Tritonus schrieb:Justsaying schrieb:
Von außen ist der Pegeltrinker nur schwer zu erkennen, denn er zählt gewissermaßen zu den „funktionierenden Alkoholikern“.
Genau, und von denen gibt es mehr als man denkt. Ich kannte (und kenne) einige, die sind sozial vollkommen unauffällig, können ihren Beruf ausüben, haben sogar ganz gute Positionen, aber sie trinken viel. Du denkst zuerst, naja, der bechert halt ganz gern, warum auch nicht. Aber die Abhängigkeit merkst du erst, wenn du die Leute besser kennst. Und die könne eben nicht den Alkohol einfach weglassen.
So ist es. Und bei manchen bleibt es eben nicht dabei, sondern entwickelt sich über Monate oder sogar Jahre hin zur Sucht mit massivem Beschaffungsdruck, der eben den “funktionierenden Alltag“ nicht mehr zulässt…gar nicht mehr zulassen kann.
Tritonus schrieb:Bedman schrieb:
Das die total "abgedrönten" Alk`s und Junkie`s ihren Stoff benötigen , ist ja bekannt.
So simpel ist das halt nicht.
Aber es wäre doch schön, wenn’s so wäre, dann würde das der eigenen Überlegung und Überzeugung zu Sucht und Beschaffungsdruck entsprechen. 🙄
Mal so 2-3 Flaschen Wein (oder doch schon Liter?) abends, nach dem Dienst, als Pflegekraft …was ist schon dabei?
Dass man als (häusliche) Pflegekraft sich mal einen Schoppen am Abend gönnt, kein Ding…aber bei dieser Menge fällt das auf. Mindestens (!) am Atem und in der Pflege kommt man seinen Mündeln oft (körperlich) näher, als viele ihrem eigenen Partner. In XY wurde es ja auch so dargestellt, dass man es bereits gerochen hat. Alkohol riecht übrigens nicht nur durch den Atem, sondern kann auch im Schweiß und somit an der Kleidung wahrgenommen werden.
Die Menge an Wein, die DB im ersten Einsatz „vernichtet“ hat plus, dass sie noch an den Bestand des Arbeitgebers gegangen ist (ich vermute, die Szene entspricht der Wahrheit), lässt durchaus schon auf gewissen Druck schließen. Druck = Angst in den Entzug zu rutschen.
Und da man sie dann schnell entlassen hat, ohne Alkohol, wird sie noch schneller in den (geistigen) Entzug geraten sein. Da müssen die körperlichen Symptome noch gar nicht angefangen haben oder spürbar sein, da ist im Kopf schon das Gedankenkarussell „Ich brauch‘ Alk! WO krieg‘ ich Alk?“.
Wie bei jeder anderen Droge (was Alkohol im übrigen ebenso ist: eine Droge) setzt der Beschaffungsdruck ein und alles geht nur noch darum, wie man schnell an diese begehrte Droge kommt.
Das muss man nicht romantisch verklären. Es ist brutal.
Offensichtlich kann sich das mancher nicht vorstellen und sieht das noch als eher „na, so dramatisch ist’s ja nicht.“. Es ist brutal! Alles, was du nach dem Zeitpunkt, an dem dieses Gedankenkarussell in Gang gesetzt wird, tust, dient nur noch dafür, das zu beschaffen, was der Körper und vor allem der Kopf braucht.
Das ist Sucht. Und dazu muss man nicht „abgedröhnt“ (wohl eher zugedröhnt und abgetanzt?) sein. Keineswegs. Beispiel: Uwe Barschel war hochgradig abhängig von Tavor. Hat der Außenstehende das gesehen? Nope. Gustaf Gründgens hat sich täglich mit hohen Dosen Aufputschmitteln durch den Tag gebracht, um überhaupt arbeiten zu können. Abends hat er sich noch höhere Dosen Tranquilizer eingeworfen, damit er schlafen konnte. Hat‘s ein Außenstehender gemerkt? Nein.
Trotzdem waren beide höchstgradig drogensüchtig (gibt viele weitere Beispiele dafür) und bei Gründgens war es auch der Grund für seinen frühen Tod.
Nicht jeder langjährig (massiv) Abhängige muss aussehen, wie die Stereotypen aus „Hartes Deutschland“.
Und wenn der Druck ganz gravierend hoch ist, was ich mir hier bei DB gut vorstellen kann, dann verliert man schnell eine gewisse Selbstachtung. Geht Wege für den „Stoff“, die man sonst nie gehen würde.
Das schließt für mich auch Prostitution ein.
Viele Prostituierte kamen nur durch ihre Sucht (AUCH Alkoholsucht, nicht nur Meth usw) in diese Lage.
Ob DB, nachdem sie, aus welchen Gründen auch immer, in Kaiserslautern gestrandet war, dies vorhatte, glaube ich nicht. Das ist an sich der letzte Weg.
Aber ich kann mir vorstellen, dass sie sich am Bahnhof umgesehen hat und ausgelotet hat, wo ggf. (obdachlose) Alkoholiker sich aufhalten. Bahnhofsvorplätze sind da meistens gut „besucht“.
Ggf. ist sie dort eben jemandem aufgefallen, der ihr das Gewünschte in Aussicht gestellt hat. Und als man dort (Wohnung?) war, eben eine Gegenleistung gefordert hat, die DB nicht bereit war ihm zu geben.
Das ist meine Theorie davon. Auch weil ich die Seite der (häuslichen) Pflege selbst kenne, genau wie die der Sucht (bei anderen und bei mir selbst, bei mir aber kein Alk).
Bei mir hat übrigens meine Zeit als Krankenschwester in die Sucht geführt.
Das könnte bei DB auch so gewesen sein. Könnte; nicht muss.
Weder (häusliche) Pflege noch Sucht sind romantisch zu betrachten. Ersteres ist ein knallharter Job, mit nicht besonders guter Bezahlung; für Kräfte aus dem Ausland, weit weg von ihrer Familie, oft mit sprachlichen Schwierigkeiten und oft auch gravierenden Unterschieden wie Pflege in ihrem Land im Gegenzug zu Deutschland gehandhabt wird usw.
Sich das Ganze erträglich zu saufen, ist eine Form der Kompensation und ist definitiv nicht selten.
Sorry, der harten Worte. Aber einige scheinen das hier wirklich zu verklären.