Postmortem Fotografie

@cute_lenore
bei dem 1. Bild wundert es mich ein bißchen, dass der Kopf zur Seite gelegt wurde....
das Mädchen dürfte auch älter gewesen sein...ca. 14...nur vermutet....

das 2. Bild ist auch sehr sehr ungewöhnlich, ja richtig natürlich...sieht irgendwie schön aus, und das Kind hat eine Rose in der Hand...

@musikengel

das der Verstorbene mit zur Seite oder leicht nach unten geneigtem Kopf aufgebahrt wird, ist auf diesen alten Aufnahmen des öfteren zu sehen.
Mit der Absicht, den Eindruck des "entspannt , friedlich" daliegen zu erwecken. "Als wenn er nur schläft"

Das Alter lässt sich auf diesem Foto mein ich schlecht einschätzen. Sie könnte so zwischen 14-16 sein wie Du vermutest aber vlt. auch etwas älter.

ja, die Rose in den Händen des Jungen ist ein sehr schönes Detail, sehr lieb gemacht.

Diese sehr gut fotografierten, berührenden wie traurigen Totenportraits fand ich in dem digitalen Bildarchiv der
Vorarlberger Landesbibliothek:

Hausaufbahrung eines Kleinkindes, ca. Ende der 20iger Jahre:

Original anzeigen (5,8 MB)
Original anzeigen (6,9 MB)

Vor allem auf dem zweiten Foto, in Nahaufnahme, fallen die Verfärbungen o. Verletzungen im Gesicht auf.
Ich nehme an, das Arme Kind hat bei einem Unfall sein Leben verloren.

Kind auf dem Totenbett, aus dem selben Zeitraum.
Auffallend die handbestickte Sterbedecke mit dem Religiösen Vers, auch die erhöhte Aufstellung der sehr feierlich arrangierten Totenbahre.

Original anzeigen (5,4 MB)

Das Gesicht des Kindes wirkt traurig und angestrengt,
Ich denke es ist nach einer schweren Krankheit verstorben.

Beide Kinder hatten sicher keinen sanften, friedlichen Tod.

@cute_lenore
Das letzte Foto ist sehr faszinierend. Es wirkt beinahe, als haette man einen Altar fuer das Kind errichtet.

@Alarmi
ja, der Gedanke kommt zu recht auf.
Vorarlberg-Österreich, dort waren die damals Menschen sehr religiös, wie in den angrenzenden Regionen
der Schweiz und Deutschlands.
Das kommt in diesem Bild sehr schön zum Ausdruck.

Wenn ich mir das Zimmer ansehe, so müssen es einfache Leute gewesen sein,
vlt. aus einer ländlichen Region. Dort waren die Leute besonders gläubig.

Ihnen war kein Aufwand zu groß, ihr totes Familienmitglied zu ehren.

@cute_lenore
Na, arm scheinen sie aber nicht gewesen zu sein bei der Menge an Spitze!

"einfach" heißt nicht zwingend arm.

Das meiste, die Sterbedecke, selbst die Wandbehänge wurden überwiegend in Handarbeit selbst gefertigt.
Natürlich mußten die Stoffe gekauft werden, aber ich denke nicht das es ein Vermögen kostete.

Und es war eine Anschaffung auf Dauer.
Die Familie würde sicher noch einige Tote zu beklagen haben. Dafür lag die Austattung dann im Wäscheschrank bereit.

Wieder mal sehr interessante Bilder aus längst vergangener Zeit.

Das Baby könnte auch am plötzlichen Kindstod verstorben sein oder an einer Krankheit.
Das Kind auf dem unteren Bild war schon etwas größer. Etwa 4-5 Jahre, würde ich schätzen. Hier könnte ein Unfall oder auch eine Krankheit die Ursache gewesen sein. Eine wirklich sehr liebevolle und würdige Aufbahrung hat man den Kindern bereitet.

@cute_lenore

Ich frage mich wie reich diese Menschen dann gewesen sind, um so viel zu arrangieren um sich von dem bereits toten Kind nochmals verabschieden zu koennen.



Ich las dass 1840 guenstiger war, ein Foto machen zu lassen, als ein Potrait malen zu lassen. Doch billig waren diese Fotos auch keinesfalls.


Ausserdem waren aufgemalte Augen ueber geschlossene Augenlider auch in gewoehnlichen Fotos ziemlich verbreitet, da die Belichtungszeit der Fotos damals wesentlich langer dauerte und es zu oft vorkam, dass jemand dann die Augen geschlossen hatte. Um das vorzubeugen, malte man auf die Augenlider zusaetzlich auch noch Augen.

Daher...nicht alle Fotos mit aufgemalten Augen zaehlen gleich als Post Mortem.

@KoMaCoPy
ich denke man muß nicht besonders reich gewesen sein, um eine Hausaufbahrung wie auf den Bildern, zu arrangieren.
Den Räumen nach waren es keine besonders Reichen, eher einfache Leute.

Einiges, z.B. Sterbedecke oder Wandbehänge waren wahrscheinlich selbst gefertigt.
Das geschah schon vorher, so daß alles bereit lag, wenn ein Todesfall zu beklagen war.
Die Austattung der Totenbahren wurde natürlich weiterverwendet, für den nächsten Trauerfall.
Es war eine einmalige Ausgabe, die Dinge wurden innerhalb der Familie weitergegeben.

@cute_lenore

Das letzte Bild ist wahrlich faszinierend!

Ich denke, dass das, links und rechts vom Altar einfach Vorhänge waren, solche werden auch heute noch zB in Polen verkauft und vors Fenster gehangen.

Denkst du wirklich, dass die Totendecke quasi weitergegeben wird? Ich war eigentlich der Meinung, dass die verstorbene Person die Decke "mitnimmt" und, dass jede verstorbene Person eine eigene bekommt?

Ich denke auch, dass auf dem unteren Bild Vorhänge verwendet wurden.
Wie das mit den Totendecken war, weiß ich leider nicht. Es ist aber denkbar, dass die weiter verwendet wurden.

Das mit den aufgemalten Augen hab ich auch schon geschrieben. Es gibt bei uns Fotos von meiner Uroma mit ihren Geschwistern, über 100 Jahre alt, da waren die Augen auch zum Teil aufgemalt und die Personen lebten damals nachweislich noch.
Und auch von meiner Oma, Jahrgang 1936 gibt es Bilder mit aufgemalten Augen. Und meine Oma lebt auch noch.

@nanusia
@Escodia
Beides ist denkbar,
es wäre interessant mal mehr über derartiges Brauchtum zu erfahren, auch den Verbleib der Totendecken.

Vorhänge zu Verwenden klingt schlüssig.
Bodenlange Ziervorhänge, z.b. aus aufwendiger Spitze oder schwerem Samt mit Borten waren damals sehr gebräuchlich.

@cute_lenore
Ich hab jetzt grade mal den Spruch auf der Totendecke gelesen...hallo, wie makaber ist das denn!? :D

@Alarmi
ja, der Vers fiel mir sofort ins Auge,
klingt sicher morbide, trifft es aber auf den Kopf.
Die an der Bahre Trauernden würden früher oder später selber dort liegen und beweint werden.
Das wurde von den Menschen nie verdrängt sondern immer als gegeben akzeptiert.

Das drückt auch die Tafel "Auf Wiedersehen" über dem Totenbett aufgehängt aus.
Irgendwann wir man sich...an anderer Stelle... wieder treffen.

Man verabschiedete und begrub ohnehin nur die sterbliche (verwesende) Hülle des Toten, dessen Seele nach damaligem Glauben an einem
anderen Ort weiter existieren würde. => wo man sich irgendwann "wiedersehen" würde.

cute_lenore schrieb:klingt sicher morbide, trifft es aber auf den Kopf.Die an der Bahre Trauernden würden früher oder später selber dort liegen und beweint werden.Das wurde von den Menschen nie verdrängt sondern immer als gegeben akzeptiert.

Aber ob man das direkt mit der Verwesung fokussieren muss bezweifle ich doch grad mal stark. :D

@Alarmi
denke, das liegt an der Einstellung zum Tod der Menschen damals.
Die war offener und auch sachlicher.
Sie nahmen es als gegeben hin, wie den Tod selber, daß der Verstorbene schon bald anfangen würde zu zerfallen.

in der Hinsicht waren die Menschen damals doch recht pragmatisch.

Auf dem letzten Foto sieht man bei stärkerer Vergrößerung links an der Wand ein Bild von einem Kind im Bett und einer Frau daneben. Das könnte ein Foto sein. Die Kleidung der Frau lässt an die 20er Jahre denken, aus denen das Aufbahrungs-Bild ja auch stammen soll.

Könnte das ein Foto von diesem Kind zu Lebzeiten mit seiner Mutter sein? Aus noch vergleichsweise glücklichen Tagen? Oder ist das Kind auf dem Wandbild älter als das tote Kind?

@AlteTante
ich hab mir das grad mal genauer angesehen, kann das aber ehrlich gesagt schlecht einschätzen. Es könnte natürlich ein Bild aus glücklichen Tagen sein. Mir kommt das Kind auf dem Bild an der Wand aber mehr wie ein Mädchen vor, während das verstorbene Kind ein Junge ist.
Es muss auch kein Foto sein, es könnte auch eine eingerahmte Postkarte oder ein kleiner Kunstdruck mit einem solchen Motiv "Kind im Bett, Mutter daneben" sein.