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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

796 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Frage, Moral, Selbstmord ▪ Abonnieren: Feed E-Mail

Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

14.05.2022 um 10:05
Zitat von RachelCreedRachelCreed schrieb:Wenn derjenige später immer noch unbedingt will, wird er einen Weg finden.
Aber dann bitte, wenn ich nicht in der Nähe bin.
Das denke ich auch.

Und ich finde auch, man kann auch mal an die Beteiligten denken, denen man das zumutet.
Ich kannte einen, der sich aus Krankheitsgründen erschossen hat und dies so bewerkstelligt hat, dass es kein katastrophaler Anblick war, ihn zu finden.

Eine Bekannte einer Freundin hat sich erhängt und in Kauf genommen, dass ihre kleine Tochter sie findet.


In Japan werden die Folgekosten wohl zum Teil den Angehörigen aufgedrückt.
Finde ich schräg, die einzige Rechtfertigung wäre für mich, wenn es einen Einfluss auf die Suizidrate hätte.

https://asienspiegel.ch/2014/02/selbstmord-mit-folgekosten

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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

14.05.2022 um 11:51
Zitat von PStanisLovePStanisLove schrieb:Du weißt doch nicht wie sich solche Leute selber wahrnehmen. Vielleicht halten sie sich für eine Belastung, vielleicht glauben sie es nicht ihr Leben verdient zu haben oder sie empfinden ihr Leben als unfassbar unerträglich
Nein, das weiß ich natürlich nicht. Ich war auch nie selbst in der Situation und Depressionen hatte ich zum Glück auch nie. Vielleicht kann ich es deshalb auch nicht nachvollziehen.
Zitat von PStanisLovePStanisLove schrieb:Ja gut, aber was ist wenn der Schmerz oder was auch immer da ist so riesig ist, daß sie es nicht aushalten? Was ist wenn sie auch keine Lust mehr auf Non Stop dagegen Ankämpfen?
Ich denk dabei eher an die Kinder. Was der Suizid in ihnen auslöst und was das für psychische Auswirkungen auf ihr weiteres Leben haben kann. Wenn man sich das Leben nehmen will, weil sich der Partner das Leben genommen hat, dann sollte man sich erst recht vorstellen können, wie schwer es für andere Familienmitglieder sein muss, wenn gleich 2 Personen diesen Entschluss fassen. Man selbst kommt nicht damit zurecht, aber bürdet es anderen Personen gleich doppelt auf. Kann ich einfach nicht nachvollziehen. Bei mir stehen die Kinder aber auch an erster Stelle und danach kommt erst der Partner. Zumindest bis sie volljährig sind.
Zitat von PStanisLovePStanisLove schrieb:Ausserdem hat man sich weder die Geburt noch seine Existenz noch seine Identität ausgesucht, das Schicksal kann verbaut sein und das Leben kann als Bürde wahrgenommen werden.
Ja richtig, man selbst hat sich nicht aussuchen können, ob man geboren wird, oder nicht. Aber das konnten deren Kinder ja auch nicht.

Ich bin ja auch nicht prinzipiell gegen Suizid, aber bei Eltern von Minderjährigen sehe ich das nochmal anders.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

14.05.2022 um 12:42
Zitat von Hailey25Hailey25 schrieb:Wenn man sich das Leben nehmen will, weil sich der Partner das Leben genommen hat, dann sollte man sich erst recht vorstellen können, wie schwer es für andere Familienmitglieder sein muss, wenn gleich 2 Personen diesen Entschluss fassen
So weit denkt man möglicherweise nicht in so einer Kurzschlussreaktion. Die Situation dieser Frau ist ja auch furchtbar gewesen.

Aus eigener Erfahrung weiß ich auch das manche nicht so sehr an die Nachfahren denken und eher eine nach mir die Sinnflut Haltung haben. Kommt vielleicht auch daher, weil man eh keine große Zukunft mehr sieht.
Zitat von Hailey25Hailey25 schrieb:Ich bin ja auch nicht prinzipiell gegen Suizid, aber bei Eltern von Minderjährigen sehe ich das nochmal anders.
Ich mach da keinen Unterschied zwischen Eltern von Minderjährigen und Leuten ohne Kinder.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

14.05.2022 um 13:13
Zitat von Hailey25Hailey25 schrieb:Ich bin ja auch nicht prinzipiell gegen Suizid, aber bei Eltern von Minderjährigen sehe ich das nochmal anders.
Grundsätzlich verstehe ich das.
Nur ist eine richtige klinische Depression etwas, das nicht viel mit Logik zu und normalem Denken zu tun hat.
Es gibt z.B. Familienväter von kleinen Kindern, die sich in einer akuten suizidalen Phase einreden, je früher sie Schluss machen, desto besser. Aus ihrer ganz eigenen inneren Logik heraus glauben sie, ihrer Frau so die Möglichkeit zu geben, einen "besseren" , nicht depressiven Partner zu finden. Und die Kinder würden eine neue Vaterfigur bekommen, die einen "gesünderen" Einfluss ausüben kann.

Aus dieser von der depressiven Phase geprägten "Logik" heraus, können sich (manche) Betroffene tatsächlich einreden, ihr Suizid sei langfristig das beste für alle.
Dass sie damit bei ihrer Familie nicht nur eine gewisse Phase der Trauer, sondern möglicherweise ein lebenslanges Trauma verursachen, wird hierbei völlig ausgeblendet. Das gehört dann allerdings - je nach Ausprägung - zum Krankheitsbild dazu.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

14.05.2022 um 14:19
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb:In Japan werden die Folgekosten wohl zum Teil den Angehörigen aufgedrückt.
Das ist in Deutschland auch z.T. so. Z.B. für Reinigungsarbeiten und so wird auch schon mal eine Rechnung erstellt.
Es wird auch genau Statistik geführt, zu wie vielen Minuten Verspätung es kam, wie viele Reisende betroffen waren usw.
Zitat von PStanisLovePStanisLove schrieb:Das verstehe ich auch nicht. Es gibt so viele unblutigere Arten zu sterben, und was ist wenn man nicht sofort stirbt sondern erst einmal durch große Körperliche Schmerzen durch muss.
Du kannst davon ausgehen, dass jemand, der frontal von einem Zug erfasst wird, sofort tot ist.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

14.05.2022 um 22:48
Das Gefühl, jemanden durch Suizid verloren zu haben, ist schwer nachvollziehbar und das ist auch verständlich.
Bei mir persönlich haben Fragen wie "warum hast du dir das angetan" immer überwiegt und nicht die Frage, warum uns das angetan wurde.
Ich hätte viel dafür gegeben, es zu verhinden aber er wollte es in diesem Moment nicht anders und ich hoffe, dass er es jetzt wunderschön hat :)

Die Frage ob man es verhindern kann oder sollte ist sehr schwer zu beantworten aber klar: wenn ich jemanden in einer akuten Situation vorfinden würde, würde ich handeln...was derjenige dann daraus macht liegt nicht in meiner Macht.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

15.05.2022 um 08:45
Zitat von Ronja84Ronja84 schrieb:Das Gefühl, jemanden durch Suizid verloren zu haben, ist schwer nachvollziehbar und das ist auch verständlich.
Bei mir persönlich haben Fragen wie "warum hast du dir das angetan" immer überwiegt und nicht die Frage, warum uns das angetan wurde.
Ich finde, ehrlich gesagt, ein Denken, das in Richtung eines Vorwurfs an denjenigen, der sich suizidiert hat, auch etwas befremdlich. Denn in den wenigsten Fällen wird jemand diesen finalen Schritt wählen, um einen anderen dadurch zu "bestrafen" oder ihm weh zu tun.
Das mag es natürlich auch geben, aber sicher nur minderheitlich.
Viele Suizidenten hinterlassen einen "Abschiedsbrief", in dem sie um Verzeihung bitten, ihr Handeln zu erklären versuchen usw.
Manche wollen auch Angehörige vor der Auffindung ihrer Leiche schützen und bringen Warnhinweise an.
Daraus kann man schon schließen, dass die Betroffenen sich das nicht einfach machen.
Oft ist es ja auch ein längerer Prozess.
Zitat von Ronja84Ronja84 schrieb:Die Frage ob man es verhindern kann oder sollte ist sehr schwer zu beantworten aber klar: wenn ich jemanden in einer akuten Situation vorfinden würde, würde ich handeln...was derjenige dann daraus macht liegt nicht in meiner Macht.
Wenn ich etwas tun könnte, um das zu verhindern, würde ich das selbstverständlich sofort tun. Und eigentlich besteht auch die Pflicht zur Hilfeleistung.

Wobei das vielleicht nicht in jedem Fall wirklich gut wäre. Je nachdem, was für eine Schädigung bereits eingetreten ist, kann der Gerettete zu einem Pflegefall werden. Aber das kann ein Laie in der Situation ja überhaupt nicht beurteilen. Und in vielen Fällen geht es ja zum Glück auch "gut" aus.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

17.05.2022 um 23:00
Zitat von RachelCreedRachelCreed schrieb am 14.05.2022:Nur ist eine richtige klinische Depression etwas, das nicht viel mit Logik zu und normalem Denken zu tun hat.
ich finde es immer schwierig, da zu unterscheiden. was ist logik und was ist krankheit? oftmals erscheint das denken betroffener menschen sogar ziemlich rational und kühl, weil es nämlich frei von gefühlsdusel ist. also, wenn jemand konstatiert, dass für ihn sein leben keinen sinn mehr macht. unabhängig von stimmungslage und gefühlen.
Zitat von RachelCreedRachelCreed schrieb am 14.05.2022:Aus dieser von der depressiven Phase geprägten "Logik" heraus, können sich (manche) Betroffene tatsächlich einreden, ihr Suizid sei langfristig das beste für alle.
und kann es nicht auch fälle geben, wo das tatsächlich zutrifft? kann man so etwas überhaupt objektiv betrachten?


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

18.05.2022 um 20:08
Zitat von flufffluff schrieb:und kann es nicht auch fälle geben, wo das tatsächlich zutrifft? kann man so etwas überhaupt objektiv betrachten?
Naja, dann folgt daraus eben, dass derjenige es irgendwann schafft, sich das Leben zu nehmen.

Objektiv betrachtet, hieße dann eventuell, eine finanzielle Schieflage, eine unheilbare Krankheit oder so.

Subjektiv würde derjenige aber doch in den meisten Fällen jemandem fehlen.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

18.05.2022 um 20:15
Zitat von BundeskanzleriBundeskanzleri schrieb:Subjektiv würde derjenige aber doch in den meisten Fällen jemandem fehlen.
Wenn derjenige keine Familie hat, auch keine Freunde und keinen Partner sowie auch nicht arbeiten geht und sozial mit keinen interagiert, wem soll er dann fehlen?


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

18.05.2022 um 20:17
@Yotokonyx

Ja, das mag es schon auch mal geben, aber häufiger ist doch, dass jemand irgendwelche Sozialkontakte hat.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

24.05.2022 um 00:11
Gar nicht so eindeutig zu beantworten. Ich bin grundsätzlich der Meinung dass man niemanden zum Leben zwingen soll der nicht mehr leben möchte, und dass jeder Mensch das Recht haben sollte selbstbestimmt aus dem Leben zu scheiden.

Wenn ich jetzt aber in meinem Umfeld mitbekommen würde dass sich jemand den ich kenne, auch wenn es kein wirklich nahestehender ist, umbringen möchte, würde ich sicher versuchen diesen in Gesprächen davon abzubringen, und auch versuchen über Alternativen zum Suizid zu sprechen. Dass sich jemand umbringen will kann ja verschiedene Gründe haben, wenn beispielsweise Liebeskummer der Auslöser ist würde ich sicher hartnäckig argumentieren dass das etwas temporäres ist, und auch wenn es viele in dem Moment nicht glauben, die Welt in 1,2 Monaten wieder ganz anders aussehen kann. Auch bei Schulden, Armut oder sonstigen Gründen dieser Art denke ich kann es Möglichkeiten geben die Probleme anders zu beseitigen. Anders sieht es da natürlich bei gesundheitlichen Problemen aus, wenn jemand chronisch und/oder schwer krank ist, unter permanenten Schmerzen oder dergleichen leidet und keine realistische Chance auf Heilung besteht wäre der Todeswunsch wohl auch für mich sicher legitim und nachvollziehbar, wenngleich ich dennoch niemanden dazu ermutigen würde.

Auch wenn man jetzt zB eine Brücke überquert und zufällig vorbeikommt wie sich jemand (da reden wir von einer fremden Person) in suizidaler Absicht hinunter stürzen möchte, glaube ich dass Zivilcourage quasi ein Reflex ist der automatisch einsetzt, dass man da sicher hingehen würde und versuchen würde die Tragödie zu verhindern, das wäre dasselbe wie wenn man an einem Typen vorbeikommt der eine Frau schlägt o.ä., man weiß zwar nicht genau was da gerade passiert aber man greift einfach automatisch ein.

Ich habe keine wirklichen Erfahrungen mit dem Thema Suizid, aber ich denke dass man allgemein unterscheiden muss zwischen Menschen die wirklich völlig nüchtern und vernünftig zum Entschluss kommen, dass ihr Leben nicht mehr lebenswert ist, und Menschen die in einer emotionalen Ausnahmesituation sind in der sie nicht mehr rational entscheiden können, und vielleicht dazu neigen eine überstürzte Handlung zu setzen, wo es aber durchaus andere Lösungen geben könnte wenn man einmal in Ruhe darüber nachdenkt, ein paar Nächte drüber schläft.

In beiden Fällen würde ich aber versuchen Dinge zu finden für die es wert wäre zu leben - das kann eine Familie sein, Kinder, Eltern, eine Beziehung, kann aber auch einfach nur eine Freundschaft, ein Hobby, Job oder die Hauskatze sein - ich glaube dass die Mehrzahl der Menschen die Gründe zum Sterben haben, auch Gründe zum Leben haben und mit denen würde ich dann auch sicher argumentieren.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

28.05.2022 um 19:10
Bei einer akuten Gefahr würde ich sofort eingreifen und professionelle Schritte einleiten. Oftmals ist es nur ein Hilfeschrei.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

28.05.2022 um 22:02
Zitat von WalkingbirdWalkingbird schrieb:Oftmals ist es nur ein Hilfeschrei.
Hach ja das typische blabla a´la wer sich Ritzt schreit nur um Hilfe.....Schwachsinn!

Natürlich muss unterschieden werden , zwischen einem Ernstgemeintem Suizidversuch & einem Hilfeschrei.
Ein Suizidversuch ist jedoch grundsätzlich - für den betroffenen - der letzte Ausweg und somit IMMER mehr als ein Hilfeschrei.



Back 2 Topic:
Privat bin ich der Überzeugung das jeder Mensch das recht auf seinen Freitod hat , SOLANGE er A) Keine Verantwortung für ein Minderjähriges Kind hat ( gilt auch wenn es einen Partner gibt welcher Verantwortung für das Kind hat ) und B) niemand anderen damit Schaden zufügt - egal ob Physisch oder Psychisch .

Und insbesondere Punkt 2 macht es so schwer einen Suizid gutzuheißen.
Psychische Schäden für Beteiligte sind enorm schwer auszuschließen - Stichpunkt Einsatzkräfte.

Es gibt wenige Arten sich umzubringen welche keine unangenehmen Faktoren mit sich bringen . Faktisch sogar nur 3 Arten.
Alle anderen Arten haben Faktoren welche eine eig. unbeteiligte Person langfristig schädigen können , und das halte ich für nicht verantwortbar.
Kleines , aber reales Beispiel: hatte bei einem Einsatz vor mehreren Jahren geholfen teile einer Person aus einem Gleisbett aufzusammeln .
Noch heute RIECHE ich den Geruch den das Opfer ausgeströmt hat wenn ich dann doch mal mit der SBahn fahren muss. Sonst habe ich keinerlei Gedanken an die Person bzw. diesen Einsatz.


Beruflich bin ich der Überzeugung das ich jede Person welche sich selbst akut gefährdet davon abhalten muss , weiß aber das dies in der Regel keine langfristige Lösung ist , auch wenn es hier natürlich ausnahmen gibt welche nach ihrer Behandlung ein tolles und erfülltes Leben hatten.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

28.05.2022 um 22:10
Zitat von AnchorachAnchorach schrieb am 09.11.2012:Ich versuchte alles erdenkliche, um ihn davon abzuhalten. Jetzt stellt sich mir die Frage, ob man jemanden, wenn er wirklich sterben möchte, der Person diesen Wunsch nicht vll. doch gewähren lassen sollte.
Ich denke, wenn er wirklich sterben möchte, lässt er sich durch nichts aufhalten, außer, wenn er doch leben möchte. Vielleicht sind es oft einfach hilferufe und nicht direkt der Wunsch zu sterben. Nur wenn man diese Hilfe nicht erhält und es irgendwann einfach nicht mehr erträgt tut man es dann vielleicht doch irgendwann.

Ansonsten denke ich, dass es ganz von der Situation abhängig ist. Es gibt auf der einen Seite Menschen die sich Aufgrund von Depressionen usw. das Leben nehmen möchten. Es gibt aber auch die jenigen die unheilbar krank sind und denen ein qualvoller Tod bevorsteht, bei deren lebensende sie sich noch nichtmal würdevoll von deren geliebten verabschieden können.
Bei ersteren finde ich, sollte man alles versuchen um diesen Menschen Alternativen aufzuzeigen. Bei letzterem sollte man diesen Wunsch respektieren. Sehe ich zumindest so.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

29.05.2022 um 00:40
Hab den Thread jetzt schon ne Weile gesehen und drüber nachgedacht, kein einfaches Thema für mich.

Ich kann Suizid supporten und auch verhindern, ich mache das für mich abhängig von der psychischen Verfassung des Jenigen welcher Suizid begehen will.
Leider muss man diese ja von außen feststellen, kann also sehr ungenau sein.

Beispiel, ein Bekannter von mir hat sich im Auto mit Abgasen umgebracht weil sich seine Freundin von ihm getrennt hat, das war zumindest der Auslöser. Ich bin mir sehr sicher, daß dies eine absolute Kurzschlussreaktion war, er nicht mehr klar denken konnte. In diesem Falle sollte man den Suizid verhindern.

Es gibt aber auch Menschen, die im vollem Bewusstsein der Konsequenzen ihren Suizid begehen. Sie sind des Lebens müde, vielleicht schwer erkrankt oder einfach nur alt und einsam und wollen einfach nicht mehr Leben. Also wohlüberlegt und nichts überhastetes.
Ich habe auch von Depressionserkrankten gelesen, die nicht als Folge ihrer Depression sich suizidieren sondern weil sie mit Depressionen nicht mehr leben wollen. Also eine Entscheidung die von außerhalb der Depression getroffen wird.
Ein Bekannter von mir war jahrelang drogensüchtig, wurde dann irgendwann verhaftet, saß ne Weile im Knast und kam danach als knapp 40jähriger wieder nach Hause zu seinen Eltern. Sein Zustand war schlecht, die Drogensucht hat wohl sein Gehirn angegriffen, er konnte sich auch nach längerer Zeit der Abstinenz nicht mehr richtig artikulieren, hatte auffällige Körpersprache.
Soweit ich weiß, war ihm voll bewusst das dies sein Leben sein wird, da ist etwas unwiderruflich kaputt gegangen - hat sich dann erhangen....was soll man da machen? Schwierig, ich stimme ihm zu, das wäre sein Leben geworden und auch für mich wäre das kein lebenswertes Leben.

Krasses Thema.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

29.05.2022 um 01:12
Ich beobachte diesen Thread auch schon eine ganze Weile: Meine Meinung: So generell lässt sich doch so eine Frage nicht beantworten, da es auf die Umstände ankommt - sehr oft ist es eine individuelle Konstellation.

Das Problem ist, dass wenn man in einem gedanklichen Tunnel ist, dann kommt man sehr schwer aus diesem Tunnel raus, sieht oder glaubt aber gar nicht, dass es Alternativen gibt. Ich war auch schon ein paar Mal in dem Tunnel, v.a. in meiner Jugend. So als Beispiel, wie schnell man auch ohne Depression in so einem Tunnel landen kann und wie viele Komponenten da mit reinspielen:

Ich bin in einem sehr lieblosen Elternhaus großgeworden, Konflikte waren an der Tagesordnung, also habe ich mit 16 mein Zeug gepackt und habe mir eine Ausbildung weit weg von zu Hause gesucht. Meine Eltern hatten auch keine wirkliche Lust mehr auf Kontakt, so lebte ich mit 16 teilweise sehr sehr alleine in der Nähe meines Lehrbetriebs. Vor allem die Wochenenden waren total die Hölle, weil ich von Freitag - Montag wirklich alleine war, ich wohnte in einer Dachkammer bei zwei total stoffeligen Rentnern, die nur aufpassten, dass ich niemanden mitbrachte (Kupplungsparagraph), sonst aber keinen Kontakt wollten.

So sehr ich die Freiheit auch genoss - ein einsames Wochenende fühlte sich manchmal wie Wochen an. Wenn das Wetter schön war, setzte ich mich einfach auf mein Fahrrad und fuhr irgendwo in die Natur und las und redete mir ein, dass es schon wieder anders werden würde. Mein Problem war, dass mein gesamtes häusliches Umfeld eben auch daheim in meinem Dorf war und ich es nicht schaffte, in diesem neuen Dorf in die Dorfstrukturen vorzudringen, ich war irgendwie eine Exotin. Mit 16 findest du auch wenig Freunde, die die gleichen Freiheiten haben wie du, die meisten wohnen eben noch daheim.

Ich habe das Gefühl oft verdrängt, dass ich alleine bin oder mir selbst gesagt, dass es nun nicht so schlimm sei, eine Phase halt. Tatsächlich gährte es unter der Oberfläche massiv. Ich gab mir die Schuld dafür, dass mich meine Eltern nicht liebten. Ich hielt die Einsamkeit immer schwerer aus. Ich fragte mich, was mit mir nicht stimmte. Damit ich überhaupt Anerkennung bekam, "überkompensierte" ich völlig, z.B. in meinem Lehrbetrieb. Ich muss der absolut perfekte Lehrling gewesen sein - ich erledigte alle Aufgaben zu 120%, nur, damit ich ab und zu ein Lob abstaube (meine Lehrherren blieben trotzdem die Jahre über auf Distanz, sie wurden menschlich nicht warm mit mir). Ich kam mir total verloren vor - und führte es auf mich und meine Persönlichkeit zurück "nicht wert, geliebt zu werden".

Ich wurde immer emotionaler und verzweifelter - ohne es nach außen zu zeigen. Beispielsweise wachte ich einmal an einem Sonntagmorgen auf und hielt meine muffige Dachkammer nicht mehr aus. So schwang ich mich aufs Rad und fuhr in die Natur und fühlte mich so schrecklich einsam. Um in dieser dörflichen Gegend überhaupt unauffällig unter Leute zu kommen, ging ich in die Kirche - einfach, um irgendwelche menschliche Nähe zu haben, in den Gottesdienst. Dort traf ich eine Klassenkameradin aus der Berufsschule - ich kannte sie nicht mal gut, mehr vom Sehen. Ihre Eltern luden mich sofort zum Mittagessen ein - und es war wie in einem Heimatfilm - sie lebten auf einem Bauernhof, mit den Großeltern, es gab leckeres Essen, die ausgezogenen Geschwister kamen und man saß um den Tisch, redete, lachte .... mittags futterte man selbstgebackenen Kuchen, die Frauen strickten, die Männer schauten Fußball, es wurde viel gelacht .... als ich gehen wollte, regnete es, so verbrachte ich den gesamten Mittag da und abends fuhr mich der Vater mit dem Rad heim. Ich weiß noch, wie ich den gesamten Abend in meiner Dachstube geheult habe, weil ich den Tag so schön und idyllisch fand und nun wieder so alleine war und wieder diese nagenden Fragen auftauchten, auf die ich keine Antwort hatte.

In der Berufsschule lernte ich einen anderen 16 Jährigen kennen und wir verliebten uns ... für ein paar Wochen wunderschön und ich fühlte mich so aufgewertet ... dann bekam er wohl kalte Füße und meldete sich einfach nicht mehr. Das war das Allerschlimmste, weil ich so zwischen Bangen und Hoffen war - der anschließende Liebeskummer zog mich auf einen neuen Tiefpunkt und es tauchten erstmals Suizidgedanken auf.

Dann lernte ich auf einer Party meinen ersten festen Freund kennen: acht Jahre älter als ich, Student mit Topnoten und riesigem Freundeskreis... und er füllte das irre Defizit in mir. Erst hatte ich Angst, ihn in mein Leben zu lassen, weil ich Angst hatte, wieder auf dem Tiefpunkt zu landen und das spornte ihn immer mehr an. Endlich war ich jemandem wichtig. Ich wurde praktisch süchtig nach dem Gefühl. Fortan war der Sinn meines Lebens, diesen Mann so glücklich zu machen, dass wir für immer gemeinsam glücklich wären.

Das ging natürlich gründlich schief. Er hatte ziemlich narzistische Züge und ich entwickelte mich immer mehr zum Co-Narzisten, da er wusste, ich würde ihn niemals verlassen. Ich war zeitweise auch finanziell von ihm abhängig, der Mietvertrag lief auf seinen Namen ... ich saß total in der Falle. Ich wurde in seinen Freundeskreis eingeführt und tat in meiner Freizeit nun das, was alle tun: Weggehen, Grillfeste, lernen .... Die Beziehung dauerte acht lange Jahre.

Gelangweilt und vermutlich auch erstickt von meiner "Liebe" begann er fremdzugehen, trennte sich aber auch nicht, vermutlich, weil er auch durchschaut hatte, dass meine emotionale Abhängigkeit weit über die einer normale Beziehung hinausging: Er war alles für mich, der Mann, der meinen Wohnraum garantierte, der Mann, von dem ich Liebe und Anerkennung bekam, der Mann, der der Sinn meines Lebens war, der Mann, dessen Hobbys und Freundeskreis ich teilte - extrem gruselig aus heutiger Sicht. Damals war ich wie gefangen.

Ich gestand mir einfach nicht ein, dass es diese andere Frau gab und dass ich mich nun trennen sollte, weil es auch aus wirtschaftlichen Gründen echt schwer gewesen wäre. Wieder redete ich mir ein, dass es eine Krise war und wenn ich nur dünner, netter und bemühter wäre, dann würde das wieder ins Lot kommen. Ich hungerte mich fast zu Tode, weil er auf sehr dünne Frauen stand.

Ich fuhr damals mit dem Zug zur Arbeit. Es kam eine Nacht, in der er einfach nicht nach Hause kam. Er war zu feige zu agieren und wartete auf meine Reaktion. Das war eine entsetzliche Nacht, weil ich einfach nicht mehr verdrängen konnte, was da passierte. Ich saß auch stundenlang auf seinem Tiefgaragenstellplatz, weil ich es in der Wohnung alleine nicht mehr aushielt. Ich dachte soweit rational, dass ich am nächsten Morgen in die Arbeit ging (das war ja meine Lifeline ...) und ich saß am Bahnhof und überlegte, als der Zug einfuhr, ob ich meinem Leben nicht besser ein Ende setzen sollte. Ich war sehr kurz davor, es zu tun, da ich solche Angst vor der Zukunft hatte, vor einer Zukunft ohne ihn.

Ich weiß nicht, warum ich mich damals dann doch umentschieden habe. Es war eine Sache von Sekunden, aber der Gedanke blieb bei mir. Man hätte mir damals nicht helfen können - zumindest nur professionell und nicht laienhaft. Ich hätte mir ja ein gesamtes Leben neu aufbauen müssen, mit allen Säulen, die ein Leben so hat: Freunde, Hobbys, Beruf, Sinn ... Ich hätte auch mit niemandem reden können darüber, wie wichtig mir dieser Mensch war, weil ich mich so unendlich dafür schämte, dass der Mann mich nun nicht mehr liebte und ich die Schuld bei mir suchte. Außerdem hatte ich damals immer Angst, den Leuten Zeit wegzunehmen, weil ich dachte, dass ich es nicht wert bin. Und wenn du das denkst, dann hast du auch so eine Aura ....

Daher ... es ist echt schwierig - wie gesagt, eine Laieneinzelperson hätte das nicht hinbekommen, ich hätte mich auch nicht geöffnet, weil ich mir viele Dinge selbst nicht eingestehen konnte.


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Moralische Frage: Suizid verhindern, Ja oder nein?

29.05.2022 um 01:34
@MissMary
Uff.


Krasse Story und sehr gut rübergebracht.
Erstmal Hut ab, das du diesen Weg überstanden hast, das war sicher extrem schwierig und als bevorteilter Mensch (gute Kindheit, Familie bis heute intakt) kann ich dem nur höchsten Respekt entgegen bringen.

Eines möchte ich noch hervorheben:
Zitat von MissMaryMissMary schrieb:Ich weiß nicht, warum ich mich damals dann doch umentschieden habe. Es war eine Sache von Sekunden,
Genau hier sehe ich den schmalen Grat zwischen helfen oder nicht. In dieser Sekunde hat der Teil von dir gewonnen, der sich für das Leben entscheidet obwohl alle Signale auf AUS standen.
Wie soll das jemand von außen einschätzen? Das ist extrem schwierig und ich vermute das dies nur die wenigsten Spezialisten können.

Ich hoffe du bist heute glücklich mit deiner Entscheidung.

Danke für deinen Beitrag.


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