Carl138 schrieb:Zu aller erst, du hast offensichtlich meine Rechnung missverstanden, was auch nicht weiter schlimm ist. Mein Punkt war nie "10 % sterben im Krieg", geht eigentlich aus meinem Text so klar hervor. Ich rechne ein dauerhaftes g pro Generation, also eine über Jahre anhaltende Verkleinerung der reproduktiven Basis.
Jedenfalls belegt die Praxis genau meinen Punkt. Beispiel Ukraine: Geburten –32 % (2023 vs. 2021) laut Ministeriumsdaten (rund 187 000 statt 274 000 Geburten). Das ist weit mehr als "nur" 10 % und das kommt nicht nur primär von Kriegssterblichkeit, sondern auch von Unsicherheit, Flucht, Trennung, medizinischer Unterbrechung (also den Folgen des Krieges, dazu zählt nicht nur Tod). So sehen reale, dauerhafte negative g aus, siehe hier:
Mal abgesehen davon, dass du jetzt schon X mal den wirklich
allerletzen Beitrag schreiben wolltest... Nein, ich habe deine Rechnung nicht missverstanden. Sie ist ist einfach nicht auf die Realität zu übertragen. Man kann alles mögliche rechnen, das heißt aber nicht, dass die Grundannahmen der Rechnung korrekt sind.
Dass in einem Krieg weniger Kinder geboren werden liegt nicht daran, dass die ganzen Frauen an der Front sind, sondern dass einfach die Lebensumstände massiv schlechter wurden. Daran ändert eine Wehrpflicht auch für Frauen nichts. Wer flieht kann zudem im Inland keine Kinder mehr bekommen usw.
Von dir wird immer so getan, als höre die Gesellschaft an der Landesgrenze auf. Das tut sie aber nicht. Die Menschheit ist nicht gefährdet durch den Krieg in der Ukraine (das wäre sie im Falle einer wie auch immer gearteten Eskalation, aber nicht, weil dort Menschen sterben, was leider in einem Krieg passiert).
Carl138 schrieb:Und zu deinem "Viele Frauen bekommen sowieso keine Kinder“ Argument, bestätigt ja eher meinen Punkt. Ich meine, für eine Gesellschaft mit bereits sehr niedrigem Fertilitätsniveau (EU-weit gut dokumentiert) eine Wehrpflicht für Frauen zu verlangen, ist dann ja komplett balabala.
Im Gegenteil. Je weniger Frauen Kinder bekommen, desto weniger greift das Argument, dass man diese aufgrund ihrer Reproduktion speziell schützen muss. Die Aussage ist ja nicht, dass man Mütter an die Front schickt, sondern Frauen nicht pauschal ausnimmt beim Wehrdienst, der wie gesagt zu größten Teilen keinen Fronteinsatz bedeutet. Auf diesen Punkt weigerst du dich beharrlich einzugehen.
Nur damit dieser Punkt klar wird. Wir Menschen sind heute nicht mehr durch Nahrungsknappheit usw. in unserer Fortfpflanzung limitiert. Es gibt keinen "Engpass", durch den wenige Menschen Kinder bekommen können, sondern sie entscheiden sich schlichtweg dagegen. Es gibt ganz verschiedene Gründe, aber die Wehrpflicht für Frauen ändert daran nichts, wenn man sich die Geburtenzahlen in Schweden, Israel und Norwegen anschaut. Es ist nicht so, dass Frauen gerne wollten, aber durch eine Dienstpflicht davon abgehalten werden. Ach und in Nordkorea liegt sie auch noch höher als in Deutschland, weil du das weiter unten ja als Beispiel anführst. Finde dich damit ab, oder lass es sein.
Carl138 schrieb:Und "die Stärksten bleiben zu Hause und machen mehr Kinder“ ist auch kein realistischer oder sinnvoller Hebel und ist im völligen Widerspruch mit dem, was wir in der Natur beobachten. Die Reproduktion einer Population ist nunmal immer weiblich limitiert. Du kannst die Zahl der Männer verdoppeln, die Obergrenze an Geburten ändert sich kaum, reduzierst du dauerhaft die Zahl gesunder Frauen im gebärfähigen Alter, sinkt die mögliche Geburtenzahl aber sofort. Genau deshalb werden in vielen sozialen Tierverbänden die reproduktiven Weibchen ja auch besonders geschützt ;)
Menschen sind aber keine Bienen, bei denen ein "Stamm" völlig abgeschottet ist. Wir haben eine Kultur, Handel, Migration, Technologie. Und weil du hier ständig mit Mathematik kommst (die auch nichts dafür kann), dann können wir dein Argument einfach zu Ende denken. Wir haben aktuell einen demografischen Wandel, völlig unabhängig von Kriegen und Wehrpflicht. Da deiner Aussage nach Frauen der limitierende Faktor sind (denen ist es ja sicher egal, wenn ihr Mann an der Front stirbt, sie nehmen sich einfach den nächsten), müssten wir ja nun eine Gebärpflicht einführen. Damit löst sich das Problem. Oder zumindest Frauen von allen Gefahren fernhalten, also nur noch zuhause am Herd, sicher ist sicher.
Auf das Argument mit den Männern gehst du auch überhaupt nicht ein. Natürlich kann sich eine Population von einem Verlust der Männer eher erholen (man Beachte: Population, das ist aber nicht gleichbedeutend mit einem Staat). Aber wenn die genetisch "besten" Männer ihr Potential im Krieg vergeuden, dann hat das eine nachhaltig nachteiligt Auswirkung auf die Population. Purer Biologismus, aber darum geht es ja hier. Selbst wenn in der Natur nicht beobachten würden, dass die Starken Männer "zuhause" bleiben, spielt es keine Rolle. Wir können das als Gesellschaft ja so entscheiden, weil wir tiefere Einblicke in die Evolution und Biologie haben.
Und nur als Anmerkung - es lässt sich durchaus beobachten, dass starke Männchen in der Natur Kämpfe vermeiden (was ja evolutionär Sinn macht). Siehe z.B. Hawk-Dove-Model (
https://college.holycross.edu/faculty/kprestwi/behavior/ESS/HvD_intro.html). Bei vielen Tieren funktionieren Konfliktlösungen einfach über Status und nicht dadurch, dass sich die Männchen die Köpfe einschlagen. Es ist also nicht wirklich außergewöhnlich zu fordern, die "Starken" zuhause zu lassen. Nicht, dass ich diesen Biologismen so pauschal folge, aber es folgt aus deiner Begründung. Dein Argument ist also nicht haltbar.
Carl138 schrieb:Und du führst hier dauernd Israel und Schweden an, als ob das per se klug oder vorbildlich wäre. Den Teil, dass auch Nordkorea eine strikte Wehrpflicht für Frauen hat, lässt du aber konsequent weg, warum eigentlich? Wenn dein Maßstab "macht ein Land X, also ist X richtig" wäre, dann stellst du Israel/Schweden und Nordkorea ja in dieselbe Reihe, merkst das aber nichtmal. Genau das zeigt jedenfalls auch, wie dünn deine Vergleiche und Argumente sind, und dieser krude Whataboutism ersetzt keine Argumentlogik, wie ich sie anführe.
Sollte das nicht klar sein? Du verstehst leider nur nicht, was bei deiner Aussage das Problem ist. Deine Behauptung ist, dass eine Wehrpflicht für Frauen eine Gesellschaft zusammenbrechen lässt - quasi. Die Gegenbeispiele zeigen, dass es das nicht tut. Nicht mehr und nicht weniger.
Dein ganzer Test liest sich so, als würdest du versuchen, auf Teufel komm raus irgendeine Begründung finden, damit du nicht zugestehen musst, dass eine Wehrpflicht für Frauen kein gesellschaftliches Problem darstellt. Geglückt ist das nicht.
juvenilea schrieb:Also mehr als 4 mal soviel wie bei Männern, oder sogar 11 Monate mehr.
Also 1 Jahr Dienst für Männer und 3 Monate für Frauen? Wo zieht man die Grenze
:)
juvenilea schrieb:Worum geht es mir:
Frauen leisten im Schnitt 4 mal soviel bei der Kinderbetreuung. Wenn wir die 9 Monate bis zur Geburt mit einberechnen, dann sind es 20 Monate und das bei etwa 80% aller Frauen, welche im Schnitt ab 30 herum Kinder bekommen. Davor wird wie von den Männern verlangt eine akzeptable Schulbildung zu genießen, wobei sie dann am Ende auch im Durchschnitt weniger Geld bekommen.
Nun willst Du ihnen auch noch einen Wehrdienst aufbrummen, denn ...
Die 9 Monate bis zur Geburt hindern die meisten Frauen ja nicht daran, zu arbeiten. Klammern wir das Mal aus. Und auch die Aussage, dass Frauen weniger Geld verdienen ist nur als Durchschnitt haltbar (aufgrund Teilzeit usw.), nicht aber beim Vergleich von identischer Ausbildung, Berufserfahrung usw. Zumindest ist der Unterschied sehr gering. Fakt ist aber, dass Kinderbetreuung einen Karriereknick darstellt, das kann man gut beobachten.
In sofern haben Frauen hier einen Nachteil und daran muss man was ändern (Schweden und Norwegen machen das z.B. besser).
Aber: Das Argument ist immer noch das gleiche und ich habe bis jetzt kein Gegenargument gehört. Die Wehrpflicht ist eine gesetzliche Regelung qua Geschlecht. XY bedeutet du gehst erstmal, egal was sonst ist. XX bedeutet, du musst nicht.
Kinder sind eine persönliche Entscheidung. Auch, wie ich in einer Partnerschaft die Betreuung aufteile. Ich kenne genug Beispiele von Paaren, wo Männer zuhause geblieben sind oder sich beide die Elternzeit 50/50 aufteilten. Pauschal nur Männer zu verpflichten trägt nur dem Durchschnitt Rechnung, nicht aber individuellen Entscheidungen und der Entwicklung in der Gesellschaft. Kinderlose Influencerin muss nicht, 4 facher Familienvater mit 4 Jahren Elternzeit muss. Man ist an einem Punkt angekommen, gerade vor dem Hintergrund, dass ca 20% der Frauen (sogar höher bei Akademikerinnen) in Deutschland kinderlos bleiben, an dem eine so pauschale rechtliche Regelung nicht mehr haltbar ist. Das ist eine Regelung aus den 50er Jahren des letzten Jahrhunderts, als Frauen ihre Männer noch fragen mussten, wenn sie arbeiten wollten...
juvenilea schrieb:Meine Meinung dazu steht: Wenn eine Frau es Freiwillig machen will, dann nur zu, aber zwingen sollten wir sie nicht, solange die Zahlen nicht anders sind.
Halte ich halt für falsch, weil du damit alle Männer bestrafst, die nicht den klassischen Rollenbildern folgen. Gratulation, die Motivation steigt, daran etwas zu ändern. Demnach dürfte ein Mann, wenn Frau von ihm mehr Beteiligung bei der Kinderbetreuung fordert, immer antworten mit "ich war stattdessen beim Bund".
Ich finde aber dieses Argument immer noch 100 Mal besser, als mit der Reproduktionsrate zu kommen, das nur am Rande
:)