JamesRockford schrieb:Für mich bedeutet es, dass der Täter ein Auto oder wenigstens ein Moped gehabt haben muss. Das Berliner U-Bahn Netz ist zwar ziemlich gut ausgebaut, aber es hätte ein geeignetes Transportmittel erforderlich gemacht. Rollkoffer gab es noch keine.
Das Moped würde ich persönlich eher ausschließen, da es mir für das Verbringen einer Leiche ziemlich ungeeignet erscheint. Auch im Beiwagen oder mit einem Anhänger wäre das Entdeckungsrisiko sehr hoch gewesen. Ich denke deshalb das der Täter Zugriff auf einen PKW, Transporter oder LKW hatte (berufliche oder private Nutzung).
JamesRockford schrieb:Außerhalb von Westberlin? Du meinst in der DDR? Wie hätte das gehen sollen? Oder meinst Du in der Peripherie?
Ich meine die Peripherie. In die DDR ist der Junge mMn sicher nicht verschleppt und dann wieder zurückgebracht worden. Das kann ich mir bei den damals äußerst strengen und gründlichen Grenzkontrollen wirklich nicht vorstellen.
JamesRockford schrieb:Ich könnte mir vorstellen, dass ein Kind, für das ein Fahrrad unerreichbar ist, und das mit finanziellen Engpässen leben muss, sehr anfällig für in Aussicht gestellte Dinge sein könnte. Vermutlich war er eine leichte Beute.
Das vermute ich auch. Viele Kinder aus finanziell eher schwächeren Haushalten hatten damals und haben auch heute noch teilweise recht bescheiden anmutende Wünsche, weil sie um die finanziell angespannte Lage der Familie wissen (wie ein Fahrrad, oder wie hier schon genannt wurde ein Trikot oder sowas). Da kann man natürlich sehr schnell Begehren wecken, wenn man etwas in Aussicht stellt, was das Kind sonst wahrscheinlich nicht bekommen würde. Insofern bin ich da vollkommen mit dir d´accord, dass Reiner mutmaßlich für einen Täter eine relativ "leichte Beute" war.
JamesRockford schrieb:Wenn Reiner zwei Tage bei dem Täter war, bedeutet das, dass der Täter alleine lebte oder über eine Möglichkeit verfügte, dass die Leiche des Jungen zwei Tage im Kofferraum oder einem Schuppen oder sonstwo untergebracht war. Nach zwei Tagen musste sie trotz der Temperaturen weg.
Entweder lebte er allein oder etwaige Mitbewohner(innen) weilten in diesem Zeitfenster woanders. Z.B. beruflich unterwegs oder im Urlaub/Verwandtenbesuch, Krankenhausaufenthalt, Kur oder etwas in der Art. Er kann aber die Tat auch außerhalb seines eigentlichen Wohnraumes begangen haben. In einer Laube im Schrebergarten (Datsche) oder in einem leerstehenden Gebäude oder, oder, oder....
JamesRockford schrieb:Ein alleinlebender Täter wäre vermutlich volljährig gewesen. Er wäre dann heute mindestens Anfang 70. Jedenfalls ist er danach nicht mehr in Erscheinung getreten.
Ich nehme auch an, dass der Täter volljährig war und auch ein unauffälliges, scheinbar völlig normales Leben führte. So geriet er nie in Verdacht. Vielleicht hat er auch noch mehr Straftaten begangen für die er nie belangt wurde oder hat seine eigenen Kinder missbraucht? Auffällig ist, dass er sein Opfer Reiner am Genital verstümmelte. Es ging dem Täter also nicht "nur" um den reinen sexuellen Missbrauch eines Minderjährigen und er war dafür auch bereit zu morden. Ich kann mir deshalb nur schwerlich vorstellen, dass dieser Täter vor- und nach der Tat nie "aktiv" war, sondern es bei dieser einzelnen Tat geblieben ist.
Nala-Nyna schrieb:Mir ist jetzt beim Schauen des FF nicht ganz klar geworden, ob der Mitsucher "Gerhard" identisch mit dem Chips-Spender ist. Oder waren das zwei verschiedene Gäste?
Für mich sind der Gönner der Chips und jener "Gerhard" ein- und dieselbe Person. Im Filmfall zeigt man übrigens eine Tüte der Marke "Crunchips" vom Hersteller Lorenz-Snack. Diese Marke wurde in Deutschland erst 1992 eingeführt. Die gezeigte Chipstüte entspricht also nicht der, welche tatsächlich an Reiner verkauft wurde. Das nur nebenbei.
Nala-Nyna schrieb:Die Chips-Sache finde ich in dem Lokalkolorit übrigens weniger auffällig als heute. Früher (ich denke hier an die späten 70er, frühen 80er.. aber 73 wird es nicht viel anders gewesen sein) war man als Kind tatsächlich oft mit in der Kneipe (und hat Limo getrunken und Flipper gespielt) und dass man da was von Gesprächspartnern der Eltern ausgegeben bekam, war (zumindest ist es das für mich aus der Retrospektive) gar nicht merkwürdig.
Das kann ich zumindest für Münsterland und Ruhrgebiet bestätigen, wo ich aufgewachsen bin. Damals gehörten Kneipen zum Leben weit mehr dazu, als es heute der Fall ist. Sie war Treffpunkt und für einige Männer der Besuch auch ein tägliches Ritual. Es gab Stammtische, es wurde Karten gespielt, über Sorgen und Nöte, die Politik oder die Arbeit gesprochen, über Sport oder schöne Lebensereignisse. Da war die Luft dann oft "zum Schneiden" so geschwängert war sie von all dem Zigarettenqualm. Das Kinder dort auch hinkamen war absolut nicht ungewöhnlich. Meist konnte man dort Eis, Schokolade oder andere Süßigkeiten erwerben. Total normal.
Nala-Nyna schrieb:Diesen "Stammgast" Gerhard finde ich trötzdem ominös. Von Stammgästen weiß man doch so einiges (So weiß die Wirtin von der Mutter, der Putzstelle, kennt die Zeiten an denen der Vater erscheint und wo er arbeitet...) aber von Gerhardt weiss sie gar nichts?
Und auch der Vater, der ich länger mit ihm unterhält kann nichts beitragen? Das klingt ja schon fast, als habe sich da jemand hineinbegeben und drauf geachtet, nichts preis zu geben.
Das ist mir eben auch aufgefallen. Ich denke nicht, dass er tatverdächtig ist. Aber trotzdem ist es doch äußerst merkwürdig, dass man nur dessen scheinbaren Vornamen kennt.
Nala-Nyna schrieb:Warum uns die Berufe der Kinder vorgestellt wurden (Fleischerlehrling, angehende Arzthelferinnen), weiß ich nicht zu sagen. Wollte man zeigen, dass man arbeitswillig, fleißig war? Vermutet man den Täter in den Branchen, so diese in der Nachbarschaft lagen?
Sehr gute Frage! Darüber habe ich mich auch gewundert. Und warum wurde zudem Erzählt, wer sich mit wem ein Zimmer teilt? Für mich sind diese Informationen nur schwer mit der Tat zu verbinden und scheinen nicht wirklich relevant zu sein. Aber irgendetwas wollte man damit wohl bezwecken, sonst hätte man es wohl nicht in den Filmfall eingebaut.
TonyPetrocelli schrieb:Die Wirtin weiß seinen Nachnamen nicht und will sich "umhören" und trotzdem wurde dieser Gerhard nie ausfindig gemacht? Scheinbar ist dieser Gerhard dort nie wieder in Erscheinung getreten. Das finde ich schon seltsam.
Ja absolut. Es erweckt den Eindruck, dass dieser ominöse "Gerhard" nach diesem Tag verschwand bzw. nie wieder in der Kneipe auftauchte. Warum?
TonyPetrocelli schrieb:Diese Info habe ich aus dem Artikel, den ich mit verlinkt habe
Ja ich habe es gefunden. Danke!
megavolt schrieb:(...) der Vater wurde im Film noch als recht nüchtern dargestellt. Ich frage mich, ob das wirklich so war, ob er wirklich von seinen Kneipenkontakten große Informationen behalten hat.
Ich denke nicht, dass er sich täglich bis zum Filmriss dort betrunken hat. Er konnte ja morgens zur Arbeit auf die Baustelle, er konnte zweimal die Gegend nach seinem Kind absuchen. Wäre er jeden Nachmittag/Abend volltrunken gewesen, hätte das Wahrscheinlich nicht funktioniert.
nilsbolgersson schrieb:Man müsste doch auch wissen, ob dieser Gerhard am besagten Tag kurz vor Reiners Verschwinden die Kneipe verlassen hat.
Und wenn er Stammgast dort war auch, ob das seine übliche Zeit war, oder ob er sonst viel länger dort verweilte..
Die Frage ist, ob er die Kneipe nach Reiner verließ und dann pünktlich als Reiners Mutter in der Kneipe erschien wieder zurückkehrte, denn im Filmfall ist er da anwesend wenn ich mich recht erinnere. Das halte ich für unplausibel. Von daher ist er für mich nicht tatverdächtig. Zumal er ja den Jungen abpassen, zum Tatort bringen, missbrauchen und lagern musste ehe er in die Kneipe zurückkehren konnte. Das dafür zur Verfügung stehende Zeitfenster erscheint mir da wesentlich zu kurz. Trotzdem komisch das man nichts über ihn ermitteln konnte.
Volvic schrieb:Für mich kam es in XY auch nicht so rüber als sei Gerhard dringend tatverdächtig, sondern eher ein wichtiger Zeuge.
Ja ich halte ihn auch nicht für tatverdächtig. Im Filmfall erschien es mir eher so, dass man ihn als Zeugen sucht.
Grillage schrieb:Danke an @Slaterator für die Erstellung dieses Threads. So ist die Diskussion über den Fall gebündelt und man muss die Beiträge dazu nicht zwischen anderen Fällen heraussuchen.
Sehr gerne geschehen. Ich denke auch das dieser Cold Case einen eigenen Thread verdient.