Unruhen in Ägypten

Zum ersten Mal seit dem Sturz von Präsident Mubarak hat sich der regierende Militärrat an das Volk gewendet.
«Lassen wir die Vergangenheit beiseite», sagte Tantawi in der 20-minütigen Rede vor Polizeikadetten, die im ägyptischen Fernsehen übertragen wurde. «Wir wollen sie nicht vergessen, aber wir sollten sie beiseitelassen, damit wir mit aller Energie vorankommen können.» Der Vorsitzende des Militärrats rief zur Ruhe und Einheit auf. Man werde religiös motivierte Gewalt nicht tolerieren und mit «eiserner Faust» gegen Anstifter von Gewalt vorgehen.
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Die unter Korruptionsverdacht stehende Ehefrau des gestürzten Präsidenten Mubarak übergab ihr Privatvermögen unterdessen dem Staat. Das erklärten Behörden und Anwälte am Montag.

Saudi-Arabien unterstützt das post-revolutionäre Ägypten mit 3,2 Milliarden Dollar an Budget-Hilfen, Krediten, Anleihen und Liquiditätssicherungen.
Saudi-Arabien hatte den Sturz Mubaraks vehement abgelehnt und offene Verachtung für die Demokratiebewegungen in der arabischen Welt gezeigt.

Ägypten wird seinen Grenzübergang zum Gazastreifen ab Samstag für Palästinenser fast ohne Einschränkungen offen halten und damit die im Jahr 2007 zusammen mit Israel verhängte Blockade weitgehend aufgegeben.

Wie mit der vor zwei Wochen in Kairo abgehaltenen Versöhnung zwischen den entzweiten Parteien Hamas und Fatah signalisiert das nachrevolutionäre Ägypten mit der Öffnung von Rafah die Rückkehr zu einer Aussenpolitik, die sich nicht an den Wünschen Amerikas und Israels ausrichtet, sondern an den eigenen Interessen und am arabischen Gebot der Solidarität mit den Palästinensern.

Siebzehn Demonstrantinnen, die im März an Kundgebungen auf dem Tahrir-Platz in Kairo teilgenommen haben, sind gegen ihren Willen einem «Jungfrauentests» unterzogen worden. Ägyptische Frauen und liberale Aktivisten reagieren mit Empörung.

Der General rechtfertigte das Vorgehen der Soldaten, indem er sagte: «Wir wollten nicht, dass sie hinterher sagen, wir hätten sie sexuell belästigt oder vergewaltigt.»

Vertreter der Demokratiebewegung hatten in den vergangenen Wochen mehrfach über Menschenrechtsverletzungen seitens der Armee geklagt. «Geht zurück in eure Kasernen!», schrieb ein ägyptischer Internet-Aktivist am Dienstag. Um eine weitere Eskalation zu vermeiden, hat der Militärrat nun Vertreter der Jugendbewegung, die mit ihren Protesten den Sturz von Mubarak herbeigeführt hatten, für Mittwochabend zu einer Aussprache eingeladen.

Demonstranten haben in der Nacht Teile der israelischen Botschaft in Kairo gestürmt. Nach Augenzeugenberichten drangen sie in das Gebäude ein, in dem die Vertretung untergebracht ist. Zuvor hatten sie einen Schutzwall niedergerissen und auch die Polizei angegriffen.

Mindestens 88 Menschen wurden nach Angaben des Gesundheitsministeriums verletzt. Die Demonstranten stürmten ein zur Botschaft gehörendes Appartement im 18. Stockwerk des Gebäudes und warfen Dokumente aus den Fenstern. Die eigentliche Botschaft ist im 20. und 21. Stock untergebracht.

Vor der Botschaft bewarfen aufgebrachte Demonstranten die ägyptische Polizei mit Trümmern der niedergerissenen Schutzmauer. Drei Polizeifahrzeuge seien in Brand gesteckt worden, teilten die Sicherheitskräfte mit.

Seit drei Wochen kommt es vor der israelischen Botschaft in Kairo immer wieder zu Demonstrationen. Auslöser war der Tod von fünf ägyptischen Grenzpolizisten. Israelische Sicherheitskräfte hatten sie bei der Verfolgung mutmasslicher palästinensischer Terroristen an der ägyptisch-israelischen Grenze erschossen.

Die israelische Regierung hat sich für den Tod der Grenzwächter offiziell entschuldigt. Dennoch fordern ägyptische Demonstranten seit Wochen vom regierenden Militärrat einen generellen Kurswechsel im Verhältnis zu Israel.

Bei den Ausschreitungen um die israelische Botschaft in Kairo wurden laut einer Meldung der Nachrichtenagentur Mena 448 Zivilpersonen und 46 Polizisten verletzt, es gab 17 Festnahmen

Dies sei eine «schwere Verletzung» diplomatischer Normen und ein «Schlag für die friedlichen Beziehungen» zwischen den beiden Ländern, erklärte am Samstag ein ranghoher israelischer Regierungsvertreter.

Botschafter evakuiert
Israels Botschafter Jitzchak Levanon, seine Familie und weitere Mitarbeiter der diplomatischen Vertretung wurden in einem Militärflugzeug nach Israel ausgeflogen.

Wie in Jerusalem verlautete, verliessen alle Mitarbeiter bis auf den stellvertretenden Botschafter Ägypten. Sechs Israelis seien bei der Erstürmung der Botschaft in dem Gebäude eingeschlossen gewesen. Sie seien dann aber von ägyptischen Sicherheitskräften befreit worden.

Israel fordert von Kairo Konsequenzen
Ministerpräsident Netanyahu dankt gleichzeitig Àgypten für Evakuierung der Diplomaten

Mit der Besetzung der Botschaft sei die «Substanz des Friedens mit Israel» verletzt worden, erklärte Netanyahu am Samstag. «Ägypten darf die schwere Verletzung der Substanz des Friedens mit Israel und einen so eklatanten Verstoss gegen internationale Normen nicht ignorieren».

Das Eindringen von Demonstranten in die diplomatische Vertretung stelle eine «klare Verletzung der Immunität der Botschaft dar», sagte der Sprecher von Israels Regierung zur Nachrichtenagentur DPA. Zugleich dankte Netanyahu aber auch den ägyptischen Behörden, dass sie bei der sicheren Ausreise der Diplomaten geholfen hätten.

Bei den schweren Ausschreitungen wurden nach offiziellen Angaben drei Ägypter getötet und 1049 Personen verletzt.
Die ägyptische Regierung wurde zu einer Krisensitzung einberufen, die Polizei in höchste Alarmbereitschaft versetzt.