KingMessiah schrieb:Um diesen Jesus geht es ihm, und nicht um dein wildes Fantasie-Produkt, welches du dir ohne jegliche Grundlage und entgegen sämtlicher biblischer Texte ständig zusammen denkst.
Sorry, die Geburtsangaben für die literarische "Jesus"-Figur bilden keinen Zeitpunkt, sondern einen Zeitraum und sie sind exakt die Umstände, die zum Start der kämpferischen Juden-Messias-Bewegung im 1.Jhd. geführt haben.
Damit ist bereits in Stein gemeisselt, was man sich unter "Jesus" vorzustellen hat - Ende der Durchsage.
Diese Zusammenhänge haben rein gar nichts mit mir zu tun.
Danach spendet der "Paulus/Korinther"-Text das grundlegende Konzept, um aus einer Bewegung die Einstufung eines handelnden Akteurs zu machen und das "Matthäus"-Evangelium lässt es die literarische "Jesus"-Figur explizit aussprechen.
Bingo.
Das ist so solide, dass sich hierdurch sogar die Auferstehung erklären lässt, und zwar ohne Mensch/Gott-Überlegungen.
Was du nicht auf dem Schirm hast, ist der Umstand, dass jüdische Gläubige in keiner Weise bereit sind, eine Menschengestalt zwischen sich und Gott zu stellen.
Im 1.Jhd. gab es aber eine Begeisterung rund um das Messias-Thema, so dass sich Juden in ein apokalyptisches Wagnis gegen ROM stürzten.
Dass Juden versuchen, durch ihr Verhalten die messianische Zeit einzuleiten, gibt es auch heute noch.
Ähnliches ist im 1.Jhd. geschehen und in den Bibel-Texten ist deren Konzept enthalten: die Bewegung der Gläubigen bildet den Messias.
Du musst beachten, dass dies ein Konzept ist, das über mehrere Generationen mit wechselnden Anführern tragen kann, denn der Messias ist dabei keine Person, sondern eine fortdauernde Bewegung.
Genauso war es im 1.Jhd.
Das passt.
KingMessiah schrieb:Dieser Jesus, dieses "Wort des Lebens", ist ins Fleisch gekommen.
Fällt dir gar nicht auf, wie schräg die Formulierung "ins Fleisch gekommen" ist?
Das schreit doch geradezu danach ein Konstrukt zu sein, das Freiheiten in alle Richtungen bietet.
Natürlich ist es bei jedem Textschnipsel der Bibel (Neues Testament) schwer zu sagen, was sich der jeweilige (unbekannte!) Schreiber vorgestellt hat.
Es steht ausser Zweifel, dass die Christen irgendwann angefangen haben, eine reale "Jesus"-Person zu behaupten.
Interessant ist aber, dass man im Text Umstände findet, die nicht zu einer Person passen und man findet Aussagen, die gegen „Kritiker eines realen Jesus" gerichtet sind.
D.h. bereits in der Anfangszeit wurde die Behauptung einer realen "Jesus"-Person nicht von allen mitgetragen. Das muss ja irgendwoher kommen und es würde besser zum Sachverhalt passen, als die Position der "real Jesus-Person"-Behaupter.
KingMessiah schrieb:Denkst du wirklich, mich interessiert, was andere über den Wahrheitsgehalt der Bibel denken? Mir geht es um den Text an sich, und dieser ist auch Gegenstand in dieser Diskussion. Hier geht es darum, „was in der Bibel steht“, und in ihr steht nun mal, dass Paulus sowohl den Epheser, als auch den Kolosserbrief geschrieben hat.
An dieser Stelle ist Ignoranz der falsche Weg.
In diesem Thread geht es nicht darum die Buchstaben des Bibeltextes als Realität anzusehen, sondern darum, was
wirklich in der Bibel steht.
Stellt sich Texte heraus, dass Texte nicht einem Autor zugeordnet werden können, aber dies in der Bibel behauptet wird, dann steht wirklich eine Falschaussage in der Bibel.
Die einzige Möglichkeit, die dir dann noch bleibt, ist zu fragen "was die Schreiber mit dieser unrichtigen Behauptung bezwecken wollten".
Du musst dir klar machen: die Theologen haben mit dem Text gearbeitet und sie haben Auffälligkeiten entdeckt, so dass sie nicht vom gleichen Autor ausgehen können.
Daran, dass sie mit "Schüler des Paulus" als Autor um die Ecke kommen (am liebsten hätten sie bestimmt "Engel" gesagt), kannst du erkennen, dass sie alles in deine Denkrichtung versuchen, aber es ist einfach nicht haltbar, hier von einem einheitlichen Autor auszugehen.
Nehmen wir doch mal kurz den
"Korinther"-Text ab der besagten "Glieder/Leib"-Stelle her.
Wenn ich mir die als "drei Passagen" eingeteilten Abschnitte anschaue, dann ist das:
- A: Der eine Leib und die vielen Glieder
- B: Der Weg der Liebe
- C: Über die Charismen der Prophetie und der Zungenrede
Die Teile A und C scheinen zusammenzupassen, während B einen anderen Stil und eine andere Qualität hat.
Die Abschnitte A und C wirken sehr einfach gehalten, während B eine poetische Qualität hat.
Gleich beim ersten Mal, als ich diese drei Abschnitte gelesen habe, habe ich mich massiv gewundert - Motto: "das schreit doch zum Himmel, wieso sieht das keiner?"
Jetzt stell dir mal vor, obwohl das hier so offensichtlich ist, werden alle drei Abschnitte demselben Autor (wer auch immer das war) zugeschrieben.
Es ist zu vermuten, dass für den "Epheser1"- und "Kolosser1"-Text eine noch gravierendere Abweichung vorliegt.
Für mich ist der Konzept-Übergang von "ihr seid der Leib des Messias" zu "Christus bildet das Haupt und ihr den Rest" durchaus sehr gravierend, aber ob das für "Spezialisten" ausreicht, die A, B und C nicht unterscheiden wollen, kann ich mir kaum vorstellen.
Ich schätze die Theologen so ein, dass sie erst dann bereit zu Abstrichen sind, wenn die Texte in keiner Weise mehr gedreht werden können.
Ich habe bei den "Paulus"-Texten den Verdacht, dass relativ ursprüngliche Zeloten-Texte mit drin sind, die mit anderen Texten zusammen, entlang einer Sinn-Idee von späteren Gläubigen "geordnet" wurden.
KingMessiah schrieb:Das macht dich, laut Johannes, zum Antichristen.
Das stimmt eher nicht, denn ich behaupte nicht, dass "Jesus" nicht der Messias sein soll.
Im Gegenteil: die Bewegung wurde als Messias angesehen und hierfür wurde die literarische "Jesus"-Figur gestartet.
Dir ist halt noch nicht klar, welche Möglichkeiten im Konzept einer Personifizierung liegen.
Nachdem die Texte in den Verdacht geraten sind, eine Personifizierung zu enthalten (was nachhaltig der Fall ist), kannst du sie nicht mehr als Sprungsbrett zur Realität verwenden.
Mit dem Konzept einer Personifizierung haben die Schreiber sozusagen eine grundsätzliche Freiheit "das Leben der Jesus-Figur" zu gestalten.
Das ist vermutlich der Grund, weshalb es so viele unterschiedliche Textansätze zu "Jesus" gibt - es gibt ja weit mehr, als die vier Evangelien.
KingMessiah schrieb:Bist in dieser Hinsicht deinem geistlichen Vater, Marcion, überaus treu.
Ah interessant, dir fällt der Name "Marcion" ein.
Warum ist das so - hat "Marcion" einzelne Text (woher auch immer) zu "Paulus"-Texten gemacht?
Ist die sonderbare Rahmengeschichte "vom Pferd gefallen und Vision erhalten" ein Fake?
Ich habe mich mit "Marcion" nicht beschäftigt, weil mich eher das tatsächliche 1.Jhd. interessiert und nicht die Entwicklung oder Zusammenstellung der Texte durch die ein 1.Jhd. konstruiert wird.
Deshalb reagiere ich auf Textstellen, die eine Verbindung zu den tatsächlichen Geschehnissen darstellen und auf Textstellen, in denen eine offensichtlich notwendige Verbindung "lautstark" fehlt.
Wenn man es genau nimmt, dann behaupten die späteren Christen eine Art "Paralellverlauf" zu den jüdischen Geschehnissen im 1.Jhd. und sie interessieren sich (mehrheitlich) nicht für die realen Abläufe.
ich mache mir da keine Illusion: diese Einstellung, also die Behauptung "Jesus sei eine reale Person gewesen", ist bestimmt nachhaltig in die Bibeltexte eingeflossen.
Umso mehr freut es mich, wenn man dennoch Textstellen findet, mit denen man das 1.Jhd. verbinden kann.