Hallo,
meinen ersten Post nehme ich mit Vorfreude und leichtem Enthusiasmus auf und würde gerne einmal auf Bruce Chatwin hinweisen.

Ich fand sein Buch "Traumpfade" zufällig in einem Bücherschrank und war aufgrund meines Interesses an der Kultur der Aborigines direkt im Bann des Buches. Gleichzeitig war es für mich so entgegenkommend geschrieben, das mehr als ein guter Eindruck zurückblieb und ich mich auf die Lauer legte nach diesem Autor.

Bruce Chatwin wird als Reiseliterat gehandelt wobei er sich selbst als Geschichtenerzähler gesehen hat. Sein erstes Buch "In Patagonia" erinnert mich (oberflächlich, denn ich habe es noch nicht gelesen :) an Hape Kerkelings "Ich bin dann mal weg", wobei ich nicht die Autoren vergleichen will, sondern ihr Thema.
Beide hatten ein großes Ziel vor Augen und sich kurz entschlossen und allein auf den Weg gemacht, weit weg von zu Hause, auf der Suche nach etwas fast schon mystischem, sich selbst.

Nach ein paar Jahren kam mir die Stimmung um Buch und Autor wieder auf und ich bestellte mir das Original in Englisch: The Songlines [1987]
Wie bei einem neuerlichen Goldrausch lies ich das Buch herunter, und der Autor klebte vollends an mir fest.

Kurze Zeit später fand ich heraus das der großartige Wolfgang Herzog eine filmische Biographie auf Grundlage seiner Freundschaft mit Bruce Chatwin produzierte: Nomad: In the Footsteps of Bruce Chatwin [2019]
Jetzt war ich vollkommen hin und weg, und mit jeder Minute des Verlaufs dieser Dokumentation fraß sich das Leben dieses Menschen und seiner Geschichte in mein Wesen.

Bruce Chatwin war ein Suchender und obschon er in seiner englischen Heimat durchaus verwurzelt war und ein reges Sozialleben pflegte, trieb es ihn in die Welt. Durch Empfehlung seines Vaters erlangte er eine Anstellung als "Porter" bei Sotheby's und entwickelte sich letztlich zum hiesigen Experten in Antiquitäten und expressionistischer Kunst. Während dieser Zeit unternahm Chatwin viele Reisen, für seine Arbeit, aber auch um Abenteuer zu erleben und finanzierte sein Lebensstil u.a. durch seine Kenntnisse im Handel mit Antiquitäten.
Bei Sotheby's stieg er mit 26 Jahren bis zur Position eines Junior Direktors auf, was aber nicht seinen Vorstellungen entsprach (das "Junior" verhinderte eine gleichberechtigte Teilnahme bei den Entscheidungen des Vorstandes). In Kombination mit zunehmender Langeweile über seine Arbeit entschied er sich für ein Studium der Archäologie. Auch hier stach er in seinen Ansprüchen und Fähigkeiten hervor, doch die akademische Ernsthaftigkeit ließ ihn nach zwei Jahren ohne einen Abschluss abbrechen.

Nun war die Zeit gekommen für seinen Entschluss Schriftsteller zu werden (ca. Ende der 60er Jahre).
In dieser Position ist er weltberühmt geworden, aber niemals ein Star. Er wird immer scheel von der Seite angeschaut.
Sachlich wird ihm vorgeworfen, das er in seinen Büchern reale Geschehnisse immer wieder nicht faktisch wiedergab.
Er zog es eher vor Geschichten zu erzählen mit dem Anspruch darin der Wirklichkeit näher zu kommen, als ein Mensch der versucht dies primär mit Fakten zu erreichen.

Das Hauptthema seiner Arbeit war das Nomadentum im Menschen. Er postuliert durch den Werdegang seiner Reisen und Begegnungen mit fremden, und oft auch indigenen Kulturen, das der Mensch ursprünglich einem nomadischen Leben entspricht und sich dadurch eine Weisheit und Klarheit der lebendigen Welt gegenüber entwickelt, welche routiniert Helden und Gelehrten unserer sesshaft-materiellen Kultur entsprechen oder übertreffen. Damit ist kein Anspruch auf Dominanz dem anderen gegenüber gemeint, sondern das die Kargheit, Einfachheit und Bescheidenheit der "nomadischen Alternative" großartige Lebensentwürfe ermöglicht, welche das beste im Menschen hervorholen können, ohne dabei in die Falle des Materialismus zu geraten.

Ich hoffe ihr konntet ein wenig meine Faszination dem Autor gegenüber nachempfinden.

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Science is a tool,
Understanding a routine,
Truth subjective and fact enclosed

Describing the world as fact leads to folly,
as humanity is limited in its realm

We can be in awe while scratching the surface of the impossible,
reaching beyond our natural heritage and foster the forces of mind and consciousness,
but never forget that we are as limited to everything like an ant to its hive

Don’t use fact if you want to teach life, but metaphor to describe its vibe

A story can be more true than reality

- in memory of Bruce Chatwin




Wikipedia: Bruce Chatwin