Realo schrieb:aber man sollte Afrika nicht mit Australien kurz nach Einzug der ersten Aborigines vergleichen
Also irgendwie meine ich mich erinnern zu können, ausdrücklich geschrieben zu haben
perttivalkonen schrieb:Afrika ist allerdings nicht "steckengeblieben" wie Australien
aber vielleicht hab ich mir das ja nur eingebildet...
Realo schrieb:Und Erfindungen entstehen nicht nur in Not, sondern häufig, vielleicht noch häufiger als in Not, durch Zufall.
Innovationen, auch solche "in Not", werden oft "per Zufall" gemacht. Das ist ne andere Betrachtungsebene und nicht ne andere Innovation. Der Unterschied ist der, daß zufällig gemachte Innovationen umso häufiger aufgegriffen statt übersehen werden, je größer der Bedarf nach etwas Effektiverem ist. Erst recht ist das der Fall bei gezielten Innovationen. Die können unter fehlendem Bedarfsdruck ( = Mangel) gleich ganz gegen Null gehen.
Seien es häufige zufällige, seien es seltene gezielte Innovationen: in einer Mangelsituation werden von beiden Arten mehr hervorgebracht als unter optimalen Bedingungen ohne Mangel.
Selbst in Deiner etwas eigenwilligen Gegenüberstellung von Zufallsinnovation und Mangelinnovation hätte Dir klar sein müssen, daß Zufallsinnovationen doch genauso unter nachteiligeren Bedingungen wie unter optimalen Bedingungen passieren, Mangelinnovationen hingegen nur in einer Mangelsituation. Ergo: Mangel ist innovativer.
Realo schrieb:Sprichst du dabei jetzt von Afrika oder von Australien?
Also wenn ich schreibe, daß "steckenbleiben" a) für Afrikan nicht so gilt wie für Australien und b) selbst für Australien nicht in einem absoluten Sinne gilt, weil c) nur das Tempo der Veränderung schwankt...
Realo schrieb:da waren so viele "Völker", von denen die meisten wohl kaum Kontakt zu anderen Völkern hatten
Klassischer Fall von Innovationsbremse: isolierte Gesellschaften. Siehe China hinter der Großen Mauer, Japan im 19.Jh., aber auch die noch im Mittelalter führende islamische Welt in der Neuzeit, als seit Ablehnung des Buchdrucks der Informationstransfer deutlich isolierter war als z.B. in Europa.
Realo schrieb:man kann darüber nur spekulieren, aber sollte nicht einfach behaupten, die entwickelten sich langsamer, nur weil man vorerst viel zu wenig davon weiß, wie es wirklich war.
Nö. Aber man kann sehen, wie weit fortgeschritten der technologische Level von Kulturen einer Region am Ende eines Zeitraumes ist und weiß damit schon mal, daß hier weniger Innovationen zusammengekommen sein müssen als woanders zur gleichen Zeit. Wann da nun die Phase verlangsamten Innovationsanstiegs genau war, das geht dann nur archäologisch etc. rauszufinden. Aber daß es sie gab, das weiß man auch so. (Gibt freilich auch Ausnahmesituationen des Verlustes bereits aufgekommener Innovationen. Aber es ist immer sinnvoller, erst mal von der Regel auszugehen und die Ausnahme nur nicht komplett auszuschließen, solang man nichts handfestes hat.)
Realo schrieb:...hat dafür aber mehr Zeit zum Nachdenken. Und du hast mit deinem Einwand auch nicht meine Bemerkung entkräftet, dass in den "angenehmen" Regionen (Tropen bis niedergradige Subtropen) 4 - 5 benannte Hochkulturen entstanden.
Zum Nachdenken hat man unter jeder Bedingung 24/7 Zeit. Aber wenns einem gut geht, verwendet man das Nachdenken für alles mögliche. Wenns einem schlechter geht, kommen häufiger Gedanken, wie man seine Situation verbessern kann.
Welche Hochkulturen hattest Du denn noch benannt außer den von mir aufgegriffenen und entkräfteten Beispielen von Mesoamerika über Indien bis Ostasien?
Realo schrieb: Ich weiß nur nicht genau, was du damit sagen willst. dass die Kulturen ausschließlich aus dem bestanden, was man fand? D.H. wenn man nur Steinäxte fand, war das durchgehend Steinzeit, bestenfalls Neolithikum?
So ungefähr. Genauer: Wenn man nichts anderes fand, kann man nichts anderes annehmen und referieren. Höchstens darüber spekulieren, aber das ist nichts zum Publizieren. Außer, man ist ein unwissenschaftlicher Sachbuchautor. Wissenschaftlich geht anders.
Realo schrieb:Dass Metalle schneller vergehen als Stein, ist dir bekannt?
Brennöfen, Schlackereste etc. sind weit bessere Indikatoren für Eisenverarbeitung als Eisenfunde. Die könnten nämlich im Ernstfall auch Importware sein. Nee Du, so billig stellts sich der (blutige) Laie vor; Wissenschaft arbeitet da schon etwas fundierter.
Realo schrieb:Ja, ein bisschen fällt eben auch für Afrika ab, vielleicht 1/20 der Summe, die allein für den "Alten Orient" ausgegeben wird. Entsprechend mager sind die bezahlbaren Forschungsprojekte.
Du und Deine Ausflüchte. Fakt ist, Afrika ist nicht der weiße Fleck auf der Landkarte, wie Du es dargestellt hast.
Selbstverständlich gibt es Hotspots des archäologischen Interesses, und es gibt Gegenden ohne solche besondere Aufmerksamkeit. Und bei letzteren gibt es nochmals unterschiedliche Interessengewichtung. Letztlich aber ist jede Archäologie erst einmal ein nationales Wissenschaftsunternehmen. Und selbstverständlich investieren Staaten für archäologische Projekte außerhalb des eigenen Staatsgebietes vor allem in Hotspots. Um das, was kein Hot-Spot ist, muß sich deswegen vor allem die nationale Archäologie kümmern. Und da steckt das eigentliche Problem. die unterentwickelte Situation und mangelnde Finanzierung der Nationalen Archäologien z.B. in Afrika. Das ist keine Frage des "wo schaut man archäologisch hin und wo nicht", denn Mali oder Nigeria finanzieren auch keine Hotspot-Archäologie in anderen Weltregionen.
Du kannst zwar noch immer bemängeln, wieso z.B. das Deutsche Archäologische Institut bei seiner Auswahl an Auslandsprojekten bestimmte Regionen deutlich vernachlässigt:
https://www.dainst.org/forschung/projekteaber selbst da solltest Du noch im Hinterkopf haben, daß es auch noch darauf ankommt, wie viele Steine einem das jeweilige Land in den Weg legt, wenn man mal nachfragt, ob man vor Ort ein Bißchen rumbuddeln darf.
Aber selbst deren verstärkte Projekte z.B. in Afrika würden die Gesamtsituation nicht ändern. Die Hauptlast liegt bei den nationalen archäologischen Bestrebungen.
Realo schrieb:Weht in Indien und Pakistan nicht der Monsun, vor 4500 Jahren noch einiges kräftiger als heute?
Mach Dich kundig. In der Industal-Region wurden umfangreiche Bewässerungssysteme gefunden, die zeitlich mit den entsprechenden Kulturen korelieren. Das Monsunwasser ist erstens halbjährlich und kann zweitens auch dem Feldanbau schaden. Hauptsächlich lief die Bewässerung über die Wassersysteme, also über Fragen der Abflußverminderung sowie der Verteilung. Niederschlagsbasierter Ackerbau funktioniert da, wo die Niederschläge sich verteilen (ganzjährig). Gebiete mit Regen- und Trockenzeiten sind für Ackerbau eher nachteilig.
Realo schrieb:Das hab ich ja auch gar nicht bestritten, insbesondere Altägypten, Sumer und die Nachfolgekulturen oder gar die BMAC ("Oasenkultur"), auch die persischen Kulturen. Aber eben nicht ausschließlich.
Klar, Ausnahmen kanns immer mal geben. Nur wenn Du sagen willst, wo "es vorangeht" und wo nicht, haben also eindeutig die "Problemgebiete" bessere Karten als die "Paradiese".
q.e.d.