Justsaying schrieb:Das ist ein sehr anschauliches Bild, das Du da entworfen hast.
Es ist rein fiktiv und ich denke eine Möglichkeit von vielen.
Ich fand es sehr auffällig, dass dieses provokante Verhalten von RB in dem XY-Film stark im Vordergrund stand und deutlich benannt wurde. Normalerweise wird da sehr stark darauf geachtet, das Opfer nicht in einem negativen Licht darzustellen, damit niemand auch nur ansatzweise darauf kommt, ihm eine Mitschuld an seinem Schicksal zu geben.
Wenn die Ermittler einfach nur davon ausgehen würden, dass sich tumbe Neonazis an seinem geschminckten Äußeren gestört hätten, dann wäre das dort deshalb denke ich nicht so ausführlich behandelt worden.
Ich hoffe, dass das hier nicht falsch verstanden wird: auch ich will RB auf gar keinen Fall eine Mitschuld unterstellen. Natürlich hat er in gar keiner Weise verdient, so behandelt zu werden und für den Angriff auf ihn gibt es überhaupt keine Rechtfertigung.
Aber es nutzt bei der Aufklärung so eines Falles eben auch nicht, so etwas unter den Tisch fallen zu lassen, weil es dazu führt, dass das Augenmerk von potentiellen Zeugen oder Mitwissern in eine falsche Richtung gelenkt wird.
Bisher hatte ich den Fall immer so im Kopf, dass RB ein bunter Paradiesvogel war, der einfach dadurch die Aufmerksamkeit und die Aggression von Personen aus dem rechten Randbereich auf sich gezogen hat, die ihn zu Tode geprügelt haben, einfach weil er anders war und nicht in deren Weltbild passte.
Der Film gestern hat aber durchaus auch eine - wie ich finde - sehr aggressive und gezielt provokante Seite des Opfers gezeigt. Er ist aktiv auf andere, teilweise fremde Personen zu gegangen und hat die belästigt und zwar auch ziemlich hartnäckig, wiederholt die gleichen Personen und auch ganz deutlich gegen deren Willen.
Das erweitert den Kreis an potentiellen Motiven für die Tat und damit natürlich auch an potentiellen Tätern erheblich.
Zu Beginn des Films habe ich mich zunächst gefragt, warum diese Szenen mit der Familie so aufwändig gezeigt werden. V.a. die Angst der Eltern, die in irgendeinem Wartezimmer sitzen und sich Sorgen um den Sohn machen und dann die Szene, wo der arme Vater den Sohn identifizieren muss und ihn nur noch an den Haaren zu erkennen scheint, weil das Gesicht so entstellt ist.
Aus der Kombination (zuerst das Leid der Angehörigen und dann danach die Darstellung und Benennung des provozierenden Verhaltens des RB) würde ich schließen, dass die Polizei mit dem Filmbeitrag versucht, gezielt Mitwisser anzusprechen. Zunächst soll Mitgefühl für das Opfer, aber vor allem für die Hinterbliebenen geweckt werden, es soll gezeigt werden, wie brutal das Opfer behandelt wurde und wie sehr die Angehörigen unter der Tat gelitten haben.
Dann soll vielleicht aber auch ein bisschen einem Mitwisser oder gar einem Täter eine Brücke gebaut werden, in dem gezeigt wurde, wie provokant RB sich teilweise völlig fremden gegenüber verhalten hat. Die möglichen Täter sollen eben nicht als tumbe, per se aggressive Neonazis dargestellt werden, sondern als Personen, die RB vielleicht aktiv provoziert hat und denen dabei die Sicherung durchgebrannt ist.
Die Kombination könnte vielleicht helfen, dass sich ein Mitwisser doch noch durchringt und sein Wissen als Zeuge preisgibt.