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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.12.2018 um 11:46
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Da wird naturgemäß hauptsächlich spekuliert und ich muss sagen, dafür sieht unsere Bilanz nicht so schlecht aus,
welche bilanz mit was verglichen ?

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.12.2018 um 12:09
@JosephConrad
@robernd

Da habt ihr aber wohl beide vergessen, dass bei der Urteilsfindung gar nicht allgemeingültige mathematisch-statistische Verfahren Anwendung finden (müssen), sondern gern auf geheimnisvolle Methoden zurückgegriffen wird, die nur wenigen Auserwählten geläufig sind und daher Außenstehenden nicht unmittelbar einleuchten. Eine Art Schlüsselbegriff innerhalb dieser Disziplin ist aber auf jeden Fall „Gesamtschau“ oder „Gesamtwürdigung“. Leider bin auch ich kein Mitglied des Zirkels, aber ich glaube, diese Begriffe bezeichnen eine Variable, die nicht nur herkömmliche statistische Mechanismen, sondern auch biologische, physikalische und medizinische Zusammenhänge, einfach auszuhebeln vermag.
Faszinierend!


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.12.2018 um 12:44
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:robernd schrieb:
Nehmen wir an, es gibt 10 unabhängige Bedingungen, die mit 90 % (= 0,9) Wahrscheinlichkeit erfüllt sind. Dann bedeutet es, dass die Gesamtwahrscheinlichkeit lediglich 35 % (= 0,9^10) beträgt. Objektiv lässt sich damit niemand verurteilen.

So würde mann auch nicht rechnen, denn dann würde er umso unschuldiger werden je mehr gegen ihn spricht, weil er nur schuldig wäre, wenn alle Indizien voll zutreffen.
In dem Punkt habe ich mich zu kurz gefasst, es müsste heißen:
Nehmen wir an, es gibt 10 unabhängige Bedingungen, die erfüllt sein müssen, damit XX der Täter sein kann. Jede von denen ist aber nur mit 90 % (= 0,9) Wahrscheinlichkeit erfüllt. Dann bedeutet es, dass die Gesamtwahrscheinlichkeit lediglich 35 % (= 0,9^10) beträgt.

Ein ganz markantes Beispiel dieser Art ist das Gutachten zum Tonbandgerät. Damit die Aussage des Gutachtens gerechtfertigt ist, lauten die Bedingungen:
1. Die Täter haben die Bandgeschwindigkeit 9,5 cm/s gewählt. Alternative: 19 cm/s.
2. Die Täter haben die Einstellung Stereowiedergabe gewählt. Alternative: Monowiedergabe (eines Mono-Signals).
3. Der Wiedergabekopf wurde vor der Tat verändert (dafür waren 10 Jahre Zeit). Alternative: Magnetkopf wurde nach der Tat verändert (dafür waren 25 Jahre Zeit).
4. Die Täter haben das Mikrofon zur Überspielung in 10 cm Abstand vor die Hochtoblautsprecher gestellt. Alternative: Alle anderen Positionen.

Wenn nur eine dieser Bedingungen nicht erfüllt ist, stimmt die Aussage des Gutachtens nicht. Niemand kann wissen, was wirklich geschehen ist.
In einer Art "Gesamtschau" wird angenommen, dass die Übereinstimmung des unter den oben angegebenen Voraussetzungen im Labor produzierten Frequenzverlaufs mit der Tätertonfolge, das Vorliegen dieser Bedingungen bestätigt.
Nicht berücksichtigt wurde, dass sich diese Übereinstimmung auch auf andere Weise ergeben kann.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.12.2018 um 13:12
Zitat von roberndrobernd schrieb:1. Die Täter haben die Bandgeschwindigkeit 9,5 cm/s gewählt. Alternative: 19 cm/s.
2. Die Täter haben die Einstellung Stereowiedergabe gewählt. Alternative: Monowiedergabe (eines Mono-Signals).
4. Die Täter haben das Mikrofon zur Überspielung in 10 cm Abstand vor die Hochtoblautsprecher gestellt. Alternative: Alle anderen Positionen.
Damit kann man zeigen, ob es überhaupt möglich ist, dass dieser Typ von Tonband zur Aufnahme genommen wurde.

Wenn man nun noch ein oder mehrere Merkmale nachweisen kann, dass dieses spezielle Gerät vom Standard unterscheidet und diese auf der Originalaufnahme zu finden sind, so ist die Frage nur noch, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit ein anderes Gerät vom gleichen Typ oder sogar ein ganz anderes zu finden, dass eine Aufnahme so erzeugen kann.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.12.2018 um 17:01
Kam beim Gutachten bzw. bei der Sachverständigen-Befragung eigentlich auch zur Sprache, was für ein Aufnahmegerät die Polizei beim Mitschnitt der Erpresseranrufe benutzt hat? Das ist ja auch ein wesentlicher Faktor für das vorliegende Audiomaterial.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.12.2018 um 17:16
Zitat von HugHug schrieb:Da die Täter keine Ahnung von Strömungslehre haben und die Luftzirkulation nicht berechnen können (7), funktioniert das Entlüftungssystem nicht. Auch besitzen sie keine medizinischen Erfahrungen um mit Betäubungsmitteln umgehen zu können und überdosieren. Auch fehlen den Tätern das Wissen über die Konsequenzen einer Überdosierung (8) und deswegen bringen sie ihr Opfer letztendlich auch um. Auch wenn die Dosierung gestimmt hätte, wäre das Opfer nach spätestens fünf Stunden durch Ersticken gestorben. Die Tat war zu diesem Zeitpunkt schon gescheitert.
Ich persoenlich bin immer davon ausgegangen, dass die Taeter das Lachgas auch selbst konsumiert haben, also vorher, und so ueberhaupt erst auf die Idee kamen, es zu verwenden, dh dass Erfahrung vorlag, aber nur fuer kurzen Gebrauch. Wenn man es selbst nimmt, also zB aus einem Luftballon oder einem Sahnespender mit improvisiert angebrachtem Trichter, faellt einem ja auch die Konstruktion aus der Hand, wenn man das Bewusstsein verliert, was ein Sicherungsmechanismus ist. Wenn man jemandem eine Maske aufs Gesicht haelt, gibt es das natuerlich nicht. Meinst Du, dass das der Fehler gewesen sein koennte?
Zitat von HugHug schrieb:Die Täter verschicken einen aus populären Zeitungen (9) einen Erpresser Brief im bekannten Buchstaben-Klebe Stil (10).
Meinst Du, dass die Erpresser notwendigerweise auch selbst solche Boulevardpresse gelesen haben? Oder haben sie nur billig irgendwo solche Zeitungen gekauft?

Und zum gelben Fiat faellt mir noch auf, dass Farbenblindheit hier keine Konsequenzen haette, denn rot gruen Blinde koennen gelb immer noch sehen. Voellige Farbblindheit gibt es so gut wie nicht.
Zitat von HugHug schrieb:Technische Mängel entstehen bei der Nutzung des Signals und der Kommunikation mit den Geldgebern mangels Erfahrung mit Erpressungen (13)
Welche technischen Maengel meinst Du?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.12.2018 um 20:31
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Selbstverständlich spielen alle Details in einem Kriminalfall eine Rolle und dazu gehört auch das Wissen um die Tatörtlichkeiten zur Tatzeit. Da kann jedes Detail eine Rolle spielen. Dir ist hoffentlich klar, dass - um nur ein Beispiel zu nennen - die Art der Betäubung und vor allem die daraus resultierenden Folgen für den Fall sehr wohl relevant sind bzw sein könnten, vor allem wenn man sich das dazu einschlägige Gutachten zu Gemüte führt.
Ich muss dir Recht geben, dass alle Details eine Rolle spielen. Allerdings haben wir ein großes Problem: Wir kennen nur einen kleinen Teil aller ermittelten Details. Den Rest durch eigene Vermutungen zu ersetzen, ist nicht wirklich befriedigend.
Neu gegenüber den Gutachten ist in der Tat, dass wahrscheinlich bereits die Betäubung zu Ursulas Tot geführt hat.
Zitat von panta_rheipanta_rhei schrieb:Eine Art Schlüsselbegriff innerhalb dieser Disziplin ist aber auf jeden Fall „Gesamtschau“ oder „Gesamtwürdigung“. Leider bin auch ich kein Mitglied des Zirkels, aber ich glaube, diese Begriffe bezeichnen eine Variable, die nicht nur herkömmliche statistische Mechanismen, sondern auch biologische, physikalische und medizinische Zusammenhänge, einfach auszuhebeln vermag. Faszinierend!
Es ist in der Tat so faszinierend, dass sich meine Einstellung zu Gerichten, Richtern und Gerechtigkeit auf meine alten Tage grundlegend verändert hat.
Zitat von JosephConradJosephConrad schrieb:Damit kann man zeigen, ob es überhaupt möglich ist, dass dieser Typ von Tonband zur Aufnahme genommen wurde. Wenn man nun noch ein oder mehrere Merkmale nachweisen kann, dass dieses spezielle Gerät vom Standard unterscheidet und diese auf der Originalaufnahme zu finden sind, so ist die Frage nur noch, wie groß ist die Wahrscheinlichkeit ein anderes Gerät vom gleichen Typ oder sogar ein ganz anderes zu finden, dass eine Aufnahme so erzeugen kann.
Außer der charakteristischen Abschwächung eines bestimmten Tons gibt es keine anderen Merkmale. Dieses Merkmal ergibt sich im Experimentieraufbau der Polizei nur unter Einhaltung aller vier oben genannter Bedingungen. Ebenso gut entsteht eine vergleichbare Abschwächung auch durch die akustischen Eigenschaften eines Raums. Das können die Küche des Täters oder auch eine Telefonzelle sein. Oder mein Dachzimmer, in dem ich das demonstriert habe.

Was die vom LKA verwendete Radiovorlage betrifft, ist es nachweislich nicht die von den Tätern verwendete Aufnahme. Die Gutachterin ist trotzdem der Meinung, dass es die richtige sein muss, weil laut Aussage von Rundfunk-Mitarbeitern nur eine Version gesendet wurde. Mir liegen mehrere leicht unterschiedliche Versionen aus dieser Zeit vor, die sich alle von der Vorlage des LKA deutlich unterscheiden.

Was die ebenfalls aufgezeichneten Schaltgeräusche betrifft, passen sie nicht zu diesem Tonbandgerät (TK 248) und auch zu keinem anderen Spulentonbandgerät. Laut Gutachterin (im Zivilprozess) hätten die Täter die Schaltgeräusche auf unbekannte Weise zusammen gebastelt.

Das TK 248 ist laut Gutachten nicht das einzige beteiligte Gerät. Zur zusätzlich nötigen Veränderung der Tonhöhe werden zwei weitere (unbekannte) Geräte mit gefordert.
Zitat von panta_rheipanta_rhei schrieb:Kam beim Gutachten bzw. bei der Sachverständigen-Befragung eigentlich auch zur Sprache, was für ein Aufnahmegerät die Polizei beim Mitschnitt der Erpresseranrufe benutzt hat? Das ist ja auch ein wesentlicher Faktor für das vorliegende Audiomaterial.
Es handelte sich um ein Uher 4000 Report der Polizei, das über einen Uher-Telefonadapter mit einem Kabel an der Hörkapsel des Telefonhörers im Hause Herrmann angeschlossen war. Es ist nicht zu erwarten, dass diese Anordnung das Signal deutlich verändert.
Diese Art des Anschlusses war der Gutachterin übrigens nicht bekannt, sie nannte einen Anschluss direkt an die Telefonleitung. Auf mindestens einer Aufzeichnung ist die Telefonklingel hörbar. Es hätte ihr auffallen müssen, dass dieses beim Anschluss an die Zuleitung nicht hörbar sein kann (eine Hörkapsel arbeitet auch als leises Mikrofon).

Was ich gerade geschrieben habe, ist ungefähr ein Jahr alt. Das meine ich mit meiner Aussage, dass wir uns im Kreis drehen.


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2r2n ehemaliges Mitglied

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

30.12.2018 um 21:08
Zitat von roberndrobernd schrieb:Was ich gerade geschrieben habe, ist ungefähr ein Jahr alt. Das meine ich mit meiner Aussage, dass wir uns im Kreis drehen.
Und auf den Tag genau 10 Jahre her: Meine erste Einsichtnahme in die Akten. Am 30.12.2008 habe ich die DVD von meiner damaligen Nebenklage Anwältin bekommen. In den Tagen darauf wurden die Zweifel an der Anklage (die schon mit dem Hinweis auf das TK 248 Ende Mai 2008 in den Medien begannen) immer deutlicher. Und heute, 10 Jahre später sind sie nicht mehr wegzudiskutieren.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 00:01
@2r2n
Ich finde, die Tatsache, dass sich auch nach 10 Jahren deine Zweifel nicht verflüchtigt haben, obwohl du dich so intensiv damit auseinandergesetzt hast, zeigt, dass du auf dem richtigen Weg bist.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 00:12
Eine Neuaufnahme der Ermittlungen waere fuern alle Beteiligten ein Gewinn...

1.Fuer alle berechtigten und/oder unberechtigten Zweifler an dem Urtei - egal welche Meinung sie vertreten.

2. Fuer die Ermittlungsbehoerden - die koennen dann noch mal zu prüfen, ob der Richtige verurteilt wurde oder doch der Falsche einsitzt.

3. Im Rahmen neuer Ermittlungen weitere Ereignishypthesen zu pruefen. Dies wuerde bei vielen den Glauben in unseren Rechtsstaat staerken!
Also ein Gewinn fuer die Demokratie!

4. Fuer die Angehoerigen des Opfers die offensichtlich eine weitere Ueberpruefung wollen!

5. Fuer den Verurteilten.

6. Eine Chance die Mittaeter zu ermitteln die es nach dem was ich hier gelesen habe wohl gab. Dieser Personenkreis ist auf freien Fuss! Das kann doch nicht sein!! Einer alleine hat diese Tat wohl nicht begangen!

7. Fuer die Presse die etwas zum Schreiben hat.

8. Vielleicht fuer die wahren Taeter die dann ihr Gewissen erleichtern koennen und nicht mehr mit Ihrer Schuld im geheimen leben muessen, sondern sich offen damit auseinandersetzen duerfen!

Guten Rutsch und ein erfolgreiches 2019 !


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 00:17
@robernd
Vielleicht ist es weniger ein "im Kreis drehen" als eine Aufwärtsspirale. Es mag dir vorkommen wie ein täglich grüßendes Murmeltier oder wie Sisyphos. Aber ich glaube wirklich, dass die vielen Einzelteile sich zu einem Puzzle zusammensetzen lassen und dass neue Erkenntnisse nur in das ganze Bild eingefügt werden können, indem auch die vorhergehenden wieder hervorgekramt werden.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 01:56
Egal ob Kreis oder Spirale, beschäftigt mich immer noch die BTM-Frage. Ich kenne ja nicht das gerichtsmedizinische Gutachten, aber es scheint ja so zu sein, dass der medizinische Forensiker nur begutachtet im Sinne einer Feststellung und Dokumentation, aber keine Schlussfolgerungen zieht oder mögliche Kausalitäten aufzeigt. Oder täuscht der Eindruck? Genauer formuliert:

Im Hinblick auf die Entführung: Es wurden keine Hämatome, Hautabschürfungen o.ä. gefunden, die auf irgendeine Form der Abwehr schließen lassen. Mögliche Schlussfolgerungen: 1.) Ursula kam freiwillig mit, dagegen spricht: sie wusste, sie wird zu Hause erwartet, war zuverlässig, es müssten dann Erdanhaftungen an den Schuhen zu finden sein und evtl. Kratzer, denn der Waldboden ist ziemlich überwuchert mit dornigem Gestrüpp (selbst heute noch - wie ich aus eigener, schmerzhafter Erfahrung weiß). 2.) Sie kam unfreiwillig mit. Überwältigung mit physischer Kraft ist dabei ausgeschlossen (keine Spuren). Folglich am wahrscheinlichsten: Überwältigung mit Hilfe eines BTM, von Dr. E. mehrfach erwähnt, kommt dabei nur Lachgas in Frage.
Daraus ergeben sich aber weitere Schlussfolgerungen: Prof.Dr.J. Weidmann im online einsehbaren "Lachgas-Lehrbuch":

"Darüber hinaus ist grundsätzlich die Geschwindigkeit von An- und Abfluten eines inhalierten Gases und damit sein Wirkungseintritt und seine Wirkdauer (Abfluten nach Beenden der Zufuhr) wesentlich abhängig von dem sogenannten Blut-Gas-Verteilungskoeffizienten. Dabei gilt: je niedriger der Blut-Gas-Verteilungskoeffizient eines Gases, desto schneller geschieht dessen An- und Abfluten [Becker 2008].
Folgende Tabelle zeigt den Blut-Gas-Verteilungskoeffizienten von Lachgas und den heute klinisch gebräuchlichen Narkosegasen:
Lachgas: 0,47, Isofluran: 1,4, Sevofluran: 0,65, Desfluran: 0,42
Entsprechend kommt es bei Einatmen einer bestimmten Konzentration Lachgas zu einem sehr schnellen Konzentrationsausgleich mit dem Körper, und insbesondere mit dem Gehirn als wesentliches Zielorgan."

Das heißt, ein wesentlicher Vorteil von Lachgas ist das schnelle An- und Abfluten im Sinne eines schnellen Wirkungseintritts und -abflauens: "nach 10 Minuten 90% der inhalierten Lachgas-Konzentration im Gewebe erreicht". D.h. will man einen möglichst schnellen Eintritt der Sedierung, muss die Lachgas-Konzentration erhöht werden.

Entscheidend ist m.E. die Unterscheidung von drei Stufen im Wirkprofil, die unmittelbar mit der Konzentration des N2O zusammenhängen:
Geringere Konzentrationen von bis zu 30 % (70% Sauerstoff) bewirken eine leichte Anxiolyse (Angstlösung, z.B. Kinder beim Zahnarzt, die vor Angst den Mund nicht aufmachen wollen). Für die Entführung reicht das nicht aus.
Bei bis zu 50 % steigert sich die Sedierung, es kommt zu Schläfrigkeit, jedoch sind Reaktionen immer noch möglich, Schmerzreize sind ab 40-50 % zunehmend ausgeschaltet.
Es gilt, dass man z.B. chirurgische Eingriffe mit ausschließlicher Lachgas-Narkose nicht durchführen kann, das liegt am MAC-Wert. Er bezeichnet die minimale Konzentration, die es braucht, damit mehr als die Hälfte der Probanden auf einen Schnitt in die Haut keine Reaktion mehr zeigen. Der liegt bei Lachgas allerdings bei 104, d.h. erst bei einer Gabe von reinem Lachgas tritt eine echte Narkose ein. Da eine Gabe von mehr als 79 % Lachgas (21% Sauerstoff) medizinisch aber nicht vertretbar ist, wird Lachgas nur in Kombination mit anderen Narkosemitteln verwendet, wenn eine komplette Anästhesie erwünscht ist.
Hier ist die entsprechende Graphik (schlecht sichtbar, unten steht N2O-Konzentration):


Lachgas-Wirkprofil

Bei Konzentrationen über 79% verliert man das Bewusstsein (je höher die Konzentration, desto schneller) und die Spontanatmung ist nicht gewährleistet.
Wenn man annimmt, dass die Entführer für mindestens 20-30 Minuten sicherstellen wollten, dass das Mädchen sediert bleibt, mussten sie die Narkose kontinuierlich geben, ansonsten wäre sie nach 10 Minuten wieder aufgewacht und da kann es zu lauten, unkontrollierten Reaktionen kommen. Zusätzlich gibt es bei einem zu schnellen Abfluten des N2O die Gefahr der Diffusionshypoxie (Verdrängung von Sauerstoff durch Lachgas in der Lunge), die vermieden wird durch:
"am Ende jeder Narkose Gabe von 100% Sauerstoff
Sicherstellen suffizienter Spontanatmung
...
maximal 50% N2O zur Sedierung
Mischung von Lachgas nur mit Sauerstoff, nie mit Raumluft
...
kontinuierliches Monitoring mittels Pulsoxymetrie"

Was ich sagen will: Aus der Tatsache, dass es keinerlei Abwehrzeichen und kein BTM nachweisbar war, lässt sich ableiten, dass Ursula für die Überwältigung am Seeweg und die 20-30 Minuten Transport zur Kiste mit Lachgas sediert wurde (meint der Gerichtsmediziner selbst). Für einen sehr schnellen Wirkungseintritt musste die Konzentration entsprechend hoch sein und v.a. kontinuierlich verabreicht werden, da sie sonst nach einigen Minuten wieder aufgewacht wäre.
Weiterhin hat Dr.E. festgestellt, dass sie sich in der Kiste gar nicht bewegt hat, es gab keine Abriebspuren an den Händen vom Herumtasten, die Tüte lag auf dem rechten Oberschenkel, ohne herunterzufallen. Sie ist gar nicht aufgewacht, sondern bewusstlos in die Kiste gesetzt worden und bis zum Auffinden in derselben Position geblieben. Das lässt aber doch nur den Schluss zu, dass die Konzentration des N2O zu hoch war, sie vermutlich pures Lachgas ohne Sauerstoffbeimischung gegeben haben. Andernfalls wäre sie in der Kiste irgendwann aufgewacht und hätte sich bewegt. Das ist ein zwingender Schluss. Die Sauerstoffmenge in der Kiste hätte selbst bei nicht funktionierender Belüftung für 3-4 Stunden gereicht (theoretisch ja laut Dr. E sogar bis zu 5). Wenn Ursula nur sediert gewesen wäre, hätte sie sich auf jeden Fall nach spätestens 20 Minuten bewegen müssen. Dass sie reglos blieb, lässt nur den Schluss zu, dass sie in tiefer Bewusstlosigkeit in die Kiste gesetzt wurde, mit ganz flacher oder auch unregelmäßiger Atmung.
Ich verstehe nicht, wie es bei dem Gutachten zu so widersprüchlichen Aussagen kommen kann.
Es ist doch gar keine andere Schlussfolgerung möglich, als die, dass Ursula nicht am defekten Belüftungssystem starb, sondern an einer Überdosierung mit Lachgas.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 05:00
@panta_rhei

Ja, und ein anderes, noch sehr viel verwirrenderes Problem ist die Aussage, sie sei an Hypoxie gestorben. Ich habe es wie gesagt durchgerechnet. Wenn sie in der Kiste weitergeatmet haette, dann waere sie am CO2 gestorben, und selbiges haette ihr schnell solche Symptome verursacht, dass sie versucht haette, mit aller Gewalt auszubrechen und dass sie Krampfanfaelle bekommen haette.

Wieso hat er uebrigens gesagt, sie muesste in der Kiste unglaubliche Angst gehabt haben? Haette sie sich dann nicht bewegt und die Kiste ertastet? Ihre eigenen Fingerabdruecke wurden ja offensichtlich auch nirgends gefunden.

https://www.abendzeitung-muenchen.de/inhalt.bayern-fall-ursula-herrmann-das-kind-muss-todesangst-gehabt-haben.5fbfd95e-54a3-4e90-8ce8-e8c453e1dd45.html

Wikipedia: Hyperkapnie
Anfangs kommt es zu einer Hautrötung, Muskelzuckungen, Extrasystolen. Im fortgeschrittenen Stadium treten Panik, Krampfanfälle, Bewusstseinsstörungen und schließlich Koma (CO2-Narkose) auf.
Dies ist ein Zitat aus der oben verlinkten Wikipedia Seite. Man hoert immer wieder, dass CO2 Vergiftung zu einer Narkose fuehrt. Das stimmt schon, aber das ist das Endstadium. Dazwischen gibt es noch mehrere Schritte.

Wikipedia: Schlafapnoe-Syndrom
Die Atmung ist normalerweise ein unwillkürlicher Vorgang. Der Atemreiz wird nicht – wie vielfach angenommen – durch einen sinkenden Sauerstoffgehalt (O2) des Blutes oder der Gewebe ausgelöst, sondern ein steigender Kohlendioxidgehalt (CO2) des Blutes ist der stärkste Atemstimulus. Fällt der Partialdruck des Sauerstoffs unter eine individuelle Grenze, wird der Mensch ohnmächtig.[3] Während eines nur vorübergehenden Atemstillstands, einer Apnoe, steigt der CO2-Partialdruck im Blut deutlich an, so dass vor dem Eintreten einer Ohnmacht eine sog. Weckreaktion ausgelöst wird.
Hier steht noch mal das wesentliche drin. Wenn der Sauerstoff abfaellt, kommt es einfach zu einer Ohnmacht. Wenn das CO2 im Schlaf ansteigt, kommt es zu einer Weckreaktion.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 05:06
Zitat von roberndrobernd schrieb:Hier im Forum spekulieren einige Mitglieder über die Art der benutzten Waldwege, die Art des Transports, die Art der Betäubung und wie dicht der Wald vor über 35 Jahren war. Sind wir doch einmal ehrlich, keine der Spekulationen kann einen Anhaltspunkt geben, wie die Entführung wirklich abgelaufen ist. Und schon gar nicht, ob und wie eine Geldübergabe hätte erfolgen sollen. Seit ungefähr einem Jahr drehen wir uns im Kreis, indem wir heute wieder Dinge diskutieren, die vor einem Jahr eigentlich abgehakt waren.
Das dürfte eine richtige Einschätzung sein, weil es selten Leute gibt, die hier schreiben, die den Fall in seiner gesamten Komplexität erfassen. Ist ja auch fast unmöglich, weil es wäre ein 100%-Job, wo man ein paar Monate zu 100% kontinuierlich dran sein müsste und auch noch alle Akten präsent haben sollte.
Ich selbst habe für das Buch im Böhringer-Fall auch den gesamten Thread durchgeackert, aber von den damals über 14.000 Beiträgen konnte ich am Schluss nicht viel Nutzen daraus ziehen, zumal offenbar kaum jemand die Gesamtheit des Falles im Auge behielt.
Es gibt ja eigentlich zwei Verfahren: das induktive und das deduktive Verfahren. Einmal sieht man vor lauter Bäumen den Wald nicht mehr und einmal vor lauter Wald die Bäume nicht mehr. Einmal haben wir also den positivistischen Empiriker und ein anderes mal den Philosophen, der oben auf dem Berg steht, der den Gesamtüberblick hat. Beides zusammen geht meistens nicht, man muss immer wieder zwischen den Perspektiven hin- und herswitchen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 05:20
@Mark_Smith

Hier wollte ich noch mal auf unsere Diskussion verweisen:
Mordfall Charlotte Böhringer (Seite 664) (Beitrag von AnnaKomnene)

weil Du ein etwas ungewoehnliches Verstaendnis vom Begriff “Akte” hast. Hier hat das noch ein anderer Nutzer weiter erlaeutert.

Mordfall Charlotte Böhringer (Seite 664) (Beitrag von ErwinKöster)

Zugriff auf Ermittlungsakten hattest Du in beiden Faellen, CB und UH, also nicht.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 05:25
Zitat von AnnaKomneneAnnaKomnene schrieb:Hier wollte ich noch mal auf unsere Diskussion verweisen:
Diskussion: Mordfall Charlotte Böhringer (Beitrag von AnnaKomnene)

weil Du ein etwas ungewoehnliches Verstaendnis vom Begriff “Akte” hast. Hier hat das noch ein anderer Nutzer weiter erlaeutert.

Diskussion: Mordfall Charlotte Böhringer (Beitrag von ErwinKöster)

Zugriff auf Ermittlungsakten hattest Du in beiden Faellen, CB und UH, also nicht.
Ich wüsste nicht, was diese Diskussion nun mich angeht?!
Es hat niemand gesagt, dass ich je vollständigen Zugriff auf die vollständigen Akten hatte, das wurde übrigens von mir auch nie behauptet. Also eine Strohmann-Argumentation von Dir. Soll heissen: Du unterstellst mir offenbar etwas, was ich nie gesagt habe und möchtest dann dieses Nichtgesagte wiederlegen. Was ich unter Rabulistik subsumieren würde. :-)


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31.12.2018 um 08:15
@Mark_Smith

Mordfall Charlotte Böhringer (Seite 648) (Beitrag von Mark_Smith)

Es wird langsam off topic, ich wollte aber doch noch einen Beleg liefern.

Aber Du hast das ja mittlerweile relativiert. Ich wollte nur Deinen Beitrag weiter oben erklaeren. Was Du statt “Akten” sagen wolltest, ist also “oeffentlich zugaengliche Dokumente einschliesslich Presseberichten”. Es kann also Deiner Ansicht nach jeder mitdiskutieren, und nicht nur @2r2n sowie @robernd , denn die beiden haben Einsicht in die Ermittlungsakten.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 09:43
Zitat von AnnaKomneneAnnaKomnene schrieb:Es wird langsam off topic, ich wollte aber doch noch einen Beleg liefern.

Aber Du hast das ja mittlerweile relativiert. Ich wollte nur Deinen Beitrag weiter oben erklaeren. Was Du statt “Akten” sagen wolltest, ist also “oeffentlich zugaengliche Dokumente einschliesslich Presseberichten”.
Relativiert wurde von mir überhaupt nix, sondern klargestellt. Ich bin Schweizer, offenbar versteht ihr in Deutschland Akten anders als ich in der Schweiz. Wenn ich von Akten spreche, dann können das die vollständigen Akten sein oder auch nur einen Teil der Akten.
Und nein, das ist keine Relativierung, sondern eine KLARSTELLUNG.
Zitat von AnnaKomneneAnnaKomnene schrieb: Es kann also Deiner Ansicht nach jeder mitdiskutieren, und nicht nur @2r2n sowie @robernd , denn die beiden haben Einsicht in die Ermittlungsakten.
Auch hier wieder: Ich habe nie gesagt, jemand dürfte nicht mitdiskutieren - das ist Deine freie Phantasie oder eben Rabulistik.


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2r2n ehemaliges Mitglied

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31.12.2018 um 10:11
Zitat von Mark_SmithMark_Smith schrieb:Relativiert wurde von mir überhaupt nix, sondern klargestellt. Ich bin Schweizer, offenbar versteht ihr in Deutschland Akten anders als ich in der Schweiz. Wenn ich von Akten spreche, dann können das die vollständigen Akten sein oder auch nur einen Teil der Akten.
Akten sind nur das, was von der Kripo festgehalten wurde. Akten sind nie öffentlich. Und eine Urteilsbegründung zählt auch nicht zu den Akten. Medienberichte sowieso nicht. Das ist doch weltweit so, oder bin ich da falsch informiert?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

31.12.2018 um 10:17
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Akten sind nur das, was von der Kripo festgehalten wurde. Akten sind nie öffentlich. Und eine Urteilsbegründung zählt auch nicht zu den Akten. Medienberichte sowieso nicht. Das ist doch weltweit so, oder bin ich da falsch informiert?
Was weltweit ist, weiss ich nicht, ich kann nur sagen, was ich unter Akten verstehe und unter Akten verstehe ich auch beispielsweise ein Urteil.
Aber da das ja nun klargestellt ist, wäre es ev. sinnvoll, dies per PN weiter zu diskutieren, falls noch jemand einen Diskussionsbedarf sieht. Ich bin ein bisschen erstaunt, wie viel Energie in Nebensächlichkeiten gesteckt wird. :-)


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