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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

11.655 Beiträge ▪ Schlüsselwörter: Wald, Entführung, München ▪ Abonnieren: Feed E-Mail
Zu diesem Thema gibt es eine von Diskussionsteilnehmern erstellte Zusammenfassung im Themen-Wiki.
Themen-Wiki: Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

07.08.2019 um 22:02
Was mich an der Schullandheim-Theorie immer etwas zweifeln lässt ist die Frage, ob Schüler überhaupt die Möglichkeit gehabt hätten, eine dermaßen auffällige Kiste zu bauen und in das Waldstück zu verbringen? Das dürfte doch logistisch sehr schwierig gewesen sein. Im Heim trotz Ferien zumindest von mir aus der Ferne schwer denkbar und auch der Betrieb eines Vaters dürfte doch kaum Räumlichkeiten gehabt haben, die exklusiv den Schülern vorbehalten waren. Und an eine solche Kiste dürfte sich damals bei der Fahndung jeder, der sie auch nur kurz gesehen haben möge, erinnert haben.

Und dass ein Schüler sich einen Klingeldraht aneignet, den er im Wald vorfindet, finde ich jetzt auch nicht vollkommen abwegig. Vielmehr ist etwas schräg, dass die Polizei diesen nicht als tatrelevant seinerzeit eingestuft hat.

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2r2n ehemaliges Mitglied

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

07.08.2019 um 22:41
Und hier schon die neueste mediale Verarbeitung (per Zufall gefunden - ich wusste nichts davon).
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/kriminalgeschichte-die-journalistin-katja-paysen-petersen-recherchiert-einen-alten-kriminalfall-nach
@Phisch
Stimmt. Mir ist das auch schleierhaft, wie das Schüler geschafft haben sollen. Und auch, dass es keine Zeugen für den Bau der Kiste gibt. Auch die Tatsache, dass es eine Konspiration war, bedeutet ja, dass diese Menschen bis heute dichthalten. Auch wenn Mazurek zum Täterkreis gehören würde, wäre das mehr als kurios, dass er seine Mittäter nicht verpfeift.
Es gibt hier sehr viele Fragezeichen. Die wurden mit dem Urteil von 2010 einfach weggewischt. Und mit dem Zivilurteil von 2018 bestätigt. Jetzt geht es in die Berufung und das OLG München wird im Herbst verkünden, wie es damit umgehen will.
Vielleicht hat bis dahin auch die Staatsanwaltschaft Augsburg ihre Prüfung abgeschlossen.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

07.08.2019 um 22:59
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Auch wenn Mazurek zum Täterkreis gehören würde, wäre das mehr als kurios, dass er seine Mittäter nicht verpfeift.
Das ist für mich ein starkes Indiz nicht an Mazureks Schuld zu glauben. Wenn Ich mich in seine Lage hineinversetze und schuldig wäre, dann würde ich doch nicht - im Angesicht einer bevorstehenden lebenslangen Freiheitsstrafe - die Konsequenzen alleine tragen wenn offensichtlich mindestens ein Mittäter vorhanden sein müsste. Im Gegenteil: Da es sich ja nach der rechtlichen Einordnen nicht um einen Mord handelt, kann ich doch als Angeklager hoffen, dass eine mildere Strafe möglich ist, wenn ich meine Mittäter nenne. Und selbst wenn Mazurek, aus welchen Gründen auch immer, einen Mittäter vor Gericht hätte schützen wollen, dann würde er - für so intelligent halte ich ihn - spätestens nach Ablauf der Verjährung, wenn dem Mittäter also keine Strafe mehr droht, auspacken und den Mittäter verraten um evtl. Hafterleichterungen zu bekommen.


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Tiho ehemaliges Mitglied

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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

07.08.2019 um 23:00
Zitat von PhischPhisch schrieb:jeder, der sie auch nur kurz gesehen haben möge, erinnert haben.
ob jeder auch was dazu gesagt hätte?

frrei nach dem Mayor: Those that'll tell don't know, and those that know won't tell.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

08.08.2019 um 00:08
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Es gibt hier sehr viele Fragezeichen. Die wurden mit dem Urteil von 2010 einfach weggewischt
Wobei man eines bedenken muss: Aufgabe der Strafkammer war es damals nicht, herauszubekommen, wer der/die möglichen Täter ist/sind. So etwas herauszufinden ist Sache der Ermittlungsbehörden.

Das Gericht hatte damals einzig und allein zu beurteilen, ob der hier von der StA angeklagte M. schuldig ist oder nicht. Wen im Vorfeld dieser Anklageerhebung die StA oder die Polizei noch als mögliche Täter im Visier hatten, gegen wen der Verdacht dann aus welchen Gründen sich nicht erhärtet hat, gegen wen das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde: all das bekommt das Gericht nicht mit und muss es auch nicht mitbekommen. Daher erhält es auch nicht die kompletten Ermittlungs- samt sämtlichen Spurenakten der StA.

Es bekommt von der StA eine Anklageschrift nebst den auf diesen konkreten Angeklagten bezogenen Akten und hat dann die Aufgabe, zu entscheiden, ob die Anklage gegen diese konkrete Person gerechtfertigt ist, also Wahrheitsfindung in Bezug auf die angeklagte Person zu betreiben. Nicht mehr und nicht weniger. Wenn es diese konkrete Person freispricht, muss es nicht darüberhinaus ermitteln, wer denn dann wohl der Täter sein könnte. Das wiederum ist erst einmal weiter Sache der Ermittlungsbehörden.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

08.08.2019 um 00:45
Nachtrag: Eigentlich ist es ureigenste Aufgabe der Verteidigung, im Fall der Anklage gegen eine bestimmte Person auf mögliche Alternativtäter hinzuweisen, auf vermeintlich vernachlässigte und ohne zureichende Gründe nicht mehr verfolgte Ermittlungsansätze der StA und dergleichen.

Ein Verteidiger hat gemäß § 147 StPO ein relativ weitgehendes Einsichtsrecht in die Akten der Ermittlungsbehörden einschließlich in gewissem Umfang auch der Spurenakten (in denen eben die anderen und nicht mehr weiter verfolgten Ermittlungsansätze der StA niedergelegt sind). Nicht alles wird da aus verschiedenen Gründen der Verteidigung zugänglich gemacht, aber eben doch recht viel. Daraus kann sie in der Hauptverhandlung gegen den Angeklagten unter Umständen sehr viel machen. Sie kann es aber auch lassen, was dann weder on der Verantwortung des Gerichts noch der der StA liegt.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

08.08.2019 um 01:12
Und noch ein Nachtrag: es wurde im Thread allgemein sehr viel über angeblich inkompetente Richter und ebensolche Ermittler geschrieben, über inkompetente Verteidiger hingegen nichts. Aber natürlich gibt es überall solche und solche.

Das Problem für einen Angeklagten ist halt, wenn er an einen inkompetenten Verteidiger gerät. Leider muss man dazu sagen, dass so etwas kein Wiederaufnahmegrund ist. Im Zivilrecht gilt grundsätzlich dasselbe. Dort wird das Verschulden des Rechtsanwalts dem von ihm vertretenen Mandanten zugerechnet, wenn etwa der Rechtsanwalt eine wichtige Frist versäumt oder sonst den Prozess falsch geführt hat und deshalb der Mandant den Prozess verliert (nachzulesen in § 85 Abs. 2 ZPO).

Gegen so etwas sind Rechtsanwälte pflichtversichert. Der Mandant, der durch Verschulden seines Anwalts in seinem Zivilprozess einen Schaden erlitten hat, hat, bekommt von der Haftpflichtversicherung des Rechtsanwalts, wenn er Glück hat, den Schaden ersetzt. In Strafsachen liegen die Dinge anders, weil es eben um Freiheitsstrafen gehen kann und gesetzlich ein Wiederaufnahmegrund nicht vorgesehen ist, wenn der Verurteilte anwaltlich schlecht vertreten war.

Das nur als Exkurs, weil ganz allgemein im Fokus von Strafsachen meist das mehr oder weniger ahnungslose Gericht und der allzu scharfe Hund von Staatsanwalt stehen, hingegen weniger die Verteidiger, die nicht immer die Lichtgestalten sind, für die man sie zu halten geneigt ist.


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08.08.2019 um 06:24
Zitat von TihoTiho schrieb:ob jeder auch was dazu gesagt hätte?

frrei nach dem Mayor: Those that'll tell don't know, and those that know won't tell.
Sicherlich nicht zwingend. Aber bei der Schwere des Verbrechens und dem jungen Opfer dürfte "dicht halten" schon viel schwieriger sein als bei nicht so schweren Verbrechen. Schon gar über einen so langen Zeitraum. Dann müsste es sich schon um eine sehr enge Konspiration gehandelt haben.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

08.08.2019 um 09:25
Zitat von PhischPhisch schrieb:Sicherlich nicht zwingend. Aber bei der Schwere des Verbrechens und dem jungen Opfer dürfte "dicht halten" schon viel schwieriger sein als bei nicht so schweren Verbrechen. Schon gar über einen so langen Zeitraum. Dann müsste es sich schon um eine sehr enge Konspiration gehandelt haben.
Ja, und vielleicht wurden die alten "Bande" Jahre später noch einmal neu geknüpft als es um den Überfall auf die Witwe des Architekten und Geschäftsmannes Böhringer in München ging? Die aufgefundenen DNA Spuren lassen diese Vermutung zumindest zu auch wenn nichts bewiesen ist.


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2r2n ehemaliges Mitglied

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08.08.2019 um 12:16
@Andante
Vielen Dank für deine nachvollziehbaren Hintergrundinformationen.
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das Gericht hatte damals einzig und allein zu beurteilen, ob der hier von der StA angeklagte M. schuldig ist oder nicht. Wen im Vorfeld dieser Anklageerhebung die StA oder die Polizei noch als mögliche Täter im Visier hatten, gegen wen der Verdacht dann aus welchen Gründen sich nicht erhärtet hat, gegen wen das Ermittlungsverfahren eingestellt wurde: all das bekommt das Gericht nicht mit und muss es auch nicht mitbekommen.
Das würde aber bedeuten, dass durch das Ausblenden der Mittäter die Gefahr einer selektiven Bewertung des Sachverhalts die zwingende Folge ist. Das ist nämlich bei Mazurek passiert. Es wurde zwar zwölfmal in der Urteilsbegründung deutlich gemacht, dass es einen oder mehrere Mittäter gegeben haben muss. Aber durch die Nichtbeachtung dieses Personenkreises wurde Mazurek als Einzeltäter definiert.
Und das ist ein Widerspruch in sich. Ist das ein Grundproblem in der deutschen Rechtssprechung, oder kommt das nur ganz selten vor?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.08.2019 um 20:17
@Andante
Deinen Ausführungen über die Zulässigkeit neuer Möglichkeiten der DNA-Analyse kann ich problemlos folgen. Auch nach meinem naiven Rechtsempfinden dürfen beliebige Spuren aus der Vergangenheit nicht einfach neu untersucht werden. Ganz egal ob das Motiv darin besteht, einen verurteilten Unschuldigen zu entlasten oder neue mögliche Schuldige zu finden.

@Wen immer, der sich damit auskennt

Nehmen wir einmal an, die Spur an der Schraube der Kiste würde neu untersucht mit dem Ergebnis, dass sie zu einem 20-Jährigen passt. Was würde diese Aussage praktisch bedeuten, solange wir nicht wissen, wann sie an die Schraube gekommen ist?

Mit der Methodik der DNA-Untersuchungen habe ich generelle Verständnisprobleme. Die älteren Untersuchungen liefern Ergebnisse, die über Haarfarbe und Alter nichts aussagen (dürfen). Bedeutet das, dass diese Angaben aus den erhobenen Daten gar nicht möglich sind, oder sind die alten Daten umfangreich genug, daraus ohne erneute biologische Analyse auch nachträglich Haarfarbe und Alter zu bestimmen? Damit meine ich eine weitergehende Auswertung bereits vorliegender molekularbiologischen Daten.

Die Menge der and der Schraube gefundenen DNA ist extrem gering. Ich kann mir gut vorstellen, dass sie für die ausgeführte Analyse vollständig verbraucht wurde. Wäre es theoretisch überhaupt denkbar, eine weitere Analyse damit auszuführen?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

09.08.2019 um 23:33
Zitat von roberndrobernd schrieb:Nehmen wir einmal an, die Spur an der Schraube der Kiste würde neu untersucht mit dem Ergebnis, dass sie zu einem 20-Jährigen passt. Was würde diese Aussage praktisch bedeuten, solange wir nicht wissen, wann sie an die Schraube gekommen ist?
Also nach meiner Interpretation würde ich behaupten, dass die einzige Möglichkeit eine einigermaßen sinnvolle Zuordnung des Zeitpunktes der Spurantragung festzustellen darin liegt die identische Spur im Fall Böhringer auf die Altersmerkmale zu untersuchen. Denn wenn die Spur im Fall Böhringer ebenfalls das selbe Altersprofil aufweist, ist es mMn sehr wahrscheinlich, dass es sich um eine Trugspur oder Kontamination handelt und beide Spuren etwa im gleichen Zeitraum entstanden sind. Nur wenn die Spur im Fall Böhringer ein mind. 20 Jahre älteres Altersprofil aufweist, kann man daraus schliessen, dass die Spuren in einem Abstand von mind. 20 Jahren entstanden sind.


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10.08.2019 um 00:57
Zitat von 2r2n2r2n schrieb:Das würde aber bedeuten, dass durch das Ausblenden der Mittäter die Gefahr einer selektiven Bewertung des Sachverhalts die zwingende Folge ist. Das ist nämlich bei Mazurek passiert. Es wurde zwar zwölfmal in der Urteilsbegründung deutlich gemacht, dass es einen oder mehrere Mittäter gegeben haben muss. Aber durch die Nichtbeachtung dieses Personenkreises wurde Mazurek als Einzeltäter definiert.
Das ist eben die Frage, ob Mazurek im Urteil definitiv als Einzeltäter behandelt wurde. Möglich ist ebenso, dass er als Mittäter einer Tat behandelt wurde, bei der nur einer der Mittäter (gefasst) und festgestellt wurde, wo aber der oder die anderen Mittäter aus verschiedensten Gründen (tatsächlichen und/oder Rechtsgründen) nicht festgestellt bzw. nicht verurteilt werden konnten.

Generell ist es nicht so, dass dann, wenn mehrere Mittäter eine Straftat gemeinschaftlich begehen und nur einer dieser Mittäter gefasst wird, derselbe als Täter schon deshalb nicht verurteilt werden kann, nur weil die anderen Mittäter nicht gefasst werden konnten. Das Motto „Entweder alle oder gar keiner“ zieht da strafrechtlich nicht.


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2r2n ehemaliges Mitglied

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10.08.2019 um 06:28
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das ist eben die Frage, ob Mazurek im Urteil definitiv als Einzeltäter behandelt wurde. Möglich ist ebenso, dass er als Mittäter einer Tat behandelt wurde, bei der nur einer der Mittäter (gefasst) und festgestellt wurde, wo aber der oder die anderen Mittäter aus verschiedensten Gründen (tatsächlichen und/oder Rechtsgründen) nicht festgestellt bzw. nicht verurteilt werden konnten.
Er wurde als "Der Täter" beschrieben. Die festgestellten beteiligten Personen wurden hauptsächlich als Gehilfen bezeichnet. Nach dem Lesen der Urteilsbegründung entsteht der Eindruck, dass der Fall Herrmann gelöst ist und die Gehilfen ahnungslose Personen sind, die für das Verbrechen keine Verantwortung tragen.
Das ist natürlich Unsinn, aber aus der Tatsache heraus, dass es nur um Mazurek ging, verständlich. Trotzdem bleibt diese gedankliche Lücke: Welche Gehilfen könnten das gewesen sein, die sich in den Dienst des Verbrechers Mazurek stellten?


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11.08.2019 um 01:52
Zitat von AndanteAndante schrieb am 04.08.2019:Musste es auch nicht, da ein Zivilgericht bekanntlich - im Gegensatz zu einem Strafgericht - keinen Amtsermittlungsgrundsatz hat. Das muss man wissen, um das Prozedere beim Zivilgericht zu verstehen, sonst kommt man unweigerlich zu falschen Schlüssen.
Man kommt auch zu falschen Schlüssen wenn man vergisst, dass auch ein Zivilrichter gem § 286 ZPO der freien Beweiswürdigung unterliegt und ein Strafurteil aus diesem Grund ein Fall der "Präjudizialität" sein kann (übertragen im österreichischen Sinn des Begriffes), wenn dieses Urteil eine zu lösende Vorfrage für das Zivilurteil bildet und im Verfahren angewendet werden muss. (Im Klartext: Die Strategie war ja, dass das Gericht bei der Lösung der Frage, ob M 2r2n schadenersatzpflichtig ist zunächst prüfen musste, ob er überhaupt für die schadensbegründende Tat verantwortlich gemacht werden kann.)

Natürlich war beides der Fall, wie wir alle wissen, und das Gericht wäre bei der Entscheidungsfindung auch nicht an das Strafurteil gebunden gewesen und hätte somit durchaus auch andere Standpunkte erwägen können - auch dass das Polizei-Gutachten mangelhaft ist. Ist aber nicht passiert und die Begründung im Urteil dafür ist äußerst dürftig.

Es ist auch nicht richtig, dass eine neue wissenschaftliche Methode nicht rückwirkend angewendet werden darf wenn ein WAV die Rechtskraft eines Urteils durchbricht.

Und das Gericht hat die Beitragstäter, die es nachweislich gegeben haben muss, einfach ausgeblendet mit dem Argument dass sie eben nicht gefasst werden konnten. Wer die gewesen sein könnten hat das Gericht bekanntlich nicht ernsthaft interessiert.

GrussEK


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.08.2019 um 01:59
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Man kommt auch zu falschen Schlüssen wenn man vergisst, dass auch ein Zivilrichter gem § 286 ZPO der freien Beweiswürdigung unterliegt und ein Strafurteil aus diesem Grund ein Fall der "Präjudizialität" sein kann (übertragen im österreichischen Sinn des Begriffes), wenn dieses Urteil eine zu lösende Vorfrage für das Zivilurteil bildet und im Verfahren angewendet werden muss
Das gilt aber im deutschen Recht gerade nicht. Hierzulande sind Strafgerichte nicht an Urteile der Zivilgerichte gebunden und Zivilgerichte nicht an Urteile der Strafgerichte.

Im übrigen hat die freie Beweiswürdigung nach § 286 ZPO herzlich wenig zu tun mit
der Beibringungsmaxime der Parteien und der damit korrespondierenden fehlenden Amtsermittlungspflicht des Zivilgerichts nach § 138 Abs. 3 ZPO.
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Natürlich war beides der Fall, wie wir alle wissen, und das Gericht wäre bei der Entscheidungsfindung auch nicht an das Strafurteil gebunden gewesen
Genau.
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:und hätte somit durchaus auch andere Standpunkte erwägen können
Genau. Es hat sich seine eigene Meinung gebildet.
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Es ist auch nicht richtig, dass eine neue wissenschaftliche Methode nicht rückwirkend angewendet werden darf wenn ein WAV die Rechtskraft eines Urteils durchbricht.
Jetzt sind wir also wieder beim Strafverfahren, okay. Natürlich wird - einen erfolgreichen WA-Antrag vorausgesetzt - der alte Prozess wieder aufgenommen, und natürlich kommen da, sofern einschlägig, auch neue wissenschaftliche Methoden zur Anwendung.
Zitat von ErwinKösterErwinKöster schrieb:Und das Gericht hat die Beitragstäter, die es nachweislich gegeben haben muss, einfach ausgeblendet mit dem Argument dass sie eben nicht gefasst werden konnten.
Das schrieb ich doch oben: Wenn nur ein Mittäter gefasst wird, bleibt er nicht schlicht deshalb nach dem Motto „Entweder alle oder keiner“ strafrechtlich unbehelligt, weil seine Mittäter nicht gefasst werden konnten. Der gefasste Mittäter hat „Pech“, er kommt vor Gericht.

Und falls wer noch auf die Idee kommen sollte, derlei verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes: Ist nicht, Gleichheit im Unrecht gibt es nicht.

Wikipedia: Gleichbehandlung im Unrecht


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.08.2019 um 09:55
Zitat von AndanteAndante schrieb:Das schrieb ich doch oben: Wenn nur ein Mittäter gefasst wird, bleibt er nicht schlicht deshalb nach dem Motto „Entweder alle oder keiner“ strafrechtlich unbehelligt, weil seine Mittäter nicht gefasst werden konnten. Der gefasste Mittäter hat „Pech“, er kommt vor Gericht.

Und falls wer noch auf die Idee kommen sollte, derlei verstoße gegen den Gleichheitsgrundsatz des Grundgesetzes: Ist nicht, Gleichheit im Unrecht gibt es nicht.
Aber geht es nicht auch darum, ob ein Fall als abgeschlossen gelten kann? Und kann er das, wenn noch Täter frei herumlaufen, weil nur einer von mehreren mutmasslichen Tätern verhaftet und verurteilt wurde? Müsste nicht unabhängig von dem gegen Mazurek erhobenen Urteil weiterermittelt und nach den Tätern gesucht werden, die es laut Gericht gegeben haben soll?

Wäre der Fall nicht vielleicht einfach nur ein Cold Case bei dem es leider nicht gelungen ist, die Täter zu finden? Zumindest die Mittäter konnten ja bis heute nicht gefunden werden.


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.08.2019 um 15:56
Zitat von meerminmeermin schrieb:Aber geht es nicht auch darum, ob ein Fall als abgeschlossen gelten kann? Und kann er das, wenn noch Täter frei herumlaufen, weil nur einer von mehreren mutmasslichen Tätern verhaftet und verurteilt wurde? Müsste nicht unabhängig von dem gegen Mazurek erhobenen Urteil weiterermittelt und nach den Tätern gesucht werden, die es laut Gericht gegeben haben soll?

Wäre der Fall nicht vielleicht einfach nur ein Cold Case bei dem es leider nicht gelungen ist, die Täter zu finden? Zumindest die Mittäter konnten ja bis heute nicht gefunden werden.
Die Staatsanwaltschaft hat den Fall bis heute als "erpresserischen Menschenraub bis Todesfolge" eingestuft. Also gilt der Fall als verjährt. Somit keine neuen Ermittlungen.

Wenn aber z.B. jemand plötzlich den Mord an Ursula Herrmann glaubhaft gesteht, so kann die Staatsanwaltschaft den Fall neu einstufen und weiter ermitteln, warum auch nicht?


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Der Fall Ursula Herrmann, Anfang 80er Jahre

12.08.2019 um 18:33
Richtig, die Verjährungsfrage ist und bleibt eine Hürde. Wenn es nicht ausreichende tatsächliche Anhaltspunkte für das Vorliegen eines der Mordmerkmale des § 211 Abs. 2 StGB in Bezug auf konkrete Personen gibt, wird die StA kein Ermittlungsverfahren eröffnen (können).


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16.08.2019 um 19:28
Heute ist im Süddeutsche Zeitung Magazin ein Artikel zum Fall, vorrangig zu den Bemühungen des Bruders, der sich zu Wort kommt.


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