Kassel/Wolfhagen Regierungspräsident Dr. Walter Lübcke ermordet

simie schrieb:Auf die abwegige Idee, dass Kritik an Staatsorganen zum Entstehen der Reichsbürgerbewegung führt, muss man erst einmal kommen.

Wo bitte habe ich geschrieben, dass Kritik an Staatsorganen zum ENTSTEHEN der Reichsbürgerbewegung führt?? Und dass Staatsorgane alles richtig machen und keinerlei Kritik an ihnen erlaubt sei??

Ich habe genau das geschrieben, was @Seps13 noch mal verdeutlicht hat.

Seps13 schrieb:Es geht darum, dass mit eben solchen permanenten Hinweisen darauf, wie schlecht hier in Dt. alles läuft, Sturzambitionen mitgetragen werden,.
Es geht mehr um den Rat, sich durch Dauergemecker und Verschwörungsvermutungen den Blick auf das Positive nicht zu verbauen. Verbessern können wir uns sicherlich, aber nicht so, wie Extremisten das machen wollen.

Eben, es geht erstens um das unqualifizierte Dauergemecker vom häuslichen Sofa aus, das gerne in jeglichem staatlichen Handeln Fehler und Missgriffe vermutet. Ein Beispiel ist auch dieser Thread. Was wurde hier zu Anfang nicht alles geschrieben, als die Ermittlungsbehörden den Täter noch suchten. Da wurde gemutmaßt, dass man ihn nie fassen würde (dass also die Ermittler zu dumm oder zu unfähig sind, das Verbrechen aufzuklären), was für ein Unsinn der Einsatz an der Fähre in Harlesiel gewesen sei, dass die Behörden nicht oder zuviel informieren und, und, und.

Und es geht um gerne verbreitete Verschwörungstheorien, wenn behördliche oder gerichtliche Entscheidungen manchen nicht gefallen. Was wurde in Kriminalfällen aus Bayern nicht schon über ein angebliches „System Strauß“ räsonniert, wonach bis heute quasi alle Behörden und Gerichte in Bayern mit Spezln besetzt sind und vor jeder Entscheidung in der bayrischen Staatskanzlei in München nachfragen müssen, ob das so auch richtig ist (zugegeben, das ist ein wenig überspitzt dargestellt, aber in diesem Sinne schreiben wirklich manche).

Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Verbreitung solchen Dauergemeckers und solcher Verschwörungstheorien eben nicht notwendige konstruktive Kritik ist, sondern in ihrer Destruktivität den Ideologien Vorschub leistet, die diesen Staat zerstören wollen.

temporari schrieb:Zweitens: Wenn man denn der mMn sehr guten Reportage des zdf "Staatsfeind in Uniform" glauben kann, so entspringen gefährliche Akteure auch aus den Reihen des Staates.

Das ist ein Punkt, der mir auch Sorgen macht. Die Bundeswehr und was dort intern läuft, kommt leider in der gesellschaftlichen Debatte nicht mehr vor, Folge der Abschaffung der Wehrpflicht. Aber das Thema ist OT und sollte an anderer Stelle weiter diskutiert werden.

temporari schrieb:Was genau hältst du dagegen, dass - aus meiner persönlichen Erfahrung - viele Entscheidungen aus fehlender Konfliktfähigkeit unbefriedigend getroffen werden?

Ich halte gar nichts dagegen. Du verstehst offensichtlich nicht mein Anliegen und das Problem:

Ich halte es für gänzlich falsch nebulöse Behördenkritik im Rahmen einer Diskussion über Rechtsradikalismus zu äußern. Dies kann nur zur Relativierungen von politisch motivierten Straftaten führen.

https://www.faz.net/aktuell/politik/inland/was-der-mord-an-luebcke-mit-dem-nsu-zu-tun-hat-16257706-p2.html

Der Account „Game Over“ konnte, anders als bisher berichtet, bis jetzt noch nicht eindeutig Stephan E. zugeordnet werden.

Unter seinem Klarnamen ist zwar kein Account angemeldet, doch es gibt Berichte darüber, dass er unter dem Pseudonym „Game Over“ Kommentare verfasst haben soll. „Entweder diese Regierung dankt in Kürze ab, oder es wird Tote geben“, lautet eine der Nachrichten, die angeblich vom ihm stammen. Eine offizielle Bestätigung dafür, dass tatsächlich Stephan E. hinter „Game Over“ steckt, gibt es bis heute nicht. In Sicherheitskreisen heißt es, die Verifizierung sei sehr schwierig, offenbar gelingt es bisher nicht, sich Zugang zum Account von „Game Over“ zu verschaffen.

Auch steht es bis jetzt noch nicht einwandfrei fest, dass der TV an der Bürgerversammlung in Lohfelden teilgenommen hat.

Kreuzbergerin schrieb:Auch steht es bis jetzt noch nicht einwandfrei fest, dass der TV an der Bürgerversammlung in Lohfelden teilgenommen hat.

@Kreuzbergerin
Was der Spiegel vor 2 Tagen schrieb, wurde also bisher nicht offiziell bestätigt.

Stephan Ernst war nach SPIEGEL-Informationen bei der Bürgerversammlung, auf der diese Worte fielen, selbst anwesend.
https://www.spiegel.de/panorama/justiz/walter-luebcke-stephan-e-legt-gestaendnis-ab-a-1274335.html
Dass die Frage für die Ermittlungen wichtig sind, ist klar.
Ich überlege aber gerade, ob so eine große Rolle spielt, ob er damals dabei war oder nicht, denn ist ist seit dem ja reichlich Zeit vergangen.
Damit will ich sagen, dass die Tat nicht unmittelbar nach er Versammlung begangen wurde.
Er hatte Jahre Zeit, sich zu besinnen.

Wenn diese Sätze Herrn Lübcke in der rechten Szene verhasst gemacht haben, hätte jeder X-beliebige Idiot ihn erschießen können, ob er damals live dabei war- oder nicht.

Lichtenberg schrieb:Ich halte es für gänzlich falsch nebulöse Behördenkritik im Rahmen einer Diskussion über Rechtsradikalismus zu äußern. Dies kann nur zur Relativierungen von politisch motivierten Straftaten führen.

Die Medaille hat noch eine andere Seite: ständige Pauschalkritik an allem und jedem, was behördlicherseits gemacht wird, führt zur Demotivation der dort Beschäftigten. Irgendwann wächst sich das zur self fulfilling prophecy aus. Dann fragt sich auch der engagierteste Polizist irgendwann, warum er sich noch anstrengen soll, wenn eh nur Dauergemecker seitens der Bevölkerung kommt und die Anzahl der Übergriffe auf Polizeibeamte, aber auch Gerichtsvollzieher und andere Vollstreckungsbeamte signifikant steigt.

Lichtenberg schrieb:Genau das(!) ist der fruchtbare Boden, auf dem extremistisches Gedankengut gedeiht.

Da ist dann gerne mal von der Schludrigkeit der Behörden die Rede, weil sie 2013 (?) nicht in der Lage waren, ein Waffennest auszuheben.

Egi schrieb:Leider ist die Vorstellung weit verbreitet, dass jeder Hallodri eine Waffenbesitzkarte erhalten kann.

Wikipedia: Polizistenmord in Georgensgmünd 2016
Jedenfalls verfügte dieser Reichsbürger, der sich aus Deutschland abgemeldet hatte, über 31 legal erworbene Waffen.

Andante schrieb:Ich bin nach wie vor der Meinung, dass die Verbreitung solchen Dauergemeckers und solcher Verschwörungstheorien eben nicht notwendige konstruktive Kritik ist, sondern in ihrer Destruktivität den Ideologien Vorschub leistet, die diesen Staat zerstören wollen.

Vom Reichsbürger mit seinem nebulösen Daueranprangern zum radikalisierten Rechten ist meiner Meinung nach kein allzu großer Schritt.

emz schrieb:Vom Reichsbürger mit seinem nebulösen Daueranprangern zum radikalisierten Rechten ist meiner Meinung nach kein allzu großer Schritt.

Das verdanken wir zum Teil den "Segnungen" des Internets. Früher galten solche Leute als Querulanten, ihr Wirken war maximal auf den Stammtisch und ihr örtliches Umfeld begrenzt. Heute können sie sich regional, national und sogar international mit Gleichgesinnten auf der gesamten Erdscheibe (Ironie) vernetzen. Was sie natürlich in ihrer Weltsicht bestärkt. Sogenannter confirmation bias.

Wikipedia: Querulant

emz schrieb:Vom Reichsbürger mit seinem nebulösen Daueranprangern zum radikalisierten Rechten ist meiner Meinung nach kein allzu großer Schritt.

Das sehe ich auch so. Reichsbürger zu verharmlosen ist ein Fehler. Das ist eine kreuzgefährliche Bande. Wer, wie ich, Einblick in den öffentlichen Dienst hat, weiß, dass aus Reichsbürger-Ecke regelmäßig Versuche gestartet werden, die Beschäftigten mit bestimmten Maßnahmen einzuschüchtern und vom Vorgehen gegen sie abzuhalten.

So zynisch es klingen mag, ein Gutes hat der Mord an Lübcke: Er hat bei der politischen Kaste Problembewusstsein für das Thema Rechtsextremismus / Rechtsterrorismus geweckt. Es ist nur allzu menschlich, dass eine Bedrohung erst dann wirklich ernst genommen wird, wenn sie einen selbst betreffen kann.

Während Attentate gegen Politiker und andere Schlüsselpersonen von jeher zum Instrumentarium des Linksterrorismus gehören, richtete sich der rechte Terror zumindest die letzten 100 Jahre gegen "kleine Leute", oftmals mit ausländischen Wurzeln. Das ist nach diesem Fanal vorbei, nun müssen sich zigtausende Politiker und Beamte ganz unmittelbar an Leib und Leben bedroht fühlen. Das wird Folgen haben.

Ich prophezeie: So wie man zuvor gegen RAF & Co das ganz große Besteck hervorgeholt hat, wird man nun auch hart gegen die Rechten vorgehen.

@VanDusen
Das glaub ich noch immer nicht. Das hätte man nämlich bereits seit Jahrzehnten tun können und vor allem MÜSSEN. Statt dessen wurde der Rechtsextremismus und der Rechtsterror stets geleugnet. Nicht zuletzt beim NSU Verfahren.

Warum konnte und kann sich diese Pest denn so ausbreiten? Selbst wenn Straftaten angezeigt werden, folgt sehr häufig eine Einstellung des Verfahrens. 1000 Bekloppte zeigen den Hitlergruss auf einer Veranstaltung? Es wird genau ein Verfahren eingeleitet und in der Folge selbstverständlich eingestellt. Statt für jeden der Teilnehmer eines.
So wird es mit Angriffen auf " Nichtarier" gehandhabt, mit Beleidigungen und Hassreden, mit offensichtlich diskreditierenden Lügen der rechten "Politprominenz", mit unangemeldeten Demonstrationen, mit Konzerten, mit Treffen, denk dir was aus.

Was lernen die Braunen draus? Natürlich, dass sie sich alles erlauben können.

Egi schrieb:Früher galten solche Leute als Querulanten, ihr Wirken war maximal auf den Stammtisch und ihr örtliches Umfeld begrenzt. Heute können sie sich regional, national und sogar international mit Gleichgesinnten auf der gesamten Erdscheibe (Ironie) vernetzen.

Mit der übergeordneten Verbreitung ist es aber nicht allzu weit her. Der gemeine Reichsbürger hat zwar Sympathisanten um sich geschart, ist aber eher nicht in relevante Organisationen eingebunden.

https://wiki.sonnenstaatland.com/wiki/R%C3%BCdiger_Hoffmann
Auch der Entenkönig hatte mal "vielversprechend" mit einer Brandlegung in einem Asylantenheim angefangen.

emz schrieb:Früher galten solche Leute als Querulanten, ihr Wirken war maximal auf den Stammtisch und ihr örtliches Umfeld begrenzt. Heute können sie sich regional, national und sogar international mit Gleichgesinnten auf der gesamten Erdscheibe (Ironie) vernetzen.
Mit der übergeordneten Verbreitung ist es aber nicht allzu weit her. Der gemeine Reichsbürger hat zwar Sympathisanten um sich geschart, ist aber eher nicht in relevante Organisationen eingebunden.

Aber ich denke, dass Reichsbürger in der Regel vernetzt sind. Und wer unter denen das Gefühl hat, vor Wut explodieren zu müssen, wird den engen Kontakt zu Gleichgesinnten suchen.
Man hat große Waffenfunde bei den sogenannten Reichbürgern gemacht.
Was will ein Einzelner mit vielen Waffen und viel Munition?
Da muss also schon an einen Tag in der Zukunft gedacht werden, an dem diese Waffen eingesetzt werden.
Davor, dass "die Russen kommen", hat man ja inzwischen keine Angst mehr.

@frauZimt

Genau das ist aber das Problem, dass die Reichsbürgerbewegung eben keine mehr oder weniger homogene Struktur hat. Damit sind sie auch so schlecht zu beobachten.

Wikipedia: Reichsbürgerbewegung

Reichsbürgerbewegung ist ein Sammelbegriff für eine organisatorisch und ideologisch sehr heterogene Szene aus meist Einzelpersonen, ... die die Existenz der Bundesrepublik Deutschland als legitimer und souveräner Staat bestreiten und deren Rechtsordnung ablehnen. Zu den von sogenannten Reichsbürgern vertretenen Ideologien gehören oft die Ablehnung der Demokratie, Ideologieelemente des Rechtsextremismus, Geschichtsrevisionismus und teilweise Antisemitismus oder die Leugnung des Holocausts. Sie teilen eine Haltung der Ablehnung einer offenen und pluralistischen Gesellschaft und weigern sich, unter anderem Steuern und Bußgelder zu zahlen oder Gerichtsbeschlüsse und Verwaltungsentscheidungen zu befolgen.

Auslöser sind häufig finanzielle Probleme wie angelaufene Schulden, entstanden durch Strafbefehle, Steuerschulden, GEZ-Verweigerung usw., die man dann dem Staat anlastet.

Was die Waffenaffinität anbelangt, die ordne ich einer gewissen Paranoia zu, ein konkretes Ziel vermag ich nicht zu erkennen.

Bei SpiegelONLINE ist mit Datum Freitag, 28.06.2019, 12:05 Uhr, zu lesen

Der mutmaßliche Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke bedauert nach eigenen Angaben die Tat. Der Mord sei "ein Fehler" gewesen, soll Stephan E[....] in seinem Geständnis gesagt haben, wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe berichtet.

Demnach soll E[....] weiter ausgeführt haben, er habe den Plan, Lübcke zu töten, schon seit Längerem gehegt. Nach SPIEGEL-Recherchen gehörte E[....] zu jenen Zwischenrufern, die 2015 eine Bürgerversammlung Lübckes störten.

Die Frage, die sich mir hierbei stellt, ist, handelt es sich hierbei bereits um eine von seinem Anwalt angekündigte öffentliche Äußerung seines Mandanten?

emz schrieb:Bei SpiegelONLINE ist mit Datum Freitag, 28.06.2019, 12:05 Uhr, zu lesen
Der mutmaßliche Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke bedauert nach eigenen Angaben die Tat. Der Mord sei "ein Fehler" gewesen, soll Stephan E[....] in seinem Geständnis gesagt haben, wie der SPIEGEL in seiner aktuellen Ausgabe berichtet.

Damit sitzt er jetzt dann wohl endgültig zwischen allen Stühlen: In der deutschen Öffentlichkeit gilt er als Nazi und Mörder und bei seinen ehemaligen Kameraden als Verräter.

Er scheint wirklich nicht besonders nervenstark zu sein...

falstaff schrieb:Er scheint wirklich nicht besonders nervenstark zu sein...

Denkbar ist aber auch, dass er so "nervenstark" ist und es ihm egal ist, was andere über ihn denken und von ihm halten.

@emz
Zu den Auslösern kann ich dir voll zustimmen. Wir hatten jahrelang eine exzellente Angestellte. Jung ledig. Immer ganz klar klug und offen. Eines Tages erzählte sie daß sie seit Monaten mit der GEZ kämpft. Und zwar seitenlange Briefe verfasst, usw usw. Sie wollte auch nichts nachzahlen. Und überhaupt nichts zahlen da sie weder TV noch Radio usw usw, das wurde so manisch bei ihr, dass wir uns sorgten . in d Urlaubszeit sprachen wir über Reisepässe und sie sagte auf einmal sie will weder pass noch Ausweis. Wäre wertlos und dann ging es richtig los. Keiner war mehr sicher vor ihren neuen Ideen. Es ging spöter bis zur weltweiten Verschwörung , 9/11 , und dann das Thema wer regiert uns wirklich und dass wir keine gültige Verfassung hätten.
Sie suchte nur noch nach Interessengruppen die ihre neuen Ideen komplett abdeckte und kam auf die reichsbürger. Wir mussten Sie bitten, dass im Job außen vor zu lassen. Diese Leute sind wirklich wie besessen davon . Die glauben das alles wirklich. Sollte das OT sein, gerne löschen,
Wollte nur aufzeigen wie Leute dazu kommen können.

Lichtenberg schrieb:Denkbar ist aber auch, dass er so "nervenstark" ist und es ihm egal ist, was andere über ihn denken und von ihm halten.

Naja, in wenigen Tagen vom kaltblütigen Überzeugungstäter zum reuigen Sünder ist schon ein rasanter Wandel.

falstaff schrieb:Naja, in wenigen Tagen vom kaltblütigen Überzeugungstäter zum reuigen Sünder ist schon ein rasanter Wandel.

Wir hatten hier doch einen Link, nach dem das die immer gleiche Taktik des Anwalts ist.