sacredheart schrieb:Es können also 6 Bewerbungen pro Monat verlangt werden oder 1,3 pro Woche. Wir nehmen mal an, Lebenslauf und Deckblatt blieben gleich, dann reden wir von gut einem Anschreiben die Woche.
Das liest sich zunächst harmlos und wäre auch nicht wirklich ein Problem, wären de Stellenbörsen voll von nur einigermaßen passenden Stellen. Da ich da doch bereits einen recht guten Überblick darüber habe, weil ich meinem Bekannten da öfters helfe, kann dies zum Beispiel dazu führen, dass ab der zweiten Monatshälfte schon einiger Stress aufläuft die geforderte Zahl an Bewerbungen auch tatsächlich auf den Weg gebracht zu haben. Das trifft noch vehementer zu, gibt es eine per EV konkret und vielleicht sogar unrealistisch hoch vereinbarte Anzahl.
Mal von Corona-Zeiten abgesehen, die den Zustand an den unterschiedlichen Stellenbörsen zusätzlich verschärfen, kann der Druck unbedingt eine Stelle zu finden auch darin münden, dass man ganz einfach zu oft und vor allem in zu vielen Börsen auf einmal nachschaut. Man verliert sich sehr schnell anhand der so vielen Anzeigen, zumal man ja auch schon länger nicht mehr nur berufsnah sucht. Hinzu kommen viele Überschneidungen und zusammengwürfelten Meta-Stellenbörsen, Daueranzeigen, weil sich keiner mehr drum kümmert oder sie gelegentlich einfach mal wieder neu aktiviert wurden, besonders auffallend und lästig, die zentimeterlangen Selbstdarstellungen von Zeitarbeitsfirmen bis man überhaupt erfährt wer oder was überhaupt gesucht wird (und man teilweise erst nach Bewerbung erfährt, dass da jemand saß, er offensichtlich mit der "Verschleierung" des Kundenunternehmens auch das geschilderte Berufsbild samt Anforderungen überfordert war, letztendlich sogar ein Akademiker und kein normaler Mitarbeiter gesucht war), oder solche ZA-Anzeigen, die sich auf eine verfügbare Stelle beziehen, jedoch von jeder Filiale der Zaf adressiert auftauchen,
Auch wenn das jetzt wahrscheinlich wieder lächerlich gemacht wird, je länger eine Arbeitslosigkeit schon andauert, mit vielen bereits erfolglosen Bewerbungen (mit übrigens von Fachleuten bereits mehrfach umformulierten Anschreiben), mit Nullreaktionen darauf oder Absagen, der psychische Druck wächst, die Überforderung eine Lösung finden zu müssen für ein Problem, welches man nicht ursprünglich oder nicht in Gänze selbst zu verantworten hat, hinzu kommt der Druck durch Kontrolle und Angst vor eventuellen dramatischeren Folgen. Ich kann das Zittern ob der sich langsam aufgebauten Überforderung deutlich bei meinem Bekannten sehen. Das mit den Bewerbungen alleine sieht auch auf den ersten Blick garnicht so dramatisch aus, aber es ist eben nur ein Bausteinchen von vielen durch die Gesamtumstände entsstehenden Problemen.
Es ist eben nicht alles so einfach, wie man sich das immer weder gerne zurecht denkt, wenn man nicht davon betroffen ist. Ich hatte bereits vor einiger Zeit folgenden Artikel verlinkt:
https://www.asu-arbeitsmedizin.com/schwerpunkt/schwerpunkt-die-psychotherapeutische-perspektive-arbeitslosigkeit-und-psychischeMan kann sich darüber lustig machen, man kann es völlig ignorieren, es wird aber so weder Bewusstsein über das nachweisbare Problem entstehen können, noch wird eine Lösung oder Verbesserungen der eigentlichen Ursachen näher kommen. Und abgesehen davon kann es jeden schon bereits morgen selbst betreffen.