Moin. Ich habe mir jetzt sowohl das Video von Frau Joe angesehen (danke
@Atheos) als auch die Erwiderung von Frau Opperman durchgelesen (Danke an
@Tussinelda). Auch wenn Frau Oppermann das sicher bestreiten würde, sind die beiden weit weniger auseinander als es den Anschein hat. Beider erklären, dass Sie "Gendern" im Privatbereich nicht als unangemessen bzw. sogar richtig erachten. Beide erklären auch, dass die Änderung von Sprache ein langwieriger Prozess ist, der von den Nutzern diese Sprache ausgehen muss (und nicht durch Verordnung vorgeschrieben oder durch Medien aufgezwungen werden sollte). Ob das beim Gendern (jedenfalls in seiner Extremform mit Sonderzeichen) so kommen wird, bezweifele ich, da nach aktuellen Umfragen 2/3 bis 3/4 der Menschen in diesem Land diese Form eben nicht goutieren.
Ich habe mal ein kleines Gedankenexperiment gemacht: In Meiner Jugend gab es fast ausschließlich männliche Ärzte. Denke ich heute bei der Bezeichnung Arzt automatisch an einen Mann? Nein. Und an was denke ich, wenn von "zehn Grundschullehrern" die Rede ist? An acht Grundschullehrerinnen und zwei Grundschullehrer, weil das heute eher der Realität entspricht. Sprache bestimmt - jedenfalls für mich - nicht das Bewusstsein, sondern die Realität tut dies.
Diese Realität halte ich allerdings in weiten Teilen weiterhin für kritikwürdig. Frauen sind in vielen Berufen (Grundschullehrer sind eine Ausnahme) deutlich unterrepräsentiert. Parlamente spiegeln in ihrer Sitzverteilung nicht den Anteil von Frauen an der Bevölkerung wider. Frauen werden weiterhin für die gleiche Tätigkeit schlechter bezahlt. Die Mär, das Frauen ihre Kompetenzen eher im sozialen Bereich haben und Männer im wissenschaftlichen, hält sich hartnäckig. Die Standard in der Medizin ist immer noch der männliche Patient, obwohl es zwischen beiden Geschlechtern gravierende körperliche Unterschiede gibt etc. pp.
Die Liste ließe sich noch erweitern. Wird das alles besser, wenn ich von Astronaut:innen statt von Astronautinnen und Astronauten rede? Da habe ich starke Zweifel.
Schauen wir in 20 Jahren noch einmal, wie sich das entwickelt hat.
:)Liebe Grüße
zongo