Bei der Beurteilung der Besorgnis einer Befangenheit nach Beschwer-
degrundsätzen ist die im Revisionsverfahren unaufgefordert abgegebene Stel-
lungnahme der Vorsitzenden miteinzustellen, die ebenfalls ein Fehlen der gebo-
tenen richterlichen Distanz erkennen lässt.
Quelle:
https://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&sid=c895d83a85705e33defc428ae94ab23a&nr=141309&anz=39&pos=0
AusLeipzig schrieb:Es lässt sich also ein Fehlen richterlicher Distanz (also Befangenheit) erkennen. Nicht nur vermuten und auch nicht nur man könnte es sich hier vorstellen. Vielmehr lässt es sich schlicht erkennen, ist also vorhanden.
Du unterschlägst hier bei Deinen abwegigen Schlussfolgerungen allerdings großzügig, dass sie diese Stellungnahme Monate nach dem Urteilsspruch abgegeben hat. Die Passage aus dem BGH-Entscheid attestiert also eine mangelnde richterliche Distanz zum Zeitpunkt, an dem die Stellungnahme abgegeben wurde. Das bedeutet eben nicht automatisch, dass diese gebotene richterliche Distanz schon im Zeitraum des Prozesses fehlte.
Ich weiß nicht, ob Dir schon mal jemand in Deinem Beruf einen schwerwiegenden Fehler vorgeworfen hat. Und zwar nicht Dir ins Gesicht, sondern diese in einem Beschwerdebrief an Deinen Chef geäußert hat (vielleicht sogar über seinen Anwalt) oder vielleicht sogar eine Aufsichtsbehörde (Handwerkskammer, Gesundheitsamt, Landratsamt, Schulbehörde etc., was weiß ich, wer in Deinem Beruf zuständig ist). Ich habe es aber schon sehr oft bei Menschen in so einer Situation gesehen, dass sie das eigentlich immer extrem persönlich nehmen, sich persönlich angegriffen fühlen und as selbst den professionellsten, erfolgreichsten und erfahrensten in dem Moment die berufliche Distanz ganz schnell und leicht abhanden kommen kann.
Das lässt dann aber keinen Rückschluss zu, dass ihnen diese auch in dem Moment fehlte, als sie das (angeblich) fehlerhafte Gewerk, die Behandlung oder die Handlungen, auf die sich die Beschwerde bezieht, durchgeführt haben.
Natürlich hätte Frau Aßbichler das mit der Stellungnahme mal besser gelassen und natürlich wünscht man sich, dass ein Richter die Möglichkeit einer Revision als rechtsstaatliches Instrument der Überprüfung eines für den Angeklagten folgenschweren Urteilspruch ansieht und nicht als persönlich zu nehmende Krittelei an seiner Arbeitsleistung. Menschlich ist das aber durchaus nachvollziehbar.
Stell Dir halt einfach mal vor, jemand führt auf 1.732 Seiten auf, wie schlecht Du gearbeitet hast und posaunt das auch noch überall in der Presse hinaus. Und Du bist in dem Fall halt keine Kassiererin an der Kasse des lokalen Aldis, keine Klempner mit 20 km Einzugsgebiet und auch kein Tierarzt, der ein Karnickel falsch behandelt haben soll, sondern Richterin in einem Prozess mit bundesweitem Medieninteresse. Dass man da irgendwie Stellung beziehen will, auch wenn es absolut unüblich ist, so etwas zu tun kann ich nachvollziehen.
Zitat von AusLeipzigAusLeipzig schrieb:
Ich will dass Leute entweder zeigen dass die Vorsitzende nicht befangen war oder aufhören so zu tun als wüssten sie dass sie nicht befangen war. Ist das für dich komplett nicht nachvollziehbar?
Wollen kann man viel!
Wies soll Dir denn jemand zeigen, dass die Vorsitzende nicht befangen war?! Genauso wenig kann man zeigen, dass sie befangen war. Man kann ihr nunmal nicht in den Kopf schauen und noch dazu in die Vergangenheit. Man könnte sie befragen, aber es könnte ihr selbst nicht mal bewusst sein oder sie könnte bei der Antwort lügen.
Man kann also nur aus ihrem Verhalten und bestimmten Handlungen rückfolgern, dass der Angeklagte einen begründeten Anlass hatte, eine Befangenheit zu befürchten. Und genau das und nicht mehr hat das Gericht festgestellt.
AusLeipzig schrieb:Daraus kann man ja kaum foglern, dass sie nicht begangen war, oder? Klar aus dieser Passage kann man natürlich auch nicht folgern dass sie befangen war.
Solltest Du es am Ende doch kapiert haben?
Lanza schrieb:Das Urteil ist für die Tonne.
Schöne Antwort, kurz und präzise auf den Punkt gebracht. Nur leider passt sie nicht zu der Frage, die gestellt wurde.