an den Mordmerkmalen ändern. Da wären Totschlag, Mord und Tötung auf Verlangen systematisch prima verortet und die ganzen Kunststücke, die im Fall besonderer Umstände gemacht werden müssen, um eine angemessene Bestrafung zu erreichen, wären obsolet.
Ich drücke die Daumen, vielleicht erlebe ich das noch.

Und der nächste Schritt wäre eine Überarbeitung der fahrlässigen Tötung. Der Strafrahmen ist im Laufe der Zeit zu gering geworden. Was einfach daran liegt, dass menschliches Leben in der allgemeinen Wahrnehmung wertvoller geworden ist. Dem muss auch die Gesetzgebung Rechnung tragen und so was nicht den Gerichten überlassen und diese faktisch zu solchen Anpassungen zwingen.


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Verurteilung wegen Mordes für Raser

14.10.2020 um 15:05
Zitat von kleinundgrünkleinundgrün schrieb:Was einfach daran liegt, dass menschliches Leben in der allgemeinen Wahrnehmung wertvoller geworden ist.
Interessanter Gedanke.

Es liegt vielleicht daran, dass wir 1970 rund 20.000 Verkehrstote (Bundesrepublik) hatten und derzeit (Gesamtdeutschland) um die 3.500. Ein Verkehrstoter ist kein hinzunehmendes Übel mehr, sondern ein außergewöhnliches Ereignis, für das jemand zur Verantwortung gezogen werden muss.

Zudem sind Verkehr und Arbeitsplatz immer sicherer geworden. Kaum noch Industrie, keine Kohle, kein Stahl, alles sauber, computerisiert, blitziblanki. Blut macht sich da nicht gut. Und wir glauben, wir haben immer die Kontrolle und alles im Griff. So steht man dann viel schockierter und verunsicherter vor einem Ereignis. Und während Fehler früher dazu gehörten, darf es die nicht mehr geben. Noch mehr gilt das für menschenverachtende Überheblichkeit und Dämlichkeit.


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