Angst vor nicht mehr bezahlbarer Energie

@PrivateEye


Wie sagt doch die FDP immer? Der Markt wird es schon regeln. Natürlich hat Energie und eine dringend notwendige Energiewende ihren Preis. Es ist Aufgabe der Politik, diese für untere Einkommenschichten abzufedern. Irgendwann sind für Bürgergeld-EmpfängerInnen, KleinstrentnerInnen und Niedrigentlohnte natürlich die Grenzen der Sparfähigkeit erreicht.
Andererseits: Die Folgekosten der Schäden durch den Klimawandel müssen wir auch alle tragen, und sei es nur über unsere Gebäudeversicherung.

Doors schrieb:Der Markt wird es schon regeln.

Kann er das wirklich noch? Wenn der Industrie verbilligter Strom in Aussicht gestellt wird, der kleine Endverbraucher aber voll zur Kasse gebeten wird? Da drängen sich einem schon durchaus (berechtigte) Zweifel auf.

Doors schrieb:Natürlich hat Energie und eine dringend notwendige Energiewende ihren Preis.

Sicherlich hat sie das. Aber wie ich immer sage, diese Wende hätte auch vor 30 Jahren beginnen müssen. Nicht jetzt und mit einem Fingerschnippen, nach dem Motto "friss oder stirb". Und letztendlich haben sie doch alle über die Jahrzehnte gute Gewinne gemacht. Tut der gute Kaufmann nicht Kapital zur Seite legen in weiser Voraussicht, um dann zu investieren und zu forschen? Davon merkt man nichts, nur von steigenden Kosten noch und nöcher. Wer möchte da nicht mit seinem Dach selber Solarstrom erzeugen um den überteuerten Anbietern dankbar und dezent den Mittelfinger zum Gruß entgegen zu recken? Wenn man es sich den leisten könnte bzw. überhaupt die Technik und Handwerker dazu zur Verfügung hätte.

Ich finde hier ist etliches falsch gemacht worden. Statt aber eventuelle Fehler einzugestehen wird eine Schuld, wie immer, ausgeräumt oder einfach an andere weitergeschoben. Nicht nur die Energieversorgung bedarf einer entsprechenden Reform, ebenso die Versorger und Ausführenden.

Eine gerechte und wirklich faire Verteilung, wie du sie beschreibst, wäre gewiss sinnvoll und lobenswert.

Ich als alleinerziehend und alleinverdienend habe zwar (noch) keine Schulden, aber der finanzielle Rahmen erreicht auch langsam das Plus-Minus-Null am Monatsende. Das gibt mir durchaus auch zu denken.

@PrivateEye


Die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind in der Tat übel. Man wusste schon seit den 1980ern um die Folgen steigenden CO2-Ausstoßes, hat aber immer wieder davon abgesehen, zu handeln. Jetzt wird die Zeit knapp und das erfordert dann rasches Handeln. Dummerweise mit unangenehmen Folgen für uns VerbraucherInnen.

Erinnert mich an Zahnarzt: Dreißig, vierzig Jahre nie die Zähne geputzt, nie Kontrolluntersuchungen aus Angst vor dem Zahnarzt - und dann sind die Zähne nicht mehr zu retten und müssen schmerzhaft gezogen werden und ein teures Gebiss muss her.

Doors schrieb:Natürlich hat Energie und eine dringend notwendige Energiewende ihren Preis.

Was dringend notwendig war und was wirtschaftlicher Suizid ist darüber kann man sicher geteilter Meinung sein. Mir können die Absolutismen der selbsternannten Weltretter jedenfalls gepart bleiben.

@LookAtTheMoon


Tja, schön, dass die Folgen des Klimawandels zuerst die treffen, die am wenigsten dazu beigetragen haben. Dann können wir uns ja noch ein Weilchen ausruhen und so weitermachen wie bisher. Heiliger St. Florian, verschon mein Haus, zünd‘ andere an.

@Doors

Du hast den Nagel auf den Kopf getroffen, das sehe ich genauso und unterschreibe das auch.

Der Spagat zwischen einer entsprechenden Umstellung und einer sichergestellten und bezahlbaren Versorgung sollte trotzdem eine Sache sein, die nicht primär auf dem Rücken der Otto-Normal-Verbraucher und Bürger ausgetragen wird. Momentan wird mehr Chaos, Hetze und auch Hamsterei angefacht und unterstützt damit.

Das der Markt alleine und ein breites Angebot an Anbietern alleine nicht reicht, dürfte man auch ganz gut an den ganzen Krankenkassen und den Defiziten im Gesundheitssystem sehen.

LookAtTheMoon schrieb:Was dringend notwendig war und was wirtschaftlicher Suizid ist darüber kann man sicher geteilter Meinung sein.

Getan werden muss etwas. Aber es sollte eben sozial verträglich und fair sein. Von Transparenz mal ganz zu schweigen. Leider wird in vielen Bereichen, von kommunal bis global, aber oft nur in der Länge einer Wahlperiode "gedacht". Auch da muss sich vieles noch ändern.

@PrivateEye


Ich habe in meinem „politischen Leben“ auf verschiedenen Aktionsfeldern die Erfahrung gemacht, dass in der Tat nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode gedacht wird, dabei stets ein Augen, wenn nicht gar beide, auf Umfragen gerichtet und sich gefragt, wie viel WählerInnen-Stimmen erforderliche, aber unpopuläre Maßnahmen kosten könnten. Und dann wird lieber nichts getan. Wie ich immer sage: Der Grünere gibt nach.

Doors schrieb:Ich habe in meinem „politischen Leben“ auf verschiedenen Aktionsfeldern die Erfahrung gemacht, dass in der Tat nur von Legislaturperiode zu Legislaturperiode gedacht wird

und vier Jahre sind einfach zu kurz um langfristig was umzusetzen sechs oder acht wären besser.

@Doors

Bestes Beispiel die "neue" Pisastudie, während darüber diskutiert wird ob und wann eine neue Schule mit mehr Platz etc. gebaut wird. Aber Hauptsache das neue Schwimmbad, jede Stadt braucht ja eins, wird erst einmal gebaut. Achja, stimmt ja, da kann man ja Eintrittsgeld kassieren, während in eine Schule nur reingebuttert werden muss... O_O

Das viele Menschen immer mehr verdrossen ob der Politik sind, sich völlig abwenden oder gar in Extreme steigern scheint sekundär. Sind ja (noch) nur Randgruppen.

LookAtTheMoon schrieb:und vier Jahre sind einfach zu kurz um langfristig was umzusetzen sechs oder acht wären besser.

Bei einem Projekt wie einer Schule können es mal bis zu 50 Jahre werden, die so ein Bau genutzt wird bzw. werden muss. Und man muss ja auch der Entwicklung in Zukunft Rechnung tragen. Alleine schon das Zauberwort "Digitalisierung" lässt die Geister daran scheiden.

@PrivateEye


Schwimmbäder werden, zumindestens in meinem Bundesland Schleswig-Holstein, in mehr und mehr Städten dicht gemacht, weil die Bausubstanz aus den 1970ern marode ist, nicht energieeffizient und die Bäder nicht mehr den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen. Personal fehlt ohnehin. Die Kommunen können das nicht mehr bezahlen und dann: Weg damit. Folge u. a.: Immer weniger Kinder können schwimmen, weil kein Unterricht mehr stattfinden kann.

Das Stichwort „Bildungsmisere“ kenne ich schon seit meiner eigenen Schulzeit in den 1960ern. Immer das selbe Erschrecken, immer die Beteuerungen, dass etwas geschehen muss - und dann ändert sich nichts. Eine Elbphilharmonie ist eben schöner anzusehen als eine Schule.

kuno7 schrieb:Wäre nur dann möglich, wenn die EE den Preis treiben würde, aber soweit ich weiß, tragen die EE in Deutschland seit der Energiekriese eher zur Stabilisierung des Strompreises bei, denn getrieben wurden die Strompreise von den enormen Steigerungen bei den Fossilen und der Knappheit in Frankreich.

Was hat Frankreich mit dem Strompreis bei uns zu tun?
Und Frankreich ist seit Monaten Nettoexporteur nach Deutschland.

Wie Wind und Sonne den Strompreis verbilligen sollten, wenn die seit Wochen nicht ausreichend liefern und die Backup an Kohle und Gas erzeugen müssen, würde mich interessieren.
Seit Mitte November gab es genau 24 Stunden wo die EE mal einigermaßen geliefert haben, ansonsten sind die derzeit in der Winterpause.

Doors schrieb:Die Versäumnisse der letzten Jahrzehnte sind in der Tat übel. Man wusste schon seit den 1980ern um die Folgen steigenden CO2-Ausstoßes,

Das hat doch um 1976 rum meines Wissens nach die Münchener-Rück bereits die belegt, oder irre ich?


Gucky

@Gucky87

Versicherungen waren da vorausschauender als die Politik.

Röhrich schrieb:Was hat Frankreich mit dem Strompreis bei uns zu tun?

Zu den Stromspitzenpreisen, war der Markt WG der Gaskrise durchgerüttelt. Gleichzeitig hat Frankreich seine Mriler runtergefahren und Strom zu Spitzenpreisen in D gekauft... Da wurde es dann extrateuer

Röhrich schrieb:Was hat Frankreich mit dem Strompreis bei uns zu tun?

Das hatten wir doch schon etliche Male. Vielleicht solltest du auch mal lesen, was andere schreiben oder verlinken?

Röhrich schrieb:Und Frankreich ist seit Monaten Nettoexporteur nach Deutschland.

Ja und, was soll mir das sagen?

Röhrich schrieb:Wie Wind und Sonne den Strompreis verbilligen sollten, wenn die seit Wochen nicht ausreichend liefern und die Backup an Kohle und Gas erzeugen müssen, würde mich interessieren.

In der Zeit, in denen sie liefern, drücken sie den Preis, weil sie sehr günstig produzieren. Eigentlich auch kein Geheimnis.

kuno

Röhrich schrieb:Und Frankreich ist seit Monaten Nettoexporteur nach Deutschland

Nein, wenn Strom nach Deutschland importiert wird, dann ist überwiegend billiger Ökostrom aus Dänemark und kein teurer Atomstrom aus Frankreich.

abbacbbc schrieb:Da wurde es dann extrateuer

Und das hart im Dezember 2023 genau welche Auswirkungen?
Deutschland hat ebenso Grundlast vom Netz genommen, aber das spielt offensichtlich keine Rolle, weil die Franzosen vor über einem Jahr mal zu wenig erzeugten.
Und wie wirkt sich der derzeitige Ausfall von 95% der installierten EE-Leistung in den letzten Wochen aus? Sinkt dadurch bei uns der Strompreis?

de-Ox schrieb:Nein, wenn Strom nach Deutschland importiert wird, dann ist überwiegend billiger Ökostrom aus Dänemark und kein teurer Atomstrom aus Frankreich.

Gibt es dazu eine Quelle?
Wenn in Deutschland die Windenergie wegen Flaute still steht, dann könnte in Den auch Flaute herrschen?

Wie teuer ist denn der Strom in Frankreich und wie teuer in Deutschland?

@Röhrich
Hier findest du unter anderem die Strompreise in Europa

https://www.energiefirmen.de/wirtschaft/statistik/strom

Röhrich schrieb:Wenn in Deutschland die Windenergie wegen Flaute still steht, dann könnte in Den auch Flaute herrschen?

Übrigens wir hatten vor knapp 2 Wochen eine Dunkelflaute und hast du irgendwas davon gemerkt? Nein, ich nämlich auch nicht.

Okay, kleine Korrektur im ersten Halbjahr 2023 haben wir überwiegend in den Niederlanden Strom gekauft und danach kam Frankreich, es ändert allerdings nichts daran, dass wir mehr Strom exportieren als importieren und der größte Teil unseres selbst erzeugten Stromes aus erneuerbaren Energien stammt.

https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/09/PD23_351_43312.html

Doors schrieb:weil die Bausubstanz aus den 1970ern marode ist, nicht energieeffizient und die Bäder nicht mehr den aktuellen Sicherheitsstandards entsprechen. Personal fehlt ohnehin.

Dito das Beispiel von Schule und Schwimmbad. Besagte Schule hat übrigens noch ein Lehrschwimmbecken in der Turnhalle für die Kinder zum Schwimmen lernen. Vorausgesetzt die Technik läuft und es finden sich genug Ersatzteile für die alten Maschinen.

Doors schrieb:Immer das selbe Erschrecken, immer die Beteuerungen, dass etwas geschehen muss - und dann ändert sich nichts. Eine Elbphilharmonie ist eben schöner anzusehen als eine Schule.

Wohl wahr. Gibt es da eigentlich bei allen Parteien so einen Mimik-Grundkurs, wo sie das erstaunt schauen lernen können/müssen? :ask: