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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 18:22
Zitat von julina32julina32 schrieb:ch habe hier immer von juristischen Fachi...n lesen können, dass für eine Wiederaufnahme alle 4 Säulen erfolgreich für eine Wideraufnahme angzugreifen sind.
Wieso sind es jetzt plötzlich 4 Säulen? Bisher wurde doch kolportiert, es gäbe nur 2: das LKA-Gutachten und die Pfaffinger-Aussagen. Bezüglich der Pfaffinger-Aussagen hat man das aussagepsychologische Gutachten der Frau Prof, Volbert. Fehlt nur ein TK-Gutachten.

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 18:28
Zitat von PalioPalio schrieb am 22.12.2020:Mit einem WA-Antrag müssen alle Säulen des Urteils angegriffen und potenziell zum Einsturz gebracht werden können. Die sind hier: Ps Aussage, Mazureks Verhalten und Aussagen, das TK248, das Fernglas.

Es müsste alles erfolgreich angegriffen werden. @robernds -ich nenne es mal- Wahrscheinlichkeitsverschiebungen auf phonetischem Gebiet reichen dafür nicht. Solche Wahrscheinlichkeitsverschiebungen bringen in Fällen mit mehreren Indizien so gut wie nie etwas. Ps Geständnis ist nach dessen Ableben auch nicht mehr angreifbar.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Wieso sind es jetzt plötzlich 4 Säulen? Bisher wurde doch kolportiert, es gäbe nur 2: das LKA-Gutachten und die Pfaffinger-Aussagen. Bezüglich der Pfaffinger-Aussagen hat man das aussagepsychologische Gutachten der Frau Prof, Volbert. Fehlt nur ein TK-Gutachten.
Tut mir einen Gefallen. Sprecht euch ab. 6 Augen Prinzip. Bestimmt einen kompetenten Pressesprecher, der dann keine juristischen Fake News mehr proklamiert.
Danke.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:05
Zitat von AndanteAndante schrieb:Vielleicht kannst du dann ja die Frage beantworten, warum sich dann offenbar bis heute (!) kein anerkannter Sachverständiger findet, der bereit ist, für Mazureks Verteidiger endlich einmal ein den anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben auch genügendes Gegengutachten anzufertigen, mit dem dann ein Wiederaufnahmeantrag begründet werden kann?

Es bringt doch nichts, ständig über das Urteil zu lamentieren und sonst nichts weiter zu machen. Dieses ewige Auf-der-Stelle-treten ist ja auch irgendwann mal langweilig.
Ich stimme dir zu, dass unsere Feststellungen im Grunde auf eine Art Versagen der Verteidigung hinweisen. Hätte man das alles im Prozess zur Sprache gebracht, wäre es womöglich anders ausgegangen. @robernd und andere haben erklärt, warum dies nicht so gelaufen ist, und ich maße mir darüber kein Urteil an. Es ist dennoch legitim, Dinge nachträglich zu ergründen, die eigentlich in den Prozess gehört hätten, auch wenn sie jetzt nicht mehr juristisch zu verwerten sein sollten.

Übrigens: Für uns Nicht-Juristen ist diese Diskussion kein Auf-der-Stelle-Treten, denn man kann Erkenntnisfortschritte erzielen, auch nachdem Gerichtsverhandlungen abgeschlossen und eventuell keine weiteren juristischen Schritte mehr möglich sind. Für mich z.B. geht es in diesem Thread nur um die Frage: Was sind die bekannten Sachverhalte, und was schließe ich daraus hinsichtlich einer Wahrscheinlichkeitseinschätzung in Bezug auf die Frage nach Mazureks Schuld? Würde mir nun jemand darlegen können, dass und warum z.B. das LKA-Gutachten valide ist, würde ich für mich eine Erkenntnis gewonnen haben, die meine Sicht auf einen Fall, der mich interessiert, verändert. Das ist für mich schon Motivation genug. (Deshalb empfinde ich es auch nicht als fair, wenn Leuten, die kritische Fragen stellen, eine Agenda, eine Mazurek-Unterstützung oder dergleichen, unterstellt wird.)

Die Gründe dafür, dass niemand ein Gegengutachten erstellen möchte, wurden meines Wissens auch schon angesprochen. Aus meiner Sicht liegt das Grundproblem darin, dass das LKA etwas gemacht hat, das keine (disziplinäre) Entsprechung in der Wissenschaftswelt hat. Die Disziplin, die sich die Gutachterin angemaßt hat, existiert nicht. Sie hat, wie @monstra es einmal formulierte, eine Art fake science betrieben (erfunden). Wen kann man also ansprechen? Man hat es meines Wissens mit Akustikern o.Ä. versucht und mehrfach die Antwort erhalten (@2r2n schrieb hier im Thread darüber), dass eine solche Untersuchung nicht sinnvoll sei, da es zu viele Störfaktoren im Tonaufzeichnungsprozess gebe und die Rolle eines einzelnen Gerätes dabei nicht (genau genug) bestimmt werden könne. Und genau hier schließt sich der Kreis: Die Gutachterin hat etwas getan, was ein Wissenschaftler gar nicht erst in Angriff nehmen würde, weil es gar nicht geht. Und vielleicht müsste man genau das zeigen - statt in die Widerlegung von Details zu gehen. Ich habe ja immer noch als potenzielle Lösung im Hinterkopf, dass man - statt physikalisch zu argumentieren - ganz allgemein die Unwissenschaftlichkeit des LKA-Gutachtens herausstellt. Dazu bräuchte man dann keinen einzeldisziplinären Experten, sondern einen Wissenschafts- und/oder Wahrscheinlicheitstheoretiker, einen (Erhebungs-)Methodenfachmann oder Statistiker (meinetwegen aus der Soziologie o.Ä.). Frau Dr. B. hat, so weit ich das sehe, elementare Materialauswahl- und Stichprobenziehungsregeln missachtet (die sie als Philologin eventuell gar nicht kennt) und dennoch eine Wahrscheinlichkeitsaussage (!) getroffen. Sie hat einfach unsystematisch Dinge verglichen und gesagt: "Guckt mal, das ist doch ähnlich." Das ist himmelschreiend. Und hat erst einmal nichts mit Physik zu tun. Und hier läge auch eine Chance in Bezug auf Richter und andere Juristen, die sich sagen: "Was verstehe ich schon von Akustik? Das kann ich doch gar nicht beurteilen!" Die Fehler, die ich sehe, hängen zwar mit dem Raumakustik-Problem zusammen, sind aber im Grunde so allgemeiner Art, dass jeder Akademiker, auch der Nicht-Naturwissenschaftler, sie erkennen können müsste. (Freilich bleiben die konkreten einzelwissenschaftlichen Gegenargumente, die @robernd aufgezeigt hat, gleichwohl gültig.)


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:10
Zitat von julina32julina32 schrieb:Tut mir einen Gefallen. Sprecht euch ab.
Mit mir spricht keiner ab, was er/sie hier schreibt, und ich spreche auch mit keinem ab, was ich hier schreibe.

Fakt ist, dass nach dem Gesetzeswortlaut, der hier schon x-mal gepostet wurde, ein Antrag auf Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen Strafverfahrens erfolgreich ist, „wenn neue Tatsachen oder Beweismittel beigebracht sind, die allein oder in Verbindung mit den früher erhobenen Beweisen die Freisprechung des Angeklagten .....zu begründen geeignet sind“.

So lautet der Gesetzestext, ich habe ihn nicht gemacht, also beschwere dich nicht bei mir über die Wortwahl, sondern beim Deutschen Bundestag, Berlin.

Im Klartext heißt das, das man als Verurteilter genug neue Tatsachen oder Beweismittel haben muss, die für sich allein schon oder die im Zusammenhang mit dem übrigen Ergebnis der Hauptverhandlung geeignet währen, in einem neuen Strafverfahren zum Freispruch zu führen.

Das Wiederaufnahmegericht, also das Gericht, das über den Wiederaufnahmeantrag zu entscheiden hat, ist NICHT die Strafkammer, die eine neue Hauptverhandlung durchzuführen hätte. Es entscheidet über den Wiederaufnahmeantrag ohne mündliche Verhandlung. Natürlich kann es dabei nur eine Prognoseentscheidung treffen, ob genug Wiederaufnahmegründe vorgebracht wurden, so dass in einer neuen Hauptverhandlung ggf. ein Freispruch herauskommt.

Je mehr Wiederaufnahmegründe ein Verurteilter bringt, um so besser natürlich. Es kann aber schon ein einziger Grund reichen. Maßstab ist, ob - unter Berücksichtigung der übrigen vorliegenden Beweise aus der durchgeführten Hauptverhandlung - nunmehr ein Freispruch zu erwarten wäre.

Also kann man hier zunächst gucken, ob es etwas gäbe, was für sich allein schon geeignet wäre, zum Freispruch von Mazurek zu führen. Die Widerlegung des Tonbandgutachtens wäre es wohl nicht, da WM auch ohne das (ggf. falsche) LKA-Gutachten verurteilt worden wäre.

Vielleicht die Pfaffinger-Aussagen? Diese sind mit Sicherheit eine tragende Säule des Urteils. Würde WM freigesprochen, wenn es sie nicht gäbe? Vielleicht schon.

Persönlich halte ich das fehlende Alibi von WM auch für eine tragende Säule des Urteils. Würde es gelingen, endlich zu beweisen, dass WM am 15.9.81 abends definitiv woanders, sprich nicht am Tatort war, wäre das mE ein super Wiederaufnahmegrund.

Man kann als Verteidiger auch versuchen, als Wiederaufnahmegrund durch neue Beweismittel sowohl den Besitz des Fernglases zu widerlegen wie auch den Erwerb des TK 248 auf dem Flohmarkt in Beverungen zu belegen.

@Palio hat da vielleicht eine etwas andere Sicht bzw. Gewichtung, welche neuen Tatsachen und Beweismittel geeignet wären.

Wie gesagt ist es am Ende aber Sache des mit der Sache befassten Wiederaufnahmegerichts, eine Prognoseentscheidung zu treffen. Die hängt natürlich sehr wesentlich davon ab, wie das Wiederaufnahmegericht die Entscheidung der Strafkammer bewertet und was es für die tragenden Urteilssäulen hält. Generell ist es aber immer empfehlenswert, soviel neue Tatsachen bzw. Beweismittel wie nötig zu bringen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:13
Zitat von Ram13Ram13 schrieb:Rationalheld schrieb:
Und wenn die Behauptung zutrifft, dass die LKA-Gutachterin die Raumakustik missachtet hat, dann ist das LKA-Gutachten eben Unsinn.

Und das entnimmst Du dem Gegegengutachten?

Zur Verdeutlichung: Das LKA-Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass das bei Mazurek gefundene Grundig TK "wahrscheinlich" das bei der Tat verwendete ist. Bernd H. kommt zu dem Ergebnis: Es ist zu 100% nicht das Tatgerät, das Gutachten ist falsch.
Wenn das mehrfach angeführte Tastengeräusch-Argument zutrifft, kann das Mazurek-Gerät in der Tat ausgeschlossen werden. Was ist daran so unverständlich?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:19
Zitat von AndanteAndante schrieb:@Palio hat da vielleicht eine etwas andere Sicht bzw. Gewichtung, welche neuen Tatsachen und Beweismittel geeignet wären.
Das Problem ist vielleicht, dass ziemlich viele hier so dogmatisch allwissend rüberkommen möchten.

Trotzdem danke für deine detaillierten Erklärungen.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Also kann man hier zunächst gucken, ob es etwas gäbe, was für sich allein schon geeignet wäre, zum Freispruch von Mazurek zu führen. Die Widerlegung des Tonbandgutachtens wäre es wohl nicht, da WM auch ohne das (ggf. falsche) LKA-Gutachten verurteilt worden wäre.

Vielleicht die Pfaffinger-Aussagen? Diese sind mit Sicherheit eine tragende Säule des Urteils. Würde WM freigesprochen, wenn es sie nicht gäbe? Vielleicht schon.
Alleine diese zwei Punkte wurden von hypothetisch bis dogmatisch rauf und runter gekaut, nicht nur seitens eines Urteils "schuldig", sondern auch hinsichtlich anklagegenügend (hinreichender Tatverdacht).
Vielleicht, vielleicht, eine andere Strafkammer in einem anderen Bundesland, vielleicht eine andere Tagesform der Richter an X Verhandlungstagen. Wer weiss es schon.
Soweit ich weiss hat sich noch kein Berufsrichter hier dazu geäußert, oder?

Ich bin jedenfalls gespannt, ob das Thema Tonbandverkäufer noch konkret wird, oder eine Nebelkerze war.

Das TK248 Thema ist @robernd ´s Thema.

PS: @Rationalheld: Megabeitrag!


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:25
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Aus meiner Sicht liegt das Grundproblem darin, dass das LKA etwas gemacht hat, das keine (disziplinäre) Entsprechung in der Wissenschaftswelt hat. Die Disziplin, die sich die Gutachterin angemaßt hat, existiert nicht. Sie hat, wie @monstra es einmal formulierte, eine Art fake science betrieben (erfunden).
Das LKA wollte allerdings nicht in einer wissenschaftlichen Disziplin eine wissenschaftliche (Forschungs-)Leistung erbringen. Es sollte eine bestimmte vom Gericht gestellte Frage beantworten, nicht mehr und nicht weniger. Das ist die Arbeit eines Sachverständigen für ein Gericht, nicht eine Hochschulprofessorentätigkeit. Insofern ist der Ansatz schon falsch, dass ein Gutachter bei der Erstellung eines Gutachtens immer „wissenschaftlich“ arbeiten muss.

Niemand würde behaupten, dass ein Kfz- Sachverständiger, der bei einem Schadensersatzprozess zwischen Unfallbeteiligten im Auftrag des Gerichts den Restwert des Unfall-Kfz bestimmen soll, dies mit wissenschaftlichen Methoden oder unter Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze tun soll bzw, muss. Nein, er soll als Experte auf seinem Gebiet unter Anwendung seines Expertenwissens eine bestimmte Frage beantworten.

Oder ein Prozess um einen ärztlichen Kunstfehler. Der vom Gericht bestellte medizinische Sachverständige soll sagen, ob die OP lege artis, sprich nach den Regeln der ärztlichen Kunst, durchgeführt wurde oder nicht. Dafür kann er wissenschaftliche Methoden bemühen, im Regelfall wird er es aber nicht müssen, sondern sich darauf beschränken können, wie man so eine OP im allgemeinen macht, besonders wenn es um eine Routinesache geht (die aber im Streitfall schiefgegangen ist).

Fazit: Das Tonbandgutachten des LKA muss keineswegs ein hochwissenschaftliches Werk sein, was die Methodik angeht. Es ist schlicht Abarbeitung einer von der StA bzw. vom Gericht gestellten ganz konkreten Frage mittels einer bestimmten Vorgehensweise. Was daran wissenschaftlich ist, müsste noch erklärt werden.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:47
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Die Gutachterin hat etwas getan, was ein Wissenschaftler gar nicht erst in Angriff nehmen würde, weil es gar nicht geht.
Das sehe ich nicht so, sie hätte ja mit streng wissenschaftlichen Methoden zum gleichen Ergebnis kommen können wie z.B. @robernd und erklären können: das Gerät war bei der Tat wahrscheinlich nicht beteiligt. Oder wenn die Schaltgeräusche gepasst hätten: ein Gerät wie dieses war wahrscheinlich bei der Tat beteiligt, oder: man kann nicht feststellen ob das Gerät beteiligt war, etc.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:50
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Wen kann man also ansprechen? Man hat es meines Wissens mit Akustikern o.Ä. versucht und mehrfach die Antwort erhalten (@2r2n schrieb hier im Thread darüber), dass eine solche Untersuchung nicht sinnvoll sei, da es zu viele Störfaktoren im Tonaufzeichnungsprozess gebe und die Rolle eines einzelnen Gerätes dabei nicht (genau genug) bestimmt werden könne.
Bingo, das wäre es doch vielleicht schon, um das LKA-Gutachten zu entkräften. Warum versucht man es nicht damit nicht wrnigstens mal? Mehr als ablehnen kan das Wiederaufnahmegericht den Antrag schließlich nicht. Man kann so einen Antrag auch jederzeit wiederholen.

(Ich gehöre ja zu denen, die meinen, das Mazurek auch ohne das Gutachten verurteilt worden wäre, aber wenn es andere anders sehen, kann man das Ganze ja gedanklich durchspielen).
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:ch habe ja immer noch als potenzielle Lösung im Hinterkopf, dass man - statt physikalisch zu argumentieren - ganz allgemein die Unwissenschaftlichkeit des LKA-Gutachtens herausstellt. Dazu bräuchte man dann keinen einzeldisziplinären Experten, sondern einen Wissenschafts- und/oder Wahrscheinlicheitstheoretiker, einen (Erhebungs-)Methodenfachmann oder Statistiker (meinetwegen aus der Soziologie o.Ä.)
Bei allem Verständnis für die von manchen gesehene Wichtigkeit des LKA-Gutachtens für die Verurteilung: Aber als Gegengutachter eine Armada von Spezialisten aus allen möglichen Fachgebieten aufmarschieren zu lassen und quasi ein interdisziplinäres Forschungsprojekt daraus zu machen ist wohl etwas übertrieben. Soooo einmalig kann ja wohl die Frage der StA bzw. des Gerichts nicht gewesen sein, und soooo schwer kann es ja wohl nicht sein, sie zu beantworten. WENN das Gutachten so offensichtlich fehlerbehaftet ist, wie es hier behauptet wird, müsste es doch recht leicht sein, es zu widerlegen. @robernd hat es ja anscheinend auch ohne Wissenschaft geschafft:
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Du solltest Dich nicht an dem Wort "Gutachten" festbeißen, er ist ja kein "Gutachter" sondern hat das auf technischem Fachwissen heraus gemacht. Wissenschaftler muss man dafür nicht sein, denn die von ihm angewendeten technischen Argumentationen sind allbekannt und keine Forschung.



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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:57
Zitat von AndanteAndante schrieb:Fazit: Das Tonbandgutachten des LKA muss keineswegs ein hochwissenschaftliches Werk sein, was die Methodik angeht. Es ist schlicht Abarbeitung einer von der StA bzw. vom Gericht gestellten ganz konkreten Frage mittels einer bestimmten Vorgehensweise. Was daran wissenschaftlich ist, müsste noch erklärt werden.
Das Gericht wird schon erst recht keinen wissenschaftlichen Fragenkatalog zusammengestellt haben, wie etwa bei einem Glaubwürdigkeitsgutachten, sondern einfach abgefragt, ob das TK248 ein Tatmittel im Zusammenhang mit den vom UHER Report aufgezeichneten Erpresseranrufe im Jahre 1981 war. Und ob die gefundenen Audiokassetten mit einem beiläufig aufgenommenen B3 Jingle eine Rolle dabei gespielt haben können. Ein Original Tonband wurde natürlich nicht gefunden.

Bevor es hier zu propedeutisch wird, sollte man "Wissenschaft" durch "Gesetzmäßigkeiten" ersetzen. Diese kommen aus Unterbereichen der Elektrotechnik. (Akustik, Mechanik usw.). Diese überprüft man mittels einer Methodik.
@robernd: Ich habe noch nicht hier gesucht, aber hatte sich jemand auf deinen Aufruf im Hifi-Forum gemeldet, der originale Aufnahmen aus dem abgefragten Zeitraum von ´79- hatte?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 19:57
Zitat von AndanteAndante schrieb:Rationalheld schrieb:
Aus meiner Sicht liegt das Grundproblem darin, dass das LKA etwas gemacht hat, das keine (disziplinäre) Entsprechung in der Wissenschaftswelt hat. Die Disziplin, die sich die Gutachterin angemaßt hat, existiert nicht. Sie hat, wie @monstra es einmal formulierte, eine Art fake science betrieben (erfunden).

Das LKA wollte allerdings nicht in einer wissenschaftlichen Disziplin eine wissenschaftliche (Forschungs-)Leistung erbringen. Es sollte eine bestimmte vom Gericht gestellte Frage beantworten, nicht mehr und nicht weniger. Das ist die Arbeit eines Sachverständigen für ein Gericht, nicht eine Hochschulprofessorentätigkeit. Insofern ist der Ansatz schon falsch, dass ein Gutachter bei der Erstellung eines Gutachtens immer „wissenschaftlich“ arbeiten muss.
Das verstehe ich. Aber abgesehen davon, dass es auch dem Gericht nicht ganz egal sein kann, auf welchem Wege die Gutachterin zu ihren Ergebnissen gekommen ist und ob diese in einem diametralen Gegensatz zu wissenschaftlichen Grundprinzipien stehen, ging es mir um die Frage, wer denn dann überhaupt zu einer Widerlegung befähigt wäre. Und da würde man doch am ehesten in Richtung Wissenschaft schauen. Wenn es natürlich nur darum geht, vor Gericht eine Frage zu beantworten, egal wie, und egal, ob irgendjemand dies nachprüfen und gegebenenfalls widerlegen kann, ist Frau Dr. B. in einer tollen Position. Sie muss nur darauf achten, nicht gemäß einer anerkannten Disziplin zu arbeiten, damit niemand anders gefragt werden kann. Sodann kann sie jedes Ergebnis vorlegen. Deshalb ja mein Vorschlag: Man müsste mit einer Generalkritik ansetzen statt mit einer disziplinären. Denn reine Esoterik würde ein Gericht dann wohl doch nicht akzeptieren. Im Herrmann-Fall hat das Gericht der Gutachterin gutgläubig zugehört und ist gewissermaßen Opfer eines Bluffs geworden. Aber freilich gilt auch hier: Im Prinzip hätte die Verteidigung einhaken können...
Zitat von AndanteAndante schrieb:Oder ein Prozess um einen ärztlichen Kunstfehler. Der vom Gericht bestellte medizinische Sachverständige soll sagen, ob die OP lege artis, sprich nach den Regeln der ärztlichen Kunst, durchgeführt wurde oder nicht. Dafür kann er wissenschaftliche Methoden bemühen, im Regelfall wird er es aber nicht müssen, sondern sich darauf beschränken können, wie man so eine OP im allgemeinen macht, besonders wenn es um eine Routinesache geht (die aber im Streitfall schiefgegangen ist).
Eben: "wie man so eine OP im Allgemeinen macht". Genau diese Vergleichsbasis gibt es aber nicht, wenn eine bestimmte (wissenschaftliche oder nicht-wissenschaftliche) Praxis ein Ein-Frau-Projekt ist und mit keinem Korrektiv von außen konfrontiert werden kann. Es ist der totalen Willkür Tür und Tor geöffnet. Das ist in deinem Kunstfehler-Beispiel eben nicht der Fall.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Fazit: Das Tonbandgutachten des LKA muss keineswegs ein hochwissenschaftliches Werk sein, was die Methodik angeht. Es ist schlicht Abarbeitung einer von der StA bzw. vom Gericht gestellten ganz konkreten Frage mittels einer bestimmten Vorgehensweise. Was daran wissenschaftlich ist, müsste noch erklärt werden.
Trotzdem muss es eine Methodik geben. Und diese muss irgendwie fundiert sein. Und im vorliegenden Fall ist sie es nicht. Ich bin sicher: Wenn man die Gutachterin mit Fragen zur Methodik konfrontiert hätte, hätte das Gericht aufgehorcht und Zweifel bekommen. Die allgemeinen Stichproben- und Auswahlprobleme, die ich ansprach, sind auch aus anderen kriminalistischen Kontexten bekannt. Ich kann nicht zwei Streichholzschachteln nehmen und sagen: Die sehen aber ähnlich aus, also muss der Streichholzschachtelbesitzer der Täter sein. Sondern man würde fragen: Wie viele Streichholzschachteln mit diesen bestimmten Merkmalen gibt es denn? Und ob du es glaubst oder nicht: Es sind (auch) derart simple Dinge, die die Gutachterin beiseite lässt. Und wenn man das dem Gericht verdeutlicht hätte...


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 20:17
Zitat von AndanteAndante schrieb:Rationalheld schrieb:
ch habe ja immer noch als potenzielle Lösung im Hinterkopf, dass man - statt physikalisch zu argumentieren - ganz allgemein die Unwissenschaftlichkeit des LKA-Gutachtens herausstellt. Dazu bräuchte man dann keinen einzeldisziplinären Experten, sondern einen Wissenschafts- und/oder Wahrscheinlicheitstheoretiker, einen (Erhebungs-)Methodenfachmann oder Statistiker (meinetwegen aus der Soziologie o.Ä.)

Bei allem Verständnis für die von manchen gesehene Wichtigkeit des LKA-Gutachtens für die Verurteilung: Aber als Gegengutachter eine Armada von Spezialisten aus allen möglichen Fachgebieten aufmarschieren zu lassen und quasi ein interdisziplinäres Forschungsprojekt daraus zu machen ist wohl etwas übertrieben.
Du hast mich missverstanden: Ein Experte aus irgendeinem dieser Bereiche würde mir genügen. Ich habe lediglich potenziell relevante Fachbereiche genannt, in denen man nach jemandem Ausschau halten könnte.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Soooo einmalig kann ja wohl die Frage der StA bzw. des Gerichts nicht gewesen sein, und soooo schwer kann es ja wohl nicht sein, sie zu beantworten.
Das sollte man meinen. Ja. Aber trotzdem hakt es an der Stelle. Ich halte es deshalb eben mittlerweile doch für möglich, dass es sich um eine...nun ja, ... 'Spezialmethodik' handelt.
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Rationalheld schrieb:
Die Gutachterin hat etwas getan, was ein Wissenschaftler gar nicht erst in Angriff nehmen würde, weil es gar nicht geht.

Das sehe ich nicht so, sie hätte ja mit streng wissenschaftlichen Methoden zum gleichen Ergebnis kommen können wie z.B. @robernd und erklären können: das Gerät war bei der Tat wahrscheinlich nicht beteiligt. Oder wenn die Schaltgeräusche gepasst hätten: ein Gerät wie dieses war wahrscheinlich bei der Tat beteiligt, oder: man kann nicht feststellen ob das Gerät beteiligt war, etc.
"Wenn die Schaltgeräusche gepasst hätten" - aber so spezifisch sind sie offenbar eben nicht, um einen Gerätetyp zu bestimmen. Im umgekehrten Verfahren (-> die Schaltgeräusche passen grundsätzlich nicht) ist ein Ausschluss freilich möglich (wie @robernd ja gezeigt hat), insofern hast du recht. "Man kann es nicht feststellen" - das ist dann aber ziemlich genau das, was ich meinte: Man kann es nicht, weil die Voraussetzungen dafür überhaupt nicht gegeben sind.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 20:19
Zitat von AndanteAndante schrieb:Vielleicht kannst du dann ja die Frage beantworten, warum sich dann offenbar bis heute (!) kein anerkannter Sachverständiger findet, der bereit ist, für Mazureks Verteidiger endlich einmal ein den anerkannten wissenschaftlichen Maßstäben auch genügendes Gegengutachten anzufertigen, mit dem dann ein Wiederaufnahmeantrag begründet werden kann?
Du solltest eigentlich wissen, dass die offiziellen Fachbereiche von anerkannten Gutachtern sehr schmal sind. Einen Gutachter, der die vielen Teilgebieten abdeckt, die hier eine Rolle spielen, gibt es nicht. Man müsste also eine Gruppe von mehreren Fachgutachtern bemühen (und bezahlen).
Damit vergleichbar wäre es vielleicht, einen Personaljuristen ein Gutachten machen zu lassen, das internationales Seerecht einschließt.
Natürlich hatten wir Kontakte z.B. zu Elektroakustikern. Diese waren auch interessiert. Nach Lesen des LKA-Gutachtens war ihnen das Problem "zu komplex".

Auf die Schnelle fallen mir einige Fachgebiete ein, die abgedeckt werden müssten (es sind aber noch mehr):
- Akustik (Abschwächen und Verstärken bestimmter Töne durch stehende Wellen in einem Raum)
- Elektronik (Eventuelle Übersteuerung der Eingangsverstärker des TK 248 durch das zugeführte Signal aus dem LKA-Computer)
- Nachrichtentechnik (Entstehen bestimmter Obertöne durch charakteristische Übertragungskennlinien)
- Sendetechnik (Dynamik einer Verkehrsfunksendung im Jahre 1981 durch Audio-Kompression)
- Telefontechnik (Einfluss von Frequenzgang-Toleranzen während der Telefonübertragung)
- Tonbandtechnik (Auswirkung mechanischer Parameter wie Bandzug auf die Phasenlage zwischen den Kanälen)
- Schnitttechnik (Kleinstmögliche Zeitbereiche beim mechanischen Schneiden und Aneinanderkleben von Bandstückchen)

Physik als Fachgebiet ist gegenüber den Ingenieurwissenschaften recht breit angelegt. Sie erlaubt es aber nur, den mathematisch-wissenschaftlichen Hintergrund zu verstehen. Um wirklich kritische Punkte zu erkennen, kommt man um viele unterschiedliche Erfahrungen im Laufe des Lebens nicht herum.
Ach ja, gerade fällt mir auf, dass keine einzige der genannten Problemstellungen im LKA-Gutachten erwähnt wurde. Auf individuelle Belehrungen verzichte ich besser, das macht mich nur unbeliebt.

Trotzdem:
Ja, ich besitze eine Handkreissäge mit Führungsschiene. Damit habe ich auch Möbelteile von 2 m Länge einigermaßen sauber geschnitten. Es wäre mir aber nicht gelungen, zwei Platten völlig deckungsgleich zuzuschneiden. Das fällt bei Möbeln nicht auf. Im Gegensatz zu einer Kiste, bei der z.B. der Boden akkurat in die Seitenwände eingepasst ist.
Ja, ich habe auch eine recht große Tischkreissäge. Das ist eine sogenannte Nicht-Präzisionskreissäge. Speziell bei der ändert sich die Schnittrichtung wenn man auf ein Werkstück mehr oder weniger Druck ausübt. Also auch nicht für das Kistenprojekt oder Lautsprecherboxen geeignet. Letztere hätten Ritzen, durch die die Luft pfeift. Ritzen in der Kiste hätten vielleicht zu einer ausreichenden Belüftung geführt. Allein aus der "hermetischen Abgeschlossenheit der Kiste" (Urteil S. 36) dürft ihr schließen, dass sie präzise gefertigt war.

Inzwischen habe auch ich gelernt, dass es nutzlos ist, das in Erz gegossene LKA-Gutachten anzugreifen. Und wenn es noch so viele handwerkliche und sachliche Fehler aufweist. Realistisch gesehen lässt sich das gesamte LKA-Gutachten vergessen. Heute weiß ich, dass es ziemliche Zeitverschwendung war, sich überhaupt damit ausführlich auseinanderzusetzten. Zumindest bin ich auf meine alten Tage noch lernfähig ;)
Der Nachweis, dass das TK 248 aus ganz bestimmten Gründen ungeeignet ist, käme wahrscheinlich mit nur einem anerkannten Gutachter aus. Auf welche Weise der Nachweis funktioniert, wissen diejenigen von euch, die die Zeit zum Mitlesen und weniger zum Erforschen meiner Vergangenheit und persönlichen Schwachstellen genutzt haben.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 20:20
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Im Herrmann-Fall hat das Gericht der Gutachterin gutgläubig zugehört und ist gewissermaßen Opfer eines Bluffs geworden. Aber freilich gilt auch hier: Im Prinzip hätte die Verteidigung einhaken können...
Das Gericht muss einer bestellten Gutachterin vertrauen können, es sei den es hätte ein Gegengutachten gegeben. Die Gutachterin hat sicher auch niemanden bewußt geblufft, sondern nach Wissen und Gewissen gearbeitet. sie hat mMn. eben nur fehlerhaft interpretiert. Vor Gericht war es sicher ein Fehler der Verteidigung, nicht zu versuchen, selbst ein Gutachten vorzulegen. Die grundsätzlichen Regeln, die vor Gericht gelten, waren allen klar und wurden ja nicht verlezt.
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:"Man kann es nicht feststellen" - das ist dann aber ziemlich genau das, was ich meinte: Man kann es nicht, weil die Voraussetzungen dafür überhaupt nicht gegeben sind.
Damit habe ich gemeint, wenn jetzt keine Schaltgeräusche drauf gewesen wären, dann hätte man erkennen können: man kann das Gerät der Tat weder zuordnen noch ausschließen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 20:28
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Das Gericht muss einer bestellten Gutachterin vertrauen können, es sei den es hätte ein Gegengutachten gegeben. Die Gutachterin hat sicher auch niemanden bewußt geblufft, sondern nach Wissen und Gewissen gearbeitet.
Bewusstheit unterstelle ich nicht. Möglicherweise agierte sie im subjektiven Aha-Erlebnis-Rausch und wähnte sich tatsächlich der Wahrheit auf der Spur.
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Vor Gericht war es sicher ein Fehler der Verteidigung, nicht zu versuchen, selbst ein Gutachten vorzulegen. Die grundsätzlichen Regeln, die vor Gericht gelten, waren allen klar und wurden ja nicht verlezt.
Ja. Und wenn die Verteidigung das gemacht hätte - oder nachsichtiger formuliert: wenn es ihr möglich gewesen wäre -, hätte die Sache vielleicht einen anderen Ausgang genommen.
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Rationalheld schrieb:
"Man kann es nicht feststellen" - das ist dann aber ziemlich genau das, was ich meinte: Man kann es nicht, weil die Voraussetzungen dafür überhaupt nicht gegeben sind.

Damit habe ich gemeint, wenn jetzt keine Schaltgeräusche drauf gewesen wären, dann hätte man erkennen können: man kann das Gerät der Tat weder zuordnen noch ausschließen.
Verstehe.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 20:31
Zitat von AndanteAndante schrieb:Es sollte eine bestimmte vom Gericht gestellte Frage beantworten, nicht mehr und nicht weniger. Das ist die Arbeit eines Sachverständigen für ein Gericht, nicht eine Hochschulprofessorentätigkeit.
Das Gericht hat keine Frage gestellt. Das Gutachten gab es vor der Verhandlung.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 20:32
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:a. Und wenn die Verteidigung das gemacht hätte - oder nachsichtiger formuliert: wenn es ihr möglich gewesen wäre -, hätte die Sache vielleicht einen anderen Ausgang genommen.
Das sagte ich schon vor 2 Jahren.
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb am 16.10.2018:Wenn ich robernd richtig verstanden habe, so kann man aus dem Gutachten von Frau Boss nicht schließen, das genau dieses Tonband bei der Tat verwendet wurde. Ohne dieses Indiz wäre er wohl nicht verurteilt worden.



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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 20:37
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Du hast mich missverstanden: Ein Experte aus irgendeinem dieser Bereiche würde mir genügen. Ich habe lediglich potenziell relevante Fachbereiche genannt, in denen man nach jemandem Ausschau halten könnte.
Stimmt, danke, das hatte ich „überlesen“.
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Das Gericht muss einer bestellten Gutachterin vertrauen können, es sei den es hätte ein Gegengutachten gegeben.
Na ja, eine StA oder ein Gericht möchten schlicht eine Antwort auf ihrr an den Sachverständigen gestellte Frage, keinen stundenlangen Vorträge in der Hauptverhandlung über die angewandte Methodik, quasi als Selbstzweck für den Gutachter. Denn davon versteht eine StA oder ein Gericht nichts, sonst hätten sie sich ihre Fragen ja selber beantwortet, und das Gericht hat ja auch anderes zu tun als ellenlangen Vorlesungen zu lauschen.

Wie der Sachverständige zu seiner Antwort gekommen ist, welche Methodik er angewandt hat, spielt natürlich eine Rolle, aber StA oder das Gericht können dem halt nur so weit folgen, wie es Nicht-Experten auf dem Gebiet eben im allgemeinen können oder nicht können. Hier hat es anscheinend Fehler in der Vorgehensweise der Gutachterin nicht erkannt, und wie @JosephConrad richtig bemerkt, wurde von der Verteidigung ja auch kein Gegengutachten vorgelegt.
Zitat von roberndrobernd schrieb:Das Gericht hat keine Frage gestellt. Das Gutachten gab es vor der Verhandlung.
Ja sicher, das Gutachten hatte bereits die StA im Ermittlungsverfahren eingeholt und dann zusammen mit der Anklageschrift als Beweismittel dem Gericht vorgelegt. Das Gericht hat aber sehr wohl sich in der Hauptverhandlung das Gutachten von Frau Dr. B. als Sachverständiger erläutern lassen.

Da es das Gutachten schon so lange gab, frage ich mich um so mehr, warum die Verteidigung nicht beizeiten mit einem Gegengutachten gekommen ist


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 20:48
Zitat von roberndrobernd schrieb:Einige offenbar noch berufstätige Leute verbringen immerhin ihren Acht-Stunden-Tag im Forum. Und das Feuerwerk persönlicher Angriffe untere Ausnutzung meiner Nicht-Anonymität lässt keinen anderen Schluss zu.

Dazu ganz grundsätzlich: Mit deinem Internetauftritt und deinen Vorträgen hier möchtest du ja ein Feedback. Dass dieses kontrovers ausfällt, liegt in der Natur der Sache. Immerhin engagierst du dich für einen verurteilten Kindermörder und du solltest den Gedanken zulassen, dass du einen manipulativen, skrupellosen Egoisten ohne Gewissen unterstützt. Das ist keine schöne Vorstellung, sie könnte aber, und ich halte es für sehr wahrscheinlich, die Wahrheit sein.
Zitat von RationalheldRationalheld schrieb:Ich habe ja immer noch als potenzielle Lösung im Hinterkopf, dass man - statt physikalisch zu argumentieren - ganz allgemein die Unwissenschaftlichkeit des LKA-Gutachtens herausstellt. Dazu bräuchte man dann keinen einzeldisziplinären Experten, sondern einen Wissenschafts- und/oder Wahrscheinlicheitstheoretiker, einen (Erhebungs-)Methodenfachmann oder Statistiker

Was den Punkt der "Wahrscheinlichkeitsverschiebung" betrifft, gilt hier wie in vergleichbaren Fällen Folgendes:
Wenn die Benutzung des TK 248 weiterhin möglich, also nicht ausgeschlossen ist, ist das Urteil durch ein neues Gutachten, das unter Einbeziehung weiterer Variablen zu einer anderen Wahrscheinlichkeitsabschätzung kommt, nicht zu erschüttern. Es würde dann ein einzelnes Zusatzindiz lediglich in der Beweiskraft geschwächt werden, wobei es in diesem Fall gleichzeitig durch das Verhalten des Verurteilten gestärkt wurde, der krampfhaft versucht hat, den Besitz zur Tatzeit zu leugnen. Und dieses neu erschaffene Zusatzindiz besteht unabhängig von der Gutachtenlage zum TK 248 fort. Mazurek müsste endlich den Tonbandgeräteverkäufer präsentieren oder erklären, warum er so lange log.

Ich kann ganz klar im Vergleich zu anderen Fällen, in denen genau so etwas wie eine Verschiebung der Wahrscheinlichkeit erfolglos versucht wurde, sagen: Mit einem Gegengutachten zum Tonbandgerät kommt man in dieser Sache nicht weiter (und wäre man mMn. auch im Prozess schon nicht weitergekommen).
Zitat von AndanteAndante schrieb:Da es das Gutachten schon so lange gab, frage ich mich um so mehr, warum die Verteidigung nicht beizeiten mit einem Gegengutachten gekommen ist
Weil es nichts bringen würde.
Zitat von roberndrobernd schrieb:Ja, ich besitze eine Handkreissäge mit Führungsschiene.
Noch interessanter als deine persönlichen Erfahrungen fände ich, was der Gutachter zur fabrikmäßigen Herstellung konkret gesagt hat:
Zitat von PalioPalio schrieb:Eine Bitte: Könntest du wenigstens diesen Teil des Gutachtens posten, in dem sämtliche Argumente des Gutachters gegen eine fabrikmäßige Herstellung zusammengefasst sind, damit man sich damit sinnvoll auseinandersetzen kann?



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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

13.01.2021 um 21:00
Zitat von AndanteAndante schrieb:Niemand würde behaupten, dass ein Kfz- Sachverständiger, der bei einem Schadensersatzprozess zwischen Unfallbeteiligten im Auftrag des Gerichts den Restwert des Unfall-Kfz bestimmen soll, dies mit wissenschaftlichen Methoden oder unter Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze tun soll bzw, muss.
Jetzt nicht bitte auch noch einen KFZ-Sachverständigen bemühen!
Ein solcher war der allererste Grund für mich aufgrund von Zeitungswissen das Tonbandgutachten anzuzweifeln.
Ein Gutachter hat einem Bekannten bescheinigt, dass er während einer Unfalls Temo 80 gefahren ist. Das durch Beschleunigungsmessungen am Morgen nach dem nächtlichen Unfall (anderer Straßenzustand) mit ungeeichten Geräten für den Motorsport und ohne Angabe einer Fehlertoleranz.
Der Rechtsanwalt des Bekannten hatte sich geweigert, eine Kopie des Gutachtens herauszurücken mit der Begründung, dass der Beschuldigte sie nicht haben dürfe. Wir durften das Gutachten einsehen und wurden wegen Mittagspause vorzeitig aus der Kanzlei geworfen.

Hinzu kommt noch ein Rechtsanwalt aus dem Bekanntenkreis. Er erklärte, im Auto prinzipiell nie einen Gurt anzulegen. Und wenn die Polizei ihn erwischt, würde ihm schon eine Begründung einfallen, er sei ja schließlich Anwalt. Für meine vorsichtige Erklärung, dass er sich ja nicht für die Polizei sondern zu seiner Sicherheit angurtet, hatte er überhaupt kein Verständnis.

Und wenn wir schon bei schmutziger Wäsche sind. Im Urlaub haben wir einmal ein Richter-Pärchen mit Kindern kennengelernt. Die haben ständig Beispiele von Klägern genannt, die totale Querulanten sind und ihnen nur das Leben schwer machen. Als wir gemeinsam unterwegs waren, haben die Kinder ein Vogelnest ausgräumt. Für die Eltern war das völlig in Ordnung, es war ja nicht verboten. Auch das geht mir durch den Kopf, wenn ich an WM und den Hund denke.

Ich war immer ein loyaler Staatsbürger. Aber ich bin lernfähig.


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