Vermisste Sophia L. in Spanien tot aufgefunden

SomeBee schrieb:Trampen war schon vor zig Jahren gefährlich und es wird nicht ungefährlicher.

Stimmt. Es war auch schon immer gefährlich, sein Auto oder Fahrrad unverschlossen herumstehen zu lassen oder sich in die Nordsee außerhalb des überwachten Badestrandabschnitts zu begeben. Trotzdem müssen natürlich auch Menschen, die bestimmte mögliche und zumutbare Vorsichtsmaßnahmen unterlassen haben, vor dem Ertrinken gerettet werden oder es muss ihnen geholfen werden, wenn Fahrrad oder Auto geklaut wurden.

monstra schrieb:Amtshilfe? Meinst Du ein Rechtshilfeersuchen? Das kam erst später, als die Leiche längst in Spanien aufgefunden worden war. Und das dauerte Wochen, in der Tat. Erst dann konnte die Leiche überführt werden. Die Einschaltung einer ausländischen Dienststelle der Polizei, v.a. in der EU, müsste wesentlich schneller gehen. Sicher will man nicht, dass Polizisten wild in der Welt herumtelefonieren. Wenn es keine unmittelbaren Kooperationen mit dem "kleinen Dienstweg" gibt (wie zwischen bayerischer und tschechischer oder österreichischer Polizei), dann stellen LKA oder BKA (hier das BKA für Marokko) den Kontakt her. Bei Gefahr im Verzug dürfte das im Zeitalter digitaler Kommunikation relativ schnell gehen. Und selbst ein völlig formloser Anruf in Marokko ist drin - wenn die Angaben des PP Regensburg zutreffen.

Doku 34:30 Telefonat mit dem Bundeskriminalamt. 13:50 Uhr, allerdings ohne Ergebnis von Interpol Marokko. Quelle: https://www.zdf.de/politik/frontal-21/frontal-21-vom-1-oktober-2019-100.html (Archiv-Version vom 07.10.2019)

D.h. die Polizei war zumindest ab Montag nicht untätig.

Ich frage mich aber immer noch, wieso dann die vier direkten Telefonate, von denen man den Angehörigen nichts sagte (Gespräch mit Bruder am Montagmorgen).

@Andante Hier greifen übrigens Entschuldigungen wie "es war kein Dienstwagen da" nicht.

Andante schrieb:SomeBee schrieb:
Trampen war schon vor zig Jahren gefährlich und es wird nicht ungefährlicher.
Stimmt. Es war auch schon immer gefährlich, sein Auto oder Fahrrad unverschlossen herumstehen zu lassen oder sich in die Nordsee außerhalb des überwachten Badestrandabschnitts zu begeben. Trotzdem müssen natürlich auch Menschen, die bestimmte mögliche und zumutbare Vorsichtsmaßnahmen unterlassen haben, vor dem Ertrinken gerettet werden oder es muss ihnen geholfen werden, wenn Fahrrad oder Auto geklaut wurden.

Und wenn Trampen denn wirklich so gefährlich ist, dann müsste man doch dann gerade ganz besonders alarmiert gewesen sein, oder?

SomeBee schrieb:Trampen war schon vor zig Jahren gefährlich und es wird nicht ungefährlicher.

So ist es. Nur dass man heute ganz andere Möglichkeiten hat als früher.
Sophia schrieb doch während der Fahrt mit ihrer Cousine. Unverständlich, warum sie vor dem Einsteigen in ein Fahrzeug nicht ein Foto des Kennzeichens gesendet hat. Und in regelmäßigen Abständen ein verabredetes Lebenszeichen sowie ihren Standort mitgeteilt hat. Dies alles routinemäßig und auch völlig unabhängig davon, ob sie jemanden nett oder bedrohlich findet.
Einen Fahrer, der nichts Schlimmes im Schilde führt, hätte das nicht weiter gestört. Und einer mit bösen Absichten hätte sich zweimal überlegt, ob er es unter diesen Umständen noch riskieren kann, übergriffig zu werden.

inspektor schrieb:Sorry, aber es ist dennoch naiv, sich zu einem fremden Mann, der wochenlang alleine unterwegs ist, in die Fahrerkabine zu setzen.

Verstehe ich das richtig: Jeder Mann, der einige Wochen keinen Sex bekommt, muss vergewaltigen? Steile These.

SomeBee schrieb:Jeder muss doch wissen, dass in jedem Auto/LKW irgendein Psychopath sitzen könnte und man das Fahrzeug unter Umständen nicht mehr lebend verlässt.

Ich trampe nicht, aber wer sagt mir, dass "irgendein Psychopath" mich nicht abends auf dem Heimweg allein in der S-Bahn anfallen könnte? Oder beim Spaziergang im Wald? Oder meine Mutter morgens um 5 vor der Arbeit, beim Joggen im Park? Wenn es solche Psychopathen gibt, dann sitzen die doch nicht nur in LKW?!

@Andante
@auchhier

So war das jetzt aber nicht gemeint.
Auch ich denke, dass die Polizei in diesem Fall schneller hätte reagieren müssen.

Aloceria schrieb:wer sagt mir, dass "irgendein Psychopath" mich nicht abends auf dem Heimweg allein in der S-Bahn anfallen könnte? Oder beim Spaziergang im Wald? Oder meine Mutter morgens um 5 vor der Arbeit, beim Joggen im Park? Wenn es solche Psychopathen gibt, dann sitzen die doch nicht nur in LKW?!

Das kannst du doch nicht ernsthaft vergleichen wollen, oder?

Es ist jawohl etwas ganz anderes, ob ich auf dem Heimweg von der Arbeit bin, Tagsüber im Wald spazieren gehen /jogge (was man wohl kaum nachts macht) oder ob ich mich zu einem wildfremden Menschen in ein Auto oder LKW setze.

Spekulationen über Sinn oder Unsinn des Trampens ändern nichts an der Schwere der Tat oder der Pflicht der Polizei zur Gefahrenabwehr.

Jeder Mensch hat das Recht, sich von Dritten im Fahrzeug mitnehmen zu lassen und dabei unversehrt zu bleiben. (Wild-)Fremde Menschen sind nicht krimineller, als Bekannte. Die meisten Frauen werden nun mal im Nahbereich Gewaltopfer (Angehörige, Kollegen, Vereinskameraden, Freunde) und nicht durch Fremde. Das ist ein antiquiertes und empirisch absolut unzutreffendes Gefahrenverständnis. Es passt vielleicht zu Ede Zimmermann, der junge Mädchen nach Einbruch der Dunkelheit am liebsten zu Hause gesehen hat. Dort, wo sie am ehesten Opfer einer Straftat werden konnten.

Und wenn der Verdacht besteht, dass ein Verbrechen geschieht, dann muss eingegriffen werden.

Die Amberger Polizei ist jedenfalls in der Lage, am Wochenende Abiturienten, die einen Joint geraucht haben, mit mehreren Fahrzeugen hinterherzuhechten, sie stundenlang zu verhören und ihr Elternhaus auf den Kopf zu stellen. Da wird die "harte" bayerische Linie rücksichtslos durchgezogen.

Aloceria schrieb:Ich trampe nicht, aber wer sagt mir, dass "irgendein Psychopath" mich nicht abends auf dem Heimweg allein in der S-Bahn anfallen könnte? Oder beim Spaziergang im Wald? Oder meine Mutter morgens um 5 vor der Arbeit, beim Joggen im Park? Wenn es solche Psychopathen gibt, dann sitzen die doch nicht nur in LKW?!

Ich stimme da absolut zu:

wenn der Ex-Partner seine Geliebte in der Badewanne ertränkt (s. hier im Forum), dann sagt kein Mensch darüber "wieso war sie so blöd und hat ihn allein in die Wohnung gelassen, obwohl es Konflikte gab?". Und das, obwohl bei 70% der Femizide der eigene Mann der Mörder ist. Quelle: https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/panorama/kriminologe-zu-vermisstenfall-in-muenchen-der-gefaehrlichste-mann-im-l... - aber wenn einmal pro Jahr eine Tramperin ermordet wird, dann kommt so was garantiert. Wieviele Frauen sind dieses Jahr bereits vom Partner ermordet worden? Wie viele beim Trampen?

Radegunde schrieb:wenn der Ex-Partner seine Geliebte in der Badewanne ertränkt (s. hier im Forum), dann sagt kein Mensch darüber "wieso war sie so blöd und hat ihn allein in die Wohnung gelassen, obwohl es Konflikte gab?". Und das, obwohl bei 70% der Femizide der eigene Mann der Mörder ist...... - aber wenn einmal pro Jahr eine Tramperin ermordet wird, dann kommt so was garantiert.

Das letztere hat doch hier keiner gesagt, sondern das Gegenteil: Auch wenn jemand sich einer besonderen Gefahr ausgesetzt hat, muss ihm genau so gut und genau so schnell geholfen werden wie in jedem anderen Fall. Siehe

monstra schrieb:Spekulationen über Sinn oder Unsinn des Trampens ändern nichts an der Schwere der Tat oder der Pflicht der Polizei zur Gefahrenabwehr.

Andante schrieb:Das letztere hat doch hier keiner gesagt, sondern das Gegenteil: Auch wenn jemand sich einer besonderen Gefahr ausgesetzt hat, muss ihm genau so gut und genau so schnell geholfen werden wie in jedem anderen Fall. Siehe

Du nicht, aber das kommt doch immer wieder, auch in anderen Foren, wo über den Fall diskutiert wird. Dabei ist, wie gesagt, Trampen nicht gefährlicher als verheiratet oder verpartnert sein.

Also, ich hoffe, wir sind uns soweit einig, dass der Grad des (vermeintlichen) Eigen-Risikos keine Rolle bei der Verbrechensaufklärung spielen darf.

Man könnte ja mal nachsehen, was die Fachleute dazu sagen. In diesem Fall das BKA im Jahre 1988:

Nach Untersuchungen von Bauermann, die allerdings auch schon wieder Jahre zurückliegen, leben Anhalter und auch Anhalterinnen weniger gefährlich als vielfach angenommen. Wie die Ermittlungen ergaben, war bei rund 600 von insgesamt 13 000 registrierten Fällen in einem Jahr das Auto der Tatort. Wie die Kriminalisten herausfanden, ereignen sich die meisten Sexualverbrechen im sogenannten "sozialen Nahraum". Nicht selten seien Bekannte oder Verwandte die Täter und die Wohnung des Opfers Schauplatz der Straftat.

Auf Grund dieser Erkenntnis, so der BKA-Beamte, haben sich so manche polizeilichen Vorbeugeprogramme im nachhinein als "falsch" erwiesen. Insbesondere solche, die den Tramper immer wieder ganz allgemein und düster "vor dem bösen Onkel" am Steuer warnten.

https://www.zeit.de/1988/17/wie-gefaehrlich-ist-das-trampen

Eine Studie des BKA von 1990 hat diese Einschätzung bestätigt:

Trampen ist nicht so gefährlich, wie die Polizei immer geglaubt hat: Eine Studie des Bundeskriminalamtes räumt mit den Vorurteilen über "das Reisen mit dem Daumen" auf und fordert, die private Mitnahme in umweltschonende Verkehrskonzeptionen aufzunehmen.

Letztlich ist Trampen nicht gefährlicher als die Öffentlichen. Das gefährlichste daran ist wohl der Verkehr. Und für Frauen?

"Dumme Sprüche" oder auch "Anzüglichkeiten" bilden nach Meinung der Wissenschaftler "nahezu alltägliche Erfahrungen von Frauen in den verschiedensten Lebensbereichen". Ob am Strand, beim Spaziergang durch die Stadt oder in der Straßenbahn – fast überall könne es Frauen passieren, als Sexualobjekt betrachtet zu werden.

https://www.zeit.de/1990/28/trampen-ohne-grosses-risiko/komplettansicht

Daran dürfte sich bis heute nichts geändert haben. Der blutgeile "Psycho" dürfte angesichts von GPS und Smartphone andere Tatorte bevorzugen.

Ich möchte gerne über diese Doku diskutieren, da ja hier die Beteiligten sprechen und NUR die wissen ansatzweise was da passiert ist.

https://www.zdf.de/politik/frontal-21/frontal-21-vom-1-oktober-2019-100.html (Archiv-Version vom 07.10.2019)

Zitat* Am 14. Juni 2018 um 18.20 Uhr steigt Sophia Lösche an der Raststätte Schkeuditz in den Lkw eines marokkanischen Fahrers. Sie will zur Geburtstagsfeier ihres Vaters nach Amberg trampen, kündigt an, spätestens um 23 Uhr da zu sein. Sie kommt nie an.

Die alarmierte Polizei unternimmt nichts, behandelt den Fall wie eine übliche Vermisstenanzeige, obwohl alle Indizien auf ein mögliches Gewaltverbrechen hinweisen.*Ende

Ich finde es erschreckend wie in diesem Fall ermittelt wurde. Einfach total lasch und ich würde darauf drängen, dass diese Ermittler eine Strafe bekommen.

SunziChris schrieb:Ich möchte gerne über diese Doku diskutieren, da ja hier die Beteiligten sprechen und NUR die wissen ansatzweise was da passiert ist.

Über diese Doku wird hier schon seit einigen Seiten diskutiert.

auchhier schrieb:Über diese Doku wird hier schon seit einigen Seiten diskutiert.

Ok, das hatte ich nicht gesehen. Aber jetzt habe ich meine Meinung dazu abgegeben.

@monstra

Danke für das Raussuchen der Studien bezüglich des Trampens.

Erstaunlich finde ich schon, dass immer noch Zimmermann zitiert wird, der in seiner Sendung nachweislich viel konservativen Blödsinn verbreitet hat. Wenn man mal alte Ausschnitte aus der Sendung schaut, kann man sich nur wundern, was da teilweise für Aussagen gefallen sind. Insbesondere die unterschwellige Beschuldigung der Opfer, die da teilweise betrieben wurde, ist dann doch auffällig.
Das sollte man heutzutage und in diesem Fall nicht wiederholen, wie es hier leider manche dennoch machen.

SunziChris schrieb:Ich finde es erschreckend wie in diesem Fall ermittelt wurde. Einfach total lasch und ich würde darauf drängen, dass diese Ermittler eine Strafe bekommen.

Hallo SunziChris,

vielen Dank, dass du uns darauf hinweist, dass bei der Diskussion um die vermeintliche Gefährlichkeit des Trampens das eigentliche Thema nur noch wenig im Fokus stand.

Ich denke, dass es auf jeden Fall Konsequenzen geben muss - es könnte durchaus auch eine Schulung in Kommunikation sein - denn wenn es keine Konsequenzen gibt, wird das lasche Verhalten, z.B. des Polizisten in Leipzig, der sich lustig machte, noch irgendwie "belohnt". Das könnte er sonst beim nächsten Fall genauso machen, er weiß dann ja, dass er so durchkommt.

Außerdem bin ich wirklich gespannt, was über die Kommunikation der Polizei (Anrufe in Marokko oder nicht und wenn ja, von wem? und wieso steht das im Widerspruch zur Information, die dem Bruder vermittelt wurde?) noch bekannt werden wird.

Bislang gibt es nur eine Erklärung der Amberger Polizei, aber noch nichts aus Leipzig. Kommt bestimmt noch.

Und vielen Dank an @monstra für die Versachlichung der Diskussion durch Fakten. Das ist sehr nützlich für kommende Diskussionen.

SunziChris schrieb:Ich möchte gerne über diese Doku diskutieren, da ja hier die Beteiligten sprechen und NUR die wissen ansatzweise was da passiert ist.

Es gibt noch eine andere Seite, nämlich die Sicht der Polizei. Und so lange darüber nicht alles bekannt ist, kennt man eben nur die Darstellung der Familie. Wem das reicht und wer nicht mehr wissen will, okay. Mir reicht es nicht.

Andante schrieb:Es gibt noch eine andere Seite, nämlich die Sicht der Polizei. Und so lange darüber nicht alles bekannt ist, kennt man eben nur die Darstellung der Familie. Wem das reicht und wer nicht mehr wissen will, okay. Mir reicht es nicht.

Kamen denn die polizeilichen Abläufe im Prozess gar nicht zur Sprache?
Fraglich, ob wir (die Öffentlichkeit) je eine wirklich erhellende Darstellung der Abläufe von Seiten der Polizei erhalten. Ich denke fast nicht. Wann genau könnte die denn kommen? Glaube eher, dass die Polizei das nur intern aufarbeitet, wir bekommen maximal irgendeine allgemeine Pressemitteilung. Wenn überhaupt.

Andante schrieb:Es gibt noch eine andere Seite, nämlich die Sicht der Polizei. Und so lange darüber nicht alles bekannt ist, kennt man eben nur die Darstellung der Familie. Wem das reicht und wer nicht mehr wissen will, okay.

Da die Darstellung der Familie jedoch sehr glaubwürdig und in sich konsistent ist, kann man das durchaus erst einmal so stehen lassen. Und natürlich auch aufgrund dieses Wissens kritisch über die Geschehnisse schreiben. Es wäre sehr bequem, wenn man Kritik nur dadurch unterbinden könnte, wenn man sich nicht äußert.
Aber du kannst ja darauf warten, ob sich die Polizei noch dazu äußern wird. Ich vermute eher nicht.

@auchhier

Na ja, ein Anfang ist inzwischen ja mit der Aufklärung der angeblichen Aktenfälschung bezgl. der Anrufe bei der Spedition am Sonntag gemacht worden.

Natürlich wird die Öffentlichkeit nicht das gesamte Ergebnis der Nachbereitung bzw. Aufarbeitung zu sehen bekommen. Wir sind hier ja nicht in einem parlamentarischen Untersuchungsausschuss.

auchhier schrieb:Glaube eher, dass die Polizei das nur intern aufarbeitet, wir bekommen maximal irgendeine allgemeine Pressemitteilung. Wenn überhaupt.

Es reicht ja auch, wenn die Familie eine abschließende Antwort auf alle ihre Fragen bekommt.