Amoklauf Realschule Winnenden nähe Stuttgart

@jogo30

jogo30 schrieb:Die Ermittlungen wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz gegen den Vater sind lt. Staatsanwaltschaft schon seit gestern angelaufen. Also muss ja was schief gelaufen sein.

Es handelt sich um ein Offizialdelikt, da wären die Ermittlungen auch in die Richtung so oder so angelaufen, wenn nicht 100 %ig vom Gegenteil ausgegangen werden muss - das besagt gar nichts.

@rasco

Zumindest wird bei einem Gerichtsprozess aufgeklärt wie es zu dieser Tragödie im Haus eines Sportschützen mit erheblichem Munitionsbedarf kommen konnte, das sollte meiner Meinung nach im Interesse aller liegen. Wenn sich dabei dann rausstellt, dass den Vater keine Schuld trifft, wovon ich erst mal nicht überzeugt bin, ist der Fall wenigstens verhandelt worden und jeder kann seine eigenen Lehren daraus ziehen. Den Vater hier gleich aus aller Verantwortung rausnehmen nach dem Motto: "Er is ja schon genug gestraft", halte ich für die falsche Vorgehensweise.

@rasco
Tja und da ich Lehrer bin geht mich die Sache auch was an. Nicht zuletzt, weil Kollegen, die wenigstens vom sehen her kannte Erschossen wurden. Aber warum rechtfertige ich mich eigentlich, da hab ich keine Gründe dazu.

Intelektuelle Herangehensweise? Wie sollte ich auf Geschwurbel intelektuell eingehen?

@greenkeeper

greenkeeper schrieb:Den Vater hier gleich aus aller Verantwortung rausnehmen nach dem Motto: "Er is ja schon genug gestraft", halte ich für die falsche Vorgehensweise.

Ne, das wäre genauso falsch, wie ihn bereits im Vorfeld zu verurteilen.

1. Amokläufe dieses Musters geschehen vor allem in nördlichen westlichen Ländern. Einen Grund sehe ich in den relativ kühlen sozialen Beziehungen und dem Zerfall der traditionellen Familienstrukturen zugunsten des "Individuum", das erspart uns einerseits Scherereien mit Familienstreitigkeiten und individuelle (Schein-)Freiheit, andererseits bringt es Scharen von gebrochenen, (zumindest) innerlich völlig vereinsamten Menschen hervor. Auch schwere Deppressionen, Selbstmordgedanken und Selbstmorde sind (natürlich nicht nur, aber mehr) ein nördliches Phänomen.

2. Einen zweiten Grund sehe ich aber AUCH im Nachahmungseffekt. Die Täter haben ihre Vorbilder in den USA oder aus Filmen, und bei solchen kranken Seele KANN auch ein exzessiver Ego- Shooter- Konsum die Hemmschwelle senken, mit der Waffe loszuziehen und ein Blutbad anzurichten.
Der Effekt des Nachahmungslernens besonders durch VISUELLE Medien ist wissenschaftlich bewiesen!

3. Ich bestehe auch darauf, dass PC- Spiele, düstere Musik, düstere Farben oder Horrorfilme gerade bei Außenseitern (wobei das immer auch von der Selbstwahrnehmung abhängt. Es gibt auch viele Außenseiter, die in einem anderen sozialen Umfeld selbst herumkommandieren und Außenseiter nötigen) das Gefühl fördern KÖNNEN, ein Gefühl ICH GEGEN DIE WELT zu entwickeln.

Phantasiewelten SIND wunderbar, solange nicht das Dunkel das Helle auffrisst. Der Herr der Ringe ist ein wunderbares positives Beispiel.

4. Wir haben im Westen geradezu einen Individualitätszwang so wie es in anderen Gesellschaften mehr einen Kollektivitätszwang gibt.
Wir schämen uns zuzugeben, ein Teil der Masse zu sein. Besonders Jugendliche setzen sich unter Individualitätsdruck, was man an der Wichtigkeit sehen kann, die häufig Musikstilen, der Wahl der Ausgehangebote, der Kleiderstile, der Wahl des Freundeskreises und der damit verbundenen (zumindest eingebildeten) Geisteshaltung entgegengebracht. Jeder meint, etwas Besonderes sein zu müssen, und die Sozialwissenschaften bejahen das noch.

Wie oft jammern Jugendliche, dass ihre Eltern/Die Gesellschaft ihnen nicht genügend Respekt entgegenbringen, sobald es um Verpflichtungen oder Einschränkungen der individuellen Freiheit geht?

Wir müssen die Jugendlichen wieder etwas härter rannehmen, dass sie sich nicht einbilden, tun und lassen zu können, was sie wollen. Bei kranken Seelen kann das böse enden ...

@rasco
Gem. § 53 WaffG ist der Verstoß gegen § 36 WaffG (Aufbewahrungspflichtt) eine Ordnungswidrigkeit (max. 10 000 €) und kein Straftatbestand und somit kann es auch kein Offizialdelikt sein.

@jogo30

naja, da kommen wir nie überein. Ich kann es einfach nicht im Ansatz nachvollziehen. Was ändert sich an der Situation, wenn man auf Bildzeitungsniveau die Einzelheiten bespricht? Was bringt es, mit jemandem mitzufühlen, den man noch nichtmal kennt? Was erhofft man sich aus dem ganzen Geplappere hier? "Es" zu verstehen? Frei nach der Formel: wenn ich es verstehe, kann ich mich schützen?
Man kann es nicht verstehen. Die Menschen verstehen ja oft noch nichtmal ihr eigenes Dasein, ihr eigenes Handeln, ihre eigenen Empfindungen - wie erst das anderer? Aber bequemer ist es allemal, über andere und ihre Beweggründe, über ihr Tun und Sollen, über ihr Verfehlen und Fühlen zu sinnieren und zu palavern, palavern, palavern....

Wenn ein Familienangehöriger Depressionen hätte, würde ich sofort alle Waffen wegschließen, wenn ich welche hätte; nicht weil ich einen Amoklauf befürchtete, sondern, dass er sich eine Kugel durch den Kopf jagt. Depressive sind oft selbstmordgefährdet.

@jogo30

jogo30 schrieb:Gem. § 53 WaffG ist der Verstoß gegen § 36 WaffG (Aufbewahrungspflichtt) eine Ordnungswidrigkeit (max. 10 000 €) und kein Straftatbestand und somit kann es auch kein Offizialdelikt sein.

sicher, sicher.... aber fahrlässige Tötung ist ein Straftatbestand, und den meinte ich auch damit.

@rasco
Tja, ob die Diskussion "was bringt" ist natürlich fraglich. Aber wir tun so manche Dinge, die eigentlich "nichts bringen". Genauso könnte man fragen "ob es was bringt", das ich existiere usw. Es ist alles relativ.

imislamdaham schrieb:Besonders Jugendliche setzen sich unter Individualitätsdruck, was man an der Wichtigkeit sehen kann, die häufig Musikstilen, der Wahl der Ausgehangebote, der Kleiderstile, der Wahl des Freundeskreises und der damit verbundenen (zumindest eingebildeten) Geisteshaltung entgegengebracht

Das ist bsp. in arabischen Gesellschaften anders. Da hören fast alle die gleiche oder ähnliche Musik, man zieht sich eher unauffällig an, man geht in die gleichen Lokale/Kafeehäuser/Diskos, man wählt seine Freunde auch aus, aber man sitzt (ob man will oder nicht) auch oft mit allen anderen Jugendlichen der Straße zusammen, mit Freund und Feind ...

Hier besteht Individualitätsdruck, doret Kollektivitätsdruck

Beides veranlasst die Betroffenen, sich eingeengt zu fühlen

@jogo30

jogo30 schrieb:Es ist alles relativ.

Jo, da stimme ich dir mal uneingeschränkt zu! :)

@jogo30
@rasco
Alle,die hier schreiben funktionieren wie Uhrwerke in der finalen Selbstinszinierung des Täters. Er hat für einen Moment nicht nur Macht über Leben und Tod, er hat Macht über die ganze Gesellschaft, und sein Tod macht diesen Triumpf unangreifbar.

Das was hier und jetzt abläuft legt die Basis für den nächsten Amoklauf eines Jugendlichen. Der nächste Amoklauf kommt bestimmt, wir wissen nur nicht wann und nicht wo.

@Mellowmind
Der nexte Amoklauf kommt auch ohne die Medienberichterstattung und ohne die Diskussion hier. Das als Grund für einen Amoklauf herzunehmen, ist genauso hirnrissig, als ob man Killerspiele dafür verantwortlich macht.

@imislamdaham

imislamdaham schrieb:Hier besteht Individualitätsdruck, doret Kollektivitätsdruck
Beides veranlasst die Betroffenen, sich eingeengt zu fühlen

ich glaube, es gibt keine Gesellschaftsform, die nicht zu allen möglichen und unmöglichen Erscheinungsformen führen kann.... made by menschliche Psyche ;)

@rasco
Ich finde es schön, dass wir wenigstens einmal einer Meinung sind! ;-)

@Mellowmind

hmmm.... ein interessanter Einwurf. Da könnte einiges dran sein.

@jogo30

hahaha, ja, kam - zumindest hier - bislang zu selten vor ;)
Obwohl ich mir gut vorstellen kann, dass wir möglicherweise bei anderen Themen durchaus mehr übereinstimmen könnten :)

Im Rahmen unserer Schülerzeitschrift Zeitgeist haben wir (Redakteure) ein Flugblatt verfasst und Gestern 1000Stück verteilt. Unsere Gedanken findet ihr auf der Schulhomepage.

http://www.ks-bk.de/cms/ (Archiv-Version vom 02.06.2011)

Vielleicht sitzt dieser labile Typ auch hier am PC und brütet schon über seinen ganz grossen finalen Abtritt.
Vielleicht ist er auch schon in psychiatrischer Behandlung, vollgepumpt mit Psychopharmaka.
Alle Jugendlichen die in den letzten 10 Jahre in Amerika Amok gelaufen sind, wurden mit Psychopharmaka behandelt, hauptsächlich Antidepressiva. Alle Schützen haben drei Sachen gemeinsam:

1. sie sind junge Burschen,
2. sie zeigen eine gefühllose Psyche mit kompletter Trennung zur Wirklichkeit,
3. sie haben psychiatrische Medikamente eingenommen.

Diese Stoffe zur Beinflussung des Gehirns sind dafür bekannt, dass sie gewaltätige Gedanken und Handlungen auslösen. Die Gesundheitsbehörden wissen das und es steht auch als Warnung auf den Beipackzetteln. Tatsächlich verursachen die psychiatrischen Drogen eine Entfremdung von der Realität. Die Schützen wissen gar nicht mehr wo sie sind. Sie sehen ihre Klassenkameraden nicht mehr als Menschen, sondern als leblose Objekte und als Ziele. Sie sind so realitätsfern, dass sie am Schluss die Waffe auf sich selber richten.

BTW: Schach ist auch ein Killerspiel....