kuno7 schrieb am 28.04.2025:aber gerade beim Versuch der Rauchentwöhnung spielt Psychologie imho schon ne große Rolle, da kann auch ne Placebo Spritze am Ende den entscheidenden Schubs in die richtige Richtung geben. Dazu kommt, dass Placebos afaik auch "wirksamer" sind, wenn sie teurer sind.
Das ist korrekt.
Ich finde auch, dass "Placebo" viel mehr zum Schimpfwort geworden ist als notwendig, denn nachweislich gibt es zahlreiche "krankhafte Zustände" bei denen die Wirkung eines Placebos von großem Nutzen sein kann.
Allerdings halte ich dieses "Wenns teuer ist wirkt es besser" für eine moralisch fragwürdige Aussage.
Ich arbeite wenn angezeigt auch ab und zu mit Placebos, vor allem bei Tieren mit "Verhaltensproblemen" bei denen medizinische Ursachen hinreichend ausgeschlossen sind oder bereits behandelt werden und ich der Ansicht bin, dass die Halter ihrem Tier da sehr gut selbst durchhelfen können, wenn sie sich das in ausreichendem Umfang zutrauen.
Ich hab dann entweder handelsübliche Placebotabletten da oder irgendwelche Globuli (entweder kostenlose Proben von irgendnem Vertreter, der noch nicht verinnerlicht hat, dass aus mir kein Kunde mehr wird oder ich verwende "unarzneiliche Neutralglobuli", bzw verwende Infusionslösung, wenn es flüssig oder gar als Injektion gegeben werden muss.
Die Wirkung potenziere (sorry, konnte nicht widerstehen) ich aber niemals mit dem Preis, sondern mit der Aufmachung oder der Geschichte.
Bei Abgaben, also Placebos die ich den Haltern mit heim gebe damit sie sie ihrem Tier über den verordneten Zeitraum hinweg geben kommt die Wirkung zu erheblichen Teilen daher wie gut mir die Verpackung gelingt.
Ich bin so kreativ wien totes Pferd, aber wenn man sich genug Werbung für Homöopathie, Bachblüten, Schüsslersalze und Co anschaut, dann kann sogar eine Kreativniete wie ich ein Etikett gestalten, das wirkungsvoll und rechtlich wasserdicht ist (ich darf ja kein Placebo als wirksames Arzneimittel verkaufen und wenn ich Placebo draufschreibe wirkt es natürlich nicht).
Bei "angewandten" Placebos erzähle ich den Haltern, dass es ein unbedenkliches Mittel ist, dass "noch in der Erprobungsphase" ist, also noch keinen wissenschaftlich fundierte Arzneiwirkung hat, ich aber bei Patienten mit ähnlichen Beschwerden "sehr gute Erfolge" erziele.
Ist auch besser so, weils wahr ist und ich im Lügen etwa so gut bin wie in künstlerisch kreativen Belangen
;)Bezahlen lasse ich mich für meine Zeit, Beratung, Untersuchungen usw, für Placebos berechne ich grundsätzlich entweder nur den Selbstkostenpreis, oder schreibe "unverkäufliches Muster" drauf.
Alles andere würde gegen meine Berufsethik verstoßen.
kuno7 schrieb am 28.04.2025:In dem Fall kommt es imho schon stark auf die Intention des Arztes an. Wenn er/sie tatsächlich Erfolge dabei erkennt oder zu erkennen meint und auch weiß, dass es am Ende wohl nur Placebo is, dann hätt ich da kein großes Problem mit.
Meines Erachtens lässt sich die Intention des Arztes u.A. gut daran messen wie viel mit solchem Zeug verdient wird und mit welchem Gesprächsinhalt man die Behandlung abschließt.
Tritt bei meinem Patienten dann der gewünschte Erfolg ein und die Halter schwärmen bei der Nachkontrolle davon wie toll das "Testmedikament" gewirkt hat (meine Geschichten rund um Erprobungsphasen, günstige oder kostenlose Muster haben ja auch das Ziel/den Effekt, dass die Kunden zuverlässig zum Abschlussgespräch/Nachuntersuchung vorbeikommen, da die meisten meiner Bitte ihre Erfahrungen zu teilen damit ich auch anderen Patienten helfen kann gern nachkommen).
Bei diesem Abschlussgespräch bin ich dann ohne Ausnahme ehrlich.
Das bedeutet:
Die Tierhalter erfahren, dass es sich um einen Placebo gehandelt hat und es ihr ganz ureigener Verdienst ist, dass es ihrem Tier besser geht.
Und ich mach das nicht nur damit mein Gewissen rein ist, sondern, weil diese Menschen grundsätzlich gestärkt aus diesem Abschlussgespräch hinausgehen und wissen, dass sie es sich gerne zutrauen dürfen ihrem Tier (und meist übertragen sie das auch erfolgreich auf ihre Mitmenschen) den notwendigen "emotionalen Support" zu geben, der bei einer behandlungsbedürftigen Erkrankung zur Heilung beiträgt und bei einem Problem das kein medizinisches Eingreifen notwendig macht sogar ausreichend sein kann.
Und bei jemandem dessen Hund oder Katze sich z.B. nach einem Umzug oder so aufgrund von Stress die Pfoten blutig leckt oder sich gar durch knabbern selbst verstümmelt gibt das dem Selbstbewusstsein üblicher Weise einen gewaltigen Boost.
Bisher hatte ich in über 20 Jahren noch keinen einzigen Fall indem die Kunden verärgert waren (auch nicht in Fällen in denen es nicht funktioniert hat und ich sie an einen Verhaltensspezialisten weiter überweise).
Allerdings würd ich mich nicht drauf verlassen wollen, dass diese Gespräche ebenso zuverlässig positiv verlaufen würden, wenn ich Wucherpreise für Placebos verlangen würde.
Bezahlen lasse ich mir gute, seriöse Arbeit. Evidenzbasiert, schulmedizinisch, wissenschaftlich fundiert, sowas.
Die gezielte Anwendung eines Placebos kann Teil davon sein, der überteuerte Vertrieb selbiger ist meiner Ansicht nach absolut unethisch und sollte den Heilpraktikern und Co überlassen sein (bis die hoffentlich mal irgendwann verboten werden).