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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

2.735 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: USA, FBI, Magier ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

23.05.2016 um 09:22
Nein, eine Vorverurteilung ist das nicht, es ist ein Schutzmechanismus für den Angeklagten. Im Prinzip gibt es das in Deutschland auch, das Gericht muss dort auch die Anklage zulassen, also vorher prüfen, ob das, was die Staatsanwaltschaft vorbringt, Sinn macht.

In den USA ist das eine englische Tradition, die dort eingeführt wurde, um die Bürger vor der Willkür des Monarchen zu schützen: die Grand Jury besteht wie die spätere petit jury oder trial jury in der Hauptverhandlung auch aus zufällig ausgelosten Bürgern.

Jeder amerikanische Staatsbürger ist verpflichtet, in einer Jury zu dienen, wenn er ausgelost wird. Ausgelost wird aus dem Verzeichnis der Führerscheininhaber, der Steuerzahler usw. (da es kein Meldesystem wie in Deutschland gibt). Im Durchschnitt trifft einen das alle 5 Jahre, jedenfalls habe ich in den letzten 10 Jahren zweimal jury duty gehabt und meine Frau auch.

Im Unterschied zur Hauptverhandlung ist allerdings die Beweislast weitaus niedriger: vor der Grand Jury muss nur nachgewiesen werden, dass die Wahrscheinlichkeit grösser ist, dass er die Straftat begangen hat, als die Wahrscheinlichkeit, dass er sie nicht begangen hat.

In der Hauptverhandlung später muss die Schuld jenseits jedes vernünftigen Zweifels bewiesen werden, eine weitaus höhere Anforderung.

Daher kommt es auch relativ selten vor, dass ein Fall vor einer Grand Jury abgelehnt wird. Im Prinzip ist es heutzutage eine Formalie. Dennoch muss der Staatsanwalt eben zu diesem Zeitpunkt etwas Konkretes vorlegen können.

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23.05.2016 um 09:33
Ok, vielen Dank. Jetzt sehe ich einiges klarer. Bin gespannt wie es weiter geht.


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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

23.05.2016 um 09:44
Noch ein Nachtrag zum Verständnis. Die Aufgabe der Grand Jury ist es, den Staatsanwalt zu kontrollieren, damit nicht Bürger völlig willkürlich vor Gericht gezerrt werden. Es ist aber noch keine Verhandlung in der Sache vor der Grand Jury.

Aus diesem Grund ist die Verteidigung in dieser Phase nicht involviert. Sie nimmt anders als in der Hauptverhandlung keinen Einfluss auf die Zusammensetzung der Grand Jury. Auch der Staatsanwalt hat keinen Einfluss. Die Grand Jury wird einfach vom Gericht besetzt, nach zufälliger Auslosung.

Der Staatsanwalt muss dann seinen Fall dieser Jury vorlegen. Im Gegensatz zur Hauptverhandlung ist dies nicht öffentlich.

Die Grand Jury hat allerdings das Recht, selbst Zeugen einzubestellen und zu befragen. Das ist ganz interessant. Wenn sie also z.B. nicht mit der Darstellung des Staatsanwaltes zufrieden ist, kann sie in gewisser Weise selber ermitteln, und tut das manchmal auch.

Beispiel: Im Fall Rouven würde ich als Mitglied der Grand Jury gerne mehr über die Hausgäste wissen. Wenn die Staatsanwaltschaft es nicht tut, kann ich diese Gäste als Zeugen vorladen, die dann erscheinen müssen.

Was vor der Grand Jury gesagt wird, darf allerdings später in der Hauptverhandlung nicht einfach verwendet werden, und die Jury in der Hauptverhandlung besteht niemals aus Mitgliedern der Grand Jury. Damit ist gesichert, dass die trial jury (oder petit jury) unvoreingenommen ist.

Zur trial jury dann mehr in ein paar Tagen.


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23.05.2016 um 10:22
@Rick_Blaine

In deiner Aufstellung stand der Prozess platzt, bei Unfairness des Staatsanwalts (nur mal so grob zusammengefasst). Bedeutet das gleichzeitig Freispruch oder gibt das nur einen Tritt in den Allerwertesten des StA ?


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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

23.05.2016 um 10:27
Wenn ich schreibe, Prozess geplatzt, auf English "mistrial" dann bedeutet das in der Regel "without prejudice," was bedeutet, die Staatsanwaltschaft kann noch einmal ganz von vorne anfangen: neue Jury, neuer Richter usw. Sie kann, muss aber nicht.

In wenigen Fällen, wenn z.B. ein zu arges Fehlverhalten der Staatsanwaltschaft vorliegt, kann der mistrial auch "with prejudice" enden, dann ist der Fall vorbei und darf nicht noch einmal angeklagt werden.


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23.05.2016 um 10:46
hmm, die Jury müsste also einstimmig befinden: schuldig oder unschuldig. Wenn sich die Jury nicht einigen kann, "platzt" der Prozess. Würde dann das ganze Drama von vorn beginnen? So lange, bis man eine Jury findet, die tatsächlich einstimmig über schuldig oder unschuldig befindet?


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23.05.2016 um 10:47
@Alex1976

Ich meine, dass dann ein Freispruch zu erfolgen hat.


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23.05.2016 um 10:51
@Alex1976
Genau so ist es. In der Praxis allerdings schaut die Staatsanwaltschaft genau, was die Umstände sind, und ob es sich lohnt. Denn ein neuer Prozess kostet viel Geld. Man schaut also, ob man wirklich genug Beweise hat, das nächste Mal eine Jury zu überzeugen. Bei grossen Fällen allerdings wird das dann auch durchaus gemacht.

@grizzlyhai
Nein, ein Freispruch eben nicht. Mistrial bedeutet, die Staatsanwaltschaft kann das Verfahren von Neuem beginnen.

Nehmen wir aber an, es gäbe vier oder fünf Mal das gleiche Ergebnis, dann würde eine Fortsetzung der Sache wohl verfassungsrechtlich bedenklich und der Richter kann den Fall für beendet erklären (with prejudice). Das ist dann ein Freispruch zweiter Klasse


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23.05.2016 um 10:59
@Rick_Blaine

O.K. da lag ich dann daneben. Ich glaube es ist gut, dass ich KEIN Jurist geworden bin. :D


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23.05.2016 um 11:17
:) Don't worry. Dafür hat sich unsereiner durch die Examen gequält LOL


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23.05.2016 um 15:53
@Rick_Blaine

Danke für deine Ausführungen! Sehr interessant.


Ich hab da aber jetzt auch noch eine Frage:

Hab ich das nun richtig verstanden, dass die Grand Jury vor Prozess "zuständig" ist und sich die Jury während des Hauptprozesses trial jury nennt?


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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

24.05.2016 um 05:15
Genau, trial jury, oder petit jury (die "grand" jury hat mehr Mitglieder als die "kleine" jury)


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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

24.05.2016 um 09:21
Danke @Rick_Blaine

Da dachte ich bislang immer, dass in den Prozessen wäre die Grand Jury.


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24.05.2016 um 09:29
Der Name "grand jury" (grand=gross) bezieht sich auf die Zahl der Mitglieder, die bei Bundesgerichten zwischen 16 und 23 beträgt, und der Name "petit jury" (ebenfalls von französisch petit = klein) weist auf die kleinere Zahl der Mitglieder hin: in Bundessachen 12.

Die kleinere von beiden ist die, welche in Prozessen über die Schuld oder Unschuld entscheidet, daher auch "trial jury" (von trial=Prozess) genannt.


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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

03.06.2016 um 09:44
Anbei noch ein Artikel zur Auswahl der Geschworenen, den ich heute zufällig fand:

http://www.welt.de/vermischtes/weltgeschehen/article137319360/Amerikas-schwierige-Suche-nach-der-passenden-Jury.html


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03.06.2016 um 10:51
@ElvisP

Interessanter Artikel, vielleicht kann den @Rick_Blaine richtig stellen, sofern es falsche Angaben gibt.


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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

04.06.2016 um 02:50
Da wir uns nun dem Prozess gegen Rouven nähern, werde ich am WE mal mehr zum Jury-Auswahlprozess schreiben, wie ich versprochen hatte. Der Artikel oben ist ein wenig tendenziös und überspringt einige Einzelheiten, ist aber insgesamt nicht falsch.


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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

04.06.2016 um 03:03
Was gibt's Neues im Fall Rouven? In der Presse wird berichtet, dass sein Anwalt etwas zur Frage der Aufenthaltserlaubnis geäussert hat, das wird allerdings falsch von der Presse wiedergegeben, daher verzichte ich hier auf links und stelle die Sache mal richtig:

Rouven ist deutscher Staatsbürger und hat eine Aufenthalts- und Arbeitserlaubnis für die USA. Das bedeutet, der Prozess hat ausser den strafrechtlichen Folgen auch aufenthaltsrechtliche Folgen für ihn, auch wenn diese sicherlich hinter den strafrechtlichen zurücktreten.

Grundsätzlich ist es so, dass ein Ausländer, der sich legal in den USA aufhält und wegen eines schweren Verbrechens (aggravated felony) dieser Art (Kinderporno) verurteilt wird, seine Aufenthaltserlaubnis verliert und ausgewiesen wird. Das wird normalerweise direkt nach der Verbüssung der Strafe durch Abschiebung verzogen. In diesem Fall hier wäre danach auch eine lebenslange Einreisesperre in die USA fällig.

Wie gesagt, und hier waren die Presseberichte nicht klar, das wird erst nach einer Strafverbüssung vollzogen. Den Prozess beinflusst das also jetzt nicht.


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Magier Jan Rouven in Las Vegas: Verurteilt - das Ende einer Karriere

05.06.2016 um 08:01
So, wie versprochen zum nahen Prozessauftakt hier nun eine Erklärung des Jury-Auswahlprozesses. Es gibt viele Strafverteidiger in den USA die meinen, ein Prozess werde hier gewonnen oder verloren: an den Tagen des "voir dire." Ich selbst bin zwar nicht der Meinung, aber auch meine Erfahrung zeigt, dass man die Bedeutung dieser Phase niemals unterschätzen darf.

Die Beschreibung hier bezieht sich auf ein Verfahren vor den Bundesgerichten, da Jan Rouven vor einem solchen angeklagt ist. Die einzelnen Bundesstaaten haben teilweise etwas abweichende Verfahren.

Die Bundesverfassung bestimmt, dass jeder Angeklagte in einem Strafprozess, bei dem es um sein Leben oder seine Freiheit geht, das Recht hat, diesen Fall vor einer Jury "of his peers" zu verhandeln: also einer Jury gebildet aus Personen seiner eigenen "Nachbarschaft, Klasse o.ä., wie man peers heute interpretieren mag." Es bedeutete damals, 1789, einen grossen Fortschritt gegenüber den königlich britischen Gerichten, in welchen oft Angehörige der oberen Klassen über die der unteren richteten. Heute wird in den USA diesem Grundsatz gefolgt, in dem man die Juroren - theoretisch - ganz zufällig unter allen Bürgern auswählt.

Und so beginnt das: Die Gerichtsbehörde schreibt per Zufallsgenerator hunderte Staatsbürger an, die im Gerichtsbezirk wohnen, und sendet ihnen einen Anhörungsbogen zu. Da es in den USA kein Melderegister gibt, bedient man sich mehrerer anderer offiziellen Datenbanken: dem Führerscheinregister, dem Steuerregister, dem Rentenregister usw.

Nur amerikanische Staatsbürger dürfen - und müssen - Juroren werden, sie müssen über 18 Jahre alt sein und müssen Englisch können. Gerichtssprache ist in den USA immer Englisch.

Bekommt man nun eine solche Vorladung zum Jury Duty (Jurydienst) muss man den Anhörungsbogen ausfüllen: man muss angeben, ob man Staatsbürger ist, ob man vorbestraft ist, ob man Englisch kann und ob man schon einmal in den letzten 3 Jahren Juror war - dann wird man entschuldigt, denn man braucht nur alle 3 Jahre dienen.

Man kann nun auch angeben, dass besondere Umstände vorliegen, und man um eine Befreiung bitten möchte.

Eine Befreiung gibt es umsonst, das heisst, wenn man am vorgegebenen Termin nicht kann oder will, kann man ohne Angabe von Gründen um einen neuen Termin bitten. Da jede Woche eine ganze Reihe Prozesse beginnen, weiss man vorher nie, um welchen Prozess es geht, man wird als Juror nicht nur zu Strafprozessen sondern auch zu Zivilprozessen geladen.

Nun ist der Dienst in der Jury sehr unbeliebt, da man teilweise weit anfahren muss, den ganzen Tag im Gericht verbringen muss, und daher an der Arbeit fehlt. Ein Arbeitgeber ist nicht verpflichtet den Lohn fortzuzahlen, und man bekommt als Entschädigung vom Gericht nur $ 40 am Tag plus Fahrtkosten.

Das ist ein grosses Problem. Daher lassen sich viele arme Leute auch befreien, denn wenn man den Lebensunterhalt nicht mehr finanzieren kann, wegen Jury Duty, kann man befreit werden.

Umgekehrt finden viele reiche und "wichtige" Leute Gründe, warum sie unmöglich dienen können und werden ebenfalls befreit. Daher sind in einer typischen Jury mehrheitlich Angehörige der oberen Arbeiterklasse und unteren Mittelklasse zu finden. Auch Selbstständige, Alleinerziehende, Eltern von kleinen Kindern usw. werden meist befreit, so dass man meist eher ältere oder ganz junge, z.B. Studenten, Juroren findet.

Soviel zu den "peers."

Am angesetzten Termin treffen nun alle Juroren, die nicht befreit wurden, im Gericht ein. Nach der Überprüfung der Personalien warten sie nun auf die Zuteilung zu den einzelnen Prozessen. Dabei gilt wieder das Losprinzip: Aus allen anwesenden Juroren werden zufällig eine bestimmte Anzahl, die der Richter vorher festgelegt hat, auf jeden Prozess verteilt.

Der Richter bemisst die Anzahl der potentiellen Juroren nach der Schwierigkeit des Falls. Geht es zum Beispiel um einen sehr bekannten Angeklagten, kann es sein, dass es schwierig wird, einen Juroren zu finden, der nicht voreingenommen ist, daher werden dann mehr zur Auswahl vorgesehen.

In jedem Strafprozess müssen 12 Juroren (also Geschworene) einstimmig über die Schuld des Angeklagten beschliessen. Da ein Prozess in der Regel aber mehrere Tage dauert, und in extremen Fällen gar mehrere Monate, besteht immer das Risiko, dass ein Juror wegen Krankheit etc. ausfällt. Um dann nicht wieder von vorne beginnen zu müssen, werden eine gewisse Anzahl Ersatzjuroren mit ausgewählt, die dem gesamten Prozess beiwohnen, aber nicht am Ende beraten und abstimmen, es sei denn, sie werden zum Ersatz eines ausgefallenen Jurors benannt.

Das bedeutet praktisch: neben den zuerst bestimmten 12 Juroren, werden meist zwischen einem und sechs weitere Ersatzjuroren bestimmt.

Da man damit rechnen muss, dass einige der Kandidaten zurückgewiesen werden, wird nun am Beginn eine höhere Anzahl in den Gerichtssaal geführt: nehmen wir einmal an 24 Kandidaten.

Im Gerichtssaal sind alle Beteiligten anwesend: der Richter, der Angeklagte, seine Verteidiger, die Staatsanwälte, dazu noch der Gerichtsdiener, ein oder mehrere Sheriffs, ein Protokollant und so weiter. Hier sehen die Kandidaten nun zum ersten Mal den Angeklagten von Angesicht zu Angesicht.

Der Gerichtsdiener (bailiff) lässt nun den Eid abnehmen, die Aufgabe gewissenhaft durchzuführen.

Aus den Kandidaten (der pool der Kandidaten wird das "venire" genannt, das ist altfranzösisch, die "Zusammengekommenen") werden nun die ersten 12 in die Jury Box, die Sitze für die Jury, gebeten.

Jeder einzelne wird sich nun vorstellen: Name, Beruf, Wohnort, Beruf des Ehegatten, bei Rentnern letzter Beruf, Arbeitgeber. Diese und andere Angaben standen auch auf den Fragebögen, die an die Anwälte beider Seiten vor diesem Tag gegeben wurden.

Nun beginnt das "voir dire", wieder altfranzösisch für "die Wahrheit sagen."

Der Richter wird eine kurze Einführung geben und erklären worum es geht: es soll nun durch Befragung der Kandidaten herausgefunden werden, ob ein Kandidat voreingenommen oder anderweitig ungeeignet ist, in der Jury zu dienen.

Jeder Richter kann das nun handhaben wie er will: entweder er stellt die Fragen, die ihm vorher die Anwälte schriftlich gegeben haben und die er geprüft hat, oder er lässt die Anwälte selbst die Fragen stellen, oder ein mix aus beidem.

Den Anwälten ist meist folgendes vorher durch die Fragebögen bekannt: Name, Adresse, Alter, Beruf, Familienstand, Beruf des Ehepartners, Ausbildung, Arbeitgeber und ob der Kandidat Polizeibeamter ist, oder für die Regierung arbeitet oder mit einem Polizeibeamten oder anderem Beamten verwandt oder verschwägert ist (in Zivilprozessen ist die Frage meist ob jemand für eine Versicherung arbeitet etc. ).

>>>Teil 2


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05.06.2016 um 08:19
Teil 2: Die Auswahl der Jury

Der Richter informiert die Gruppe der Kandidaten (the panel) nun über den Fall: er stellt den Angeklagten vor und informiert über die Anklage. Er betont vor allem, dass der Angeklagte sich "nicht schuldig" bekannt hat und ihm die Unschuldsvermutung zusteht. Die Staatsanwaltschaft muss jedes Detail der Anklage über jeden vernünftigen Zweifel hinaus beweisen (prove beyond a reasonable doubt), der Angeklagte hat das Recht zu schweigen und braucht keinerlei Verteidigung vorzubringen. Schliesslich werden alle beteiligten Anwälte vorgestellt und der Richter befragt die Kandidaten, ob jemand mit einem der Beteiligten irgendwie bekannt, verwandt usw. ist. Dieser würde sofort aus dem venire entlassen.

Nun beginnen die Fragen.

Dies hat sich zu einer (Pseudo-)Wissenschaft entwickelt. Als Strafverteidiger erhalte ich unzählige Angebote von "Experten" mich bei der Auswahl der Juroren zu beraten. Meist sind es Psychologen, manchmal auch Juristen oder andere Leute, die für sehr viel Geld meinen, aus dem Zucken eines Mundwinkels und dem Zwinkern eines Auges herauslesen zu können, ob ein Kandidat dem Angeklagten gegenüber voreingenommen ist oder nicht. Wie ihr schon merkt, zweifle ich an der Fähigkeit das wirklich zu tun. Dennoch ist es richtig, dass man nun sehr genau die Fragen einschäzten muss und die Antworten der Juroren -verbal und nicht verbal- genauestens analysieren muss.

Es gibt nun zwei Arten Fragen zu stellen. Erfahrene Richter erlauben die eine und verbieten die andere. Es geht darum, herauszufinden, ob ein Kandidat voreingenommen ist gegenüber dem Angeklagten, oder aber gegenüber der Polizei, dem Staat, dem System, Richtern, Anwälten, bestimmten Zeugen, die hier auftauchen werden, Rassen, Nationalitäten und so weiter, alles, was im Prozess eine Rolle spielen könnte.

Diese Fragen sind erlaubt. Ich kann als Anwalt aber meine Fragen manchmal auch so stellen, dass ich bereits versuche, die Kandidaten auf meine Seite zu ziehen. Das ist verboten.

Beispiel: Nehmen wir an, es geht um einen Prozess in dem häusliche Gewalt eine Rolle spielt. Ich darf nun fragen, ob jemand schon einmal Opfer war, ein Opfer kennt, welche Meinung er generell zum Thema hat usw.

Ich sollte aber nicht so fragen: "Finden Sie nicht auch, dass häusliche Gewalt heutzutage von Feministinnen gepusht wird um politischen Einfluss zu gewinnen?" Oder: "Sehen Sie es auch so, dass Männer, die leugnen jemals ihre Frau geschlagen zu haben, alles Lügner sind?"

Wozu nun das ganze Frage und Antwortspiel, das mehrere Tage dauern kann?

Jede Seite kann eine beliebige Anzahl von Kandidaten ausschliessen, wenn es einen Grund gibt anzunehmen, dass der Kandidat nicht unvoreingenommen ist oder anderweitig nicht in der Lage ist, in der Jury zu dienen. Das nennt man "challenge for cause."

Ein Juror zum Beispiel, der auf die Frage, wie er denn zu häuslicher Gewalt steht, antwortet: "Frauen brauchen manchmal ein wenig Nachhilfe ihre Pflichten zu erfüllen" werde ich als Staatsanwalt ablehnen, weil er offensichtlich häusliche Gewalt als Straftat nicht ernst nimmt.

Umgekehrt wird der Verteidiger die Kandidatin ablehnen, die meint Männer sind alle Schweine und es gibt sowieso keinen, der seine Frau nicht schlägt.

Werden nun mehrere Kandidaten auf diese Weise ausgeschlossen, wird der Richter das Panel immer wieder aus dem pool der Kandidaten (venire) auffüllen.

>>>Teil 3


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