Political correctness, ein gescheitertes Experiment

Vielen Dank an euch Drei.

behind_eyes schrieb:Den Deckmantel der Satire spreche ich mal nicht an, der ist ohnehin obsolet mit dem Zugeständnis der eigenen Meinung.

seit wann schliessen sich denn Satire und eigene Meinung aus?

Tussinelda schrieb:seit wann schliessen sich denn Satire und eigene Meinung aus?

Warum sollten sie das?

Es läuft so:
Ich habe eine kontroverse Meinung, die ist natürlich nicht salonfähig. Also verpacke ich sie in Satire, weil Satire darf fast alles, Kritik unmöglich.
Exakt das sagt auch Zappa: ist ja Satire, verstehen nur die Analphabeten nicht. Ganz am Anfang sagt er: ist meine Meinung.
Also wenn es seine Meinung ist, warum steht er nicht dazu?
Warum holt er die Satire ins Boot, die ihn fast unantastbar macht?
Er steht halt nicht zu seiner Meinung OHNE den Satirebezug als Weichmacher zu nutzen.

behind_eyes schrieb:Exakt das sagt auch Zappa: ist ja Satire, verstehen nur die Analphabeten nicht. Ganz am Anfang sagt er: ist meine Meinung.

Jede Satire basiert auf der Meinung des Künstlers. Jede Kunst- oder Bühnenfigur basiert auf der Meinung des Künstlers.

Erst willst du nicht mehr zum Thema äußern, jetzt kannnst du nicht aufhören... Aufmerksamkeit. Gut.

Groucho schrieb:Sie selbst sagte in einem Interview dass Bühnenfigur und Privatperson identisch sind.

Ich hatte erst Text verlinkt, aus welchen man herauslesen kann, dass das nicht so eindeutig ist. Ich habe Stanislawski verlinkt um zu zeigen, dass die große Aufgabe in diesem Geschäft ist, einer Rolle (!)/Kunstfigur durch Technik wahrhaftig nahezukommen.
Je weniger die Leute dich von deiner Rolle unterscheiden, desto besser bist du! Auch wenn das auf der Strasse meist mehr Fluch als Segen ist. Das ist absolut handelsüblich in diesem Geschäft. K U N S T F I G U R

Groucho schrieb:Und weil sie ganz allgemein rassistische Witze macht, sind ihre antisemitischen Witze...äh, nihct mehr antisemitisch?

Letztlich wird das Publikum verhöhnt, auf eine nicht uncharmante Weise, wie ich finde. Leute, die sich selbst zu wichtig nehmen, werden wohl kaum lachen, das ist wahr. Sie greift handelsübliche Klischees auf, die so dermaßen dumm sind, dass es weh tut und bleibt dabei stoisch ernst. Alleine das finde ich ehrlich lustig. Könnte man sich Lisa Eckarts Art, wie sie sich über Dummheiten lustig macht, kaufen, ich würde sofort eine Dosenehmen. Meiner Meinung multipiziert sie nicht, nein, sie distanziert die Dummheit.

Groucho schrieb:Habe ich dich die ganze Zeit falsch verstanden, oder findest du Zappas Text antisemitisch aber Lisa Eckhardts nicht? Bedienst du dich da nicht desselben Doppelstandards nur eben umgekehrt?

Du verwechselst da was. Beide sind problematisch, habe ich geschrieben. Nur du bist derjenige, der urteilt.

Groucho schrieb:Jede Satire basiert auf der Meinung des Künstlers.

Würde ich bezweifeln, ohne es belegen zu können.

Groucho schrieb:Jede Kunst- oder Bühnenfigur basiert auf der Meinung des Künstlers.

Klares Dementi. Trifft vielleicht auf 10% zu, der Rest ist Auftragskunst ohne persönlichen Bezug. Spiel mal den, spiel mal das.
In der Musik ist der Anteil sicherlich größer, sehr viel größer.

behind_eyes schrieb:Es läuft so:
Ich habe eine kontroverse Meinung, die ist natürlich nicht salonfähig. Also verpacke ich sie in Satire, weil Satire darf fast alles, Kritik unmöglich.
Exakt das sagt auch Zappa: ist ja Satire, verstehen nur die Analphabeten nicht. Ganz am Anfang sagt er: ist meine Meinung.
Also wenn es seine Meinung ist, warum steht er nicht dazu?
Warum holt er die Satire ins Boot, die ihn fast unantastbar macht?
Er steht halt nicht zu seiner Meinung OHNE den Satirebezug als Weichmacher zu nutzen.

:D
ach so, na wenigstens DU hast das komplett durchschaut.

ich sehe das so: es ist seine Meinung und die lässt er sich nicht verbieten, gleichzeitig hat er diese satirisch überzogen, das ist ja eben Satire. Also Übertreibung, Übersteigerung.....er steht also voll hinter dem, was er sagt, auch wenn es satirisch überzogen war.

Tussinelda schrieb:ich sehe das so: es ist seine Meinung und die lässt er sich nicht verbieten, gleichzeitig hat er diese satirisch überzogen, das ist ja eben Satire. Also Übertreibung, Übersteigerung.....er steht also voll hinter dem, was er sagt, auch wenn es satirisch überzogen war

Du sagst gleichzeitig. Tatsächlich ist eine serielle Verknüpfung.
Erst ist es seine Meinung und weil die offenbar schlecht ankommt wird die Satire drübergestülpt,

behind_eyes schrieb:ein hoffnungsloses Unterfangen mit der Satire, weil die amerikanische Öffentlichkeit aus
Analphabeten besteht

Es spielt keine Rolle mehr ob es im Kontext einer Satire gesagt wurde, wenn es seine Meinung ist.

Wenn er voll hinter dem steht, was er in dem Song von sich gibt, warum holt er die Satire ins Boot?
Er Weiss das er Gedanken hat, die ohne Satire nicht sagbar sind. Das ist häufig so, im Prinzip benutzt er die Satire um einer ernsthaften Diskussion zum Songtext aus dem Weg zu gehen. Es findet kein Dialog statt.
Analog deutsches Beispiel: Dieter Nuhr.

behind_eyes schrieb:Erst ist es seine Meinung und weil die offenbar schlecht ankommt wird die Satire drübergestülpt,

es IST seine Meinung aber in Form der Satire, was gibt es denn daran nicht zu verstehen?

behind_eyes schrieb:Wenn er voll hinter dem steht, was er in dem Song von sich gibt, warum holt er die Satire ins Boot?

weil er kann und darf?
Und Zappa hat sich ausreichend zur Meinungsfreiheit geäussert, den Rechten von Künstlern diesbezüglich, dass er es diesen einen eh nur einmal gespielten Song dann nicht macht - also das ausufernde Erklären - liegt daran, dass er nicht davon ausgeht, dass "Analphabeten" dies verstehen würden. Die verstehen eben nicht, dass es seine - überzogene - Meinung darstellt.

behind_eyes schrieb:Es spielt keine Rolle mehr ob es im Kontext einer Satire gesagt wurde, wenn es seine Meinung ist.

natürlich tut es das. Seine Meinung als Satire dargebracht. Ich verstehe nicht, was es daran nicht zu verstehen gibt.

Tussinelda schrieb:Die verstehen eben nicht, dass es seine - überzogene - Meinung darstellt.

Richtig. Seine überzogene Meinung darstellt

und nicht

Seine Meinung überzogen darstellt.

Schauen wir mal was Satire eigentlich ist:

Satire ist eine Kunstform, mit der Personen, Ereignisse oder Zustände kritisiert, verspottet oder angeprangert werden. Typische Stilmittel der Satire sind die Übertreibung als Überhöhung oder die Untertreibung als bewusste Bagatellisierung bis ins Lächerliche oder Absurde. Üblicherweise ist Satire eine Kritik von unten (Bürgerempfinden) gegen oben (Repräsentanz der Macht) vorzugsweise in den Feldern Politik, Gesellschaft, Wirtschaft oder Kultur.

Personen verspottet oder angeprangert werden.
Ja, wieso verspottet er dann nicht Schlampen?
Warum müssen es unbedingt jüdische Schlampen sein?
Gibt es da etwas besonderes an Jüdinnen das ihre Identität eine Rolle spielt?
Was wäre denn das Besondere?

behind_eyes schrieb:Ja, wieso verspottet er dann nicht Schlampen?
Warum müssen es unbedingt jüdische Schlampen sein?

weil es um jewish princesses geht in diesem Fall und eben nicht um alle Frauen. Das es diese Bezeichnung für einen bestimmten Frauentyp gibt ist ja nicht Zappas schuld. Dass dieser Frauentyp zur Zeit des Songs offenbar häufiger thematisiert und dargestellt wurde, ist auch nicht sein Fehler. Er bezieht sich eben auf diesen so benannten Frauentyp. Denn offenbar kennt er ja welche, auf die dieses Stereotyp zutrifft. Und dann überzieht er es eben gnadenlos, sehr obszön, typisch Zappa eben, weil das (auch) seine Kunst ausmacht, weil das auch seine Kunst IST. Immer, nicht nur bei jewish princess.
Und warum sagst Du eigentlich Schlampen? Jetzt wertest Du ab.

Tussinelda schrieb:Das es diese Bezeichnung für einen bestimmten Frauentyp gibt ist ja nicht Zappas schuld.

Es fällt für sie, geehrte Damen und Herren, gerade die Kinnlade...

Was kann man bei Anwendung schon dafür?

Tussinelda schrieb:weil es um jewish princesses geht in diesem Fall und eben nicht um alle Frauen. Das es diese Bezeichnung für einen bestimmten Frauentyp gibt ist ja nicht Zappas schuld.

Das ändert nur nichts an einer Ethnie bezogenen Einordnung der Frau als Schlampe. Das ist ja das Problem.
Wenn ale SiegHeil schreien, soll ich da mitmachen nur weil es nicht meine Idee ist?

Tussinelda schrieb:Denn offenbar kennt er ja welche, auf die dieses Stereotyp zutrifft.

Widerspruch: ein Stereotyp entsteht erst durch die Verknüpfung von Ethnie und Eigenschaften.
Ein jüdische Schlampe ist perse kein Stereotyp, weil die Ethnie völlig irrelevant ist wenn eine Frau eine Schlampe ist. Den Bezug muss man schon wollen.

Man würde ja auch nicht sagen, es ist okay vom faulen Afrikaner, noch besser, vom Faulen Schwarzen zu sprechen nur weil man Schwarze kennt, die faul sind.
Es gibt sicherlich gute und schlechte Gründe warum jemand faul ist, die Ethnie oder die Hautfarbe gehören jedoch nicht dazu.

MokaEfti schrieb:Es fällt für sie, geehrte Damen und Herren, gerade die Kinnlade...

sinnloser Kommentar? Es wurde hier doch ausreichend aufgedröselt, woher die Beschreibung dieses Frauentyps kommt, wie sie entstanden ist, was lässt also diesbezüglich Deine Kinnlade fallen? Das Frauen so bezeichnet wurden, auch innerhalb ihrer BevölkerungsGruppe? Das Frauen sich selbst so nannten (und womöglich nennen)?

behind_eyes schrieb:Wenn ale SiegHeil schreien, soll ich da mitmachen nur weil es nicht meine Idee ist?

beschissenes Beispiel.

behind_eyes schrieb:ein Stereotyp entsteht erst durch die Verknüpfung von Ethnie und Eigenschaften.

wie bitte? :D

behind_eyes schrieb:Man würde ja auch nicht sagen, es ist okay vom faulen Afrikaner, noch besser, vom Faulen Schwarzen zu sprechen nur weil man Schwarze kennt, die faul sind.

das macht Zappa ja auch nicht, das macht niemand, alle über einen Kamm zu scheren, auch wenn es schon der zweite (?) Versuch von Dir ist, das zu behaupten.

Tussinelda schrieb:das macht Zappa ja auch nicht, das macht niemand, alle über einen Kamm zu scheren, auch wenn es schon der zweite (?) Versuch von Dir ist, das zu behaupten.

Wieso alle? Dort steht Einzahl.

Ich formuliere es mal anders:

Es kann auch einen Song geben, der nicht von der jüdischen Schlampe erzählt sondern vom schwarzen Messermann.
Legitim?

Tussinelda schrieb:das macht Zappa ja auch nicht, das macht niemand, alle über einen Kamm zu scheren, auch wenn es schon der zweite (?) Versuch von Dir ist, das zu behaupten.

Wo steht, dass man damit alle meinen muss?
Das Klischee "der Jude neigt dazu Geschäftsmann zu sein" gilt auch nicht für alle, trotzdem ist es ein bekanntes antisemitisches Klischee.

behind_eyes schrieb:Es kann auch einen Song geben, der nicht von der jüdischen Schlampe erzählt sondern vom schwarzen Messermann.
Legitim?

Laut der Logik müsste es total in Ordnung sein.

Hier wird ja nicht :

Tussinelda schrieb:alle über einen Kamm zu scheren,

Nicht wahr? :D

MokaEfti schrieb:Ich hatte erst Text verlinkt, aus welchen man herauslesen kann, dass das nicht so eindeutig ist. Ich habe Stanislawski verlinkt um zu zeigen, dass die große Aufgabe in diesem Geschäft ist, einer Rolle (!)/Kunstfigur durch Technik wahrhaftig nahezukommen.
Je weniger die Leute dich von deiner Rolle unterscheiden, desto besser bist du! Auch wenn das auf der Strasse meist mehr Fluch als Segen ist. Das ist absolut handelsüblich in diesem Geschäft. K U N S T F I G U R

Zumal das meiner Ansicht nach ohnehin keine Bedeutung hat, ob nur die Kunstfigur eine satirische Überspitzung von Klischees auf der Bühne bringt, oder es eine Privatperson neben der Bühne tut.
Beides würde ich nicht als problematisch ansehen, weil hier einfach so oder so keine Klischees reproduziert werden, um die Ethnie herabzuwürdigen, sondern hier werden die Klischees und ihre Träger schlicht verkabelt.

navi12.0 schrieb:verkabelt

veralbert sollte das heißen. Autokorrektur.

@navi12.0

navi12.0 schrieb:veralbert sollte das heißen. Autokorrektur.

Gerade die Formulierung fand ich gut und dann kommst du mit Autokorrektur. Mist... :(