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Welches Buch lest ihr gerade?

7.161 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Bücher, Lesen, Literatur ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Welches Buch lest ihr gerade?

27.05.2017 um 10:33
Zitat von LepusLepus schrieb:#HasiWeißJetztAuchWasEinHashtagIst
#mussmanwissen :P:

Gutes Buch, ich fand es sehr interessant !



Ich lese gerade - Markus Ridder "Das Messias-Projekt"
Nach einem wahren Erlebnis.
Craig erwacht mit einem schrecklichen Kater. Der 40-Jährige ist vollkommen orientierungslos, weiß noch nicht mal, wo er ist. Doch langsam dämmert es ihm: Er ist in Zürich, und es sind nur noch wenige Minuten, bis ein wichtiger Vortrag beginnt. Ein Vortrag, den er selbst halten muss. In aller Windeseile zieht er sich an und hastet zum Veranstaltungsort. Dort angekommen wundern sich die Leute: Craig kommt fast auf den Tag genau ein Jahr zu spät. Und keiner weiß, was er in diesem einen Jahr gemacht hat. Auch Craig nicht. Er setzt alles daran, herauszufinden, was passiert ist. Doch nicht alle haben Interesse an der Wahrheit.
me

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27.05.2017 um 16:34
Zitat von Rick_BlaineRick_Blaine schrieb:Und als nächstes Buch empfehle ich
Zu schwierig. Ich nehme mal das:

einfach-lernen-mit-rabe-linus-mein-erste.jpgh500st

Im Blog habe ich es schon ausgebessert. Sind natürlich 300 römische Mille gemeint gewesen, also 300.000, welche der römischen Elite angehörten ;)


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27.05.2017 um 22:21
Franz Kafka - Der Verschollene/Amerika

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Der fünfzehnjährige Karl Roßmann wird von seinen Eltern mit einem Koffer in die USA verschifft, weil er ein Dienstmädchen geschwängert hat, und erlebt dort die komplette Isolation.

Bei Ankunft in New York scheint ihm die Welt offen zu stehen: auf dem Schiff der Hamburg-New-York-Linie lernt er im Kapitel Der Heizer einen Onkel (Bruder der Mutter) kennen, der Senator ist, ihn aufnimmt und ihm eine standesgemäße Privatausbildung zukommen lässt.

In einer albtraumhaften Sequenz lädt ihn ein reicher Freund seines Onkels auf sein Landhaus ein, um dessen Tochter kennenzulernen. Gegen den Wunsch des Onkels fährt Karl mit und jener verweist ihn per Brief aus seinem Haus.

Karl ist nun völlig auf sich alleine gestellt, erhält noch eine Stelle als Liftboy in einem Hotel, die er jedoch verliert, als ihn ein ehemaliger Wanderbegleiter im Vollrausch dort besucht und ihn kompromittiert. Mit jenem Iren namens Robinson zieht er in die Wohnung einer fetten Sängerin, welche mit dem schwarzen Franzosen Delamarche in einem Liebesverhältnis zusammenlebt.

Karl und Robinson werden als Lakaien ausgebeutet, und der Roman bricht ab.

Kafka hat diesen Text nie zu Ende geführt, und es gibt drei Fragmente, welche eine Fortsetzung versuchen:


  1. Karl schließt sich einer riesigen Theatergruppe aus Oklahoma als Technikgehilfe an und lernt die Größe der USA kennen
  2. Die Versklavung als Diener wird fortgesetzt und nimmt immer skurrilere Züge an
  3. Die dicke Sängerin wird in einer Art Rollstuhl aus ihrer Wohnung verschafft und endet mit Karl in einem Hinterhof



Ich kenne fast alle Texte von Kafka, aber dieser Roman fehlte mir noch. Er weist alle bekannten Motive seiner Texte auf, aber durch seinen Realitätsbezug ist er trotz der albtraumhaften Grundstimmung sehr beklemmend: ein Fünfzehnjähriger wird von seiner Familie verstoßen, findet keinerlei Anschluss und endet verarmt wie völlig isoliert.

Dazu kommt noch der Schreibstil: er ist sehr sachlich gehalten, Emotionen werden rationalisiert und Entscheidungen haben keine Grautöne. Jegliches Verhalten bringt extremste Folgen mit sich, nämlich die Verstoßung. Auch Karl ist dieses Denken internalisiert, nur ihm gelingt die Umsetzung nicht: seine Trennung von von den Landstreichern Robinson und Delamarche vor der Annahme des Jobs als Liftboy ist nicht endgültig, und schließlich muss er sich ihnen anschließen, um einer Verhaftung zu entgehen und nicht zu verhungern.

Beklemmende Weltliteratur.


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28.05.2017 um 17:34
Hasi liest jetzt:
Schonungslos Japanisch: Ein High School-Jahr zwischen Moderne, Tradition, Gastfamilie und Manga

Eine 17-jährige deutsche Schülerin geht ein Jahr nach Japan und berichtet über ihre Erlebnisse dort.

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28.05.2017 um 18:22
Zum zweiten Mal: City of Ashes - Cassandra Clare

Leichte Kost beim Sonnenbaden :)


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31.05.2017 um 21:40
Ein Arschloch kommt selten allein

81Cweja7m2LOriginal anzeigen (0,3 MB)

Ich dachte zuerst an einen Pseudo-Lebensratgeber - es ist noch viel schlimmer!
Es hat sich als ein Pseudo-Beziehungsratgeber herausgestellt.

Ist witzig geschrieben und ich musste oft schmunzeln, aber ich mag solche Bücher nicht, sie langweilen, wenn man eine Beziehung hat und sie helfen auch niemandem, der keine hat. :D

Aber ich weiß jetzt, was für ein Arschloch-Typ ich bin - das Buch ist nämlich auch noch ein Pseudo-Schubladenquizbuch... o_O


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01.06.2017 um 18:47
41O8gtLf2mL. SY346


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01.06.2017 um 19:54
Der erste Kreis der Hölle - Solschenizyn

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01.06.2017 um 20:43
@Lepus

Es hilft dem Geldbeutel des Herausgebers.


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01.06.2017 um 23:18
Jim Thompson - Now and On Earth

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Dies ist der erste Roman des Meisters des stringenten Noirs aus dem Jahre 1942. Gar nicht stringent, sondern mäandernd erzählt ein James Dillon seine Lebensgeschichte.

Aufgewachsen in einem Elternhaus mit einem reichen Vater, der in der Ölbranche nicht unreich wird, die Familie in Nebraska zurücklässt, aber letztlich verarmt. James reißt von zuhause aus, arbeitet als Boy in einem Hotel, säuft und nimmt Drogen, studiert schließlich Agrikultur, lernt seine Frau Roberta kennen und zieht mit Teilen ihrer Familie nach Kalifornien und arbeitet dort in der internen Logistik einer kriegswichtigen Flugzeugfabrik.

Viel verdient er dort nicht, trinkt immer noch gern und nimmt Drogen, aber er perfektioniert den Arbeitsablauf, was ihm nicht nur Freunde einbringt.

Typisch für einen Erstling, aber untypisch für den späteren Thompson, werden viele Motive aufgenommen, die einen das Hauptthema erwarten lässt. So seine dreijährige Tochter Shannon, die altklug ihr Leben in die eigene Hand nimmt, immer wieder von zuhause abzischt und sehr aggressiv auftritt. Witziges Kind, aber im Verlauf des Romans verschwindet sie wieder in den Hintergrund.

Dafür wird im letzten Viertel des Romans die schriftstellerische Tätigkeit von James immer mehr in den Vordergrund: er schreibt viel, entfremdet sich dadurch von der Familie, kann aber vom Schreiben nicht leben, weswegen er in der Flugzeugfabrik arbeitet, von der er aber so schnell wie möglich wieder abhauen will.

Interessant ist am Ende ein unvermitteltes Verhör des FBI: James war bis 1938 Mitglied der kommunistischen Partei, ist aber ausgetreten, weil viele Freunde auch die Partei verlassen haben. Ursache des Verhörs ist seine Perfektion bei der Arbeit in der Flugzeugfabrik, die manche höhergestellte Kollegen befürchten lässt, dass James ihren Arbeitsplatz will. So wird er denunziert.

Folgen hat das Verhör nicht, aber es ist interessant zu lesen, dass Thompson 1942 schon die McCarthy-Ära vorahnen lässt, als in den 50er Jahren in den USA vom Senats-Komitee gegen "unamerikanische Umtriebe" Menschen wegen ihrer politischen Überzeugung verhört wurden.

Der Roman klingt aus, ohne letztlich zu einer Schlussfolgerung zu kommen, wie sich das Leben von James und seiner Familie weiterentwickeln wird. Es gibt keine Perspektive in die Zukunft.


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02.06.2017 um 23:30
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03.06.2017 um 03:54
Jérôme Leroy - Der Block


Das Buch erschien bereits 2011 in Frankreich, ist aber heute aktueller denn je...
Zwei Männer am Ende einer Nacht. Zwei, die eine lange, mit Blut geschriebene Geschichte verbindet. Stanko und Antoine. Beide haben den „Block“ stark gemacht, Stanko als Mann fürs Grobe, als Gründer einer paramilitärischen Kampftruppe, Antoine als Intellektueller und als Gefährte von Agnes, der Parteichefin. Der „Patriotische Block“ ist die rechtsextreme Partei, die in Frankreich nach Monaten der Unruhen, Straßenkämpfe und Krawalle kurz vor dem Eintritt in die Regierung steht. In der Nacht verhandelt Agnes mit dem geschwächten französischen Präsidenten. Schließlich hat sie für den Block zehn Ministerposten herausgeholt. Antoine kann ein Regierungsamt übernehmen. Stanko, der Straßenkämpfer, soll sein Leben verlieren.

Beide wurden angetrieben von einem Groll auf die Wirklichkeit, von Testosteron und Freude am Exzess. Sie verbindet die Überzeugung, dass radikale Politik radikale Maßnahmen erfordert. Stanko, der Junge mit der Skinhead-Vergangenheit und dem auf den Rücken tätowierten Schwert, hat für den Block alles organisiert, was zur Einschüchterung politischer Gegner nötig ist. Sein Leben ist der Preis, den Agnes für die Beteiligung an der Macht zu zahlen bereit ist.

Antoine, der Bürgersohn, ist über die Provokation und den Tabubruch zum Block gekommen, versteht das, was er tut, als Widerstand in einem Land, das von seiner politischen Klasse angeblich verraten worden ist. Gespeist durch die Lektüre rechter Autoren, verstärkt sich sein Hang zur Gewalt.

Wer eine Vorstellung von der Anziehungskraft des Front National in Frankreich bekommen will, sollte sich in die irritierende Lektüre dieses Buches stürzen, das mindestens so sehr Polit-Thriller ist wie Kriminalroman. Sein Autor Jérôme Leroy entwickelt zwischen den Lebensläufen von Stanko und Antoine den Aufstieg der Le-Pen-Partei zum radikalen Machtfaktor – auch wenn er im Nachwort schreibt, es handle nicht von der „realen Realität“, um sich vor Klagen abzusichern, wie er später zugab. „Der Block" ist die Vorstellung einer Zukunft, die niemand erleben will.
CC Leroy Block 125Original anzeigen (0,3 MB)


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03.06.2017 um 17:20
14 – Tagebücher des Ersten Weltkriegs: Farbfotografien und Aufzeichnungen aus einer Welt im Untergang

Ein Bildband mit den Fotos von August Fuhrmann und Texten aus Tagebüchern und Feldpost von einfachen Soldaten, Krankenschwestern, Politikern, berühmten Dichtern und anderen Menschen, die den 1. Weltkrieg erlebt haben.

Besonders beeindruckt mich der Vergleich zwischen damaliger und heutiger Kriegstechnik.
Auf einem Bild sind Soldaten einer Artillerieeinheit der belgischen Armee an ihrem Geschütz zu sehen.
Fünf an der Kanone, vier halten eine wacklig aussehende Leiterkonstruktion und einer steht auf dieser Leiter und peilt mit dem Feldstecher das Ziel an.

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05.06.2017 um 12:48
Louis Begley - Lügen in Zeiten des Krieges

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Dieser Roman zeichnet den Lebensweg eines Jungen namens Maciek bis 1947 nach, der 1933 in eine galizische jüdische Arztfamilie geboren wird. 1939 wird dieser Teil Polens von der Sowjetunion besetzt.

Nach dem Angriff der Deutschen auf die Sowjetunion bleiben Maciek nur noch seine Tante Tanja (die Schwester seiner verstorbenen Mutter) und sein Großvater mütterlicherseits. Sein Vater wird von der sowjetischen Armee verschleppt.

Das Leitmotiv Lüge beginnt mit dem Einmarsch der Deutschen, die drei nehmen falsche "arische" Papiere an und beginnen ein Leben in Verstecken. Die Stationen: Lemberg, Warschau, ein Bauernhof in Masowien, Kielce.

Macieks Überleben wird durch mehrere Faktoren gesichert: das mobile Familienvermögen, die falsche Identität, das Verschweigen der Wahrheit in allen Lebenslagen, die Klugheit des Großvaters und vor allem die resolute Intelligenz seiner Tante in allen bedrohlichen Lebenslagen (gegenüber Polen, Deutschen wie Sowjets).

Aber auch ein deutscher Wehrmachtsangehöriger, mit dem Tanja ein Verhältnis hat, spielt eine wesentliche Rolle: er beschafft die ersten falschen Papiere, und als sein Verhältnis zu Tanja nahe dran ist, aufgedeckt zu werden, erschießt er Macieks Großmutter, bei der wohnt, und sich selbst, damit niemand unter Folter Tanja und Maciek verraten kann.

Der Roman ist fast durchgehend aus der Sicht des ca. Zehnjährigen geschrieben, nur manchmal scheinen Reflexionen durch.

So wird beschrieben, dass die falsche Wahl des Zeitpunkts des Beginns des Warschauer Aufstands (der 1. August 1944 war ein Wochentag, ein Dienstag), dazu führte, sehr viele Familien zerrissen wurden, da viele Menschen unterwegs waren, ihren täglichen Bedarf zu sichern und nicht mehr nach Hause zurückkehren konnten.

Maciek und Tanja werden so auch vom Großvater getrennt, der zwar die Flucht aus Warschau noch schafft, aber dessen jüdische Identität in einem Dorf schließlich aufgedeckt wird und der nach einer Denunziation von Deutschen erschossen wird.

Auch wird dem enthemmten Sadismus der ukrainischen SS-Schergen, die von den Deutschen mehr oder weniger für die "Drecksarbeit" gehalten wurden, breiter Raum gegeben.

Der Roman endet in Kielce, das von sowjetischen Truppen eingenommen wird, unter denen sich auch Macieks Vater als Stabsarzt befindet. Die Familie ist wieder beisammen, aber aufgrund des in Polen weiterhin grassierenden Antisemitismus behalten sie eine nicht-jüdische Identität und erleben noch das Pogrom von Kielce im Jahr 1946.

Louis Begley (eigentlich Ludwik Begleiter) zeichnet Teile seiner eigenen Biographie nach, ohne jedoch eine Autobiographie geschrieben zu haben (siehe seinen Text in der New York Times).

Nach dem Pogrom von Kielce flieht die Familie zunächst nach Paris und schließlich weiter nach New York. Begleys Vater findet Arbeit als Arzt, Louis Begley studiert zunächst Literatur und schließlich auf Harvard Rechtswissenschaften. In fortgeschrittenem Alter beginnt er seine schriftstellerische Tätigkeit wieder aufzugreifen.

Infolinks im Spoiler

http://www.nytimes.com/1992/08/16/books/who-the-novelist-really-is.html

Wikipedia: Lügen in Zeiten des Krieges
Wikipedia: Louis Begley

Wikipedia: Pogrom von Kielce




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05.06.2017 um 22:39
Georg Büchner - Dantons Tod

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Wie weit darf eine Revolution zum Mittel der willkürlichen, nicht durch Gesetz gedeckten Gewalt greifen?

Büchner gibt eine unmissverständliche Antwort, indem er sich hinter Danton stellt und durch seinen Mund den Grundsatz wortgewaltig mehrfach wiederholen lässt: Die Repräsentanten der aristokratischen Tyrannei dürfen zu Tode gebracht werden.

Danton war Mitbegründer der Wohlfahrtsausschüsse, welche das Terrorregime der Jakobiner zur Entfaltung brachten. Danton war Initiator der Revolutionstribunale, vor denen es nur Freispruch oder Todesurteil gab, und er stimmte für die Hinrichtung Ludwig XVI., obwohl er nicht mal bei der Verhandlung vor dem Nationalkonvent anwesend war.

Erst als immer offensichtlicher wird, dass Robespierre und seine Clique diese Tribunale auch zur Beseitigung politischer Gegner nutzt, stellt sich der Kreis um Danton gegen Robespierre und fordert mehr Liberalismus und eine epikureische Gesellschaft, da die - wie das berühmte Zitat aus diesem Werk besagt - Revolution ihre Kinder fresse.

Der Kreis um Danton überlebt diese politische Haltung nicht, er wird in einem Schauprozess zum Tode verurteilt. Danton hält Robbespierre den an den Haaren herbeigezogenen Verschwörungstheorien entgegen, dass jener selbst der Totengräber der Revolution sei, denn in den Gleisen, welche die Karren, die Verurteilte zum Schafott fahren, in den Boden ziehen, werden die Gegner der Revolution ihre erfolgreichen Kanonen heranziehen. 

Was Büchner bereits in seinem Hessischen Landboten formuliert hat, wird hier zum Schaustück: "Friede den Hütten, Krieg den Palästen". Die blutige Phase einer Revolution müsse mit dem Sturz des Systems beendet sein.

Interessant auch die Rolle des Volks auf der Straße. Obwohl mehrfach darauf hingewiesen wird, dass es wichtig sei, dass eines der großen Ziele ist, Hungersnöte zu beseitigen (was Robespierre nicht geschafft habe), bleibt das Volk sehr leblos, wird auch nicht mit Namen genannt. So heißt es etwa "Bürger", "Fuhrmann", "Weib".

Auch Wankelmut und Brutalität einer hochgepeitschten Masse werden vor Augen geführt, die in einer Szene von Robespierre noch zum Lynchmob hochgepeitscht wird (Erster Akt, Zweite Szene). Der letzte hier zitierte Satz, der mit "Wir sind das Volk" beginnt, lässt einen das Blut in den Adern gefrieren:
Erster Bürger. Totgeschlagen, wer lesen und schreiben kann!
Zweiter Bürger. Totgeschlagen, wer auswärts geht!
Alle (schreien). Totgeschlagen! Totgeschlagen!
(Einige schleppen einen jungen Menschen herbei.)
Einige Stimmen. Er hat ein Schnupftuch! ein Aristokrat! an die Laterne! an die Laterne!
Zweiter Bürger. Was? er schneuzt sich die Nase nicht mit den Fingern? An die Laterne! (Eine Laterne wird heruntergelassen.)

[...]
Robespierre. Was gibt's da, Bürger?
Dritter Bürger. Was wird's geben? Die paar Tropfen Bluts vom August und September haben dem Volk die Backen nicht rot gemacht. Die Guillotine ist zu langsam. Wir brauchen einen Platzregen!
Erster Bürger. Unsere Weiber und Kinder schreien nach Brot, wir wollen sie mit Aristokratenfleisch füttern. He! totgeschlagen, wer kein Loch im Rock hat!
Alle. Totgeschlagen! Totgeschlagen!
Robespierre. Im Namen des Gesetzes!
Erster Bürger. Was ist das Gesetz?
Robespierre. Der Wille des Volks.
Erster Bürger. Wir sind das Volk, und wir wollen, daß kein Gesetz sei; ergo ist dieser Wille das Gesetz, ergo im Namen des Gesetzes gibt's kein Gesetz mehr, ergo totgeschlagen!
Inwiefern Büchner sich in seinem späteren Leben zum tätigen Revolutionär entwickelt hätte oder ob er bei seinen Studien geblieben wäre, lässt sich nicht mehr sagen, da er viel zu früh verstorben ist (zwei Jahre nach diesem Stück).

Dass Dantons Tod aber eines der bedeutendsten politischen Dramen der Theatergeschichte ist, damit dürfte ich mich nicht zu weit aus dem Fenster lehnen.


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07.06.2017 um 22:52
Haruki Murakami - Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki


pilgerjahre

So richtig schlau werde ich aus diesem Roman nicht.

Tsukuru Tazaki ist zu seiner Gymnasialzeit als Teil einer Oberschichtsschülergruppe eng verbandelt mit zwei Mädchen und zwei Jungen, die sich als enge Freunde sehen und alles gemeinsam machen. Band ist wohltätiges Handeln in einem katholischen Kinderhilfswerk.

Tsukuru geht als einziger nach Abschluss des Gymnasiums aus Nagoya weg und studiert in Tokio sein Wunschfach Bahnhofsarchitektur. Die anderen vier bleiben im Heimatort.

Nach einem Jahr wird er aus der Freundschaftsgruppe verstoßen, ohne den Grund zu erfahren. Dies stürzt ihn in eine Sinnkrise, aus der er schwer herauskommt, und sechzehn Jahre danach lebt er - nun als Bahnhofsarchitekt - immer noch als Single in einer Zweizimmerwohnung, in der er auch nach Jahren von feuchten Träumen heimgesucht wird, in denen die beiden Mädchen (Yuzuki und Eni) die Rolle der Fantasie-Sexobjekte spielen.

Eine neue Sexualpartnerin, von der er sich eine Beziehungszukunft erhofft, ermutigt ihn, seine alten Freunde aufzusuchen, was er schließlich unternimmt. So erfährt er, dass Yuzuki ihm vorgeworfen habe, sie vergewaltigt und geschwängert zu haben. Niemand habe das wirklich geglaubt, aber Yuzuki sei schwer depressiv gewesen und wirklich vergewaltigt und geschwängert worden. Als Musiklehrerin sei sie schließlich in einem kleinen Ort in ihrer Wohnung erwürgt worden.

Tsukuru sucht Eni in Finnland bei ihrem Ehemann auf, die ihm eingesteht, ihn geliebt zu haben, aber den Ausstoß aus der Gruppe forciert zu haben, um Yuzuki zu retten. Sie verabschieden sich als Freunde.

Ob aus der Beziehung zu der neuen Freundin was wird, wissen wir nicht. Er hat sie vor Abflug nach Helsinki Händchen haltend mit einem älteren Herrn gesehen, verabredet mit ihr nach Rückkehr ein Treffen, doch der Roman endet am Tag zuvor in seiner Wohnung, wo er Whisky trinkend den Abend verbringt.

Motive werden permanent aufgegriffen und wieder in die Mülltonne geschmissen: ein Jekyll/Hyde-Doppeldasein wird mehrfach angesprochen, manifestiert sich jedoch nicht, dazu kommen noch homosexuelle Anspielungen (zum Beispiel mit einem Schwimmpartner). Das letzte Viertel ist eigentlich nur noch larmoyant und kitschig. Das Wortspiel mit "farblos" (die anderen vier hatten eine Farbe in ihren Namen) greift nicht mehr.

Irgendwie scheint Murkami sich nicht zu entscheiden können, was er schreiben will. Einen Thriller? Ein Psychodrama über die Tiefen der Seele? Was rausgekommen ist, endet bei der Darstellung eines beruflich gesetzten, aber geistig und seelisch sehr leeren Mannes mittleren Alters.

Nicht unbedingt eine dringende Leseempfehlung, obwohl Murakami gut schreiben kann und die erste Hälfte des Romans sehr gut entwickelt ist, aber dann zerfällt alles in Langeweile, eine seelische Tiefenauslotung findet nicht statt. Vergewaltigung und Mord ist nur Beiwerk. Zu platt, immer an der Grenze zum Kitsch. 

Sehr uneinige Rezensionen im Spoiler

http://www.faz.net/aktuell/feuilleton/buecher/buecher-der-woche/romane-der-woche/haruki-murakami-die-pilgerjahre-des-farblosen-herrn-tazaki-murakamis-magische-masche-12744434.html (begeistert)

http://www.sueddeutsche.de/kultur/neuer-roman-von-haruki-murakami-harmonie-ist-nicht-alles-1.1860394 (positiv)

http://www.spiegel.de/kultur/literatur/haruki-murakami-die-pilgerjahre-des-farblosen-herrn-tazaki-a-942398.html (begeistert)

https://www.profil.at/gesellschaft/haruki-murakami-die-pilgerjahre-herrn-tazaki-372248 (Verriss)

http://www.wienerzeitung.at/themen_channel/literatur/buecher_aktuell/600811_Von-Schmerz-zu-Schmerz.html (Archiv-Version vom 05.02.2018) (hält den Roman für lau ... wie auch ich)

http://www.tagesspiegel.de/kultur/haruki-murakamis-neuer-roman-der-sechste-finger/9311844.html (positiv)

https://www.welt.de/kultur/literarischewelt/article123514445/Die-Gespraeche-sind-gut-der-Sex-ist-schoen.html (positiv)

http://www.taz.de/!5049425/ (Verriss)



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08.06.2017 um 22:26
Zitat von NarrenschifferNarrenschiffer schrieb:Haruki Murakami - Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki
Ich glaube Murakami ist wirklich ein Autor, bei dem der Leser nie sicher sein kann, ob ihm der Roman gefällt oder nicht.
Ich muss zugeben, dass "Die Pilgerreise des farblosen Herrn Tazaki" damals das erste (und bis jetzt einzige) Buch war, bei dem ich am Ende bitter weinen musste.

Ich lese momentan George Orwells "1984"
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08.06.2017 um 23:33
Zitat von MissMogwaiMissMogwai schrieb:Ich muss zugeben, dass "Die Pilgerreise des farblosen Herrn Tazaki" damals das erste (und bis jetzt einzige) Buch war, bei dem ich am Ende bitter weinen musste.
Von den Fünfen wird eine fürchterlich ermordet und die anderen vier sind letztlich schrecklich einsam. Und wenn man den Schwimmer (Harai) und den Pianisten dazunimmt, bleibt Tsukurus Todessehnsucht über.

Wie gelungen der Roman ist, kann ich so schwer entscheiden. Die erste Hälfte ist sensationell gut, aber der zweite Teil ist mir zerlaufen, die Leute sind mir immer unwichtiger geworden, ich konnte mich nicht mehr in sie hineinversetzen.

Aber wahrscheinlich ist dies das Kennzeichen sehr guter Literatur: jeder hat einen anderen Zugang. Dies ist auch bei den Rezensionen zu erkennen. Von Begeisterung bis Verriss ist alles dabei.


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11.06.2017 um 01:24
Ich habe in der letzten Zeit ziemlich viele Bücher hintereinander weggelesen.

Als erstes wieder ein Buch von Claudia Hochbrunn:
"Die Welt, die ist ein Irrenhaus und hier ist die Zentrale"

Viel besser, als das andere Buch von ihr, das ich hier auch erwähnte.
Sehr informativ, man erfährt viel über verschiedene psychische Erkrankungen und wie eine Aufnahme und Behandlung in der Psychiatrie verläuft.
Nahe gebracht wird einem das ganze mit realen Fällen, die die Fachärztin für Psychiatrie und Psychotherapie erlebt hat.
Es sind nicht nur traurige Geschichten dabei, sondern auch lustige, kuriose und rührende.
612BX8zm9mjL. SY400



Dann die Bücher von "Benni-Mama":
Eine Mutter berichtet unter Pseudonym in drei Bänden über ihre Erlebnisse im Kindergarten, in der Vorstadt und in der Grundschule.
Sehr lustig, vor allem das Kindergartenbuch.
Teil zwei (Vorstadt) ist mir schon wieder so geschliffen erzählt, dass es auch ein Roman sein könnte, anstatt einer Erlebnisschilderung.
Liegt vielleicht daran, dass die Mutter freiberufliche Autorin und Journalistin ist.
Teil drei war wieder interessant, lustig und lockerer geschrieben.

Die Bücher heißen:
1. Große Ärsche auf kleinen Stühlen
2. Kleine Scheißer in großen Gärten
3. Große Ärsche im Klassenzimmer
B12DO-aVy3S. SX350 SY160 FMpng


Und aktuell lese ich gerade den zweiten Band von insgesamt drei Bänden von Sophie Seeberg.
Die Bücher heißt:
1. Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey!
2. Die Schanin hat nur schwere Knochen!
3. Der Maik-Taylor verträgt kein Bio!

Die Buchcover mache ich mal in einen Spoiler, wird sonst zu voll:
Spoiler51Gw2LFsNfL. SY400
513hltAMc6L. SY400
51xsmUz1SYL. SY400



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11.06.2017 um 14:23
War gestern Nacht schon so müde und verpeilt, dass ich die Bewertung der letzten drei Bücher vergessen habe. :palm:

1. Die Schakkeline ist voll hochbegabt, ey!
2. Die Schanin hat nur schwere Knochen!
3. Der Maik-Taylor verträgt kein Bio!

Die Autorin dieser Bücher arbeitet seit 20 Jahren als Sachverständige für das Familiengericht.
Sie begutachtet Familien in denen befürchtet werden muss, dass das Kindeswohl gefährdet ist.

Sophie Seeberg schreibt wirklich gut, oft musste ich lachen, aber auch weinen, weil einige Schicksale sehr tragisch waren.
Manchmal, in sehr skurrilen Situationen, schweifen ihre Gedanken ab und es kommt zu wirklich ulkigen Beschreibungen dessen, was in ihrem Kopf gerade vorgeht - es ist zu genial! :'D

Da heißt ein Kind wirklich Schakkeline, wird so geschrieben und ausgesprochen, Eltern leben in einer ansonsten leeren Wohnung mit ihren Kindern in einem Zelt, ohne Badezimmer, Toilette und nur mit einem Campingkocher, eine Mutter freut sich über die Inobhutnahme ihres Babys, das sie fast verdursten ließ, weil sie jetzt eh einen Hund hat, ein Vater köpft und zerstückelt die Kaninchen seines Kindes und steckt die abgetrennten Köpfe auf Holzkreuze, anschließend lauert er der Sachverständigen auf...

Ich hoffe, es gibt irgendwann ein viertes Buch!


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