Gwyddion schrieb:Du hälst die arbeitende Bevölkerung auch für richtig simple Geister, kann das sein?
In gewissen Filterblasen sind die Einordnungen/Klassifikationen/Denkmuster halt ... sehr spezifisch. Seh ich (weiter) links wie (weiter) rechts.
Ich mein, ich muss da fair sein, Teile der eigentlichen Kritik, auch wenn das Wording sehr ideologisch geprägt ist, sind ja nicht mal falsch. Aber oft schwingt mir dann doch im Wording eine zu enge Sicht und Betrachtung (und entsprechende Eruierung von Lösungen) mit.
Andererseits, wenn es so weitergeht haben wir wirklich irgendwann vielleicht tatsächliche Klassen. Wenn sich der "Mittelstand" eher weiter auflöst wird es in relative "haves" (von to have) und have-nots abdriften. Ich sah schon Prognosen, wo es selbst mit KI und technischen großen Errungenschaften gar nicht heißen muss, dass wir in einer post-scarcity Gesellschaft landen wo alle ein grundsolides Mindestniveau an Wohlstand haben...sondern es könnte sein, dass es eher in einer relativen Dystopie endet wo selbst mit KI am Ende wenige noch mehr haben und viele weniger. Oder nur ein bisschen mehr.
Ob da klassischer Kommunismus/Sozialismus oder auch mehr Kapitalismus auf Dauer die Lösung sein werden wage ich zu bezweifeln. Vielleicht müssen wir uns als Gesellschaft(en) nicht nur wirtschaftlich-sozial sondern auch ideologisch mehr hinterfragen oder überarbeiten und vielleicht resiliente zukunftssichere Mischformen oder so anpeilen oder herausarbeiten.
Die sehe ich aber nur erreichbar, wenn technische Möglichkeiten bzw. Technologie wächst weil die gewisse Defizite halbwegs oder solide ausgleichen könnte.
Bis dahin, ob teils in Deutschland bzw. aus deutscher Sicht oder gerade international? Ein weiteres Ringen um Ressourcen, Einfluss und Wohlstand. Vom einzelnen Individuum bis hin zum national-staatlichen Kollektiv bis hin zum Staatenbund oder supranationalen Block. Am Ende gibts auch wohl nicht genug Ressourcen, dass alle auf dem Niveau wohlhabender Industrieländer leben können. Global. Klimatechnisch wäre das eh nicht verkraftbar, ressourcentechnisch auch nicht bzw. manche Probleme würden dadurch verschnellert.
Irgendwer wird auf absehbare Zeit immer in die Röhre gucken. Wohlhabende Gesellschaften versuchen ihren Wohlstand zu halten während andere Gesellschaften aufstreben. Daher finde ich, dass eigentlich höchstwahrscheinlich nur (künftige) Technik aus der Misere raushelfen kann. Andernfalls müsste man weltweit in wohlhabenderen Nationen den Standard senken bzw. nach unten angleichen damit vielleicht Teile der globalen ärmeren Bevölkerung etwas mehr vom Kuchen abhaben können.
Erwartbar haben da nicht alle drauf Bock.
Um aber nicht zu sehr abzudriften wundert es mich nicht, dass bei Krisenzeiten oftmals gern oder zuerst der Sozialstaat hinterfragt oder in Angriff genommen wird. Ich finde das ist kein ideales Szenario (simpler: Ich mag das auch nicht) aber es ist leider aufgrund der Welt in der wir leben nun mal eben begünstigt.
Gen Thema: Dahingehend beneide ich die jetzige Bundesregierung und den Kanzler nicht. Ich würde diese Prioritätensetzung in diesen Zeiten nicht mitbegleiten bzw. zwanghaft negativ für viele andere entscheiden wollen würden. So sehr ich auch gern eine post-scarcity Gesellschaft und mehr Wohlstand für alle hätte aber im worst-case trifft es im Schnitt auch eher wieder Ärmere.
Und wer genug Knete und / oder soziale Verbindungen/Netzwerke hat, kann diversen Problemen halt im Schnitt eher ausweichen.
Als Abschluss: Die Welt ist oft ungerecht und unfair auch wenn es viele sozial-ökonomische Fortschritte (historisch betrachtet) gab. Ein Hyperkapitalismus oder weitere Gräben zwischen "arm" und "reich" können keine Lösung sein. Der Rückfall in oftmals gescheiterte Gegenideologien als vermeintliche Heilslehre, die am Ende aber am Menschen und seiner Gier oder Paranoia scheitern, können aber auch keine Lösung sein. Daher denke ich, dass noch am ehesten Hybdridformen oder sonstige Dinge und technischer Fortschritt Linderung verschaffen könnten.