Kassel/Wolfhagen Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke ermordet

E.A.Poe schrieb:Ich nehme an, dass er nur im Schützenverein war, um dort irgendwann eine Waffe zu entwenden.

Das glaube ich nicht. Warum sollte er solch einen Aufwand betreiben, um eine Waffe zu entwenden, die dann vermisst werden würde. Er hat sich mehrere Waffen (z. B. eine Uzi) auf anderem Wege besorgt und selber mit Waffen gehandelt.
Wahrscheinlicher ist, dass er tatsächlich Interesse am Bogenschießen und auch an Schusswaffen hatte. Ich halte es auch für denkbar, dass er eigentlich einen Waffenschein erlangen wollte, aber seine Vorstrafen dies nicht zuließen. Als Mitglied des Vorstandes, wird er aber ggf. auch inoffiziell mit der Schusswaffe trainiert haben.

E.A.Poe schrieb:Wenn ein Bogenschütze plötzlich mit Pistolen schießt, die kein Kleinkaliber sind, fällt das auf.

Er wird vermutlich eher ein anderes Vorstandsmitglied gefragt haben, ob er nicht mal zum Training mitkommen könne.
Der Schützenverein hat jedenfalls vom LKA einen "Maulkorb" bekommen: 9:28 min
https://www.youtube.com/watch?v=BPT5Lho_dBo (Video: Mordfall Lübcke: Spurensuche im braunen Netzwerk)

eimedak schrieb:Warum sollte er solch einen Aufwand betreiben, um eine Waffe zu entwenden, die dann vermisst werden würde. Er hat sich mehrere Waffen (z. B. eine Uzi) auf anderem Wege besorgt und selber mit Waffen gehandelt.

Eine Uzi oder Pumpgun sind für ein Verbrechen dieser Art kaum zu gebrauchen. Die sind eher dafür da, sich "den Weg freizuschießen".
Es kann sein, dass er über den Schützenverein glaubte, Connections zu Waffenhändlern zu bekommen.
Ich will aber darauf hinaus, dass dies alles Teil seines Plans war. Das ist wichtig für die Urteilsfindung und die Bemessung des Strafmaßes. Es sieht nicht danach aus, als sei er in Folge eines Tweets ausgerastet, sondern als habe sich eine lang erhoffte Chance ergeben.

Dennoch finde ich dieses Verbrechen irgendwie unbegreiflich und das Verhalten des S so inkonsistent. Er hat ne ziemliche Vorgeschichte. Dann jedoch hört diese plötzlich auf und es "wächst Gras über die Sachen", bürgerlichen Leben etc.
Dann erschießt er aus heiterem Himmel jemanden, macht sein Handy auch noch aus, also ging anscheinend davon aus, dass er nie erwischt wird, fährt aber mit aufheulendem Motor vom Tatort weg. Würde nicht jeder halbwegs normal denkende Mensch ruhig wegfahren, um nicht Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen? Dann schweigt er zuerst eisern, um dann plötzlich umfassend zu gestehen.
Das ergibt für mich kein passenden Gesamtbild von einer Persönlichkeit.
Darüber hinaus kann ich mir nicht vorstellen, dass irgend jemand ernsthaft glaubt, dass er mit so einer Tat irgendeine politische Veränderung in seinem Sinne erreichen kann. Dann also Frust als Auslöser?

Vielleicht ging es für ihn ohnehin privat abwärts, darum machte es keinen Sinn mehr, sich das zu erhalten?

Gerade gemeldet....

https://www.n-tv.de/newsletter/breakingnews/Fall-Luebcke-Tatverdaechtiger-widerruft-Gestaendnis-article21120655.html

Die Ermittler vermuten, der Widerruf habe taktische Gründe. Der Verteidiger wurde gewechselt.

https://www.br.de/nachrichten/meldung/tatverdaechtiger-im-fall-luebcke-widerruft-gestaendnis,30021caf4

https://www.n-tv.de/politik/Stephan-E-widerruft-Gestaendnis-article21120655.html

Im Mordfall Walter Lübcke zieht der mutmaßliche Todesschütze Stephan E. sein Geständnis zurück.. Das berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf den Anwalt des Verdächtigen. Gegenüber der Zeitung sagte der Rechtsanwalt Frank Hannig: „Mein Mandant hat heute sein Geständnis widerrufen. Mehr werde ich dazu im Moment nicht sagen.“

Das war hier im Forum schon manchmal vermutet worden, dass Stephan E. sein Geständnis widerrufen würde.

Kreuzbergerin schrieb:Das war hier im Forum schon manchmal vermutet worden, dass Stephan E. sein Geständnis widerrufen würde.

Unter anderem von mir, sobald ein fähiger Verteidiger (und kein Szene-Anwalt) übernimmt. Diese Überlegung wurde leider von einem anderem Foristen als "totaler Schwachsinn" bezeichnet. Tja, so schnell kann's gehen.

Wobei ich vorsichtig wäre mit "kein Szene-Anwalt"...

Frank Hannig:

https://www.tag24.de/nachrichten/dresden-anwalt-frank-hannig-gericht-pegida-stasi-merkel-peter-escher-subventionsbetrug-beihilfe-1036289

Ob vielleicht mit dem Geständnis jmd anderes gedeckt werden sollte? Vielleicht war E gar nicht der Schütze, sondern nur Helfer (liefert Waffe, hilft am Tatort)?
Irgendwie ist immer noch alles so unrund, wie auch @marlonc schrieb...

temporari schrieb:Ob vielleicht mit dem Geständnis jmd anderes gedeckt werden sollte? Vielleicht war E gar nicht der Schütze, sondern nur Helfer (liefert Waffe, hilft am Tatort)?
Irgendwie ist immer noch alles so unrund, wie auch @marlonc schrieb...

Diese Sichtweise bietet sich an. Und falls Stephan E. doch nicht so dumm sein sollte, wie wir hier mitunter vermuteten, könnte er das Szenario von langer Hand geplant haben, um die Justiz vorzuführen.

Der Dresdner Anwalt wurde vom BGH als Pflichtverteidiger zugeordnet. Man darf davon ausgehen, dass ganz gewiss kein Szene-Anwalt angeheuert wurde, um sich nicht juristisch angreifbar zu machen. Hannig ist ein umtriebiger Strafverteidiger, und als solcher hat man nicht nur sympathische Ponyhofbetreiber als Klienten.

temporari schrieb:Wobei ich vorsichtig wäre mit "kein Szene-Anwalt"...

Und dazu scheint der Anwalt auch noch ein großer Selbstdarsteller zu sein, der auch gern für eine Boulevardzeitung drei oder vier Tage nach einem Brand in Feuerwehrmontur vor einem ausgebrannten Balkon posiert: Tag24-Bericht (Archiv-Version vom 28.11.2021)

Die verlinkten TAG24-Beiträge würde ich jetzt nicht unbedingt als völlig neutrale Quelle einordnen.

TAG24 NEWS Deutschland ist eine GmbH, die zur Dresdner DDV Mediengruppe gehört, in der u. a. auch die Sächsische Zeitung und die Morgenpost Sachsen erscheinen. An der Mediengruppe ist der Verlag Gruner+Jahr mit 60 Prozent beteiligt, die restlichen 40 Prozent hält das Medienbeteiligungsunternehmen der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), die Deutsche Druck- und Verlagsgesellschaft.

Wikipedia: TAG24

Egi schrieb:Die verlinkten TAG24-Beiträge würde ich jetzt nicht unbedingt als völlig neutrale Quelle einordnen.

Ja, aber Tag24 hat den Anwalt sicher nicht gegen seine Willen Tage nach dem Brand in eine Feuerwehruniform gesteckt, ihm zwangsweise einen Löschschlauch in die Hand gedrückt und dann unter Androhung von Gewalt dazu gebracht, lächelnd in die Kamera zu schauen.

temporari schrieb:Die Ermittler vermuten, der Widerruf habe taktische Gründe.

Clevere Taktik, erst den Ermittlern alles zu geben, was sie sich nur wünschen können, inklusive Tatwaffe, nur um wenige Tage später zu behaupten, dass man es doch nicht war :-)

Ich war überrascht von seinem Geständnis, weil man (soweit öffentlich bekannt) eigentlich nicht soo viel konkretes gegen ihn in der Hand zu haben schien. Und jetzt das...
Durchaus möglich, dass das so RAF-artig angelegt ist und für immer unklar bleiben soll wer nun wirklich geschossen hat.
Oder was ich auch nicht komplett ausschließen würde: Es gibt ja durchaus die Möglichkeit, dass sich Herr Lübcke in seiner Position an ganz anderer Stelle Feinde gemacht hat (von Mafia bis Investoren für sonstwas). Sollte jemand Interesse gehabt haben ihn ermorden zu lassen, wäre es sicher nicht ganz abwegig sich in der regionalen rechtsextremen Szene umzusehen.

Noella schrieb:dazu scheint der Anwalt auch noch ein großer Selbstdarsteller zu sein

Wieso ? Es gibt viele aller Couleur die sich bei der freiwilligen Feuerwehr ablichten lassen.
Habe ich selbst schon öfter in der Zeitung gelesen, daß Unternehmer oder Metzgermeister dort auftauchen

fantomias schrieb:Wieso ? Es gibt viele aller Couleur die sich bei der freiwilligen Feuerwehr ablichten lassen.
Habe ich selbst schon öfter in der Zeitung gelesen, daß Unternehmer oder Metzgermeister dort auftauchen

Richtig, aber die posieren nicht Tage nach einem Brand allein grinsend vor einem ausgebrannten Balkon, sondern meistens zusammen mit ihren Feuerwehr-Kameraden.

Weiss nicht, habe aber auch schon Fotos mit dem örtlichen Metzgermeister an der Feuerspritze alleine gesehen.
Weil es so ungewöhnlich ist. Glaube nicht daß der Anwalt bestimmen kann, was die DDV Mediengruppe bringen soll.
Kann mir nicht denken, daß es so abläuft : "Ey macht doch mal was über mich, bringt mir viele Klienten ein und für Euch soll natürlich auch was rausspringen."

Jedenfalls gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass sein neuer Anwalt irgendwie "Szene-Anwalt" wäre

Eie Frage an die Juristen hier:

Dürfen Einzlheiten aus widerrufenen Geständnissen von der Polizei und später der Staatsanwaltschaft verwendet werden?
In seinem Geständnis hatte E. ja zB erklärt, wo er Waffen verseckt hatte, und dort waren diese Waffen auch gefunden worden.

VanDusen schrieb:Clevere Taktik,.. nur um wenige Tage später zu behaupten, dass man es doch nicht war

Bei Jens Söring hat der Widerruf nichts eingebracht, er sitzt bis heute.
Ist aber auch US Rechtssystem und alles noch komplizierter gewesen