Raspelbeere schrieb:Bei meinen Eltern wurde und wird immer viel übers Geld gestritten
Das war bei meinen Eltern auch so. Mein Vater war eindeutig der Hauptverdiener - Abteilungsleiter in einem namenhaften Industriebetrieb, während meine Mutter in späteren Jahren immerhin gekellnert und geputzt hat - war aber derjenige, der schlechter mit Geld umgehen konnte. Irgendwann musste das Eigenheim her und aufgrund einer miserablen Kalkulation sind wir ab da immer haarscharf an der Pleite vorbei geschrammt. Die Ehe meiner Eltern war auch aus anderen Gründen mies, aber dass wir uns eigentlich nicht mal mehr das Essen auf dem Teller leisten konnten, weil mein Vater nicht einsehen wollte, dass es besser wäre, den Traum vom Eigenheim aufzugeben, hat die Situation natürlich zusätzlich eskalieren lassen.
philae schrieb:Reden wir wirklich über "kein Geld"? Doch eher über zu wenig, um sein Leben so getalten zu können, wie man es gerne hätte. Das macht tatsächlich unglücklich, ob als Paar oder allein. Je weniger Ansprüche man aber hat, mit umso weniger kommt man allerdings auch aus. Kann auch befreiend sein.
Natürlich kann man seine Ansprüche total zurückstellen und opportunistisches immer die billigste Version von allem wählen, die Freizeit nur mit Umsonst-Angeboten bestreiten und sich Luxus wie z.B. einen Urlaub bloß nie gönnen. Das ist okay.
Ich halte mich selbst für relativ genügsam. Weder wechsle ich jährlich den Inhalt meines Kleiderschranks aus, noch gehe ich ständig schick essen. Ich habe kein Auto, fahr weniger als einmal jährlich mit dem Zug ins nähere europäische Ausland um dort Urlaub zu machen und viel sozial-freizeitmäßiges läuft auch innerhalb des Vereins ab, bei dem ich Mitglied bin.
Für ein paar Dinge gebe ich aber durchaus mehr Geld aus als der Durchschnittsmensch. Für Bücher, für Hobbymaterial. Ich arbeite Vollzeit und möchte meine Freizeit nicht damit verkürzen, dass ich samstags nicht bloß in Supermarkt A gehe, sondern auch noch zu Supermarkt B und Discounter C und D, um mit Angeboten möglichst viel Geld zu sparen.
Ganz wichtig ist mir auch eine gewisse Sicherheit. Wenn z.B. meine Waschmaschine kaputt gehen sollte, dann fluche ich kurz, finde raus, ob es sich lohnt, da noch was reparieren zu lassen und wenn nicht, dann kauf ich mir eine neue. Das machen Menschen mit deutlich weniger Mittel nicht mal so eben. Dann muss diskutiert werden, wo man das Budget eventuell doch noch kürzen kann, um sich das zu leisten. Dann wird eventuell etwas von schlechterer Qualität gekauft, weil mehr nicht drin ist, sodass man schon nach fünf statt nach zehn Jahren schon wieder am gleichen Punkt steht. Das muss eine Beziehung doch zwangsläufig belasten.
Wenn ich nur dran denke, wie das immer wieder bei meinen Eltern abgelaufen ist: Wir haben auf dem Dorf gewohnt, ohne Auto kam man da nicht weg. Weil wir so wenig Geld hatten, hat mein Vater meistens Rostlauben gefahren, mit denen er zur Arbeit und samstags zum Einkaufen kam und meine Mutter musste immer sehr lange warten, bis doch mal wieder so viel Geld zusammen war, dass auch sie ihre eigene Rostlaube bekam. Zuverlässig gab dann der Wagen meines Vaters kurz darauf den Geist auf... und meine Mutter war ihr Auto/ihre Freiheit wieder los, weil dann natürlich mein Vater ihr Auto übernahm. Geld für einen zusätzlichen Ersatz war halt keines da.
In so eine Abhängigkeit möchte ich nicht kommen. Ich möchte aber auch nicht, dass ein Partner durch deutlich schlechtere finanzielle Verhältnisse in eine Abhängigkeit von mir gerät.
philae schrieb:In letzterem Fall dürfte es theoretisch keine Rolle spielen, ob jemand, überspitzt gesagt, Bettler ist oder Millionär.
Auch in getrennten Haushalten kann das Fehlen von finanziellen Mitteln bzw. das Ungleichgewicht zum Problem werden. Als Paar will man ja doch auch mal was gemeinsam unternehmen.
Ich bin z.B. relativ großzügig. Ich will mich nicht ausgenutzt fühlen, aber solange es in einem vernünftigen Rahmen bleibt, gebe ich gerne mal einen aus oder bezahl was, ohne direkt darauf zu geiern, dass ich was im gleichen Umfang zurück bekomme. Aber Geschenke machen ist das eine, Geschenke annehmen zu können, leider etwas anderes.
Ich hab z.B. einen platonischen Freund, der seit längerer Zeit arbeitslos ist. Sich bei einem von uns daheim zu treffen, ist aus Gründen immer etwas schwierig, aber ich weiß beispielsweise, dass er eigentlich gerne ins Kino geht. Das kann man sich mit ALG2 aber nur in sehr begrenztem Umfang leisten. Kein Ding eigentlich, mich machen eine Extra-Eintrittskarte und etwas Popcorn zwei- bis dreimal im Jahr sicherlich nicht arm. Ihm wäre das aber maximal unangenehm. Also gehen wir nicht ins Kino - und sehen uns, weil viele Aktivitäten, die nicht daheim stattfinden, Geld kosten, generell seltener, als das eventuell der Fall wäre, wenn er mehr Geld hätte.
Und das ist ein Freund, nicht mein Partner. Mit einem Partner möchte ich Dinge unternehmen, weil wir beide Bock drauf haben bzw. sie sein lassen, weil wir ihn nicht haben. Was ich nicht möchte, ist Unternehmungen nur deshalb sein lassen, weil es für eine Seite schon schwierig ist, sich etwas, das übers reine Grundbedürfnis hinaus geht, überhaupt leisten zu können.