Brand in Pferdestall sollte Mord an Mutter und Tochter vertuschen
08.12.2015 um 23:16Anzeige
Im Prozess um den Doppelmord an zwei Frauen auf einem Pferdehof in Haale (Kreis Rendsburg-Eckernförde) hat die Verteidigung am Donnerstag eine Schlappe hinnehmen müssen. Auf Anordnung des Kieler Landgerichts bleibt der Angeklagte in Untersuchungshaft. „Das Fortbestehen des dringenden Tatverdachts wurde bisher nicht durch die Beweisaufnahme entkräftet“, sagte der Vorsitzende der Schwurgerichtskammer, Jörg Brommann, am zehnten Verhandlungstag.
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Das Gericht wies damit den Antrag der Verteidiger auf Aufhebung des Haftbefehls gegen den 29-jährigen Automechaniker zurück. Zwar fehlten in dem Indizienprozess unmittelbare Beweise, sagte der Richter. Die in den bisherigen acht Verhandlungstagen dargestellten Tatsachen schlössen aber eine Täterschaft des Angeklagten nicht aus. Daran ändere auch nichts, dass zum Beispiel die Pistole, mit der beide Frauen erschossen wurden, nicht gefunden wurde oder dass das Verhältnis zwischen Opfer und Angeklagtem lange Zeit freundschaftlich gewesen sei. „Sie vertraute ihm“, sagte Brommann, „doch ihre Geduld war zum Tatzeitpunkt erschöpft.“
Aussagen einer Kripobeamtin brachten neue belastende Details ans Licht: Demnach nutzte der 29-Jährige in der Untersuchungshaft verbotenerweise zwei Handys. Darauf chattete und telefonierte er anscheinend mit seiner Verlobten und seiner Familie. Den Telefondaten zufolge gab es zudem zwischen der Familie des Angeklagten und den zwei Kumpels, die ihm vor Gericht überraschend Alibis gegeben hatten, vor deren Aussage Kontakte.
Der Staatsanwalt wirft dem Automechaniker vor, die Hofbesitzerin und deren Mutter am 18. November 2014 im Streit um 7900 Euro kaltblütig und hinterrücks ermordet zu haben. Die 57-Jährige forderte demnach vom völlig verschuldeten Angeklagten das Geld zurück, das sie ihm für die Beschaffung eines gebrauchten Transporters zahlte. Statt den Wagen zu liefern, hielt er sie Zeugenaussagen zufolge immer wieder hin. Nach Auffassung der Anklage war der 29-Jährige aufgrund seiner Schulden nicht in der Lage, den Betrag zurück zu erstatten. Gegenüber der Polizei bestritt der Mann die Tat. Vor Gericht schweigt er. Die Verteidiger wollen Freispruch erreichen. Überraschend hatten im November zwei Freunde dem Angeklagten ein Alibi gegeben.
Der Prozess wird am 16. Dezember (9 Uhr) fortgesetzt. Dann werden die Plädoyers erwartet. Zuvor will das Gericht aber noch Zeugen zu weiteren Beweisanträgen der Verteidigung hören. Das Urteil soll am 21. Dezember verkündet werden.
Kiel | Während des Prozesses um den Haaler Doppelmord ist ein Skandal ans Licht gekommen: Offenbar verfügte der Angeklagte in seiner Gefängniszelle in der Justizvollzugsanstalt Neumünster über zwei Mobiltelefone. Das ist Insassen der Untersuchungshaft grundsätzlich nicht erlaubt. Nun steht der Verdacht im Raum, dass sich der mutmaßliche Doppelmörder per Handykontakt nach draußen im Nachhinein ein Alibi verschafft hat. Das Justizministerium hat gestern weder bestätigt noch dementiert, dass die beiden Telefone gefunden wurden.
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Am zehnten Verhandlungstag des Indizienprozesses gestern vor dem Landgericht Kiel wurde klar, dass in der Zelle von Dennis N. in der Justizvollzugsanstalt Neumünster zwei Samsung-Handys gefunden wurden. Dazu wurde eine Kriminalbeamtin befragt, die die Geräte ausgewertet hatte. Demnach verfügte Dennis N. offenbar mindestens einen Monat lang über die Möglichkeit, heimlich Kontakt zu Personen außerhalb der Haftanstalt aufzunehmen. Das ist während der Untersuchungshaft streng verboten, weil sonst Verdunkelungsgefahr besteht. Den Aussagen der Beamtin zufolge begannen die Kontakte am 24. September. Sie endeten am 29. Oktober. In diesen Zeitraum fielen der Prozessauftakt sowie der zweite Verhandlungstag. Über die Handys telefonierte er anscheinend mit seiner Verlobten und seiner Familie. Zudem wurden Textnachrichten sichergestellt, auch mit einer weiteren Frau. Laut der Beamtin sind absichtlich verklausulierte Nachrichten ausgetauscht worden, die den wahren Zweck verschleiern. Auswertungen von Telefondaten zufolge hat die Familie des Angeklagten auch mit den zwei Freunden von Dennis N. Kontakt aufgenommen, die ihm später – am achten Verhandlungstag – überraschend ein Alibi gegeben hatten. Damit ist nicht ausgeschlossen, dass die beiden im Nachhinein absichtlich falsche Aussagen machten. Wie das Gericht damit umgeht, wurde gestern nicht klar.
Die Handys hatte Dennis N. nach Informationen der Landeszeitung offenbar von anderen JVA-Insassen erhalten. Die Geräte sollen am 29. Oktober von einem Justizangestellten unter der Bettdecke des Angeklagten gefunden worden sein. Demzufolge hatte ein Mithäftling darauf aufmerksam gemacht und ausgesagt, dass Dennis N. die Mobiltelefone bei ihm verstecken wollte, wenn dieser am achten Prozesstag nach Kiel gebracht wird. Dafür soll ihm der Angeklagte sogar Geld per Überweisung versprochen haben. Dennis N. habe diesem Wunsch darüber hinaus Nachdruck verliehen, indem er den Mitinsassen nach dessen Aussage bedrohte: Wenn er die Telefone nicht verstecke, so soll Dennis N. angedeutet haben, werden einige Freunde außerhalb der Haft damit beauftragt, seine Freundin zu verprügeln. Der Mitinsasse habe Dennis N. daraufhin an den Gefängniswärter verraten, weil er sich nicht erpressen lassen wolle. Nachdem die Handys entdeckt wurden, habe Dennis N. dem Justizangestellten gegenüber zugegeben, dass die Geräte ihm gehören.
Oliver Breuer vom Justizministerium wollte den Handy-Fund gestern nicht direkt bestätigen: „Da es sich um ein laufendes Gerichtsverfahren handelt, werden wir uns nicht äußern.“ Ihm zufolge werden die Gefängniszellen regelmäßig durchsucht, auch unangekündigt, „landesweit einmal pro Woche, mindestens dreimal pro Monat“. Die JVA Neumünster habe ihre Sicherheitsvorkehrungen in den letzten Wochen nicht verschärft.
Gestern wies das Gericht zudem den Antrag der Verteidiger auf Aufhebung des Haftbefehls ab. „Das Fortbestehen des dringenden Tatverdachts wurde bisher nicht durch die Beweisaufnahme entkräftet“, sagte Richter Jörg Brommann.