Ohne Arbeit glücklich, ist das möglich?

martenot schrieb:Handwerksberufen würden daher Tischler

Überschätzt. Möbel gibt es nicht mehr viel, also läuft es da auch eher auf Innenausbau Elemente und co hinaus.

EnyaVanBran schrieb:Art von Berufen auch "glücklicher" macht, weil man jeden Tag andere Dinge erlebt

Die Praxis sieht dich etwas anders aus

Glücklicher macht das man etwas reales erschafft

@martenot
Mir ist der Quarantäne irgendwie bewusst geworden, dass ich im Moment die Rente als echt schlimm ansehen würde. Klar, diese Einstellung wird sich auch mal ändern, aber zur Zeit wäre mir das Leben ohne Arbeit einfach zu öde. Und ich verfalle dann gleich in dieses Lotterige... Schlabberlook, Haare irgendwie hochgebunden... Schrecklich.

Interested schrieb:Erleben Friseure doch auch

Ja klar, die können sich zum Teil ja auch total ausleben. Und man braucht für diesen Job auch ein gewisses Maß an Kreativität, denn viele Kunden wollen ja eine Typveränderung. Wäre blöd, wenn man da dann nix zu sagen hat :D

Interested schrieb:ist trotzdem scheiße bezahlt.

Drum geb ich auch immer gut Trinkgeld und würde das jeder machen, wäre das kein Thema. Aber wenn die Kunden nicht mehr als 50 Cent rausrücken, ist das halt traurig.

Fedaykin schrieb:Die Praxis sieht dich etwas anders aus

Darum bezog ich mich ja auf Handwerkeberufe bzw. Berufe, wo Kreativität gefragt ist. Wenn ich Daten in den PC klopfe, ist das von kreativ weit weg, klar.

EnyaVanBran schrieb:dass ich im Moment die Rente als echt schlimm ansehen würde.

Die Phase des Rentenalters finde ich dann problematisch, wenn ich aus gesundheitlichen Gründen an die Wohnung gebunden wäre. Solange ich mich frei bewegen und handeln kann, finde ich es nicht problematisch, da es wie gesagt für mich immer genügend Themen gibt, die mich faszinieren und mit denen ich mich beschäftigen mag. Wie gesagt, ich kann mich völlig problemlos mit mir selbst und meinen Interessen beschäftigen, dazu brauche ich keine Erwerbsarbeit.

Habe ich bisher in allen Phasen ohne Arbeit so erlebt: träge zuhause geblieben bin ich nie, sobald es mein Gesundheitszustand zuließ. Bei mir springen dann sofort meine Ideen an, was ich alles machen könnte, und schon nach wenigen Tagen habe ich so viel zu tun, dass mir der Tag gar nicht ausreicht.

Auch Dort ist es nicht immer anders.

Heute Eiche, morgen Buche über die CNC Säge ziehen.

@martenot
Ich habe ungeheuer viele Hobbys, aber das sind eben Hobbys und keine Arbeit. sie füllen meine Freizeit, aber wenn ich in dieser Zeit etwas anderes gemacht hätte, wäre das egal, verstehst du was ich meine? Wenn ich heute den ganzen Tag vor der Leinwand sitze und ein Bild male, habe ich zwar etwas geschaffen, aber es ist nichts von gravierender Bedeutung. Anders würde es aussehen, wenn man sich in karitativen Vereinen betätigt, aber das tue ich (noch) nicht.

Fedaykin schrieb:Heute Eiche, morgen Buche über die CNC Säge ziehen.

Aber du kannst die Tätigkeit eines Tischlers oder Gärtners nicht mit der eines Buchhalters vergleichen. Ich habe hier auch immer nach Schema F vorzugehen. Klar variieren die Zahlen, aber das Ergebnis ist immer das gleiche. Ein Tischler baut immer andere Möbel, wenn er vor Ort arbeitet, sieht er jeden Tag andere Häuser. Ebenso der Gärtner. Der ist mal hier, mal da. Ich finde, das kann man nicht im Ansatz vergleichen.

EnyaVanBran schrieb:Tischler baut immer andere Möbel, wenn er vor Ort arbeitet, sieht er jeden Tag andere Häuser. Ebenso der Gärtner. Der ist

Das ist ja nicht der Inbegriff von kreativer arbeit.

Und wie gesagt wer bestellt noch Eichenmöbel

Okay Fernster baut man woanders ein.

Orte wechseln

EnyaVanBran schrieb:habe ich zwar etwas geschaffen, aber es ist nichts von gravierender Bedeutung

Wobei ich im Beruf auch nichts von gravierender Bedeutung schaffe. Es sind eher Routinetätigkeiten bwz. "gehobene" Sachbearbeitertätigkeiten. Das ist nichts, was ich zu meiner Freude oder Befriedigung machen würde.

Ganz anders sieht es z.B. bei meinen Theateraktivitäten aus: da habe ich durchaus das Gefühl, etwas "Gravierendes" zu schaffen, obwohl es das natürlich nicht ist. Aber es fühlt sich für mich so an, weil es einfach zu meinen Bedürfnissen und Interessen passt. Die Aktivitäten im Theaterumfeld, oder beispielsweise auch die Fotografie, das sind Dinge, die lassen mich lebendig fühlen. Meine Berufstätigkeit fühlt sich im Gegensatz dazu eher grau und ermüdend an.

martenot schrieb:etwas "Gravierendes" zu schaffen, obwohl es das natürlich nicht ist. Aber es fühlt sich für mich so an, weil es einfach zu meinen Bedürfnissen und Interessen passt.

Das kommt doch auf die Definition an.

Im Tierschutz gibt es doch eine Art Werbeslogan.

Ein Tier zu retten verändert nicht die ganze Welt, aber die ganze Welt verändert sich für dieses eine Tier

So, oder ähnlich.

Das bedeutet, du veränderst möglicherweise nicht die ganze Welt, aber für einige Menschen, inclusive dir natürlich, veränderst du eine ganze Menge.


Und auch als Sachbearbeiter ist man doch wichtig, auch wenn man das nicht direkt erlebt.
Im Übrigen auch Müllmänner, Müllfrauen, Putzkolonnen, Kanalarbeiter, Bauarbeiter, was täten wir ohne sie.

Wäre da die Sichtweise darauf eine andere, könnten vielleicht auch solche Berufsgruppen mehr Befriedigung aus der Arbeit ziehen.

Bundeskanzleri schrieb:Und auch als Sachbearbeiter ist man doch wichtig, auch wenn man das nicht direkt erlebt.

Naja, trotzdem hat eben jeder Mensch andere individuelle Bedürfnisse, die man nicht wegreden kann. Es ist nun mal so, dass es nicht jeder Mensch gleichermaßen erfüllend erlebt, in einem Büro Sachbearbeiteraufgaben zu erledigen. Ich würde meinen, dass man das ruhig auch einfach so stehen lassen kann, ohne es wegdiskutieren zu wollen. Vielleicht mag es ja doch der eine oder andere so akzeptieren, wie ich es eben empfinde.

Letztlich sind wir eben alle unterschiedlich und erleben die Dinge unterschiedlich. Ich denke, dass man diese Unterschiede auch thematisieren und gegenseitig respektieren kann, auch wenn man sie selbst anders sieht bzw. empfindet.

Beispielsweise geht es mir so, dass ich meine Sachbearbeiteraufaben als sehr ermüdend erlebe und oft nur mit Mühe einen ganzen Arbeitstag durchhalte und nach einer Fünftagewoche recht müde bin und mich im Kopf regelrecht "matschig" erlebe. Eigentlich würden mir drei Arbeitsage pro Woche völlig ausreichen, bzw. dann bin ich mit meiner Kapazität am Ende.

Nachtrag: um dieses Gefühl der Matschigkeit zu reduzieren, habe ich es als vorteilhaft erlebt, meine Tage mit anderen Aktivitäten (nach Feierabend) anzureichern. Damit kann ich mich zumindest zum Teil mental "wiederbeleben" und ich fühle mich wieder frischer und wacher. Dazu gehören z.B. körperliche Aktivitäten (um die ständige Sitzerei zu kompensieren), oder auch geistige Aktivitäten (ich habe beispielsweise einige Jahre lang nebenbei ein nebenberufliches Studium im Kulturbereich absolviert, das mich sehr belebt und mental aktiviert hat).

Jedenfalls ergeht es mir oft so, dass ich mit trübem Kopf aus dem Büro schlurfe, dann kommt eine andere Aktivität, und am späteren Abend fühle ich mich endlich belebt, wach und voller positiver Gefühle und Gedanken.

martenot schrieb:ohne es wegdiskutieren zu wollen

Naja, das war nicht meine Absicht. Natürlich respektiere ich dein eigenes Erleben, das würde mir wohl nicht anders ergehen.

Ich meine aber, dass eine stärker erlebte Sinnhaftigkeit zu einem besseren (nicht durchweg perfektem) Erleben beitragen kann.

Mehr wollte ich gar nicht ausdrücken.

martenot schrieb:Wobei ich im Beruf auch nichts von gravierender Bedeutung schaffe. Es sind eher Routinetätigkeiten bwz. "gehobene" Sachbearbeitertätigkeiten. Das ist nichts, was ich zu meiner Freude oder Befriedigung machen würde.

Ist bei mir nicht viel anders. Aber dennoch fühlt sich mein Leben ohne diese Tätigkeit irgendwie leer an. Natürlich kann sich das ändern, vielleicht sehe ich das in 3, 4 Jahren anders, das kann man ja nie wissen. Fakt ist, dass ich ganz ohne meine Arbeit halt nicht so wirklich glücklich wäre. Auch wenn sie mich oft schrecklich nervt, oder ich, wie heute, schnellstmöglich nach Hause flüchte. Aber alleine schon dass ich nicht mehr über die Arbeit schimpfen könnte, würde mir schon fehlen :D

Bundeskanzleri schrieb:Ich meine aber, dass eine stärker erlebte Sinnhaftigkeit zu einem besseren (nicht durchweg perfektem) Erleben beitragen kann.

Kann sein. Aber es gibt beispielsweise auch einige körperliche Aspekte im Beruf, die ich als anstrengend und belastend empfinde, die ich auf jeden Fall außerberuflich kompensieren muss, wie z.B. das ständige Sitzen, das mir körperlich und gesundheitlich nicht gut tut. Habe deswegen jetzt vor drei Tagen einen ersten Termin mit einem "Personal Trainer" gehabt, denn ich muss unbedingt systematisch wieder mehr Bewegung in mein Leben einbauen. Ich habe zu viele Probleme bekommen (auch als Folge der Pandemie): Übergewicht, schmerzende Gelenke, ein Gefühl von schlechter Beweglichkeit, geringe Fitness. Dazu das stundenlange Starren auf den Bildschirm: meine Augen werden immer schlechter, ich sehe oft unscharf und meine Augen schmerzen.

EnyaVanBran schrieb:wie heute, schnellstmöglich nach Hause flüchte

Obwohl mir meine Arbeit Spaß macht und ich sie als befriedigend erlebe, lebe ich auch dieses Auf und Ab.

Ein Feierabend fühlt sich halt viel besser an, wenn man weiß wovon man sich erholen muss, als wenn man sowieso frei hatte.

Also ein Rhythmus von anstrengend zu leicht, Urlaub zu Arbeit, durch den Wechsel kommt bei mir das Wohlgefühl.

martenot schrieb:Wobei ich im Beruf auch nichts von gravierender Bedeutung schaffe. Es sind eher Routinetätigkeiten bwz. "gehobene" Sachbearbeitertätigkeiten. Das ist nichts, was ich zu meiner Freude oder Befriedigung machen würde.

Warum machst du es dann? Nur wegen dem Geld? Hättest du dich nicht schon längst mal umorientieren können?

Bundeskanzleri schrieb:Ein Feierabend fühlt sich halt viel besser an, wenn man weiß wovon man sich erholen muss, als wenn man sowieso frei hatte.

Damit triffst du bei mir zu 100% ins Schwarze. Das Selbe gilt für Wochenenden.

martenot schrieb:einige körperliche Aspekte im Beruf,

Ok, das ist natürlich ein Aspekt, der dich dauerhaft begleitet. Verständlich, dass die Arbeit an sich da auch nix mehr ausbügeln kann.

Ich hätte kein Problem ohne Arbeit glücklich zu werden. Filme, Bücher, Natur, Tiere, es gibt so vieles. Mir wäre selten langweilig. Dennoch fange ich demnächst wieder an und freue mich auch darauf. Nach jahrelanger Kinderbetreuung und Auszeit wegen Krankheit, sind nun Senioren dran. Ich hoffe ich gehe ihnen nicht auf die Nerven. :D Arbeit am und mit Menschen, egal ob Kind oder Senior ist immer abwechslungsreich, bringt halt nicht viel Geld. Da muss Mensch halt abwägen, was ihm wichtiger ist.

Carietta schrieb:Arbeit am und mit Menschen, egal ob Kind oder Senior ist immer abwechslungsreich, bringt halt nicht viel Geld.

Das stimmt, das ist leider so. Ich nehme es auch oft wahr, dass Berufe mit erfüllenden Aufgaben (z.B. Menschen helfen) deutlich schlechter bezahlt werden als technisch orientierte oder Ingenieursberufe.