Entführte Unternehmertochter Anneli-Marie R. tot aufgefunden

Comtesse schrieb:Ich finde schon, dass das so aussieht, als wäre der Einsatz in Luga nicht so wirklich ideal gelaufen. Auch wenn die Polizei dabei sicher nur das Beste im Sinn hatte, aber wie heißt es so treffend: Gut gemeint ist manchmal das Gegenteil von gut!

Sehe ich auch so, ideal gelaufen war das sicher nicht. Einen Unterschied zum zweiten Einsatz gibt es jedoch: beim ersten Einsatz hatte man damit gerechnet, die noch lebende Anneli vorzufinden, war insofern interessiert, jeden Ansatz von Eskalation im Keim zu ersticken. Bei der Aktion am Montag jedoch ahnte/ wusste man, dass da schon irgendetwas aus dem Ruder gelaufen war, konnte es dementsprechend "ruhiger" angehen.

Jolande schrieb:Ich finde diesen reißerischen Artikel schlimm. Dass mit den beiden Männern auf einer tiefen Ebene etwas nicht stimmt, ist ja jedem klar. Aber warum muss man das jetzt auf diese Weise ausschlachten. Es gibt ziemlich viele Leute mit bizarren sexuellen Vorlieben und promisken Verhaltensweisen, in dem Artikel wird getan, als weise das schon auf ihren verbrecherischen Charakter hin, was aber einfach Blödsinn ist. Auch die angeblichen sexistischen Sprüche über Mädchen sagen im Grunde nichts aus. Ich finde solche Sprüche absolut widerlich, keine Frage, aber auch sie sind nicht geeignet, diese Tat ansatzweise zu erklären. Vor allen Dingen vermute ich, dass jetzt alle aus ihren Löchern kriechen, die im Täterumfeld irgendeinen Spruch gemeint gehört zu haben, der aber nebenbei bemerkt millionenfach im ganz normalen Alltagssexismus an Stammtischen und sonstwo geäußert wird. Aber es ist eben leichter, und schöner "das Böse" zu zeichnen (und vor allem zu überzeichnen), von dem der Leser sich dann so schön abgrenzen kann, als zu akzeptieren, dass man den Grund für diesen Grad an Verrohung und Brutalität einfach nicht erklären kann. Zumindest nicht auf diese Weise.

Ich finde eine Veröffentlichung von Namen und Bildern furchtbar für Angehörige von Tätern, keine Frage.
Trotzdem bin ich persönlich dafür, in der Hoffnung, dass sich zumindest ein Teil solcher Psychopathen davon abschrecken lässt. Ich für meinen Teil halte wirklich nicht besonders viel von Täterschutz, zumindest nicht in solchen Fällen.

@T68

T68 schrieb:Wäre es um ein Sexualdelikt gegangen, hätten sie m.E. nicht gleich zu Beginn die Lösegeldforderung gestellt. Denn genau das hat ja die Maschinerie der Polizei erst richtig in Gang gesetzt. Die Suche nach einer "nur" verschwundenen Siebzehnjährigen wäre wahrscheinlich wesentlich langsamer angelaufen. Die beiden wollten ganz schnell das Geld. Daher der Druck auf's Wochenende hin, nehme ich an.

genau das denke ich auch, hätten sie sie ermorden / vergewaltigen wollen, hätten sie ganz gewiss nicht direkt die eltern angerufen (also noch nicht mal 30min später) und da war sie ja offenbar noch am leben

die frage ist nur, ob die beiden evtl einfach direkt geplant hatten sie zu ermorden, ich kann mir nicht vorstellen das beide einfach so dumm waren...die frage ist dann, wieso sie kein geld mehr wollten.. ich denke der eine hatte nur das wochenende weil er ja angab er wäre dort nur um das haus zuverkaufen, seine familie hätte ihn sicher vermisst..

hier auch ein interessantes interview, der psychiater kann sich auch nicht vorstellen, dass beide einfach so dumm waren
http://web.de/magazine/panorama/fall-anneli/anneli-mord-eingeplant-interview-facharzt-psychiatrie-30842810 (Archiv-Version vom 20.08.2015)

Inwiefern könnte ein Mord aus einer schlichten Überforderung der Täter resultieren?

Es kann immer noch sein, dass zwei extrem dilettantisch, nicht sehr leistungsfähige – dumme – Menschen zusammenkommen, die so viele Fehler machen. Aber Dummheit führt nicht direkt zu Gewalt. Deswegen klingt diese Variante auch so unwahrscheinlich.

Bei einem Durchschnittsmenschen ist die Schwelle dazu, einen Mord zu begehen, eher hoch, außer er ist in einer Ausnahmesituation wie Krieg. Bei antisozialen Persönlichkeitsstörungen liegt die Schwelle für Straftaten dagegen deutlich niedriger. Diese Menschen gibt es per se. Beim Fall Anneli ist die Frage: Trafen da zwei solche Menschen aufeinander?

Wie wahrscheinlich ist es, dass die Tatverdächtigen tatsächlich überhaupt nicht über die Konsequenzen nachgedacht haben?

Wenn es nur ein Täter wäre, und der kognitiv eingeschränkt wäre, könnte man davon ausgehen, dass dieser sehr dumme Mensch den Plan nicht richtig durchdacht hat. Da es aber zwei Täter sind, ist es eigentlich unvorstellbar, dass sich die beiden vorher nicht überlegt haben, dass sie sich maskieren müssen. Sie haben zudem direkt nach dem Überfall mit dem Handy bei der Familie angerufen, was auch äußerst seltsam ist. Wieso haben sie Anneli nicht zuerst an einen Ort gebracht, wo sie nicht mehr gefunden werden kann? Es ist unklar, warum sie sich in diese Situation begeben haben.

@Flashster

Ein ganz ähnliches Tatbild ergab sich beim berüchtigten "Geiseldrama von Gladbeck" mit Dieter Degowski und Hans Jürgen Rösner 1988, ersterer erschoss Emanuele de Giorgi in dem Linienbus. Die beiden Täter waren von der Situation komplett überwältigt und hatten keinen blassen Schimmer, wie sie aus ihr entkommen könnten, und die Hemmschwelle zu dem sinnlosen Mord wurde dadurch herabgesetzt. Geplant hatten die beiden diesen Mord und auch den späteren Tod der Geisel Silke Bischoff auch nicht.

Die beiden waren zu dumm ihre Aktion zu planen und zu dumm zu bemerken, wann sie sinnlos geworden war.

@Rick_Blaine ja das mag stimmen, aber ich sehe da einen unterschied, die beiden damals sind so in ihre Geiselnahme "reingeschlittert" aber die beiden im Fall Anneli, haben es ja schon etwas geplant "Informationen auf FB gesammelt", "mit ihr kontakt aufgenommen beim Gassi gehen" etc... da frag ich mich wieso es dann so dämlich weiter ging. Selbst wenn sie direkt geplant hatten sie zu ermorden (und das nicht aus Dummheit dann einfach gemacht wurde, weil sie nicht weiter wussten), wie wollten sie denn ans Geld kommen? Wie kann man eine Überweisung in kleinen Scheinen anfordern? Für mich haben sie vorher sich informiert aber als es dann soweit war irgendwie nicht weiter geplant oder jedenfalls nicht so wirklich oder aber ich seh irgendetwas nicht (was scheinbar auch noch niemand anders weiß)

@Flashster

Jeder tickt anders. Ich denke man kann nicht vorhersagen, ob ein Mensch nun so plant oder nicht. Offensichtlich ist die Tat so abgelaufen, wie es berichtet wurde. Und ich unterschätze auf grund meiner Lebenserfahrung die Dummheit der Menschen nicht mehr. :)

@Rick_Blaine ja, wahrscheinlich hast du recht, aber ich glaube gerade das macht mich so wütend, dass die Dummheit von denen dazu geführt hat, dass sie sterben musste, wären sie einfach n bisschen intelligenter gewesen hätte sie das überlebt...

Flashster schrieb:die frage ist nur, ob die beiden evtl einfach direkt geplant hatten sie zu ermorden, ich kann mir nicht vorstellen das beide einfach so dumm waren...die frage ist dann, wieso sie kein geld mehr wollten.. ich denke der eine hatte nur das wochenende weil er ja angab er wäre dort nur um das haus zuverkaufen, seine familie hätte ihn sicher vermisst..

Vielleicht kann man das teilweise beantworten, wenn man den Todeszeitpunkt kennt. Angenommen der war erst Freitagvormittag - nachdem der erste Polizeieinsatz bekannt wurde - dann ist es schon sehr bitter. Dann könnten (wohlgemerkt "könnten") sie gedacht haben, dass sie verschwinden müssen. Dass man sich vielleicht herausreden kann, weil der Fundort nicht regelmäßig bewohnt war bzw. zum Zeitpunkt leer stand. Sich gegenseitig ein Alibi geben, die letzte Lösegeldforderung loswerden und hoffen, dass eine Überweisung stattfindet.
Vielleicht war es ihnen auch egal, ob Anneli sie anschließend identifizieren konnte? Vielleicht hatten sie geplant, nicht mehr da zu sein, sobald die Lösegeldzahlung erfolgt wäre. Möglicherweise hatten sie sich die Entführung selbst auch einfacher ohne Masken vorgestellt. Sie mittels eines Vorwandes wegzulocken. Und möglicherweise hat dort schon nicht alles wie "geplant" geklappt? Sie mussten eine mögliche "Planänderung" vornehmen, denn sofern ich das richtig verstanden habe, gab es den "tschechischen" Tonfall erst beim zweiten Telefonat, der zudem aufgenommen wurde? Also wollten sie die Spur im späteren Verlauf von sich weglocken.

Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass sie keinen "Plan" hatten. Ich glaube da ist von Beginn an etwas furchtbar schief gelaufen. Vielleicht erfahren wir das irgendwann einmal. Wenn die Presse sie weiterhin als dumm und dämlich und als Dick und Doof hinstellt, bekommen sie noch mildernde Umstände aufgrund geistiger Schwächen. -.-

@Flashster

Flashster schrieb:@Rick_Blaine ja, wahrscheinlich hast du recht, aber ich glaube gerade das macht mich so wütend, dass die Dummheit von denen dazu geführt hat, dass sie sterben musste, wären sie einfach n bisschen intelligenter gewesen hätte sie das überlebt...

So ist es. Traurig aber wahr: wenn ich jemals Geisel oder anderweitig Opfer eines Verbrechens werde, in welchem ich in der Gewalt des Täters bin, dann ist die Gefahr für mich um so grösser, je dümmer der Täter ist. Sollte man jemals Geisel werden, z.B. in einem Bankraub, dann sollte man sich wünschen, dass die Täter Profis sind. Dann wird man vermutlich gar nicht erst Geisel.

@Flashster
@Rick_Blaine
Habe hier gestern zum Thema psychische Ausnahmesituation der Entführer ein interessantes Interview mit einem Verhandlungsspezialisten eingestellt. Zum Nachlesen, wenns interessiert:
http://www.focus.de/finanzen/experten/adel_abdel-latif/tod-der-entfuehrten-anneli-verhandlungsfuehrung-im-fall-anneli-war-der-druck-auf-die-geiselnehmer-zu-gross_id_4889196.html

@MaryPoppins

Das klingt sehr plausibel und das konnte man sehr gut bei den von mir oben erwähnten Verbrechern Degowski und Rösner beobachten.

@Rick_Blaine
@Flashster
Diesbezüglich stellt sich mir die Frage, warum dem Vater nicht ein Verhandlungsspezialist an die Seite gestellt wurde. Die Telefonate zwischen TV und Vater dürften ja sehr chaotisch abgelaufen sein. Insgesamt wurde angeblich 10mal rumtelefoniert, davon kam nur 3x eine Kommunikation zustande.

Dies geschieht in der Form eines erfahrenen Verhandlungsführers, welcher sich anhand verschiedener Gesprächstechniken, wie zum Beispiel Smalltalk, häufiges Wiederholen von positiven Punkten und Betonen von Gemeinsamkeiten (wie z.B. Sport) bedient. Der Verhandlungsführer muss unbedingt versuchen, in den Augen der Zielpersonen als „Lösung der Situation“ angesehen und anerkannt zu werden.

(Auszug Focusonline Interview)

@MaryPoppins

Eine berechtigte Frage. In Fernsehkrimis warten die Täter immer bis die Polizei alles parat hat. Wie das hier in der Realität genau war, wissen wir nicht.

Hat einer eine Idee, wieso es zwei Täter nicht schaffen, ein junges Mädchen "ruhigzustellen" ? Wieso fuhren sie mit einem schreienden Entführungsopfer durch die Gegend, wieso kein Knebel, kein Pflaster, Klebeband o.ä. ? Wieso gehen die das Risiko ein, sogar zu telefonieren, während Anneli noch schreien kann, somit also auch theoretisch etwas hätte rufen können ?

@Photographer73
Ich vermute dass die Entführung ganz anders geplant war. Sie wollten sie unter einem Vorwand weglocken. Daher keine Masken. Und da, vermute ich, lief schon etwas schief.

@Photographer73
stimmt. wie schon bemerkt wurde, haben die TV alles in allem nicht geschickt geplant. anders herum: was hätte A. rufen können? ihren verbergeort? das hätte auch eine panikartige Tötung des opfers provozieren können.

ichfreue mich, dass meine vor vielen seiten geäußerte Vermutung, dass DNA am rad haften könnte, tatsächlich der Realität entsprach. leider in diesem fall zu spät.

ich bin im vorliegendem fall ehrlich erschüttert.

@Photographer73
Vielleicht weil sie ohnehin nicht weit fahren wollten mit ihr und die Strasse abgelegen war. Das Schreien beim Telefonat war ihnen vielleicht recht, weil dann alle Hebel in Gang gesetzt werden.

@T68
ohne Masken..das setzt ja schon fast voraus, dass sie das opfer niemals lebend gehen lassen wollten.

@Photographer73
Wahrscheinlich waren sie da schon völlig überfordert. Um 19.30 Uhr verließ Anneli das Haus, um 19.57 Uhr riefen die Täter schon an, da kann ja noch nicht viel Zeit vergangen sein zwischen dem Überfall und dem Anruf. Normalerweise sollte man meinen, eine "vernünftige Entführung läuft so ab:

Opfer abgreifen und sofort an den Zielort verbringen. Opfer beruhigen, dass ihm nichts passiert und dass es nur um Geld geht, dass man es dann wieder freilässt (obs stimmt oder nicht, egal, aber Interesse ist immer da, dass das Opfer eben nicht ausflippt und schreit). Dann: Einer bleibt beim Opfer und bewacht es, währen der Andere weiter wegfährt mit dem Handy (Stichwort Ortung) und den Anruf tätigt.

Hier hat der eine (wahrscheinlich der Jüngere wegen dem schwäbischen Dialekt) scheinbar schon angerufen, während der andere noch damit beschäftigt war, die Geisel zu fesseln o.ä.! Oder aber, er hat sie im Hintergrund absichtlich zum Schreien gebracht, damit der Vater direkt merkt, dass es ihnen ernst ist. Leichte sadistische Züge gepaart mit bekennender Boshaftigkeit sind ja schon aus den inzwischen aus der Presse bekanntgewordenen Postings ersichtlich. Wer bezeichnet sich schon selbst stolz als teuflischer als den Teufel selbst?

@burrows
Oder dass sie zum Zeitpunkt der Freilassung, bzw. wenn sie sagen wo sie sie versteckt halten, schon über alle Berge sein wollten.

Wenn ich das richtig verstanden habe, stand das Rad an einen Baum gelehnt. Ihr Hund war angebunden. So würde es zumindest auf den ersten Blick nicht nach einer Entführung aussehen, wenn jemand zufällig vorbeikam. Schon der Abgreifeort ist riskant. Jogger, Spaziergänger...
Ich denke auch nicht dass der erste, zeitnahe Anruf geplant war.